Der BGH mit einem weiteren Urteil zur fiktiven Abrechnung (VI ZR 91/09) – Fortführung des VW-Urteils (VI ZR 53/09)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

VI ZR 91/09                                                       Verkündet am: 23. Februar 2010

BGB §§ 249 Hb, 254 Abs. 2 Dc

Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Bestätigung des Senatsurteils vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 – zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

BGH, Urteil vom 23. Februar 2010 – VI ZR 91/09 – LG Halle
                                                                               AG Halle (Saale)

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 10. März 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. November 2007 geltend, bei dem sein PKW, ein BMW 520i Touring mit Erstzulassung vom 16. April 1999 und einer Laufleistung von 139.442 km, im Heckbereich beschädigt wurde. Betroffen waren der Stoßfänger, die Heckklappe, das Heckabschlussblech, die Seitenwand unten und die Abgasanlage. Die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers des Unfallgegners ist unstreitig.

Der Kläger rechnete den Fahrzeugschaden gegenüber der Beklagten fiktiv unter Bezugnahme auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer BMW-Vertragswerkstatt in seiner Region mit Netto-Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.160,41 € ab. In dem Gutachten ist der Wiederbeschaffungswert mit 7.800 € und der Restwert des Fahrzeuges mit 2.800 € angegeben.

Die Beklagte zahlte an den Kläger vorgerichtlich auf den Fahrzeugschaden 3.404,68 € mit der Begründung, ihm seien gleichwertige, günstigere Reparaturmöglichkeiten ohne weiteres zugänglich. Sie berief sich dabei auf einen ihrem Regulierungsschreiben beiliegenden Prüfbericht, in welchem drei Reparaturwerkstätten mit Anschrift und Telefonnummer unter Benennung der jeweiligen Reparaturkosten angegeben waren und ausgeführt wurde, dass in diesen Reparaturwerkstätten eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Die höchsten Reparaturkosten beliefen sich bei der Firma J. in B. auf insgesamt 3.404,68 € (netto), wobei deren Berechnung im Einzelnen aufgeschlüsselt wurde. Die drei von der Beklagten im Prüfbericht angeführten Werkstätten sind Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik und zertifizierte Meisterbetriebe für Karosseriebau- und Lackierarbeiten, deren Qualitätsstandard regelmäßig vom TÜV oder von der DEKRA kontrolliert wird. Es werden ausschließlich Original-Ersatzteile verwendet und die Kunden erhalten mindestens drei Jahre Garantie.

Nachdem der Kläger den Differenzbetrag von 755,73 € eingeklagt hat, hat die Beklagte im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Forderung in Höhe von 217 € anerkannt. Dies beruhte darauf, dass sie nach einem Hinweis des Amtsgerichts von der Firma J. einen Kostenvoranschlag erstellen ließ, der eine höhere Stundenzahl für die Lackierarbeiten zugrunde legte, so dass sich nunmehr Reparaturkosten in Höhe von 3.621,68 € ergaben. Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung des verbleibenden Differenzbetrages abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die (zugelassene) Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Firma J. entstanden wären. Zwar könne nach dem sog. Porsche-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGHZ 155, 1) der Geschädigte seiner Schadensabrechnung grundsätzlich die in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten zugrunde legen, er müsse sich jedoch auf eine mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen. Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des Klägers hätte eine Reparatur in der Firma J. in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbetriebe verwiesen, sondern ihm drei Reparaturbetriebe genannt, welche die Arbeiten am Fahrzeug ohne Qualitätseinbuße durchführen könnten. Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeige, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt halte, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufgezeigte Reparaturmöglichkeit zugrunde zu legen, sei diese andere Reparaturmöglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend sei zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielten bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs mit hoher Laufleistung nur noch eine untergeordnete Rolle.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit dem Senatsurteil BGHZ 155, 1 ff. (sog. Porsche-Urteil) und dem – nach dem Berufungsurteil ergangenen – Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 – VersR 2010, 225 (sog. VW-Urteil, vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ).

a) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 346, 349 f.; 132, 373, 376; vom 4. Dezember 1984 – VI ZR 225/82 – VersR 1985, 283, 284 f. und vom 15. Februar 2005 – VI ZR 74/04 – VersR 2005, 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 1, 3). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.

b) Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit bei der Firma J. um eine im Vergleich zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit. Die Unfallschäden am Fahrzeug des Klägers würden unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb für Lackier- und Karosseriearbeiten, der Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik ist, instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard regelmäßig von unabhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird. Den Kunden dieser Fachbetriebe werden drei Jahre Garantie gewährt.

3. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die es dem Kläger unzumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen.

a) Soweit die Revision wegen der Entfernung der Firma J. vom Wohnort des Klägers (21 km) Zweifel daran äußert, dass diese Fachwerkstatt dem Kläger ohne weiteres zugänglich sei, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Instanzen nicht aufgezeigt hat, dass sich eine markengebundene Fachwerkstatt in einer deutlich geringeren Entfernung zu seinem Wohnort befindet.

Weiterhin zeigt die Revision keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass es sich bei den Preisen der Firma J. nicht um deren (markt-)übliche Preise (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 – aaO), sondern um Sonderkonditionen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der Beklagten handeln könnte. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien. Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetragen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären.

c) Soweit die Revision schließlich meint, die Gleichwertigkeit der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit fehle schon deshalb, weil dem Kläger nur von seiner Markenwerkstatt drei Jahre Garantie gewährt würden, auf die er einen Käufer hätte verweisen können, wird übersehen, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Kläger auch bei einer Reparatur durch die Firma J. auf deren Arbeiten eine Garantie von drei Jahren gewährt würde.

d) Weitere Umstände, die es dem Kläger gleichwohl unzumutbar machen könnten, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 – aaO), zeigt die Revision nicht auf. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 8 ½ Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 139.442 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr.

Zar kann auch bei älteren Fahrzeugen die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, „scheckheftgepflegt“ oder gegebenenfalls nach einem Unfall repariert worden ist. In diesem Zusammenhang kann es dem Kläger unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder – im Fall der konkreten Schadensberechnung – sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch die Reparaturrechnung belegt (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 – aaO). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht vor. Soweit die Revision nunmehr die Gleichwertigkeit der Reparatur bei der Firma J. mit der Begründung in Abrede stellen will, dass es sich nicht um die markengebundene Vertragswerkstatt handele, bei der der Kläger sein Auto gekauft habe und auch habe warten und bei erforderlichen Reparaturen instand setzen lassen, zeigt sie nicht auf, wo der Kläger in den Instanzen entsprechenden – vom Berufungsgericht übergangenen – konkreten Sachvortrag gehalten hat. In der Revisionsinstanz ist neuer Sachvortrag grundsätzlich rechtlich unbeachtlich (vgl. § 559 ZPO).

4. Nach alledem erweist sich die Revision als unbegründet und ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Galke                                                      Zoll                                            Wellner
                             Pauge                                                      Stöhr

Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 15.10.2008 – 97 C 707/08 –
LG Halle, Entscheidung vom 10.03.2009 – 2 S 277/08 –

Siehe auch: DS 2010, 241

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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39 Antworten zu Der BGH mit einem weiteren Urteil zur fiktiven Abrechnung (VI ZR 91/09) – Fortführung des VW-Urteils (VI ZR 53/09)

  1. Olga sagt:

    Wat nu liebe Gleichwertigkeitsfetischisten??

  2. Buschtrommler sagt:

    Zitat:
    …wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen…

    Umkehr der Beweispflicht bezüglich Gleichwertigkeit?
    Es bleibt spannend, welch Interpretation künftig aus manchen Urteilssätzen destilliert werden…

  3. joachim otting sagt:

    …nee, Buschtrommler, das sind zwei Paar Schuhe.

    Für die technische Gleichwertigkeit ist der Versicherer beweispflichtig (Leitsatz b. der VW-Entscheidung).

    Wenn die zu bejahen ist, kann der Verweis dennoch unzumutbar (Leitsatz c. der VW-Entscheidung) sein.

    Für die Unzumutbarkeit (das ist das Garantie- oder Loyalitätsthema) ist der Geschädigte vortrags- und ggf. beweispflichtig. Und das ist halt problematisch bei einem Fahrzeug jenseits des Garantie- oder Kulanzalters ohne nachgewiesene Treue.

  4. rgladel sagt:

    Da sieht man deutlich, das es auf die Qualität des Anwalts ankommt, denn offesichtlich wurde noch nicht mal im Ansatz auf das Thema Unzumutbarkeit einer freien Werkstatt eingegangen bzw. hätte nicht geklagt werden dürfen, wenn diese nicht gegeben war.

    Andere Frage, wie sieht es mit dem UWG aus?

  5. Buschtrommler sagt:

    Herzlichen Danke Herr Otting, kurz und sachlich definiert für juristischen Laien. So wünscht man sich des öfteren Urteilserläuterungen.

