LG Köln weist Berufung der DEVK nach Verurteilung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten zurück

Mit Urteil vom 01.06.2010 (11 S 201/09) hat das LG Köln die Berufung der DEVK Allgemeine Versicherungs-AG gegen ein Urteil des AG Köln vom 28.05.2009 (262 C 21/09), mit dem diese zur Zahlung von 685,84 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde, zurück gewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht einen nach Zahlung von 511,30 € noch verbleibenden restlichen Schadenersatzanspruch aus abgetrete­nem Recht der Geschädigten X auf Erstattung vcn weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 685,64 € gemäß §§ 7, 17 StVG, 3 Nr 1 und 3 PflVG a.F. , 249 BGB aus dem Unfallgeschehen vom xx.xx.2008 zuerkannt, für das die Klä­gerin unstreitig in vollem Umfang einstandspflichtig ist.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Es begegnet keinen Bedenken, dass das Amtsgericht bei der Bestimmung der Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruches in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO den Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels bzw. dem sog. Modus-Wert des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 im Postleitzahlengebiet der Geschädigten zugrunde gelegt hat (vgl. BGH Urteil vom 4.7.2006 – VI ZR 237/05 – ; BGH Urteil vom 2.2.2010 – VI ZR 139/08 -; OLG Köln, Urteil vom 22.12,2009 – 15 U 98/09 -, OLG Köln Urteil vom 23.2.210 9 U 141/09 -zit. nach Juris).

Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten beanspruchen, die ein verständiger, wirtschaft­lich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforder­lichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ver­langen kann (BGH Urteil vom 14.2.2006 – VI ZR 126/05 – ; BGH Urteil vom 11.3.2008 – VI ZR 164/07 – zit nach Juris).

Anknüpfungspunkt und gleichzeitig Mindestbetrag der zu ersetzenden Mietwagenkosten ist regelmäßig der „Normaltarif“, also regelmäßig ein Tarif, der für Selbstzah­ler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebil­det wird (BGH Urteil vom 12.10.2004 – VI ZR 151/03 – zit. nach Juris). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht zur Bestimmung des Normatarifs den „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 zugrunde gelegt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt dieser Automietpreisspiegel nach wie vor eine geeignete Schätz­grundlage dar.

Die seitens der Beklagten gegen die Erfassung der Mietpreise durch den „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 geltend gemachten allgemeinen Einwendungen überzeugen nicht und rechtfertigen daher keine abweichende Beurteilung. Denn Einwendungen gegen die Grundlagen einer Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind (BGH Urteil vom 11.3.2008 VI ZR 164/07 -, Urteil vom 24.6.2008 – VI ZR 234/07 – jeweils zu nach Juris). Lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage ist nicht nachzugehen, wenn nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betref­fenden Schatzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH Urteil vom 24.6.2008 – VI ZR 234/07 – zit. nach Juris).

Einen solchen konkreten Bezug zur konkreten Schadensschätzung hat die Beklagte vorliegend nicht hergestellt. Die allgemeinen Darlegungen der Beklagten in Hinblick auf die Ermittlungsmethoden rechtfertigen auch nicht die Einholung eines Sachver­ständigengutachtens.

Insbesondere spricht aber auch die von der Beklagten als vorzugswürdig angesehe­ne Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswissenschaft und Organisation „Markt­preisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ nicht gegen die Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage.

Es lässt sich, wie die Kammer schon mehrfach entschieden hat, keine derjart überle­gene Methodik der Fraunhofer Erhebung feststellen, die zugleich die Annahme einer mangelhaften Erhebung für den „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 rechtfertigen könnte, die sich soweit ersichtlich gegenüber der Erhebungsmethodik für den höchstrichterlich gebilligten „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2003 nicht geändert hat.

Aus der Sicht der Kammer liegt ein wesentlicher Nachteil der Fraunhofer Erhebung schon darin, dass diese Untersuchung lediglich ein- und zweistellige Postleitzahlengebiete ausweist und mithin keine ausreichende regionale Differenzierung vornimmt. Demgegenüber berücksichtigt der Schwacke-Automietpreisspiegel dreistellige Post­leitzahlengebiete. Dieser erscheint insoweit aufgrund seiner engmaschigen Eintei­lung und der damit einhergehenden Differenzierung zwischen großstädtischen und ländlichen Gebieten eher geeignet, den Normaltarif für den örtlich relevanten Markt abzubilden.

Hinzu kommt, dass sich die Erhebungen des Fraunhofer Instituts im wesentlichen nur auf die Angebote von 6 im Internet vertretenen und bundesweit agierenden marktführenden Mietwagenunternehmen beziehen, was nach der Lebenserfahrung tendenziell zu einer Preisverzerrung nach unten führt (vgl OLG Köln, Urteil vom 22.12.2009 – 15 U 98/09 – zit. nach Juris), und darüber hinaus lediglich die Mietprei­se in der Situation einer längeren Vorlauffrist wiedergeben, was dem Marktgeschehen im Mietwagengeschäft nach einem Unfall nicht gerecht wird, da die Fahrzeuge kurzfristig zur Verfügung  stehen müssen, während  der  Schwacke Automietpreisspiegel auf einer breiten Basis von befragten Unternehmen beruht und eine kurze Vorbuchfrist einbezieht.

