LG Hamburg bejaht sofortigen Entschädigungsanspruch auch im 130 %-Bereich (331 O 28/07 vom 24.08.2007)

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 24.08.2007 (331 O 28/07) die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5.277,16 € seit dem 12.01.2007 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 325,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreites als Gesamtschuldner.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger beansprucht restlichen Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles, für den die Beklagten zu 100 % einzustehen haben. An dem Pkw des Klägers trat wirtschaftlicher Totalschaden ein. Nach einem im Auftrag der Beklagten zu 2., des Haftpflichtversicherers des Beklagten zu 1., erstellten DEKRA Gutachtens belaufen sich die Reparaturkosten auf 7.516,64 € brutto, der Wiederbeschaffungswert auf 6.078,43 € und der Restwert inklusive Mehrwertsteuer auf 3.390,00 €. Der Kläger ließ seinen Pkw Nissan in der örtlichen Fachwerkstatt des Autohauses L. mit einem Aufwand von 7.965,59 € reparieren. Die Beklagte zahlte an den Kläger die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert, nämlich einen Betrag von 2.688,43 €.

Die Beklagte hat mit Abrechnungsschreiben dem Kläger unter anderem mitgeteilt, dass nach der Rechtsprechung des BGH der Anspruch erst dann fällig sei, wenn die Weiternutzung mindestens sechs Monate gerechnet vom Unfalldatum, andauern würde. Dem widersprach der Kläger und forderte die Beklagte auf, den Restbetrag auszugleichen. Den Restbetrag beanspruchte der Kläger mit der vorliegenden Klage. Nach der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2007 hat die Beklagte zu 2. die geltend gemachte Restforderung in Höhe von 5.277,16 € ausgeglichen. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger beantragt nunmehr noch die Zinsen sowie die außergerichtlichen anteiligen Anwaltskosten. Der nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien verbleibende Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ist begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der geltend gemachte Zahlungsanspruch fällig und die Beklagten hinsichtlich der Zahlung im Verzug, §§ 284, 286 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH (VI ZR 70/04) kann der Geschädigte einen Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges verlangen, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wurde, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenentscheidung gemacht hat. Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, wird von den Beklagten nicht mehr bestritten. Die sechsmonatige Nutzungsdauer wurde vom BGH für den Nachweis des sogenannten Integritätsinteresses in den Fällen gefordert, in denen fiktive Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ohne Abzug des Restwertes geltend gemacht werden (BGH VI ZR 192/05). Für den vorliegenden Fall gibt es keine Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch des Klägers derart, dass er die Nutzung seines Fahrzeuges auch noch ein halbes Jahr nach dem Unfall nachweisen müsse. Die Erwägungen, die den BGH hierzu veranlasst haben, lassen sich auf einen Fall einer Abrechnung auf Basis einer konkret erfolgten Reparatur nicht übertragen. Der Geschädigte hat einen Anspruch auf sofortige Entschädigung. Er musste die Kosten für die Reparatur aufwenden und muss nicht sechs Monate zu seinen Lasten auf die Entschädigung warten. Eine Vorschrift, welche den Geschädigten eine solche Wartepflicht auferlegt, gibt es nicht.

So das überzeugende Urteil der 331. Zivilkammer des Landgerichtes Hamburg.

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2 Antworten zu LG Hamburg bejaht sofortigen Entschädigungsanspruch auch im 130 %-Bereich (331 O 28/07 vom 24.08.2007)

  1. Werkstatt-Freund sagt:

    Hi Willi,
    klasse Urteil! Bemerkenswert der Abschlußsatz „…Der Geschädigte muss die Kosten der Reparatur tragen und muss nicht 6 Monate zu seinen Lasten auf die Entschädigung warten. Eine Vorschrift, welche dem Geschädigten erst eine Wartefrist auferlegt, gibt es nicht.“ Deutlicher kann man einen Gesetzesverstoß der Versicherer nicht darstellen. Das Regulierungsverhalten der Versicherer, eine sofort fällige Ersatzleistung zu verweigen, hat keine Rechtsgrundlage und ist damit rechtswidrig.
    MfG
    euer Werkstatt-Freund

  2. Friedhelm S. sagt:

    Hallo Willi Wacker
    wieder ein Fälligkeitsurteil im 130%-Bereich. Jetzt kommen die Urteile aber wirklich Schlag auf Schlag. Schönes Urteil.
    Friedhelm S.

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