  6. joachim otting sagt:

    @ rgladel

    Die Anwaltsschelte ist hier m.E. unzutreffend, denn der Prozess hat seinen Lauf genommen, als es die VW-Entscheidung VI ZR 53/09 noch nicht gab und auch hier bei CH nahezu jeder (Bedenken nicht duldend) die unverrückbare Auffassung vertrat: Außerhalb der Marke geht gar nix.

    Eine andere Frage ist, ob man besser auf Geschädigtenseite nach November 2009 die Reißleine gezogen hätte.

    UWG können Sie knicken, der Zug ist abgefahren. Wie soll wettbewerbswidrig sein, was der BGH-Rechtsprechung entspricht? Außerdem sind das alles nur Nebenkriegsschauplätze. Ich erinnere an die zwei, drei Boris S. – Urteile, dass Einflussnahme des Versicherers gegen das RBerG verstoße und hier daraufhin das Ende der Schadensteuerung gefeiert wurde…

    @ Buschtrommler: Danke für die Blumen.

  7. virus sagt:

    @ Otting: „Für die Unzumutbarkeit (das ist das Garantie- oder Loyalitätsthema) ist der Geschädigte vortrags- und ggf. beweispflichtig.“

    beweispflichtig = Pflicht des Anspruchstellers im Haftpflichtschadenbereich!??

    Bevor wir uns inhaltlich mit dieser doch sehr überraschenden neuerlichen Urteilsbegründung der Richterschaft des 6. Senats am BGH auseinandersetzen, wäre zu klären, wie es zu diesem Urteil kommen konnte. Zwei Instanzen waren bereits verloren!!! und dann wird äußerst schwach auch noch am BGH argumentiert, das Ganze vor dem Hintergrund des noch warmen VW-Urteils.
    Für mich stellt sich daher zunächst die Frage, inwieweit differenzierte sich hier überhaupt die Interessenlage von Kläger und Beklagten?.
    Dann, gab es keinen Hinweis von den BGH-Richtern, wie diese gedenken zu entscheiden?
    Freuen sich jetzt gar beide Parteien gleichermaßen über das ergangene Urteil?
    Nicht zuletzt stellt sich dann noch die Frage, wie konnte es über die Zeit zu dem nachweislichen Sinneswandel zu mindestens eines des hier mitwirkenden Richters kommen?
    Diese Frage drängt sich insbesondere vor dem Hintergrund eines FOCUS-Berichtes vom 24.09.2007 auf, wo nachgelesen werden kann: „….. die Entscheidungsfreiheit des Verkehrsopfers dürfe nicht beeinträchtigt werden.“

    | Die Rechte der geschädigten Autofahrer müssen gewahrt bleiben | Unfallopfer zahlt die Zeche | Bericht WISO vom 20.06.2005

    Streichen mit System – Wo Versicherungen gern tricksen

    „In mindestens einem Drittel aller Fälle kommt es zu Kürzungen, also einer systematischen Benachteiligung der Geschädigten, die sich durchaus im strafrechtlichen Bereich des Betruges bewegt“ – schätzt E. Fuchs, Verkehrsrechtler und Geschäftsführer des Sachverständi-genverbandes BVSK.

    Unfallopfer zahlt die Zeche

    Schadenersatz im Interessenkonflikt

    Eine oft unzulängliche Entschädigung der Verkehrsunfallopfer haben der ADAC, der Deutsche Anwaltsverein (DAV) und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) kritisiert. Durch die Reform des Schadenersatzrechts erhalten Unfallopfer häufig nicht mehr den vollen Ersatz des ihnen zugefügten Schadens. Auch das „Schadens- management“ der Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Versicherer trage zur Ver- schlechterung bei. Deren Schadensteuerung ziele vor allem dahin, die freie Werkstattwahl, das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts und eines unabhängigen Sachverständigen einzuschränken, um die Kosten der Unfallentschädigung zu senken.

    Beim Karlsruher Verkehrsrechts-Forum äußerte Wolfgang Wellner, Mitglied des für Fragen des Schadenersatzrechts zuständigen Senats beim Bundesgerichtshof (BGH), die Entscheidungsfreiheit des Verkehrsopfers dürfe nicht beeinträchtigt werden. Der Schädiger und seine Versicherung seien nicht befugt, z. B. die Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt oder unabhängiger Gutachter auf niedrigere Vergleichskosten anderer zu mindern (BGH, Urteile vom 29.04.2003, VI ZR 393/02 u. VI ZR 398/02). Die von den Versicherungen vielfach angewandte Praxis, das Recht geschädigter Autofahrer bei der Unfallabwicklung einzuschränken, sei nicht hinnehmbar.

    Kategorie: Unfall, Werkstätte

  8. Hunter sagt:

    @ Joachim Otting

    „… und auch hier bei CH nahezu jeder (Bedenken nicht duldend) die unverrückbare Auffassung vertrat: Außerhalb der Marke geht gar nix.“

    BGH VI ZR 398/02 war vor VI ZR 53/09 das Maß aller Dinge. Und bis dahin hatte der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf die Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt. Die Gleichwertigkeit einer alternativen Werkstatt aus dem Porsche-Urteil war rein hypothetisch, wenn man die Entscheidungen der meisten Instanzgerichte betrachtet. Wer zum Zeitpunkt vor dem VW-Urteil die Meinung in Richtung markengebundene Fachwerkstatt vertreten hatte, lag in der Regel mitten auf der Zielgeraden.

    Der Mist mit der „qualitativen Gleichwertigkeit“ kam erst mit dem VW-Urteil. Und danach wurden (auch auf dieser Plattform) jede Menge Bedenken geäußert, was wohl darunter zu verstehen sei. Ein wichtiges Kriterium, die merkantile Gleichwertigkeit, wurde mit dem VW-Urteil so nebenbei eliminiert.

    Auch potentielle richterliche Meinungen zur Gleichwertigkeit nach VW, aufgrund irgend eines faulen Zertifikates, wurden hier bereits eingehend diskutiert. Eine qualitative Gleichwertigkeit kann im Einzelfall bestenfalls durch einen versierten Sachverständigen festgestellt werden. Der wird in der Regel zu dem Ergebnis kommen, dass die Gleichwertigkeit nicht gegeben ist. Wurde im Nachgang zu dem VW-Urteil auch schon ausführlich dargestellt. Ungleiche Werkzeugausrüstung (z.B. fehlende Werkzeuge, spezielle Schweißausrüstung, CAN-Bus etc.), ungleicher Informationszugang, ungleiche Schulung der Mitarbeiter (Lehrgänge) usw. All dies sind wesentliche Positionen für die qualitative Ausführung einer Reparatur, die jedoch nicht zum Umfang irgend eines Zertifikates gehören.

    Dass der BGH nun selbst mit diesem Zertifikat-Mist daher kommt, ist nicht nur sehr enttäuschend, sondern auf alle Fälle auch sehr interessant.

    Zuerst kam VW, mit dem Porsche deutlich „kastriert“ wurde und nun mit dem o.a. Urteil die nächste Breitseite gegen die Geschädigten. Wer jetzt nicht aufwacht, soll sich die Welt eben weiter schön träumen.

    Auch wenn einige nicht gerne Richterschelte hören, beim BGH Nr. 6 läuft nach der Ära Müller meiner Meinung nach einiges aus dem Ruder.

    Und nicht zu vergessen: Wenn fiktiv wie konkret, dann auch konkret wie fiktiv.

    Was bedeutet das? Bye, bye voller Schadensersatz – viel Spass liebe Werkstätten => § 249 BGB in die Tonne.

    Und noch etwas zur Anwaltsschelte. Wenn die prozessbeteiligten Anwälte des Geschädigten tatsächlich nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig oder gar fehlerhaft gehandelt haben – dann auch gute Nacht an die Damen/Herren Rechtsanwälte. Als Kläger würde ich diese „Experten“ mindestens für die Kosten der gesamten Misere in die Pflicht nehmen. Der BGH hat mit dem o.a. Urteil die Mangelhaftigkeit der Anwaltsarbeit ausführlich aufgelistet. Vorausgesetzt, der Kläger sitzt natürlich nicht mit im Versicherungsboot. Aber wer weiß? Vielleicht hat er von dem gesamten Budenzauber überhaupt nichts mitbekommen? Denn welcher „normale“ Geschädigte würde, unter Berücksichtigung der allgemeinen Prozessrisiken, wg. EUR 538.– mit „vollem Segel“ durch sämtliche Instanzen „galoppieren“.

    Als erstes sollte man die Prozessparteien in Erfahrung bringen und die Hintergründe aufarbeiten. Ist sicher eine hochinteressante Geschichte.

    Ach ja,

    „Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetragen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären.“

    Der Geschädigte soll demnach in Erfahrung bringen, ob es sich bei den von der Versicherung genannten Stundenverrechnungssätzen einer 21 km entfernten freien Werkstatt um Sonderkonditionen für die Versicherung handelt oder um „normale“ Stundenverrechnungssätze? Der Geschädigte macht also künftig eine Stundenlohn-Rundreise zu den von der Versicherung benannten Werkstätten? Gehts noch?

