Das AG Merzig verurteilt die eintrittspflichtige Versicherung zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars sowie zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (26 C 15/09 vom 19.06.2009)

Mit Entscheidung vom 19.06.2009 ( 26 C 15/09) wurde die eintrittspflichtige Versicherung durch das Amtsgericht Merzig zur Erstattung restlicher Sachverständigenkosten sowie außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Das Gericht setzt sich in der Entscheidung ausführlich zu der Abtretung unter Einbeziehung des Rechtsdienstleistungsgesetzes auseinander.

Aus den Gründen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 189,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 8. Oktober 2008 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,–€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26. November 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch in Höhe von 189,65 € aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 3 PflVG a. F. / 115 Abs. 1 S. 1 VVG n. F., §§ 249 ff., 398 BGB.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der Geschädigte hat seine Ansprüche gegenüber der Beklagten wirksam an die Klägerin nach § 398 BGB abgetreten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abtretungsvereinbarung vom 24. September 2008 nicht gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen Rechtsdienstleistungsgesetz, das seit dem 1. Juli 2008 zur Anwendung kommt, nichtig.

Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder durch oder auf Grund anderer Gesetze erlaubt ist. Rechtsdienstleistung ist dabei zunächst einmal nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Darüber hinaus handelt es sich nach § 2 Abs. 2 RDG bei der Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen um eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 RDG bereits deshalb nicht vor, da die Klägerin, die ein Kfz-Sachverständigen-Büro unterhält, den Forderungseinzug nicht als eigenständiges Geschäft betreibt. Allerdings liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG vor. Bei der von der Klägerin unternommenen Geltendmachung der Sachverständigenkosten handelt es sich um eine Tätigkeit in einer fremden Angelegenheit. Bei der Unterscheidung, ob eine abgetretene Forderung auf eigene oder auf fremde Rechnung abgetreten wird, ist nach der Gesetzesbegründung zum Rechtsdienstleistungsgesetz auf die im jeweiligen Einzelfall abgeschlossenen Verträge abzustellen, wobei entscheidend ist, ob die Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und er insbesondere auch das Bonitätsrisiko übernimmt (BT-DRS 16/3655, S. 48 f.). Unter Berücksichtigung dessen muss im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass die Klägerin hier trotz der erfolgten Abtretung in einer fremden Angelegenheit tätig geworden ist. Die Abtretung ist nämlich nicht etwa an Erfüllungs statt sondern lediglich erfüllungshalber erfolgt, wobei die Klägerin nicht das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen, sondern sich ausdrücklich vorbehalten hat, ihre Forderung weiterhin gegen den Zedenten geltend zu machen, so dass hier lediglich von einer (verdeckten) Abtretung zu Einziehungszwecken auszugehen ist.

Darüber hinaus erfordert die von der Klägerin übernommene Tätigkeit auch eine Einzelfallprüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG. Hierfür ist bereits ausreichend, dass sich eine spezifische Einzelfrage ergibt, deren Beantwortung eine juristische Subsumtion und besondere Rechtskenntnisse erfordert, auch wenn sich diese lediglich auf einen geringfügigen Teilbereich erstrecken (BT-DRS 16/3655, S. 48 f.). Im vorliegenden Fall erfordert die von der Klägerin übernommene Tätigkeit Rechtskenntnisse bezüglich der Frage der Höhe erstattungsfähiger Sachverständigenkosten und eine Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen – wenn auch ganz herrschenden – Rechtsprechung.

Die von der Klägerin übernommene Tätigkeit erfüllt jedoch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 RDG und ist damit nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz erlaubt. § 5 Abs. 1 RDG erlaubt solche Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist dabei gemäß Satz 2 der zuvor genannten Regelung nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist bezüglich der Geltendmachung der Sachverständigenkosten durch die Klägerin aus abgetretenem Recht von einer Nebenleistung auszugehen. Gerade in den Fällen, in denen es wie hier zu Streit über die Höhe der in Ansatz gebrachten Kosten kommt, zeigt sich die Zugehörigkeit der Geltendmachung der Forderung zu der eigentlichen Hauptleistung deutlich. In diesen Fällen wird nämlich eine Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den Sachverständigen erforderlich, die dem Kunden oftmals in diesem Umfang mangels entsprechender Kenntnisse gar nicht möglich wäre. Dementsprechend wollte auch der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 5 Abs. 1 RDG die Einziehung von Kundenforderungen in bestimmten Fällen, in denen eine Abtretung erfüllungshalber stattgefunden hat, zulassen. So findet sich in der Gesetzesbegründung der Hinweis, dass ein Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit u. a. die Geltendmachung von Sachverständigenkosten im Bereich der Unfallschadensregulierung ist (BT-DRS 16/3655, S. 53).

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch der Höhe nach zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte grundsätzlich in vollem Umfang für die durch das in Merzig am 24. September 2008 stattgefundene Schadensereignis eingetretenen Schäden haftet, wobei die Beklagte auf die durch die Klägerin ursprünglich geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 592,44 € bereits einen Betrag von 402,79 € geleistet hat.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die restlichen Sachverständigenkosten zu ersetzen.

Im Hinblick darauf, dass die Klägerin Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht verfolgt, sind insoweit die schadensrechtlichen Gesichtspunkte maßgeblich, die für das Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem gelten.

