AG Delmenhorst verurteilt VHV Allg. Vers AG zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten mit Urteil vom 2.5.2011 -44 C 4267/10(1)-.

Hallo Leute, der Aufruf hat auch in Niedersachsen Gehör gefunden. Hier noch ein Mietwagenurteil aus Delmenhorst. Die Mietwagenfirma klagte aus abgetretenem Recht. Die Abtretung erfolgte an Erfüllungs Statt. Eine wirksame Abtretungsvereinbarung ist durch die Annahme erfolgt.  Bei der Schätzung der Mietwagenkosten legt das erkennende Gericht die Schwacke-Liste zugrunde. Fraunhofer wird verworfen. 

Amtsgericht
Delmenhorst

Geschäfts-Nr.:
44 C 4267/10(1)

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Firma VHV Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstandssprecher Thomas Voigt, Constantinstr. 90, 30177 Hannover

Beklagte

hat das Amtsgericht Delmenhorst im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 21.04.2011 am 02.05.2011 durch den Direktor des Amtsgerichts …

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 281,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.11.2010 zu zahlen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.) Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz für die restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 281,50 Euro gegen die Beklagte gemäß § 115 VVG.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Der bei dem Verkehrsunfall geschädigte … hat ausdrücklich seine Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger, den anderen Fahrzeughalter, und die Beklagte am 29.09.2010 abgetreten. Diese Abtretung hat die Klägerin ausdrücklich mit Schreiben vom 20.10.2010 angenommen.

Diese Abtretung ist nicht unwirksam. Es kommt keine Nichtigkeit der Abtretungserklärung gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem RDG in Betracht.

Es handelt sich hier um keine Rechtsdienstleistung nach dem RDG. Denn eine solche ist nach § 2 Abs. 1 dann gegeben, wenn in konkreten fremden Angelegenheiten gehandelt wird. Durch die Abtretung einer Erfüllung statt handelt es sich jedoch hier um keine fremde Angelegenheit seitens der Klägerin, sondern es ist ihre eigene Angelegenheit, die sie mit der Klage nunmehr weiter verfolgt. Etwas anderes folgt für das Gericht auch nicht aus der vom Landgericht Braunschweig in einem Beschluss vom 23.02.2011 vertretenen, von der Beklagten zitierten Auffassung. Es handelt sich hier um kein Umgehungsgeschäft. Gerade weil die Frage der Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten streitig ist, geht es hier nicht um eine Verlagerung von Rechtsfragen, sondern um eine Verlagerung wirtschaftlicher Risiken. Nach Auffassung des Gerichts ist es geradezu sinnvoll, wenn entsprechende Forderungen direkt von den Mietwagenunternehmen geltend gemacht werden.

Die Beklagte weist darauf hin, dass damit dem Geschädigten das Risiko nicht genügender Erkundigungen abgenommen wird. Dies ist aber nicht zutreffend, da dieses Risiko jetzt gerade ausschließlich zu Lasten des Mietwagenunternehmens geht, welches das Risiko tatsächlich auch nach der Rechtsprechung sinnvoller Weise zu tragen hat.

Nicht umsonst hat die Rechtsprechung im Laufe der Jahre den Grundsatz entwickelt, dass die Mietwagenunternehmen die Geschädigten über evtl. Nichterstattung von Mietwagenkosten aufzuklären haben, so dass dann, wenn keine genügende Aufklärung und damit ein höherer Mietpreis vereinbart wurde, dies zu Lasten des Mietwagenunternehmens geht. Dies ist im Übrigen logischerweise auch der Grund dafür, dass Mietwagenunternehmen es scheuen werden, nicht ersetzte Teile der Mietwagenkosten von ihren Mietern zu verlangen.

Würde man der Auffassung des Landgerichts Braunschweig folgen, müsste auch jeder Forderungskauf letztendlich als Umgehungsgeschäft angesehen werden. Denn in diesen Fällen übernimmt der Forderungskäufer das Risiko der Zahlung etwa bei streitigen Verträgen, ist also nicht anders gestellt als der Mietwagenunternehmer in dem hier gegebenen Fall.

Die Klägerin hat auch noch einen Schadensersatz in Höhe von 281,50 Euro. Unter Berücksichtigung der bereits bezahlten 758,00 Euro konnte sie für die zweiwöchige Vermietung eines Fahrzeuges der Gruppe VI insgesamt 1.039,50 Euro ohne Weiteres ansetzen bzw. ist ein solcher Betrag ohne Weiteres als Schadensersatz zu leisten.

Dabei ist davon auszugehen, dass als Grundpreis für die 2 Wochen 772,27 Euro, wie von der Klägerin vorgetragen, als Miet(grund)betrag auf jeden Fall berechtigt sind.