    Oder der noch,

    „Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien.“

    Wer mag wohl dieses ominöse „unabhängige Prüfinstitut“ für die Stundenverrechnungssätze gewesen sein? Die „unabhängigen Controlexperten“, die „versicherungsunabhängige DEKRA“ oder vielleicht Fraunhofer?

    und weiter

    „Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 8 ½ Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 139.442 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr.“

    Klar doch. Der Verlust einer möglichen Korrosionsschutzgarantie ist natürlich nicht zu berücksichtigen.

    Auf alle Fälle „ein herzliches Dankeschön“ an den BGH im Namen der Geschädigten für das o.a. Urteil?!

    Und zum Thema UWG

    „UWG können Sie knicken, der Zug ist abgefahren. Wie soll wettbewerbswidrig sein, was der BGH-Rechtsprechung entspricht?“

    BGH-Rechtsprechung ist nicht unbedingt einheitlich, denn UWG ist eine andere Baustelle. Wäre doch mal etwas Neues, wenn der 1. zum Thema Schadenmanagement der Versicherer bezüglich UWG Stellung bezieht und dem 6. per Saldo eines auf die Mütze gibt? Möglich ist heutzutage alles!

    „Außerdem sind das alles nur Nebenkriegsschauplätze. Ich erinnere an die zwei, drei Boris S. – Urteile, dass Einflussnahme des Versicherers gegen das RBerG verstoße und hier daraufhin das Ende der Schadensteuerung gefeiert wurde…“

    Stimmt, aber woran liegt das?
    Die meisten – und damit ist nicht Herr S. gemeint – hängen Trophäen dieser Art an die Wand, anstatt den fertig geschnitzen Knüppel selbst in die Hand zu nehmen.

  9. mathias Klostermayr sagt:

    Es wundert mich schon, das der Vortrag der Gleichwertigkeit aufgrund eines DEKRA-Textbausteines einfach so durchgewunken wurde.
    Meisterbertieb ist schließlich eine Voraussetzung um überhaupt Fahrzeugreparaturen durchführen zu dürfen.
    Verwendung von Originalersatzteilen ist ebenfalls selbstverständlich, alles andere wäre Betrug.
    DEKRA-Zertifikat ist doch wohl kein ernsthaftes Kriterium für die ausgeführte Reparaturqualität. In Anbetracht der Geschäftsbziehungen zwischen Dekra-Versicherung-Reparaturwerkstatt eher das Gegenteil.
    Wo ist der Nachweis durch Werkstattaudits seitens der Hersteller? Nachweis von Mitarbeiterschulungen? Herstellerspezifische Werkzeuge und Ausrüstungen?

  10. rgladel sagt:

    Bin zwar kein Anwalt, aber ein klein wenig habe ich in der Richtung schon auf dem Kasten.

    Offensichtlich hat niemand etwas zum UWG ausgeführt und so habend die Richter sich darum nicht gekümmert. Was keine Partei vorträgt wird selten von einem Richter einbezogen.

    Ein paar Anrufe hätte genügt, um festzustellen, ob die Werktstatt ganz allgemein diese Preise hat oder ob es Sonderpreise sind. Das hätte von seiten des Geschädigten wohl besser in Erfahrung gebracht werden sollen.

    Generell sehe ich ein Problem, wenn ein Auto älteren Datums ist und der Eigentümer selbst längere Zeit keinen Wert darauf gelegt hat sein Auto in einer Markenwerkstatt zu pflegen. Er muss sich da schon vorhalten lassen, dass er durch die angebotene Reparatur in einer anderen Werkstatt keinen größeren Nachteil hat, als den, den er selbst über längere Zeit offensichtlich aus Kostengründen hingenommen hat, der Verlust einer ev. Langzeitgarantie waren ihm auch egal, als er das Auto vor dem Unfall in andere Werkstätten brachte.

    Da er fiktiv abrechnet kann er auch schlecht durch Beauftragung der Werkstatt seines Vertrauens demonstrieren, wie wichtig ihm die Leistung in einer Markenwerkstatt ist.

    Die ganze Diskussion läuft irgendwie auf ein fiktives wenn, aber hinaus. So sehr ich mich der Kritik in Richung „Dekra, unabhängie Experten, etc.“ anschließe, es bleibt bei der Tatsache, dass der Geschädigte selbst offensichtlich nie Wert auf Betreung in einer Markenwerktstatt gelegt hat und er auch nach dem Unfall keinen Wert auf eine Reparatur in einer solchen Werkstatt legt. Vermutlich ist genau da der Grund für das Urteil zu suchen.

    Was bleibt ist der Eingriff in den freien Wettbewerb, wobei aber auch hier wieder das fiktiv im Weg steht. Denn der Geschädigte hat ja nicht eine Werkstatt A beauftragen wollen und von der Versicherung eine Werkstatt J benannt bekommen. Werkstatt A hat durch die Aussage der Versicherung keinen Schaden erlitten, denn das Fahrzeug sollte ja ohnehin nicht dorthin verbracht werden. Ich könnte mir denken, das es hinsichtlich des UWG durchaus darauf ankommt, ob fiktiv abgerechnet werden soll oder ob ein konkreter Auftrag im Raum steht.

    und

    “UWG können Sie knicken, der Zug ist abgefahren. Wie soll wettbewerbswidrig sein, was der BGH-Rechtsprechung entspricht?”

    Das könnte man wohl erst abschließend beantworten, wenn das Thema beim BGH zur Sprache gekommen wäre.

  11. Andreas sagt:

    Was nicht vorgetragen wird, wird nicht meistens nicht berücksichtigt. Warum haut man auf den Richter, wenn nicht vorher der Anwalt mal alles in Frage stellt?

    Wenn A was behauptet und B widerspricht nicht, wieso soll dann der Richter näher darauf eingehen?

    Wenn ich mir das Urteil so ansehe dann hat es entweder Versäumnisse in der Beziehung Anwalt-Sachverständiger gegeben, weil der Sachverständige dem Anwalt keine „technische Munition“ an die Hand gegeben hat oder weil der Anwalt den SV gar nicht informiert hat.

    Oder von Anwalt und SV ist alles richtig gemacht worden, nur ist dies von Richterseite nicht gewürdigt worden, dann hätte aber der Anwalt drei Instanzen gehabt um wehemment darauf hinzuweisen.

    Aber einfach nur zurücklehnen und machen lassen, geht nicht, Und wenn die Gegenseite irgendwelche unsinnigen Argumente bringt, sollte man diese zumindest ordentlich erschüttern, was im Normalfall auch kein Problem sein sollte.

    Aber wenn ich nicht mal anständig den Sonderkonditionen widerspreche oder auch nur den Werkstattinhaber als Zeugen laden lasse.

    Was meint ihr, was die Werkstattinhaber dazu sagen, wenn immer alle Chefs der benannten Werkstätten als Zeuge genannt werden zu den Sonderkonditionen? Spätestens beim dritten Verfahren haben sie keine Lust mehr!

    Grüße

    Andreas

  12. Hunter sagt:

    Hallo Frau Gladel,

    in der Revision hatte der Kläger offensichtlich zur Wartung in einer Markenwerkstatt vorgetragen. Wurde dort aber nicht mehr gewürdigt.

    „Soweit die Revision nunmehr die Gleichwertigkeit der Reparatur bei der Firma J. mit der Begründung in Abrede stellen will, dass es sich nicht um die markengebundene Vertragswerkstatt handele, bei der der Kläger sein Auto gekauft habe und auch habe warten und bei erforderlichen Reparaturen instand setzen lassen, zeigt sie nicht auf, wo der Kläger in den Instanzen entsprechenden – vom Berufungsgericht übergangenen – konkreten Sachvortrag gehalten hat. In der Revisionsinstanz ist neuer Sachvortrag grundsätzlich rechtlich unbeachtlich (vgl. § 559 ZPO).“

  13. borsti sagt:

    „Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung….“ Es ist vollbracht! Ein weiterer Schritt ins zweiklassen Schadenersatzrecht wurde jetzt installiert. Irgendwer wird dem 6. Senat einen großen Blumenstrauß schicken, da bin ich mir sicher.

  14. rgladel sagt:

    Eine Revison prüft nur auf einen Rechtsfehler des angefochtenen Urteils, also auf Verletzung formellen Rechts oder materiellen Rechts. Die Revisionsinstanz ist daher keine Tatsacheninstanz.

    Mit anderen Worten, was man in 2 Instanzen nicht vorgebracht hat, kann man in der Revision nicht mehr vorbringen. Im Grund blieb dem Richter nichts anderes übrig, als so zu urteilen.