Die für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens anfallenden Kosten hat der Schädiger insoweit zu ersetzen, als sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind (LG Saarbrücken, Urteil vom 29. August 2008, Az. 13 S 108/08, zitiert nach Juris m. w. N.). Hierbei ist der Geschädigte zwar nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich gehalten, von mehreren Alternativen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Allerdings ist der Geschädigte grundsätzlich nicht verpflichtet, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Da es im Rahmen der Erstellung von Sachverständigengutachten – anders als etwa auf dem Mietwagensektor – an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten oder allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der angefallenen Kosten ermöglichen würden, wird der Geschädigte in der Regel von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen können. Solange für den Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt und das Preis-/Leistungsverhältnis damit in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, dem Geschädigten ein Auswahlverschulden nicht zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet, kann er vom Schädiger Ausgleich der Sachverständigenkosten verlangen (Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 3 Rn. 121;  LG  Saarbrücken, a.a.O., jeweils m.w.N.). Dementsprechend ist auch die gerichtliche Prüfung eingeschränkt. Diese beschränkt sich darauf, ob das angesetzte Honorar willkürlich erscheint und ob dies für einen Laien, der einen Sachverständigen beauftragt, erkennbar ist. Eine   umfassende   Preiskontrolle  sowie  eine  Kürzung  der  Nebenkosten  wie Schreibgebühren, Kopier-, Fahrt- oder Telefonkosten nach eigenem Ermessen findet in diesem Zusammenhang nicht statt.

Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass die Klägerin eine willkürliche Abrechnung vorgenommen hätte. Vielmehr ist unter Heranziehung des Ergebnisses der Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) für die Jahre 2005/2006, die das Gericht als geeignete Schätzungsgrundlage ansieht (vgl. hierzu auch LG Saarbrücken, Urteil vom 20. November 2008, Az. 2 S 78/07), davon auszugehen, dass sich die in Ansatz gebrachte Vergütung in Höhe von insgesamt 592,44 € im Rahmen des Üblichen bewegt.

Bei einem Nettoschaden von aufgerundet 2.500,- € wurde ein Grundhonorar in Höhe von 352,– € in Rechnung gestellt, was ist Rahmen des Honorarkorridors HB III der Honorarbefragung liegt. Auch die Höhe der Schreibgebühr in Höhe von 2,90 € pro Seite liegt innerhalb des Honorarkorridors HB III. Entsprechendes gilt für die Ansatz gebrachten Kopierkosten von 0,80 € pro Seite sowie die Kosten für die Fertigung von Lichtbildern in Höhe von 2,50 € je Lichtbild.

Auch wurden keine Leistungen in Rechnung gestellt, die nicht erbracht worden wären. Soweit die Beklagte gerügt hat, dass die Klägerin 15 Seiten in Bezug auf die Schreibgebühr in Ansatz gebracht habe, ist durch die Vorlage des Gutachtens durch die Klägerin belegt, dass der Schreibaufwand tatsächlich (u. a. durch Beschriftung der Lichtbildanlagen) entstanden ist. Hinsichtlich der Kopierkosten wurde in der Rechnung seitens der Klägerin dargelegt, welche Kopiersätze gefertigt wurden. Hinsichtlich der Fahrtkosten kann der Geschädigte nicht darauf verwiesen werden, dass er einen Sachverständigen unmittelbar vor Ort mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens beauftragt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn durch die Auswahl des Sachverständigen keine unverhältnismäßig hohen Fahrtkosten entstehen, was jedoch vorliegend nicht der Fall war, zumal sich die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten noch im Rahmen dessen bewegen, was als pauschale Fahrtkosten nach dem Honorarkorridor HB III der BVSK-Honorarbefragung ausgewiesen ist.

Der Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderung ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat auf die Aufforderung der Klägerin hin eine Zahlung mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 abgelehnt, weshalb es nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB einer Mahnung nicht bedurfte, um die Beklagte in Verzug zu setzen.

Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung außergerichtlich angefallener und nicht anrechenbarer Anwaltskosten. Für die außergerichtliche Vertretung in einer zivilrechtlichen Angelegenheit steht dem Rechtsanwalt nach Nr. 2300 VV RVG in Verbindung mit §§ 13, 14 RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe von 0,5 bis 2,5 des Gebührensatzes zu, wobei die – auch hier in Rechnung gestellte – Regelgebühr 1,3 beträgt.

Die außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren für die zugesprochene Klagesumme berechnen sich vorliegend wie folgt:

1,3 Geschäftsgebühr einschließlich der Erhöhungen               32,50 €
gem. Nr. 1008 VV RVG aus 189,65
Pauschale für Post- und Telekommunikation                             6,50 €

Summe                                                                                   39,00 €

Hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht ein Anspruch auf Verzugszinsen erst ab Zustellung des Mahnbescheids. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind erst mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 gegenüber der Beklagten tätig geworden. Eine Mahnung bezüglich der geltend gemachten Kosten ist nicht dargelegt, so dass wegen des Verzugszeitpunktes diesbezüglich nach § 286 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids abzustellen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da die Zuvielforderung der Klägerin bezüglich der Verzugszinsen geringfügig war und keine höheren Kosten verursacht hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Berufung, bestand kein begründeter Anlass im Sinne des § 511 Abs. 4 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Frage, ob die Geltendmachung von Honorarforderungen durch einen Sachverständigen aus abgetretenem Recht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt, anhand dieses Gesetzes nunmehr eindeutig geregelt ist und auch die Frage, inwieweit Sachverständigenkosten als Rechtsverfolgungskosten erstattungsfähig sind, in der Rechtsprechung geklärt ist.

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