Zwar ist die Beklagte der Auffassung, die Klägerin dürfe lediglich grundsätzlich nach der Erhebung des Frauenhofer Instituts abrechnen. Dem gegenüber hat das entscheidende Gericht in ständiger Rechtsprechung immer vertreten, es könne auch weiterhin nach der Schwacke-Liste abgerechnet werden. Zum einen handelt es sich nicht um eine durchgängige 30-prozentige Preiserhöhung zwischen den Schwacke-Listen 2003 und 2006, wie die Versicherungswirtschaft glauben machen möchte. Es hat in der Tat erhebliche Preissteigerungen gegeben, die aber durchaus uneinheitlich sind. Dabei ist aber nicht ganz zu vernachlässigen, dass nach dem Wandel der Rechtssprechung die Unfallersatztarife, die die Autovermietungen finanziell erheblich bevorteilten, durch die Rechtsprechung im Wesentlichen „gekippt“ worden sind. Betriebswirtschaft nachvollziehbar ist es, wenn deswegen die daneben bestehenden Normaltarife „anzogen“.

Zum anderen ist auch die Frauenhofer-Erhebung nicht frei von jeglichen Mängeln. Denn diese beruht, wie selbst vom Institut dargestellt, auch auf Umfragen bzw. Abfragen im Internet. Ob einem Geschädigten, der kurzfristig einen Ersatzwagen benötigt, es zugemutet werden kann, Abfragen im Internet zu starten – die zumeist auch nicht die Möglichkeit schaffen, am selben Tage ein Fahrzeug zu erlangen -, soll dahingestellt bleiben.

Jedenfalls ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach wie vor so, dass grundsätzlich bei der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensschätzung seitens der Gerichte sowohl Schwacke als auch Frauenhofer Grundlage der Schadens sein kann (vgl. zuletzt die Pressemeldung des Bundesgerichtshofes vom 12.04.2011, Nummer 59/2011 zu dem noch nicht veröffentlichten Urteil vom 12.04.2011 VI ZR 300/09).

Im konkreten Fall kann das Gericht es offen lassen, ob hier die Werte für Achim, oder Delmenhorst/Ganderkesee zu Grunde zu legen sind. Selbst nach den Zahlen vom Frauenhofer Institut sind Mittelwerte für 7 Tage in Höhe von etwa 310,00 Euro anzusetzen. Dies bedeutet bei zwei Wochen jedenfalls 620,00 Euro.

Vergleicht man dazu die Werte, die nach der Schwacke-Liste anzusetzen sind, kommt man auf etwa doppelt so hohe Beträge. Bei Bildung eines Mittelwertes kommt man auf einen Betrag – unter Abzug der Mehrwertsteuer – von 781,51 Euro. Dies sind mehr als die angesetzten 772,27 Euro.

Soweir die Haftungsbeschränkung als Schadensersatz zusätzlich verlangt wird, ist diese nach der Rechtsprechung der Bundesgerichtshofes, wie von der Klägerin zitiert, ebenfalls grundsätzlich ersatzfähig (BGB VI ZR 74/04, Urteil vom 15.02.2005). Dies ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch eine adäquate Schadensfolge im Normalfall. Ausnahmefälle, die hier eine andere Entscheidung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Die angesetzten 216,81 Euro für die Vollkaskoversicherung sind auch nicht überhöht. Denn auch bei den Berechnungen der Frauenhofer Studie muss man solche Beträge für eine Haftungsreduzierung auf Null dazu setzen. Der Betrag von 15,49 Euro netto pro Tag ist auch nicht überhöht. Denn selbst nach den günstigsten Internetangeboten, wie das Gericht selber recherchiert hat, etwa bei den Firmen Avis und Sixt, werden Beträge von täglich 17,00 Euro bzw. 14,99 Euro (allerdings inklusive Mehrwertsteuer) gefordert.

Schließlich ist auch der Zuschlag für die An- und Ablieferung in Höhe von netto 50,42 Euro nicht zu beanstanden. Das geschädigte Fahrzeug wurde direkt zu einer Autowerkstatt abgeschleppt, weil es nicht mehr fahrbereit war. Deshalb gab es zusätzliche Kosten für die Anlieferung des Fahrzeuges. Diese wären in entsprechender Weise entstanden, wenn man von dem Geschädigten verlangt hätte, seinerseits zu einder der zumeist zentral gelegenen Anmietstationen zu fahren. Die Höhe von 28 Euro (inklusive Mehrwertsteuer) für die An- und Abholung des Pkw hält das Gericht ebenfalls nicht für übersetzt.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Entscheidung hat keine grundsätzliche Bedeutung. Zwar werden mehrere streitige Rechtsfragen erörtert, die aber auch inzwischen höchstrichterlich zu zahlreichen Scheidungen geführt haben. Deswegen war die Berufung unter Prüfung von § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.

So der Direktor des Amtsgerichtes Delmenhorst. Und nun warte ich auf die Kommentare.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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