    Auch würde ich die Bedeutung dieses BGH-Urteils nicht überschätzen. Viele BGH-Urteile sind nicht von der grundsätzlichen Bedeutung, wie es gerne angenommen wird. Hier wurde über einen konkreten Einzelfall entschieden – fiktive Abrechnung, älteres Fahrzeug, vor dem Unfall nicht in einer markengebundenen Fachwerkstatt gepflegt, Nennung von konkreter billigeren Reparaturmöglichkeit ohne Sonderpreise für die Versicherung, wobei nicht geprüft worden ist ob eine Versicherung Werkstätten benennen darf.

    Da ist für zukünftige Verfahren alles drin, eine breite Palette steht zur Verfügung wie im Falle der fiktiven Abrechnung das Recht eines Geschädigten gewahrt werden kann.

    Ich bin über die Naivität mancher Anwälte entsetzt. Vor ca. 10 Jahren im Rahmen eines Schadensersatzprozesses, wollte mein Anwalt die von Gegner genannten Preise für eine Wiederbeschaffung einfach akzeptieren. Ein Anruf beim Lieferanten bescherte mir die korrekte Preisliste inklusive der Rabattstaffel, die immerhin Rabatte von 50 % für den gegeben Fall auswies. Aus einem angeblichen Schaden von 6.000 DM wurde so einer von maximal 2.000 DM, den der Gegner dann aus „persönlichen“ Gründen nicht mehr weiter verfolgen wollte.

    Schade ist nur, das nun natürlich unter Berufung auf dieses Urteil ein generelles „im Falle einer fiktiven Abrechnung …“ gemacht werden wird. Schon alleine wegen diesem Effekt wünschte ich mir, das so schlecht vorbereitete Verfahren nicht beim BGH landen.

    Sorry liebe Anwälte, für mich bleibt es bei Anwaltschelte.

  15. leser sagt:

    Zusammenfgefasst:

    Die Versicherungswirtschaft schafft einen Pseudoqualitätsstandard und setzt seine verlängerten Arme TÜV und DEKRA ein um für deren Einhaltung zu sorgen.

    Unsere obersten Richter lassen sich gerne von diesem Pseudoqualitätsstandards blenden, da bei diesen ehrenwerten Richtern auch immer noch nicht angekommen zu sein scheint welches Wort TÜV und DEKRA sprechen, und sorgen so wieder einmal für ein dickes Plus in den Kassen der Großaktionäre der Versicherungswirtschaft zu lasten des kleinen Mannes.

    Oder sinken jetzt die Prämien?

  16. joachim otting sagt:

    Das deutsche Durchschnittsauto ist etwa acht Jahre alt. Daraus kann man entspannt den Schluss ziehen, dass es auf deutschen Straßen eine Unzahl von Autos gibt, bei denen es zum Thema „Unzumutbarkeit“ schlichtweg nichts mehr vorzutragen gibt.

    Diese Autos haben seit Jahren keine Herstellerwerkstatt mehr von innen gesehen (es gibt, soweit ich weiß, in Deutschland mehr freie Werkstätten als Markenwerkstätten, und irgendwovon leben die doch auch), und irgendwelche Garantien gibt es auch nicht mehr, sogar die quasi endlos angelegte Durchrostungsgarantie ist bei denen tot, weil die Bedingungen nicht eingehalten wurden.

    Aber, wie Hunter eindrucksvoll beschrieb: Nach dem alten Stand der Dinge durfte der Geschädigte mit einem solchen Auto trotzdem davon ausgehen, fiktiv „zu Porsche“ zu dürfen. Also hat der Anwalt zu Prozessbeginn keinen Fehler gemacht.

    Der einzige Anker wäre am Ende „Versicherungspreise“ gewesen. Wenn ich noch schadenregulierend aktiv wäre, würde ich meine bevorzugten Sachverständigen bitten, eine Übersicht über die „üblichen“ Preise einer jeden Werkstatt in der Region vorzuhalten. Wenn sich mehrere SV mit ihrem Wissen zusammentäten, wäre eine solche Datensammlung kein Hexenwerk. Aber hilfreich, denn dann sähe man sofort…

  17. Hunter sagt:

    Regionale Datenbankerstellung der tatsächlichen örtlichen Stundenverrechnungssätze freier Werkstätten – gute Idee. Und zur Krönung diese Ergebnisse dann in eine zentrale Datenbank einspeisen.

  18. joachim otting sagt:

    …nicht nur freier Werkstätten, weil der Verweis von „Porsche üblich“ auf „Porsche spezial“ ja auch an der Tagesordnung ist.

  19. rgladel sagt:

    Ich zitiere aus dem Porsche-Urteil:

    b) Mit diesen Grundsätzen sind die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht zu vereinbaren.

    aa) Zwar kann dem Berufungsgericht vom Ansatz her in der Auffassung beigetreten werden, daß der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muß. Doch hat das Berufungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür nicht festgestellt.

    Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil haben die Beklagten weder bestritten, daß die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei einer Reparatur in einer Porsche-Vertragswerkstatt tatsächlich anfielen noch haben sie gravierende Mängel des Sachverständigengutachtens gerügt. Unter diesen Umständen muß sich die Klägerin auf die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen.

    Grundlage der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten kann nicht der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region sein, wenn der Geschädigte fiktive Reparaturkosten abrechnet. Dieser vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit einigen Instanzgerichten vertretenen Auffassung (OLG Hamm, DAR 1996, 400; LG Berlin, Schaden-Praxis 2002, 390; AG Gießen, ZfSch 1998, 51; AG Wetzlar, Schaden-Praxis 2002, 391) kann nicht gefolgt werden. Gegen sie spricht zum einen, daß der Schädiger zur vollständigen Behebung des Schadens unabhängig von den wirtschaftlichen Dispositionen des Geschädigten verpflichtet ist, zum anderen würde bei anderer Sicht die dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eröffnete Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eingeschränkt werden. Zudem würde die Realisierung einer Reparatur zu den von den Beklagten vorgetragenen Preisen die Entfaltung erheblicher eigener Initiative durch den Geschädigten erfordern, wozu dieser nicht verpflichtet ist (vergleichbar insoweit zur Abrechnung von Mietwagenkosten die Senatsurteile BGHZ 132, 373, 378 und zur Bestimmung des Restwertes bei Inzahlunggabe des Fahrzeugs BGHZ 143, 189, 194). In der Regel wäre erforderlich, Erkundigungen hinsichtlich der Werkstatt-erfahrung für die Reparatur der entsprechenden Fahrzeugmarke einzuziehen und entsprechende Preisangebote einzuholen.

    Im Streitfall darf deshalb die Klägerin der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze des „Porsche-Zentrums“ W. als der markengebundenen Fachwerkstatt in ihrer Umgebung zugrundelegen, auch wenn deren Stundenverrechnungssätze über den von der DEKRA ermittelten Lohnsätzen der Region liegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der von der DEKRA errechnete Mittelwert als statistisch ermittelte Rechengröße den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag erkennbar nicht repräsentiert.

    Die markierten Stellen sind der Schlüssel zu dem was danach passierte. Die Versicherungswirtschaft hat im Einklang mit diesem Urteil nicht mehr abtrakt auf billigere Möglichkeiten verwiesen, sondern diese konkret aufgezeigt.

    Selbst in diesem Urteil ist von Schadensminderungspflicht die Rede (lest es mal in der Gesamtheit durch), davon, dass gleichwertige Reparturmöglichkeiten akzeptiert werden müssen, aber im konkreten Fall wurden diese eben nicht konkret nachgewiesen.

    In Zukunft wird es immer mehr darauf hinauslaufen, was ist gleichwertig und was ist zumutbar und das hat sich schon beim Porsche-Urteil abgezeichnet. Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass sich niemand einfach so auf das Porsche-Urteil verlassen kann/konnte und auf eigene Beweise bezüglich der Zumutbarkeit und Gleichwertigkeit verzichten kann.

    DEKRA/TÜV wenn den Zertifikaten vor Gericht nicht widersprochen wird, wird jeder Richter diese als Qualitätsnachweis anerkennen. Ansatz ist z.B. in wie weit Dekra/TÜV konkret belegen, dass die Werkstatt xy gleichwertig der Markenwerkstatt ist. Diese Zertifikate sind in der Regel sehr allgemein und belegen im konkreten Fall nichts.

  20. joachim otting sagt:

    @ rgladel

    Da liegen Sie völlig richtig. Sie können doch auch zwischen den Zeilen lesen, daher noch mal mein Satz von vor ein paar Tagen:

    “… und auch hier bei CH nahezu jeder (Bedenken nicht duldend) die unverrückbare Auffassung vertrat: Außerhalb der Marke geht gar nix.”

  21. Hunter sagt:

    Zwischen den Zeilen gab es da nicht wirklich viel zu lesen, außer dass als Voraussetzung zum Verweis auf eine nicht markengebundene Fachwerkstatt der Gleichheitsgrundsatz zählt.

