LG Landshut weist die Berufung der KRAVAG gegen das Urteil des AG Eggenfelden, mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten verurteilt wurde, zurück (13 S 1261/08)

Mit dem Gesch.-Zeichen 13 S 1261/08 hat das LG Landshut die Berufung der KRAVAG Logistic Versicherung AG gegen das Urteil des AG Eggenfelden vom 23.04.2008, mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten verurteilt wurde, zurückgewiesen. Auch dieses Gericht hat sich eingehend mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Fraunhofer Tabelle der Schwacke-Liste vorzuziehen sei. Eindeutiges Ergebnis: nein!

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Das Amtsgericht hat einen nach dem „Schwacke-Mietpreisspiegel 2007“ errechneten Normaltarif für erstattungsfähig angesehen und der Klage des Geschädigten überwiegend stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie den Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts Eggenfelden, auf dessen Feststellungen mit der Maßgabe folgender Ergänzungen verwiesen wird, hat keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlung von 500 EUR einen erstattungsfähigen Schaden wegen der Mietwagenanmietung von 1.357,92 EUR angenommen und daher dem Kläger einen weiteren Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 857,92 EUR gemäß §§ 823, 249 ff BGB, §§1, 3 PflVersG zuerkannt. Die Einwendungen der Berufungsführerin gegen die Anspruchsgrundlage gehen fehl, die bis 31.12.2007 geltende Fassung der §§1,3 PflVersG iVm § 158 c WG sehen einen Direktanspruch gegen den Versicherer vor.

Bei dem zuerkannten Schadensersatz handelt es sich um den gem. § 287 ZPO zu schätzenden, jedenfalls den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB bildenden, erstattungsfähigen Normaltarif, den auch ein Selbstzahler auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeugs erhält.

Auf die von der Berufungsklägerin erörterte Frage, ob die besonderen Voraussetzungen vorliegen, unter denen ein über dem Selbstzahlertarif liegender Unfallersatztarif nach der neueren Rechtsprechung des BGH als erstattungsfähig anzusehen ist, kommt es daher nicht an.

Der Erstattungsfähigkeit dieses Betrags steht auch nicht das Bestreiten der Beklagten entgegen, dass   der Kläger und die Mietwagenfirma sich auf eine entgeltliche Nutzungsüberlassung und einen bestimmten Mietpreis geeinigt hätten. Entscheidend für die Feststellung der Erstattungsfähigkeit nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist unter schadensrechtlichen Gesichtspunkt nicht, ob eine (wirksame) Preisvereinbarung getroffen wurde, sondern ob die an das Mietwagenunternehmen gezahlten Kosten sich nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Vorschriften im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH NZV 2007 456: Gutachterkosten).

Die Schwackeliste Automietpreisspiegel 2007 ist entgegen den Angriffen der Berufung eine taugliche und ermessenssachgerechte Schätzungsgrundlage.

Bei der Schätzung des ersatzfähigen Normaltarifs können durchaus geeignete Listen oder Tabellen gem. § 287 ZPO herangezogen werden ( vgl. zuletzt BGH NJW 2008, 2910). Zwar darf die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden, und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen dürfen nicht außer Acht bleiben. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen, sondern Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind . Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH a.a.O.).

Das von der Beklagten gegen die Richtigkeitsgewähr der Schwackeliste herangezogene Argument, dass es wesentlich kostengünstigere Angebote mehrerer überregionaler Autovermieter gegeben habe, verkennt, dass es für die Bestimmung des erstattungsfähigen Normaltarifs nicht auf die billigsten Anbieter im relevanten Markt ankommt, sondern auf den Preis, den der Geschädigte bei örtlicher Erkundigung des Marktes am häufigsten genannt bekommt. Die beklagtenseits genannten Preise sind daher nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Erhebungen der Schwackeliste zu begründen, die auf einen größeren Zahlenmaterial für das maßgebliche Postleitzahlengebiet beruhen.

Die von der Beklagten angeführten Gründe sind auch nicht geeignet, für den konkreten Fall streiterhebliche Zweifel an der Tauglichkeit der Schwackeliste als Schätzungsgrundlage hervorzurufen.

