AG Rastatt verurteilt HUK Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (Az.: 20 C 97/11 vom 13.07.2011)

Mit Entscheidung vom 13.07.2011 (20 C 97/11) wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Rastatt zur Erstattung restlicher Sachverständigenkosten verurteilt. Zur Überprüfung, ob es sich bei dem  Sachverständigenhonorar um die „übliche Vergütung“ handelt, hat die zuständige Richterin die BVSK-Honorarbefragung als Vergleichsgrundlage verwendet. Das Urteil wurde erstritten und übersandt durch Herrn Rechtsanwalt Michael Huber, 76547 Sinzheim.

Aktenzeichen:
20 C 97/11

Verkündet am
13.07.2011

Amtsgericht Rastatt

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Rastatt
durch die Richterin am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 403,00 € aus der Honorarnote des Ing.-Büros … vom 20.01.2011 … freizustellen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert beträgt 403,- €.

 

Urteil ohne Tatbestand gem. § 313 a ZPO

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig und begründet.

1.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Freistellung von Sachverständigenkosten in Höhe der von der Beklagten noch nicht gezahlten 403,00 € gem. § 7 StVG, § 823 BGB, § 3 PflVG i.V.m. § 249 BGB zu.

Die Haftung der Beklagten hinsichtlich der Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 13.01.2011 auf der B462/B36 in Rastatt ist dem Grunde nach unstreitig.

Der vom Kläger eingeschaltete Sachverständige hat dem Kläger für seine Tätigkeit am 20.01.2011 insgesamt 693,00 € in Rechnung gestellt, wovon die Beklagte bereits vorgerichtlich 290,- € erstattet hat.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten darüberhinaus ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der bislang nicht bezahlten 403,00 € zu.

Kosten eines Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig, da diese Kosten zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichende Vermögensnachteilen gehören, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.

Dass die Begutachtung im vorliegenden Fall dem Grunde nach erforderlich und zweckmäßig war, steht zweifelhaft fest. Diesbezüglich wurden seitens der Beklagten keine Einwendungen erhoben.

Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat die Beklagte den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2007, 1450) ist hierbei maßgeblich, ob sich die an den Sachverständigen zu zahlenden Kosten nach den anzuwendenen schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Danach kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlichen denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist er gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenen Kosten beeinflussen kann. In der erwähnten Entscheidung des BGH wird jedoch ausdrücklich ausgeführt, dass der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet ist, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Lediglich dann, wenn er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist, verbleibt das Risiko beim Geschädigten.

Dass die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten im vorliegenden Fall überhöht sind, ist jedoch gerade nicht feststellbar.

Ob der erforderliche Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB überschritten wird, kann im Wege der Schadenschätzung gem. § 287 ZPO beantwortet werden. Insoweit erachtet das erkennende Gericht die Heranziehung der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 (Anlage K9, AS 113 f) als geeignete Schätzgrundlage für sachgerecht. Bereits in der Entscheidung vom 04.04.2006, X ZR 122/05, des BGH führt dieser zur Üblichkeit von Sachverständigenkosten folgendes aus:

„Als übliche Vergütung kann vor diesem Hintergrund nicht nur ein fester Satz oder gar ein fester Betrag herangezogen werden. Sind die Leistungen einem als einheitlich empfundenen Wirtschaftsbereich zuzuordnen, wie es etwa bei Leistungen aus den Gewerken der Handwerker oder – wie im vorliegenden Fall – bei Sachverständigen der Fall sein wird, kann sich eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben. Darüberhinaus ist die übliche Vergütung regelmäßig nicht auf einem festen Betrag oder Satz festgelegt, sondern bewegt sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite.“ Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass sich das von dem Sachverständigenbüro … abgerechnete Honorar sowohl der Berechnungsart als auch der Höhe nach im Rahmen des Üblichen bewegt.

Wie sich aus der vorgelegten BVSK Honorarbefragung 2008/2009 entnehmen lässt, ist es durchgängig üblich, für die Erstellung eines Schadensgutachtens einen Pauschalbetrag, der üblicherweise als Grundhonorar bezeichnet wird und der in Abhängigkeit zu der Höhe der ermittelten Reparaturkosten brutto steht, zu berechnen.

Der BGH hat sich diesbezüglich in der erwähnten Entscheidung vom 04.04.2006 ausdrücklich dahingehend geäußert, dass dies nicht zu beanstanden ist.

Darüberhinaus bewegt sich das berechnete Honorar auch im Rahmen des Üblichen, wie sich aus der BVSK Honorarbefragung 2008/2009 ablesen lässt. Die ermittelten Reparaturkosten zzgl. der Wertminderung beliefen sich im vorliegenden Fall auf Netto insgesamt 4.028,61 €. Für eine Netto Schadenshöhe von bis 4.250,- € weist die Honorarbefragung einen Honorarkoridor von 433,- € bis 501,- € Netto im Bundesgebiet (HBIII: zwischen 40 % und 60 % der Sachverständigen berechnen ihr Honorar innerhalb dieses Koridors) aus (AS 119). Der vom Sachverständigen im vorliegenden Fall in Ansatz gebrachte Nettogrundhonorarbetrag von 486,00 € bewegt sich somit innerhalb des sogenannten Honorarkoridors. Gleiches gilt für die Fahrtkosten in Höhe von 25,00 €, den ersten Fotosatz in Höhe von 21,15 €, den zweiten Fotosatz in Höhe von 16,20 € und den Porto- und Telefonkosten/Schreibkosten in Höhe von 34,00 €. Auch diese Unkosten bewegen sich jeweils im Rahmen des für die jeweilige Position aufgeführten Honorarkoridors (AS 121).

Nach alledem ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass sich die geltend gemachten Sachverständigenkosten bzw. der entsprechende Freistellungsanspruch der Höhe nach im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB bewegt.

Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte bereits 290,- € erstattet hat, verbleibt somit ein Restforderungsanspruch des Sachverständigen gegenüber dem Kläger in Höhe von 403,00 €. Die Beklagte hat den Kläger von diesem Anspruch freizustellen.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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