    Das Porsche Urteil geht hierbei noch von einer „allgemeinen Gleichwertigkeit“ aus. Diese besteht (für Fachleute) zum einen aus der technischen Gleichwertigkeit und zum anderen aus einer merkantilen Gleichwertigkeit. Für die Werthaltigkeit eines Fahrzeuges spielt natürlich nicht nur eine Rolle WIE das Fahrzeug repariert wurde, sondern auch WO bzw. durch WEN. Und das nicht nur bei neueren Fahrzeugen. Z.B. auch bei älteren Oberklassefahrzeugen, Sportwagen, Cabriolets usw. schaut der Kunde sehr genau, ob ein reparierter Unfalllschaden beim Markenhändler A oder bei der freien Werkstatt B an der Ecke (einschl. Zertifikat) instandgesetzt wurde. Und bei älteren Liebhaberfahrzeugen spielt es dann wieder eine besondere Rolle, wer bisher an dem guten Stück „gewerkelt“ hat.

    Die Instanzrechtsprechung der Vergangenheit hat die Problematik der merkantilen Gleichwertigkeit teilweise erkannt und auch entsprechend gewürdigt.

    Durch das VW-Urteil wurde diese merkantile Gleichwertigkeit eiskalt abserviert und ausdrücklich nur noch auf die (qualitative) = technische Gleichwertigkeit abgestellt. Warum (und durch wessen Initiative?) wurde diese Formulierung im VW-Urteil so präzise gewählt? Dieser Formulierungs-Schachzug war das Einfallstor für die weitere Herabstufung, wie diese Gleichwertigkeit auszusehen hat. Das Ergebnis ist nun ein nichtsaussagendes DEKRA- oder TÜV Zertifikat.

    Wie war das noch? Der Schädiger hat die qualitative Gleichwertigkeit zu beweisen. Steht auch so wieder in dem o.a. Urteil – was für ein Hohn.

    Ist irgendeine Management-Zertifizierung ein Beweis für gleichwertige technische Leistung?
    Lag dieser Beweis der Gleichwertigkeit durch die behauptete Zertifizierung überhaupt bei Gericht vor?
    Geht aus der Zertifizierung hervor, ob die freie Werkstatt die herstellerseitig vorgeschriebenen Spezialwerkzeuge für den entsprechenden Fahrzeugtyp vorhält?
    Geht aus der Zertifizierung hervor, dass Mitarbeiter der freien Werkstatt Lehrgänge für den gegenständlichen Fahrzeugtyp des entsprechenden Fabrikats absolviert haben?
    Geht aus dem Zertifikat hervor, ob die freie Werkstatt über einen ungehinderten Zugang zu den Herstellerinformationen verfügt?

    Dem Urteil kann man nur entnehmen, dass die Beklagte entsprechendes behauptet hat.

    Entweder ein Beispiel dafür, dass Juristen keine Ahnung von der Materie haben – dann hat man sich entsprechendes Hintergrundwissen für den Prozess zu beschaffen – oder ein Beispiel für interessensgesteuerte Rechtsprechung?

    Wer prüft, überprüft, zertifiziert und autorisiert eigentlich die Zertifizierer?

    Und wie steil es bergab geht, zeigen auch die folgende beiden Formulierungen:

    BGH VI ZR 398/02

    „Zudem würde die Realisierung einer Reparatur zu den von den Beklagten vorgetragenen Preisen die Entfaltung erheblicher eigener Initiative durch den Geschädigten erfordern, wozu dieser nicht verpflichtet ist.“

    BGH VI ZR 91/09

    „Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 klargestellt habe, dass die Preise von einem unabhängigen Prüfinstitut ermittelt würden und daher auch jedem anderen frei zugänglich seien. Da sich die (markt-)üblichen Preise eines Fachbetriebes im Allgemeinen ohne weiteres in Erfahrung bringen lassen und der Kläger in diesem Zusammenhang nichts Abweichendes mehr vorgetragen hat, war das Berufungsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO aus Rechtsgründen nicht mehr gehalten, diesen Gesichtspunkt weiter aufzuklären.“

    Der Geschädigte soll demnach also aktiv die üble Speise analysieren, die von der Versicherung aufgetischt wurde? Wo gibt es diese „marktüblichen“ Preise, die man ohne Mühe erfragen kann? Beim Metzger, beim Bäcker, in der Tageszeitung oder am schwarzen Brett. Welcher CH-Leser kann „marktübliche“ Preise ohne besondere Anstrengung beschaffen? Um glaubhafte Ergebnisse zu erhalten, ist mindestens ein Besuch bei den entsprechenden Werkstätten angesagt (Preisauszeichnungspflicht). Welche Qualität haben Preise irgendwelcher interessensgesteuerter „Institute“? Apropos: Man könnte fast wetten, dass es sich bei dem benannten „unabhängigen Prüfinstitut“ um eine Kürzungsfirma wie z.B. Control Expert & Co handelt? Aber wie bitte bekommt ein Geschädigter Zugang zu den (geheimen) Informationen dieser „Versicherungs-Prüfdienstleister“?

    Wie war das mit der Eigeninitiative gem. Porsche Urteil?

    Oder der noch

    „Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die es dem Kläger unzumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen.

    Soweit die Revision wegen der Entfernung der Firma J. vom Wohnort des Klägers (21 km) Zweifel daran äußert, dass diese Fachwerkstatt dem Kläger ohne weiteres zugänglich sei, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in den Instanzen nicht aufgezeigt hat, dass sich eine markengebundene Fachwerkstatt in einer deutlich geringeren Entfernung zu seinem Wohnort befindet.“

    21 km Entfernung zur nicht markengebunden Versicherungwerkstatt sind also kein Problem mehr und verlangen damit keine überobligatorischen Anstrengungen des Geschädigten?
    Warum hat der Kläger nichts zu weiteren markengebundenen Werkstätten vorgetragen? Zumindest das Gutachten des Geschädigten war doch auf eine markengebundene Fachwerkstatt gestützt?

    Und noch was zu diesem Zitat von Herrn Otting:

    „Nach dem alten Stand der Dinge durfte der Geschädigte mit einem solchen Auto trotzdem davon ausgehen, fiktiv “zu Porsche” zu dürfen. Also hat der Anwalt zu Prozessbeginn keinen Fehler gemacht.

    Jeder Anwalt, der etwas „auf dem Kasten“ hat, wird stets sämtliche Gegenargumente einbringen, auch wenn sie momentan nicht wichtig oder notwendig erscheinen. Wenn sich ein Anwalt in den Porsche-Sessel zurücklehnt, damit 2 Prozesse (zum Streitwert von EUR 538.–) verliert und beim BGH noch einen weiteren Kollegen im Sessel aufnimmt, nach dem zwischenzeitlich ergangenen VW-Urteil immer noch nicht die Reißleine zieht (durch LG-Anerkennung), dann gibt es doch wirklich viele Zufälle und Versäumnisse. Nicht zu vergessen, die „Geheimhaltung“ der beiden Instanzurteile. Und seltsamerweise münden all diese Versäumnisse, Fehler, Vortragsdefizite usw. zu einem BGH-Urteil zum ausschließlichen Vorteil der Versicherungswirtschaft.

    Zufälle gibts…….

  22. Andreas sagt:

    Meine Rede, der SV macht eine kostenpflichtige Stellungnahme zur technischen Gleichwertigkeit. Ein umsichtiger SV hätte aber vielleicht schon im Vorfeld dem Anwalt des Geschädigten in einem Anschreiben etwas zu Verrechnungssätzen mitgeteilt.

    Aber spätestens wenn der Prüfbericht kommt, ist es Zeit für eine umfassende Stellungnahme…

    Grüße

    Andreas

  23. joachim otting sagt:

    …ich nehme an, Frau Gladel hat verstanden, zwischen welchen Zeilen sie lesen sollte. Nicht zwischen denen des Porsche-Urteils.

  24. insider sagt:

    …und die Rechtsschutzversicherung des Klägers war wohl der selbe Mutterkonzern wie die Beklagte, oder Hunter?

  25. rgladel sagt:

    @Hunter: Die Gleichwertigkeit belegt durch Zertifikat ist garantiert im Vorverfahren angesprochen worden. Dort hätte ein umsichtiger Anwalt argumentieren müssen. Wobei genau diese Fragen die Sie hier stellen geklärt werdn müßten.

    Wieso soll ein Richter ein Zertifikat hinterfragen, wenn es de Gegenseite nicht tut, also wohl anerkennt.

    Bezüglich der Entfernung ist es doch wohl einleuchtend das es keine Rolle spielen kann, das die genannte Werkstatt 21 km entfernt ist, wenn die nächste Fachwerkstatt noch weiter entfernt liegt. Hier wurde versäumt anzuführen wie nahe diese Werkstatt liegt.

    Sieht alles aud den ersten Blick nach Beweislastumkehr aus, ist es aber nicht, denn alles im Porscheurteil gerügte hat die Versicherung beigebracht

    -sie hat gleichwertige Werkstätten benannt, nicht der Geschädigte muss diese suchen.

    -sie hat die Gleichwertigkeit durch Zertifikate nachgewiesen

    Nun ist leider der Geschädigte dran und muss diese Beweise entkräften, tut er es nicht, so geschieht das was hier geschehen ist.