Insbesondere begegnet es keinen konkreten Bedenken (BGH a.a.O.), dass für den eurotax-Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 ebenso wie für den für das vorangegangene Jahr 2007 auf eine Sammlung schriftlicher Angebotspreise der Autovermieter zurückgegriffen wurde, ebenso wenig der Umstand, dass in dem Editorial für die Schwackeliste 2008 darauf hingewiesen wird, dass man „Partner einer der verschiedenen Mietwagenorganisationen sei“.   Es ist nicht ersichtlich, dass der Herausgeber dieser Tarifliste mit einem der gewerblichen Autvermieter derart eng wirtschaftlich verbunden ist, dass das Zahlenwerk nicht mehr als objektiv angesehen werden kann.

Die von der Beklagten zum Angriff gegen die Schwackeliste herangezogene Liste des Fraunhofer Instituts, die deutliche geringere Preise ausweist, ist ebenso nicht geeignet, konkrete Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit zu begründen. Ihr ist auch nicht gegenüber der Schwackeliste 2007 der Vorzug zu geben. Auf den ersten Blick mag sie zwar dieser vom methodischen Ansatz her überlegen sein, weil die Erhebung anonym erfolgt und daher nicht in dem Umfang die (abstrakte) Gefahr falscher Angaben besteht (so neben OLG Köln U. v. 10.10.2008, 6 U 115/08, auch der Verkehrssenat des OLG München r+s 2008, 439).

Diese Erhebung hat jedoch jedenfalls für das hier einschlägige Gebiet des PLZ-Bezirks 84… erhebliche Nachteile.

Die Erhebungen des Fraunhofer-Instituts weisen für die hier streitgegenständliche Wagenklasse 5 in diesem gesamten Bereich (PLZ 84…), ohne Differenzierung nach der dritten Ziffer der Postleitzahl neun Stationen mit 38 verschiedenen Nennungen auf. Diese Anzahl ist jedoch zu gering, um für den örtlich relevanten Markt der Anmietung ( Wohnsitz des Klägers und Anmietort jeweils in T.) eine verwertbare Aussage zu erhalten. Es kann schon nicht ausgeschlossen werden, dass diese neun Stationen außerhalb des für den Kläger relevanten Markts liegen und sich möglicherweise im Bereich L. befinden. Der PLZ-Bezirk 84 reicht in einer Ostsüd- Nordwest -Richtung von dem stark ländlich geprägten, verkehrsmäßig nur schlecht erschlossenen R. über das Mittelzentrum L. mit einem unmittelbaren Einzugsgebiet von über 100.000 Einwohnern in wiederum eher ländlich geprägte Teile der H..

Die im Ballungsraum L. erzielbaren Preise können daher angesichts der dortigen Vielzahl von Anbietern und der dort herrschenden Konkurrenzsituation nicht auf das knapp zwei Fahrtstunden entfernte T. übertragen werden.

Für großstädtische Ballungsräume mit einer relativ einheitlichen Wirtschaftsstruktur (z.B. München mit den Postleitzahlen 80…./81…) mögen die Erhebungen des Fraunhoferinstituts eine ausreichende Schätzgrundlage sein, für das stark unterschiedlich strukturierte PLZ-Gebiet 84… sind sie jedoch zu grobmaschig, da sie nur nach den ersten beiden Ziffern der Posteitzahl unterscheiden, und enthalten kein regional ausdifferenziertes Erhebungsmaterial.

Ist somit die Schwackeliste 2007 eine zulässige und sachgerechte Schätzungsgrundlage, so ist auch die hierauf resultierende erstrichterliche Schätzung des erstattungsfähigen Normaltarifs inhaltlich zutreffend und rechtfertigt den zuerkannten Betrag.

Auch die zuerkannten Nebenkosten sind erstattungsfähig. Gerichtsbekannt sind die Kosten für die Winterreifen ebenso wie die Kosten der Haftungsbefreiung nicht in den Mietpreisen enthalten, sondern extra zu vergüten. Auch in der Schwackeliste werden diese Kosten extra benannt. Die zuerkannten Aufwendungen liegen unter den in der Schwackeliste genannten Preisen und waren erforderlich.

Die Kosten für die Mietausfallhaftung waren ebenfalls erforderlich, weil dem Kläger unfallbedingt das Risiko auferlegt wurde, bei einem Unfall mit dem angemieteten Fahrzeug den Mietausfall tragen zu müssen. Die Berufung war daher insgesamt zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 S. 2, 708 Nr. 10, 713, 543 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, eine Abweichung von der Rechtsprechung des BGH liegt nicht vor, es wurde auch begründet, warum für das vorliegende Postleitzahlengebiet von dem zitierten Urteil des OLG München abgewichen wurde.

So noch einmal sehr instruktiv die Argumentation des LG Landshut

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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