AG Straubing verurteilt Zurich Insurance zur Erstattung des vollständigen Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht (005 C 1181/12 vom 16.03.2013)

Mit Entscheidung vom 16.03.2013 (005 C 1181/12) wurde die Zurich Insurance plc NfD durch das Amtsgericht Straubing dazu verurteilt, das seitens der Versicherung vorab willkürlich (zu unrecht) gekürzte Sachverständigenhonorar vollständig auszugleichen. Die Klage erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht. In seiner Entscheidung hat das Gericht die schadensersatzrechtlichen Grundsätze sowie die Sicht des Geschädigten sauber herausgearbeitet und auf den Punkt gebracht.

Es nützt der Zurich Insurance also recht wenig, wenn man sich auf einen Anwalt verlässt, der bereits bei unzähligen HUK-Verfahren schon jede Menge Schiffbruch erlitten hat. Eher im Gegenteil. Die immer gleichen Phrasen dieses Anwalts ohne Rechtsgrundlage können die Gerichte bestimmt schon lange nicht mehr hören?

Schadensersatz bleibt Schadensersatz – ob der durch den Geschädigten geltend gemacht wird, oder durch den Sachverständigen im Rahmen einer Sicherungsabtretung, spielt dabei keine Rolle.

Amtsgericht Straubing

Az.: 005 C 1181/12

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger

– Klägerin –

gegen

Zurich Insurance plc NfD, vertreten durch d. Hauptbevollmächtigten, Poppelsdorfer Allee 25-33, 53115 Bonn

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Straubing durch die Richterin am Amtsgericht … am 16.03.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 128,63 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.09.2012 sowie weitere 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 20.09.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 128,63 € festgesetzt.

Tatbestand und Entscheidungsgründe
(abgekürzt nach § 313a Abs, 1 ZPO)

I.

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz in Form von Gutachterkosten aus abgetretenem Recht aufgrund eines Verkehrsunfalls im Amtsgerichtsbezirk Straubing.

Der Kläger hat aufgrund eines Unfallgeschehens ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe am Kfz des aus dem Verkehrunfall Geschädigten erstattet. Im Wege der Sicherungsabtretung wurde dem Kläger vom Geschädigten der Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte abgetreten.

Auf die vom Kläger erstellte Rechnung in Höhe von 599,64 Euro zahlte die Beklagte nur 471,01 Euro.

Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Zahlung von 128,63 Euro restliche Sachverständigenkosten.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, die Sachverständigenkosten seien überhöht.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.

II.

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, §§ 1, 3 PflVersG bzw. § 115 VVG jeweils in Verbindung mit § 398 BGB.

1.
Dem Kläger wurde durch den im Verkehrsunfall Geschädigten der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten wirksam abgetreten. Der Kläger ist daher aktiv legitimiert.

2.
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall steht außer Streit.

3.
in der Hand des Geschädigten bestünde gem. §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, §§ 1, 3 PflVersG bzw. § 115 VVG ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in zugesprochener Höhe.

a.
Die Kosten des vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Geschädigte hatte das Recht, ein Sachverständigengutachten zur Feststellung des Wiederbeschaffungswerts, des Restwerts und der Reparaturkosten zu erholen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt hierbei der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH NJW2007, 1450). Ein nach dem Verkehrsunfall in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigennonorar ist als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB anzusehen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger als erforderlichen Herstellungsautwand jedoch nur die Kosten ersetzt verlangen, die von dem Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.

b.
Bei dem abgerechneten Honorar für die Gutachtenserstellung handelt es sich nach durch Schätzung gemäß § 287 ZPO gewonnener Überzeugung um den erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Als Grundlage der Berechnung ist auf die BVSK Honorarbefragung 2010/2011 abzustellen. Diese Befragung stellt eine geeignete Schätzgrundlage dar. Das vorliegend angesetzte Grundhonorar hält sich entsprechend der zugrundezulegenden Schadenshöhe von 1.604,12 Euro inkl. MWSt im Rahmen dieser Schätzgrundlage.