    Da hilft kein Jammern, kein Vermuten und auch kein Seitenhieb auf den „schlechten“ Richter. Mit dem Urteil muss der Geschädigte leben und es halt hinnehmen, dass nun Eigeninitiative gefragt ist, um die Beweise der Gegenseite zu entkräften.

    – sind die günstigeren Preise vielleicht Sonderpreise?
    – ist die Werkstatt wirklich gleichwertig im technischen Sinn?
    – was sagt das Zertifiat im Eínzelnen aus?
    – welcher merkantile Minderwert entsteht durch Reparatur in der „falschen“ Werkstatt?

    Man muss mit diesem Urteil genauso umgehen, wie die Versicherunge mit dem Porscheurteil, es akzeptieren und einen Ausweg suchen.

  26. Hunter sagt:

    Hallo Frau Gladel,

    „Sieht alles aud den ersten Blick nach Beweislastumkehr aus, ist es aber nicht, denn alles im Porscheurteil gerügte hat die Versicherung beigebracht.“

    Behauptungen beigebracht ja, aber nicht BEWIESEN, wie es im Porsche-Urteil, beim VW-Urteil und im o.a. Urteil vorgegeben ist.

    Erzählen kann man bei Gericht immer viel, aber eine qualitative Gleichwertigkeit der Werkstätten beweisen ist etwas anderes. Wenn BGH-Richter in ihren eigenen Urteilen Beweisantritt fordern, dann sollten sie auch entsprechend prüfen. Eine Zertifizierung ist leider kein Beweis, sondern lediglich ein wertloses Stück Papier, das man im Regelfall teuer bezahlen muss.

    Nach diesem Urteil wird die Nachfrage nach DEKRA- und TÜV- Zertifikaten bestimmt rasant zunehmen und die Preise wohl „explodieren“.

  27. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Leute,

    ich melde mich zurück. Ich bin dann wieder da.
    Ich kann erst jetzt zu dem sog. BMW-Urteil des VI. Zivilsenates des BGH Stellung nehmen.
    Ich verstehe eure Aufregung nicht.

    Mit dem Urteil vom 23.2.2010 – VI ZR 91/09 – hat der für Schadenseersatz zuständige VI. Zivilsenat des BGH seine bisherige Rechtsprechung aus dem Porsche-Urteil ( BGHZ 155, 1ff. = NJW 2003, 2086) und dem VW-Urteil ( BGH DS 2010, 28 ff. = VersR 2010, 225) fortgeführt. Mit diesem BMW-Urteil hat der BGH lediglich über die fiktive Schadensabrechnung bei einem Fahzeug ab dem 4. Zulassungsjahr ohne Scheckheftpflege und ohne Nachweis von BMW-Vertragswerkstattreparaturen entschieden. Dieser Bereich, älter als drei Jahre, keine Scheckheftpflege und kein Nachweis, dass das beschädigte Fahrzeug immer in der Vertragswerkstatt gewartet wurde, war bereits im VW-Urteil als derjenige Bereich dargestzellt worden, in dem der Geschädigte auf sog. freie Werkstätten verwiesen werden konnte, sofern die Partnerwerkstätten nicht Sonderkonditionen mit dem eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer vereinbart hatten, kraft dessen die erhobenen Preise keine marktüblichen Preise mehr waren. Bei Preisen, die auf Sonderkonditionen der Werkstatt mit dem eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer beruhen, muss sich auch nach dem BMW-Urteil der Geschädigte nicht verweisen lassen, denn derartige Preise sind keine marktüblichen Preise ( BGH VI ZR 53/09 – DS 2010, 28 ). Mithin hat der VI. Zivilsenat mit seinem jüngsten Urteil nur das konkretisiert, was er bereits im VW-Urteil angesprochen hat.

    Warum im konkreten Rechtsstreit in den Instanzen gewisse Punkte nicht bestritten worden sind und damit zugestanden worden sind, vermag ich allerdings nicht nachzuvollziehen. Der BGH war jedoch daran gebunden und konnte daher nur noch auf Rechtsfehler hin überprüfen. Sachaufklärung ist der Revision untersagt. In dem Instanzenzug ist augenscheinlich einiges seitens des Klägers nicht betritten worden oder gar nicht vorgetragen worden. Ob eine BMW-Vertragswerkstatt innerhalb eine Umkreises von 21 km erreichbar gewesen wäre, bleibt offen. Es wurde seitens des Klägers nicht die Gleichwertigkeit der Reparaturen bestritten, dann hätte nämlich Beweis erhoben werden müssen, denn die Zertifizierung alleine sagt über die Qualität der Reparaturen nichts aus. Insoweit mangelt es etwas am Vortrag des Klägers. Insofern ist dann allerdings bei diese Sachvortrag und mangelndem Bestreiten das Urteil des BGH konsequent. Da nützt auch keine Richterschelte und schon gar nicht gegenüber einem der erkennenden Richter. Das sollte in Zukunft unterbleiben.

    Das Argument von Hunter ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist schon wertbildend und preisbestimmend, ob ein gebrauchtes Fahrzeug in einer Markenvertragswerkstatt repariert worden ist oder in einer sog. freien Werkstatt. Diese merkantile Gleichwertigkeit ist seit dem VW-Urteil aus den Augen verloren gegangen. Auf die technische Gleichwertigkeit alleine abzustellen, dürfte daher bedenklich sein.

    Andereresseits würde der Fall heute anders zu entscheiden sein, wenn BMW nunmehr bei allen Fahrzeugen, auch Altfahrzeugen, keine Schweißarbeiten mehr durchführt, sondern Kleben und Nieten. Über derartige spezielle Reparaturwege dürften freie Werkstätten dann ohnehin nicht mehr verfügen. Reparaturen der vorbeschriebenen Art sind dann vom Hersteller vorgegeben. Andere Reparaturmöglichkeiten sind nicht mehr herstellergerecht und daher für den Geschädigten unzumutbar. Zumindest muss dann der Schädiger bzw. sein Versicherer beweisen, dass die freie Werkstatt über derartige „Klebemaschinen“ und das daran geschulte Personal verfügt (Beweislast des Schädigers). Zertifikate der DEKRA oder anderer Prüforganisationen genügen der Beweislast dann nicht, denn sie besagen nichts über die Schulungen der Monteure.

    Fazit: Erst einmal ruhig Blut behalten. Sicherlich werden die Textbausteine der Versicherer jetzt auf das BMW-Urteil umgeändert. Dabei muss dann aber immer sofort damit gekontert werden, dass das BMW-Urteil nur die Fortführung des VW-Urteils ist. Das VW-Urteil mit den vom BGH aufgezeigten Möglichkeiten der Unzumutbarkeit der Verweisung und den Sondervereinbarungen mit den Partnerwerkstätten war eine Niederlage für die Versicherer und bleibt es auch.

  28. Babelfisch sagt:

    @Hunter:
    Völlig d´accord.
    Beispiel: die DEKRA zertifiziert auch Anwälte. Um dieses Zertifikat zu erhalten, reicht die Teilnahme an einer Veranstaltung und das Bestehen von Klausuren aus. Inhalt der Veranstaltung und Klausuren gibt die DEKRA vor und beruft sich dabei auf illustre Namen, die diese möglicherweise – gegen Zahlung – hergegeben haben. Werben dürfen Rechtsanwälte zwar mit dieser Zertifizierung nicht, wenn es um ihre Rechtskenntnisse geht, da sind die jeweiligen Rechtsanwaltskammern vor. Wenn der Rechtsanwalt aber unbedingt mit einem DEKRA-Zertifikat werben will, läßt er sich hervorragende Büroabläufe von der DEKRA bescheinigen.
    DEKRA und TÜV zertifizieren Werkstätten ohne Eigeninteresse? Wer ist der Auftraggeber dieser Zertifizierungen? WAS wird zertifiziert, wer zertifiziert die Zertifizierer? Der BGH segnet Zertifikate von abhängigen Organisationen ab. Dies ist ein Startvorteil für die Versicherer, dem der Geschädigte bzw. dessen im Idealfall engagierte Anwalt nur mit viel Aufwand entgegentreten kann. Ab dafür!

  29. rgladel sagt:

    @Hunter: Beweis ist alles, was eine Partei als solchen anbietet und von der anderen Partei und dem Richter als solcher akzeptiert wird.

    Die Behauptung, ein Zertifikat sei nur ein wertloses Stück Papier ist natürlich nicht ausreichend um es als Beweis zu erschüttern. Aber die Feststellung, dass ein solche Zertifikat im Einzelfall nichts aussagt, insbesondere nicht belegt, dass eine Werkstatt tatsächlich gleichwertig zu einer Markenwerkstatt ist, z.B. ähnliche Reklamationsrate hat, z.B. mit ev. Spezialwerkzeugen ausgerüstet ist ….. erschüttert den Beweis Zertifikat schon.

