AG Stuttgart verurteilt auch die DEVK Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 22.12.2008 (41 C 1081/08) hat das AG Stuttgart die DEVK Allgemeine Versicherungs-AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 374,80 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das AG Stuttgart bleibt bei seiner Linie: Schwacke gilt, Fraunhofer nicht.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung restlicher Mietwa­genkosten in tenorierter Höhe zu, §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 1 und 3 StVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1, 2 PflVG a.F., §§ 823 Abs. 1, 249 ff., 535 Abs. 2, 398 BGB.

1. Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Die Abtretung der Schadensersatzansprüche durch die Mieterin der Klägerin verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsge­setz a.F. in Verbindung mit § 134 BGB. Sie dient allein dem Zweck die durch die Ab­tretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen und besorgt keine fremden Rechtsangelegenheiten (BGH NZV 2005, 517,518), nachdem die Mieterin eine wei­tere Zahlung abgelehnt hat.

2.  Die Klage hat der Höhe nach aber nur teilweise Erfolg.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (so etwa: BGH NJW 2007, 3782 -Juris Rz. 5) kann die geschädigte Mieterin – und somit auch die Klägerin, die sich auf deren abgetretenes Recht stützt – vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsauf­wand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Sie ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlich­keit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihr Zumutba­ren, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass sie von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (in­nerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Mietet die Geschädigte zu einem Unfallersatztarif, der gegenüber dem „Normaltarif“ teuerer ist, an, verstößt sie dann nicht gegen die Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen fal­scher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnliches] einen gegenüber dem „Normaltarif“ höhe­ren Preis rechtfertigen, oder wenn sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Dabei ist „Normaltarif“ der Tarif, der für den Selbstzahler Anwendung findet und unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Auch wenn der Autovermieter nicht zwischen „Unfallersatztarif“ und „Normaltarif“ unterscheidet, sondern einen einheitlichen Tarif anbietet, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen „Normaltarife“ liegt, ist zu prüfen, ob unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters oder sonstige mit der Unfallsituation verbundene besondere Umstände diese Erhö­hung rechtfertigen.

Ist der geltend gemachte Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderlich, weil gege­benenfalls über dem „Normaltarif“ liegende Mietwagenkosten durch unfallspezifi­sche, besonders kostenverursachende Umstände gerechtfertigt sind oder weil dem Geschädigten im konkreten Fall ein wesentlich günstiger „Normaltarif“ nicht zu­gänglich gewesen ist, so ist der Anspruch auf Erstattung des den „Normaltarif“ übersteigenden Betrages gegeben. Weiter kommt es im Allgemeinen nicht darauf an, ob der Mietpreis für das Ersatzfahrzeug zwischen Mieterin und Vermieterin wirk­sam vereinbart worden ist. Der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer können sich in einem solchen Fall nicht im Hinblick auf möglicherweise bestehende vertragliche Ansprüche des Geschädigten gegenüber dem Vermieter von der Schadenser­satzverpflichtung befreien.

Schließlich hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO den „Normaltarif auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten – gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung – ermitteln kann (BGH VersR 2007,1286 – Juris Rz. 8; BGH VersR 2008, 699 – Juris Rz. – 8).

3. In Anwendung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falles ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf Basis des „Normal­tarifs“ abrechnen kann. Den ortsüblichen „Normaltarif“ schätzt das Gericht in Aus­übung seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO auf der Grundlage des ge­wichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet der Ge­schädigten. Das angemietete Fahrzeug ist wie das verunfallte nach dem für den Un­fallzeitpunkt gültigen Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 der Mietwagenklasse 8 zu­zuordnen.

Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:

Netto-Mietwagenkosten für 8 Tage á                         122,54 €

(995 € brutto : 7 abzüglich 16 % MwSt)                     980,32 €

Vollkasko für 8 Tage á  18,10 €                                  144,80 €

Gesamt:                                                                  1.125,12 €

Abzgl 5 % ersparter Eigenaufwendungen                   56,25 €

Restforderung:                                                       1.068,87 €

Abzüglich vorgerichtlicher Teilzahlung                       694,07 €

tenorierte Restforderung                                           374,80 €

4. Die Bedenken, welche neuerdings gegenüber dem Schwacke-Mietpreisspiegel als Schätzgrundlage geäußert werden, teilt das Gericht nicht. Zwar ist dem Gericht be­kannt, dass eine Untersuchung des Frauenhofer Instituts zu niedrigeren Durch­schnittswerten kommt. Auftraggeber dieser Studie ist indessen der Gesamtverband der Haftpflichtversicherer. Durch die Nähe zur Versicherungswirtschaft ist damit eine Tendenzbildung zu deren Gunsten nicht auszuschließen. Zweifel verbleiben weiter, soweit den Werten der Schwacke-Lisfe diejenigen der Erhebung von Dr. Zinn entgegen gehalten werden. Letztere stellt nicht auf Postleitzahlengebiete, son­dern vergröbernd auf Großräume ab und bezieht sich nur auf einen engen Erhe­bungszeitraum. Hinsichtlich beider Ergebungen vermag das Gericht keinen we­sentlichen Vorteil darin erkennen, dass diese im Unterschied zur Erhebung durch Schwacke auf anonymen, telefonischen Abfragen oder solchen über das Internet ba­sieren. Insoweit vermag das Gericht die Auffassung des OLG Köln (Az. 6 U 115/08 – Juris Rz. Rz. 8 ) und des OLG München (Az. 10 U 2539/08 – Juris Rz. 33) nicht zu tei­len (ebenso OLG Karlsruhe, Az. 1 U 17/08 – Juris Rz. 36). Das Gericht übersieht hierbei nicht, dass die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden darf. Auch ist richtigerweise davon auszugehen, dass § 287 ZPO nicht rechtfertigt, dass das Gericht in für die Streitent­scheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichtet. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind aber nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind.   Die konkrete Abweichung beider Gutachten ist jedoch nicht so erheblich, dass die Schwacke-Liste im Rahmen des § 287 ZPO als Schätzgrundlage ungeeignet erscheint. Aus diesem Grunde sieht es das Gericht nicht als erforderlich an, ein Sachverständigengutach­ten einzuholen.

Gleiches gilt für die beklagtenseits vorgelegten Internetangebote, welche nicht den Schadenszeitraum betreffen. Bezüglich dieser kommt hinzu, dass die in M. wohnende Geschädigte das Fahrzeug am Unfalltag über die L. Niederlassung der Klägerin angemietet hat, ohne dass ihr die Möglichkeit der Inter­netrecherche zur Verfügung stand.

5. Weitere spezifische Leistungen, welche im Einzelfall einen pauschalen Aufschlag auf den gewichteten Mittelwert der Schwacke-Liste rechtfertigen würden, sind nicht dargelegt (vgl. hierzu OLG Karlsruhe VersR 2008, 92;  OLGR Köln 2008, 245 – Juris Rz 34). Insbesondere vermag der Hinweis auf die Vorhaltekosten nicht zu überzeu­gen. Üblicherweise werden bei den überregional tätigen Mietwagenunternehmen -wozu die Klägerin gehört – keine nach Selbstzahler- und Unfalltarif aufgeschlüssel­ten Flotten vorgehalten.

6.  Winterreifen können nicht extra berechnet werden. Die verkehrssichere Ausstat­tung eines Mietfahrzeugs gehört zur Grundausstattung.

Soweit das AG Stuttgart.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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