Dass dem Schwacke-Automietpreisspiegel keine anonyme Befragung zugrunde liegt, vielmehr der Zweck der Abfrage gegenüber den Mietwagenunternehmen offen­gelegt worden ist, rechtfertigt es nicht, die Fraunhofer Erhebung vorzuziehen. Unhängig davon, dass die eingeholten Werte anschließend durch teils anonyme Nachfragen oder Internetrecherchen verifiziert worden sind (vgl OLG Köln, Urteil vom 22.12.2009 – 15 U 98/09 – zit. nach Juris), rechtfertigt dies aber jedenfalls nicht den Schluss, dass über das gesamte Bundesgebiet verteilt alle Angeschriebenen glei­chermaßen einen überhöhten Mietpreis angegeben haben könnten.

Soweit die Beklagte geltend macht, beim Automietpreisspiegel 2008 seien teilweise keine eigenen Preiserkundigungen eingeholt worden, vielmehr habe man bei ca. 1.100 Firmen auf die vorliegenden Preisinformationen von verschiedenen Mietwagenorganisationen zurückgegriffen, ist zum einen nicht dargetan, dass dies auch schon für die Erhebung 2006 galt, was die Beklagten auch nur vermuten. Zum anderen sind aber auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass und weshalb die so von den Mietwagenorganisationen weitergegebenen Daten manipuliert sein sollen.

Ob gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen auf den so nach dem „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 ein 20 %-iger Aufschlag in Betracht kommt, kann vorliegend dahinstehen, da ein solcher von dem Kläger nicht einmal geltend ge­macht wird.

Zu Recht hat das Amtsgericht über den so nach dem „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 ermittelten Normaltarif hinaus die Kosten für Zustellung und Abholung berücksichtigt, wobei die Kammer indessen insoweit nicht die im Anhang des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 angegebenen Kosten von je 25 € Brutto in Ansatz bringt, sondern die – niedrigeren – in der Rechnung des Klägers vom 16.9.2008 ausgewie­senen Kosten in Höhe von 36 € netto = 42,84 € brutto. Denn es ist kein vernünftiger Gesichtspunkt ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, gegenüber den tatsächlich entstandenen eigenen Kosten insoweit höhere Beträge gemäß dem „Schwacke-Mietpreisspiegel“ 2006 zugrundezulegen. Gleiches gilt sinngemäß für die Kosten der Vollkaskoversicherung, die in der Rechnung des Klägers mit – nur – 208 € netto » 247,52 € brutto angegeben sind, während sich gemäß Anhang zum „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 Kosten in Höhe von 252 € ergäben.

Soweit die Beklagte erstmalig in der Berufungsinstanz bestreitet, dass Zustell- und Abholleistungen durch den Kläger erbracht worden sind, war ihr Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Es ist weder ersichtlich noch darge­tan, dass und aus welchem Grund sich die Beklagte nicht schon erstinstanzlich mit diesem Bestreiten hätte verteidigen können. Der jetzige Vortrag der Beklagten kann auch nicht als in der Berufungsinstanz unstreitig angesehen werden, da der Kläger schon erstinstanzlich durch Vorlage der die genannten Positionen enthaltenden Rechnung vom 16.9.2008 konkludent auch die Erbringung dieser Leistungen be­hauptet hatte.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Zedentin mit Schreiben vom 4.9.2008 ein günstigeres Mietangebot zu einem Preis von 38 € je Tag gemacht zu haben, zu dem – wie behauptet – die Firmen Europcar und Enterp­rise ein Mietfahrzeug hätten bereitstellen können.

Auf dieses Angebot brauchte sich die Zedentin vorliegend nach Zugang des Schrei­bens am 8.9.2008 nicht – mehr – einzulassen. Denn die Berücksichtigung eines günstigeren Tarifes kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn dem Geschädigten ein Wechsel des Mietfahrzeuges zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 13.1.2009 – VI ZR 134/08 -zit. nach Juris). Dies war hier nicht der Fall.

Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers hatte der Sachverständige ursprünglich eine Reparaturdauer von 1 Woche kalkuliert. Dementsprechend hatte die Zedentin ausweislich des Mietvertrages vom 4.9.2008 eine Mietdauer hinsichtlich des Fahrzeuges auch nur bis zum 11.9. vereinbart.

Wenn sie alsdann bei diesem Kenntnisstand zur voraussichtlichten Repiraturdauer am 8.9.2008 ein Angebot über ein günstigeres Fahrzeug erhielt, war es ihr nicht mehr zumutbar, für die dann noch offenen 3 Tage ein anderes Fahrzeug mieten. Dass die Zedentin am 8.9.2008 schon Kenntnis davon hatte, dass die Reparatur tätsächlich länger als veranschlagt dauern würde, hat die Beklagte, die die Voraus­setzungen des § 254 BGB darzulegen hat,  nicht behauptet.

Nach Maßgabe des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 ergibt sich sodanif folgende Abrechnung:

13 Tage PLZ 511 1 Wochenpauschale                              459,00 €

2 x 3-Tagestarif zu je 231 €                                              462,00 €

Kosten für Vollkaskoversicherung gemäß Rechnung         247,52 €
Kosten für Zustellung und Abholung gemäß Rechnung       42,84

                                                                                       1.211,36 €

Da der der Klageforderung zugrundeliegende Rechnungsbetrag über 1.197,14 € un­terhalb dieses Betrages liegt, ergibt sich nach Berücksichtigung der Teilzahlung von 511,30 € die Klageforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur  Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

Soweit das LG Köln.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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