  30. Andreas sagt:

    Und jetzt nochmal:

    Otting und Gladel haben doch Recht! Da wird was von einer Seite behauptet und die Gegenseite scheint anscheinend nicht in der Lage zu sein, etwas dagegen zu steuern.

    Die wichtigen Punkte aus dem VW-Urteil wurden von Klägerseite aus scheinbar überhaupt nicht angegangen. Wieso fordert denn der Anwalt im Prozess nicht die Nachweise welche Mitarbeiter der einzelnen benannten Firmen welche vom Hersteller des streitgegenständlichen Fahrzeugs anerkannten technischen Fortbildungen genossen haben?

    Wieso wird anscheinend kein Vortrag zur Entfernung gemacht? Wieso nicht zu den Sonderkonditionen?

    Wenn mich ein Anwalt zu den Prüfberichten um eine Stellungnahme bittet, erhält er genau das von mir: Angaben zu den Stundensätzen, zu den Entfernungen, zu den Angriffen auf den Reparaturweg, zur technischen Gleichwertigkeit, …

    In der ersten Instanz muss der Prozess bereits so gut vorbereitet sein, dass die Einwendungen der Versicherung mit einem Schreiben entkräftet werden. Dann ist das ganze auch weitestgehend prozessoptimiert.

    Grüße

    Andreas

  31. SV Stoll sagt:

    @RA Wortmann:

    Technischer Einwand:

    Bei BMW ist es tatsächlich angedacht die Reparatur älterer Fahrzeug mittels Kleben und Nieten durchzuführen. Das aber das bisher zugelassene und angewandte „ältere“ Rep.-Methoden (Schweißen, Löten etc.) nicht mehr angwendet werden dürften ist meines Wissens so nicht richtig.
    Die Klebe-/Niettechnik wurde zur Verringerung der Reparaturzeiten eingeführt. Bei den bereits freigegebenen Baureihen und Bauteilen wurden diese neuen, niedrigeren Zeiten bereits in den Kalkulationsprogrammen hinterlegt. Wer halt ab sofort noch herkömmlich repariert hat halt ein teilweise gewaltiges Zeitproblem bzgl. der Vorgabezeiten. Von Unfachlichkeit und Unzumutbar kann also keine Rede sein, da ja der Hersteller selbst jahrelang so die Reparaturen vorgesehen und in seinen Vertragswerkstätten auch durchgeführt hat.
    Des Weiteren werden laut meinen Infos vom ZKF bereits Lehrgänge für die Schulung für Klebe-/Niettechnik angeboten oder durchgeführt. Genauso sind die Werkzeuge und die benötigten Materialien bei BMW frei verkäuflich.

    Mfg. SV Stoll/Reutlingen

  32. rgladel sagt:

    @Babelfisch:

    Zertifizierung geht immer nach folgendem Schema

    1. Der zertifizierende Betrieb legt fest, was zertifiziert wird, z.B. die Bearbeitungszeit nach Posteingang oder wie der Ersatzteileinkauf abläuft.

    2. Es werden die Ist-Zustände im Betrieb festgehalten. Wer bestellt, wer lagert ein, wer prüft die Qualität des Eingekauften, ……

    3. Es werden im Gespräch mit dem Betrieb Verbesserungsmöglichkeiten gesucht, z.B. das Material, das immer wieder Fehler aufweist erfasst wird und das dies zu Konsequenzen beim Einkauf führt.

    4. Es wird ein Plan ausgearbeitet, der die Abläufe so festlegt, das die Erkenntnisse zu 3 umgesetzt werden, z.B. dass der Mitarbeiter der die Teile einbaut entsprechende Rückmeldungen an den Einkauf gibt.

    5. Es wird regelmäßig geprüft, ob der Plan in der Praxis umgesetzt wird.

    Ihr seht ein durchaus sinnvolles Verfahren in größeren Betrieben, das die Qualität einer Leistung steigern kann, in dem vermeidbare Fehler eben vermieden werden, aber kein Beleg für die Qualität eines Betriebes.

    Leider hat der allgemeine Zertifizierungswahn (so nannte das sogar mal ein Mitarbeiter des TÜV) dazu geführt, das sogar Kunden der Ansicht sind, das ein Betrieb mit Zertifikat besser ist als ohne.

    Der Hinweis, dass ein Betrieb ein Zertifikat habe und somit die Qualität des Betriebes gesichert sei, ist also leicht zu wiederlegen, einfach genau nach dem Zertifikat fragen und darauf bestehen, deutlich zu machen, was da Zertifiziert worden ist.

    @Andreas:
    Für manche hier ist es halt einfacher auf böse Dekra und Richter zu schimpfen, statt die gewonnene Erkenntnis umzusetzen und so auch zu gewonnenen Verfahren zu gelangen.
    Sie beschreiben ständig den richtigen Weg der nach meiner Meinung zum Ziel führt. Richterschelte und Dekraverteufelung führt dagegen zu nichts.

  33. F-W Wortmann sagt:

    Hallo SV Stoll/Reutlingen,
    auf dem Sachverständigentag am 15.5.2010 hat der Trainer der BMW München, Herr Seibold, gerade darauf hingewiesen, dass auch bei älteren Fahrzeugen aller Typen, bis auf ein Fahrzeugmodell, alle nur noch geklebt und genietet werden. Die ist vom Hersteller so vorgegeben. Eine anderweitige Reparatur ist dann nicht mehr nach den Herstellervorgaben erfolgt. Der Zeitfaktor wurde dabei auch angesprochen. Das Aushärten des Komponentenklebers dauert bis 24 Stunden und bei manchen Temparaturen gar nicht, weshalb auch eine Klimakabine erforderlich ist. Das ist allerdings mein unmaßgeblicher Kenntnisstand. Dass die Gerätschaften bei BMW käuflich sind, wurde ebenfalls betont. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass eine freie Werkstatt, die ja alle Fahrzeuge, gleich welcher Marke und welchen Typs, repariert, sich derart teure Gerätschaften aller Fahrzeugtypen und aller Modelle anschafft und vorhält. Letztlich läuft es dann wieder, wegen der fehlenden Geräte, auf eine möglicherweise minderwertige Reparatur in der freien Werkstatt hinaus. Nach meinem Wissensstand sind die Schulungen durch Trainer der BMW durchzuführen und nicht von irgendwelchen Leuten des ZKF.
    Mit freundlichen Grüßen
    F-W. Wortmann

  34. SV Stoll sagt:

    Hallo Herr RA Wortmann,

    müßte nochmal nachhaken, vielleicht wird die Schulung vom ZKF nur organisiert in Zusammenarbeit mit BMW. Eine freie Werkstatt hier hat das vor. Das mit der Klimakammer ist mir nun völlig neu. Hier in RT wird schon genietet und geklebt, auch habe ich den Original-Schulungsfilm von BMW gesehen. Von einer Klimakammer keine Spur. Das wäre auch vollkommen abwegig dies selbst von einem Vetragshändler zu fordern. Mit dem Zeitfaktor meinte ich nicht die Endhärtungszeit des Klebers sondern die AW-Vorgabe z.B. für die Erneuerung eines Rückwandbleches.
    Klar können von einer Werkstatt nicht alle Spezialwerkzeuge aller Hersteller beschafft werden. Zur Zeit sticht hier aber nur BMW mit seiner Klebe-/Niettechnik hervor. Auch wenn man die Schadensbilder der Schäden betrachtet, die wirklich noch repariert werden, sind diese weit überwiegend von qualifizierten Karosserie- und Lackierwerkstätten reparierbar, ohne das man danach von Unfachmännisch oder Murks reden könnte. Man sollte hier doch objektiv bleiben und jede Werkstatt einzeln bewerten. Die pauschale die-freien-sind-nicht-Gleichwertig Diskussion sollten wir uns verkneifen. Objektive Betrachtung des Einzelfalles ist angesagt. SV und RA sind gefordert.