Es kommt auch nicht darauf an, ob die vom Kläger erstellte Honorartabelle vertraglich vereinbart wurde, oder ob es sich um eine Bestimmung nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB handelt. Jedenfalls liegen keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Klägers vor. Konkrete Zweifel an der Seriosität der Preisgestaltung des Klägers mussten beim Geschädigten nicht aufkommen. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten. Ein offenkundiges Missverhältnis hätte dem Geschädigten diesbezüglich nicht auffallen müssen.

Aus einer Relation zwischen der Sachverständigenrechnung und dem Schaden kann sich bereits denklogisch kein Anhaltspunkt für eine Überhöhung der geltend gemachten Kosten ergeben. Gerade bei geringen Schäden kann es nach der Lebenserfahrung aus technischer Sicht besonders schwierig sein, die Erforderlichkeit einer Reparatur zu begründen. Das Sachverständigengutachten geht von einer Reparaturhöhe von 1.804,12 Euro inkl. MWSt aus. Gerade zur Bestimmung eines solchen Schadens erschien die Beauftragung eines Sachverständigen sachgerecht und auch die Gutachtenskosten stellen aus Sicht des Geschädigten einen erforderlichen Geldaufwand dar. Ein Missverhältnis zwischen Reparaturkosten und Sachverständigenkosten war für den im Verkehrsunfall Geschädigten nicht ersichtlich.

Die Vereinbarung und Anwendung einer Mischkalkulation verstößt auch nicht gegen § 315 BGB oder eine andere Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensgeringhaltung. In der BVSK Honorarbefragung 2010/2011 wird ebenfalls von einer Mischkalkulation ausgegangen, wenn dort Grundhonorar und Nebenkosten getrennt ausgewertet werden.

Die Beauftragung eines Sachverständigen erscheint wie bereits oben dargestellt, aus Sicht des Geschädigten nachvollziehbar. Weiter ist auch hinsichtlich der Höhe von Unangemessenheit nicht auszugehen. Die entsprechenden Werte des Grundhonorars und der Nebenkosten liegen noch im Bereich, in welchem nach der gerichtsbekannten BVSK Honorarbefragung 2010/2011 zwischen 50 und 60 % der BVSK Mitglieder ihr Honorar abrechnen.

Hinsichtlich der Nebenkosten konnte der Geschädigte die entsprechende Rechnungsstellung der Höhe nach nicht beeinflussen. Die Nebenkosten bewegen sich zudem auch im Rahmen der nach Ansicht des Gerichts geeigneten Schätzgrundlage. In der Hand des Geschädigten bestehen daher die Gutachterkosten auch in der abgerechneten Art und Weise. Dies gilt aus den oben aufgeführten Gründen insbesondere auch für den Zeitaufwand ebenso wie für Foto-, Schreib- und Fahrtkosten sowie für Kosten für Anfragen bei Datenbanken und Dritten, da auch hierauf der Geschädigte keinen Einfluss hat. Insbesondere auf den zeitlichen Aufwand des Gutachters hat der Geschädigte keine Einflussmäglichkeit Es war auch zulässig, dass der Geschädigte sich hier des Klägers als Sachverständigen bedient und insofern die Fahrtkosten ausgelöst werden.

Nach der oben dargelegten Schätzung im Sinne von § 287 ZPO halten sich die hier abgerechneten Kosten jedenfalls im Bereich des Üblichen und Regelmäßigen, so dass jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen.

c.
Der Kläger hat somit nach Teilerfüllung gemäß § 362 BGB in Höhe von 471,01 Euro gegen die Beklagte in der Hauptsache noch einen Anspruch in Höhe von 128,63 Euro.

4.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO 63 Abs. 2 GKG.

Die Berufung der Beklagten wird nicht zugelassen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Straubing verurteilt Zurich Insurance zur Erstattung des vollständigen Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht (005 C 1181/12 vom 16.03.2013)

  1. Bernd Barremeyer sagt:

    Da hilft der Zurich auch nicht, den bisherigen Prozessbevollmächtigten der HUK-Coburg übernommen zu haben. Auch der bringt nicht den gewünschten Erfolg. Auch beim AG Bonn ist er auf die Nase gefallen mit seiner Mandantin, der Zurich Versicherung. Aufs falsche Pferd gesetzt?

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