    Mfg. SV Stoll/Reutlingen

  35. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Frau Gladel,
    Sie haben mit Ihren Kommentaren durchaus recht. Was soll der Richter hinterfragen, wenn es von der Klägerseite noch nicht einmal angegriffen wird und damit zugestanden ist. Mit dem unterlassenen Angriff hat die Partei den Sachvortrag der Gegenseite zugestanden und praktisch anerkannt. In diesem Fall verbietet sich dann eine Beweisaufnahme durch den Richter. Nur was strittig ist, bedarf der Beweisaufnahme. Mithin hat in diesem BMW-Fall der Kläger den gesamten Vortrag der Beklagten – praktisch Gottergeben – hingenommen, was dazu führt, dass das gesamte Vorbringen der Beklagten unstrittig wird und als zugestanden gilt. Den Richtern kann kein Vorwurf gemacht werden. Als in der Revisionsinstanz bestritten wurde, war dies zu spät, da in der Revisionsinstanz lediglich Rechtsfehler überprüft werden. Das Revisionsgericht ist an den festgestellten Sachverhalt gebunden. Zweckmäßig wäre gewesen, in der Revision das Rechtsmittel zurückzunehmen. Dann wäre dieses BMW-Urteil, das letztlich nur eine Konkretisierung des VW-Urteils darstellt, nicht ergangen. Warum dies nicht geschehen ist, darüber läßt sich wahrlich trefflich streiten. Letztlich ist dieser Streit dann müßig.
    Mit freundlichen Grüßen
    F.-W. Wortmann

  36. BGHLESER sagt:

    @ F-W Wortmann,

    Ihr Kommentar vom 25.05.2010 um 21:19 Uhr:

    „Da nützt auch keine Richterschelte und schon gar nicht gegenüber einem der erkennenden Richter. Das sollte in Zukunft unterbleiben.“

    Eine „Richterschelte“ ist für mich hier nicht ersichtlich.
    Natürlich stehen BGH-Entscheidungen unter höherem öffentlichen Interesse als z. B. AG-Entscheidungen. Insofern dürfen BGH-Urteile auch tiefgründiger seitens der „Fachwelt“ hinterfragt werden. Ich gehe davon aus, dass ein BGH Richter dies zu erkennen vermag.

    Im Übrigen geben die angeführten Entscheidungsgründe m. E. ja ausreichend Anlass zur Spekulation und somit zum Hinterfragen.

    Kann jemand Auskunft darüber erteilen um welchen Versicherer es sich bei der Beklagten handelt?
    Gibt es möglicherweise Auskünfte über den Kläger – ist dieser vielleicht sogar ein VN der Beklagten?
    Wurden die vorinstanzlichen Urteile zu früherem Zeitpunkt veröffentlicht? Wenn nein, warum nicht?

    Bezüglich der Qualitätsstandards freier Werkstätten stellt sich die Frage wer diese im Rahmen des Zertifizierungsprozesses festlegt?
    Sind dies nicht die selben Unternehmen die Kooperationsverträge mit der Versicherungswirtschaft unterhalten?

    Dieses Urteil – insbesondere die darin angeführten Entscheidungsgründe werfen jede Menge Fragen auf.

    Gerade deshalb sollte meines Erachtens ein kritisches Hinterfragen in Zukunft nicht unterbleiben.

  37. F-W Wortmann sagt:

    Hallo Herr SV Stoll,
    ich gehe mit Ihnen überein; ich wollte auch keineswegs die freien Werkstätten diskreditieren. Das liegt mir fern, denn es gibt freie Werkstätten, die durchaus sauber und korrekt arbeiten und Markenwerkstätten, bei denen durchaus schon einmal gepfuscht wird. Mit der Klimakammer hatte der Trainer vorgetragen, weil bei gewissen Temparaturen ein Aushärten des Komponentenklebers nicht möglich ist und BMW-Reparaturen ja das ganze Jahr durch vorgenommen werden sollen. Ich werde mich aber noch einmal bei BMW, Herrn S., kundig machen, vielleicht habe ich auch wegen der ungeheuren Stofffülle an diesem Tag irgendetwas falsch verstanden.
    Mit freundlichen Grüßen nach Reutlingen
    F.-W. Wortmann

  38. Autohaus sagt:

    Mal angenommen, mein Autohaus hat eine Dekra-zertifizierte Rep.-Abteilung ohne Lackierung. Das von mir in Anspruch genommene Lackier-Unternehmen ist ebenfalls Dekra-zertifiziert. Darf ich in naher Zukunft noch die Teile schrauben, oder macht meine Arbeit dann immer der Lackierer mit, weil die Versicherung so billiger davon kommt? Ich frage das, weil ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich die Türe öffnen soll, wenn eines Tages die Dekra davor steht, im Gepäck so ein kostenpflichtiges Angebot wie dieses:

    aus: http://www.auto-medienportal.net/artikel/detail/4170/

    Mit Werkstatttests zum besserem Geschäft

    2 Zitate:
    Um den erweiterten Kunden- und Wettbewerbsanforderungen gerecht zu werden, hat Dekra-Consulting bundesweit 60 Sachverständige speziell für Werkstatt-Tests qualifiziert und führt europaweit jährlich mehr als 12 000 Tests für verschiedene Hersteller durch.

    Für Werkstätten ist es enorm wichtig, den Test als Chance zu begreifen“, meint Ulrichs. „Werkstatt-Tests bieten die Möglichkeit, Ansatzpunkte für Verbesserungen systematisch aufzuspüren, die Servicequalität deutlich zu verbessern, den Kunden optimal zu bedienen und somit langfristig und enger ans Haus zu binden sowie den Umsatz pro Kunde oder Auftrag zu erhöhen.

    Kunde runter vom Hof – Kunde rauf auf den Hof – egal – die Dekra schreibt immer eine Rechnung – mal an den Versicherer – mal an den Hersteller. Die zwangsläufige Erfassung meiner Dienstleistungen und die von mir in Anspruch genommenen Fremdleistungen,ob beim Test oder beim Zertifikat, geht wie von selbst. Interessenten der so erhobenen Daten sollten doch auch zu finden sein.

    Herzliche Grüße übrigens noch an den ADAC.

  39. F-W Wortmann sagt:

    Hallo BGHLESER,
    aus dem Kommentar vom 22.5.2010 habe ich schon eine Richterschelte entnommen, und dann auch noch eine eines einzelnen Richters, obwohl dieser BGH-Richter in diesem Fall nur Beisitzer war. Selbstverständlich dürfen Urteile, und dies gilt insbesondere für BGH-Urteile, kritisch hinterfragt werden. Aber in diesem Fall haben die erkennenden Richter nichts falsch gemacht. Vielmehr hat der Klägeranwalt in den Instanzen vieles unterlassen, aus welchen Gründen auch immer. Der gesamte Vortrag der Beklagten ist unwidersprochen – und damit zuerkannt – geblieben. Man kann schon fragen, wie ist das möglich? Ich erinnere mich an den vom BGH entschiedenenen Fall, in dem der geschädigte Fahrzeugeigentümer in der Fußgängerzone auf den Verkauf seines Pkw angesprochen wurde. Wie das Leben so spielt. Das nur mal so gesagt. Seitens des geschädigten BMW-Kombi-Eigentümers ist alles das unterlassen worden, vorzutragen, was der VI. Zivilsenat des BGH in dem gerade bis zur Entscheidung dieses Falles 5 Monate alten VW-Urteils als Unzumutbarkeitsvoraussetzungen angeführt hatte. In der Revisionsinstanz die Gleichwertigkeit zu bestreiten, war zu spät. Das Revisionsgericht überprüft nur noch auf Rechtsfehler. Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt wird auf seine Richtigkeit nicht mehr überprüft. Deshalb waren die Karlsruher Richter an den zugestandenen Sachverhalt gebunden. In der Revisionsinstanz hätte allerdings der Anwalt am BGH auf Klägerseite bei der offensichtlichen Ausichtslosigkeit der Revision das LG-Urteil anerkennen und die Revision zurücknehmen sollen. Die Anwälte der Versicherungen machen es doch vor, wie ein BGH-Urteil vermieden werden kann. Ich verweise insofern auf das Risterrentenverfahren vor dem BGH.
    Fragen bestehen hinsichtlich des Zustandekommens dieses Urteils. Antworten werden hier aber nicht gefunden. Man muss das BMW-Urteil nehmen, was es ist, nämlich das VW-Fortführungsurteil. Mit dem BMW-Urteil hat sich nichts geändert. Schon mit dem VW-Urteil hätte der Eigentümer dieses beschädigten BMW-Kombi-Pkws bei dem gleichen Sachverhalt keine Chance gehabt. Das Fahrzeug war älter als drei Jahre, es war nicht scheckheftgepflegt, zumindest ist dies nicht vorgetragen worden, es besaß keinen Nachweis, dass es immer in der BMW-Fachwerkstatt gewartet oder und repariert wurde, zumindest ist nichts vorgetragen worden, hinsichtlich der Entfernung der nächsten BMW-Fachwerkstatt fehlt jeglicher Vortrag. Was sollten die Karlsruher Richter also anders tun, als diesen 8 1/2 Jahre alten Wagen auf die Zumutbarkeitsschiene zu stellen. Das BMW-Urteil entspricht genau dem VW-Urteil und ist praktisch die Kehrseite des VW-Urteils. Die Vorderseite der Medaille ist positiv ausgestaltet ( -> VW-Urteil ), die Rückseite derselben ist negativ ausgestaltet ( -> BMW-Urteil ). Das Leben hat häufig zwei Seiten. Mit dem BMW-Urteil hat sich die Position des geschädigten Kfz-Eigentümers nicht verschlechtert. Vielmehr hat der VI. Zivilsenat, der so oft hier gescholten wird, den Geschädigten nunmehr klar aufgezeigt, wo der Zumutbarkeitsbereich der Verweisungsmöglichkeit liegt.
    Mit freundlichen Grüßen
    F.-W. Wortmann

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