AG Forchheim verurteilt Aachener und Münchener Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 05.07.2007 (70 C 390/06) hat das AG Forchheim die Aachener und Münchener Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.341,78 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet  die Schwacke-Liste an.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist teilweise begründet.

Die Klägerin kann weitere € 1.341,78 Mietwagenkosten geltend machen, §§ 7,17 StVG, 3 PflVG.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gefolgt insbesondere soweit sie sich in den Entscheidungen VI ZR 117/05 und XII ZR 50/04 äußert. Da­nach ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Autovermieter nur noch einen Tarif hat und ob dem Geschädigten die Problematik Normaltarif- Unfallersatztarif bekannt war. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, bejaht der BGH eine Verpflichtung, sich bezüglich günstigerer Tarife kundig zu machen. Die Klägerin trägt nicht vor, vom Autovermieter auf die Gefahr hingewiesen worden zu sein, die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners werde nicht den vollen Tarif übernehmen.

Wie der BGH weiter ausführt, ist davon auszugehen, der Kunde würde sich aufklärungsrichtig verhalten und geht die Unsicherheit darüber, zu welchem Preis der Kunde bei ordnungsgemä­ßer Aufklärung einen Wagen gemietet hätte, zu Lasten des Autovermieters. Mit diesem Schaden­sersatzanspruch aus c.i.c. (§§ 241 II, 311 I11, 249 BGB) kann die Klägerin gegenüber der Forde­rung des Autovermieters aufrechnen.

Der BGH hat die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage nach § 287 ZPO anerkannt. Da aber immer wieder von Seiten der Anwälte die Behauptung erhoben wurde, die Schwacke-Liste gebe nicht die tatsächlichen Mietpreise wieder, hat das Gericht die Beweisaufnahme durchgeführt. Es wurden jeweils die Inhaber bzw. Geschäftsführer der Autovermieter als Zeugen vernommen. Die­se haben die Preisliste der Normaltarife (nicht; Unfallersatztarifie) übergeben. Die Schwacke-Lis­te (neu) für das PLZ-Gebiet 913 geht von 15 Nennungen aus, das Gericht hat 11 Firmen in die Beweisaufnahme einbezogen. Eine 12. Firma, und zwar die Firma X hat die gleichen Preise wie das Autohaus Y.

Die tatsächlich ermittelten Preise weichen jedoch deutlich von der Schwacke-Liste nach oben ab. Da im Einzelnen nicht bekannt ist, wie die Preise dieser Liste berechnet wurden, wird im Rahmen der freien Beweiswürdigung dem Ergebnis der Beweisaufnahme gegenüber der Schwa­cke-Liste neu der Vorrang gegeben. Es wurden die Durchschnittspreise der Schätzung nach § 287 ZPO zu Grunde gelegt. Um sogenannte Ausreißer nach oben und unten auszuschließen, wurden die jeweils zwei billigsten bzw. teuersten Anbieter nicht berücksichtigt. Wobei sich gezeigt hat, dass das arithmetische Mittel im Allgemeinen nur unwesentlich von dem Mittel der be­rücksichtigten sieben Firmen abweicht.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, die Firma Sixt sei nicht in die Berechnung aufgenommen worden, ist dies zutreffend. Der Zeuge H. hat ausgesagt, mit bestimmten Versicherun­gen würden Preisabsprachen bestehen. Außerdem können die Preise selbst innerhalb eines Ta­ges wechseln. Je nach Auslastung der Firma. Aber selbst wenn man die Firma Sixt einbeziehen würde, würde sich das arithmetische Mittel nicht wesentlich verändern. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, es seien auch andere Opel-Häuser in die Berechnung einzubeziehen, kann dem aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Zunächst handelt es sich bei den Preisen um das PIZ-Gebiet 913, weshalb nur Firmen in Forchheim und Umgebung berück­sichtigt wurden. Außerdem sollte mit der Beweisaufnahme der Durchschnittspreis verschiedener Firmen als Bewertungsgrundlage herangezogen werden. Da Unfallgeschädigte nicht nur bei Opel-rent Fahrzeuge anmieten und es auch nicht Aufgabe des Gerichts ist, marktregulierend be­züglich bestimmter Firmen (faktisch) einzugreifen. Mit dem gleichen Argument könnte man auch die teuersten Anbieter mehrmals ansetzen, wenn sie in verschiedenen Orten der Umge­bung Niederlassungen haben. Dann würde sich das Preistableau nach oben verschieben. Außer­dem hat der Zeuge N. angegeben, sie seien kein freier Autovermieter. Mögen andere Opel-Häuser anders verfahren, so ist dies für das einschlägige PLZ-Gebiet unerheblich. Außer­dem sieht das Gericht im Gegensatz zur Beklagten tatsächlich unterschiedliche Kalkulationsmöglchkeiten als gegeben, wenn Opel-rent nur Opel-Fahrzeuge vermietet. Einkaufspreise sowie Re­paratur- und Wartungskosten können unterschiedlich sein, wenn ein Vermieter nur Fahrzeuge ei­ner Marke im Angebot hat. Auch sind in Forchheim die Fahrzeuge der Opel-rent nur Kunden des Autohauses R. während des Werkstattaufenthalts zugänglich. Zusätzlich wird die Firma R. dadurch abgesichert, dass sie an den zu reparierenden Fahrzeugen ein Unternehmer­pfandrecht ausüben kann. Dieser Umstand kann in die Preiskalkulation einfließen, da die Firma kein so großes Ausfallrisiko hat

Der Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, die Mieter würden nur auf den Preis und nicht die Fahrzeugmarke achten. Beweisaufnahmen in anderen Verfahren haben durchaus gezeigt, dass Kunden Wert auf bestimmte Marken legen können.

Wenn die Beklagte darauf hinweist, eine Eigenersparnis von 3 % sei eine Minderung, deren Be­gründung nicht nachvollziehbar ist, so ist zutreffend, dass es sich um eine Schätzung nach § 287 ZPO handelt. Allerdings trifft dies auf die Gegenmeinung mit 10 % ebenso zu. Die Kommen­tierung in Palandt (BGB, 66. Aufl., Rdnr. 32 zu § 249) zitiert einige Entscheidungen, die von 10 % ausgehen. Spricht aber davon, dass eine sich immer mehr durchsetzende Ansicht den Ab­zug auf 3 – 4 % begrenzen will. Wobei sich die 3 % auf eine durchgeführte Kalkulation beziehen. Da die Fixkosten des eigenen Fahrzeugs auch während der Anmietdauer weiterlaufen, ist das Gericht der Auffassung, dass 3 % angemessen sind.

Generell ist zur durchgeführten Beweisaufnahme zu sagen, dass der Bundesgerichtshof die Schwacke-Liste als mögliche Schätzungsgrundiage nach § 287 ZPO anerkannt hat. Dies schließt jedoch eine Beweisaufnahme keineswegs aus und verbietet es dem Gericht auch nicht, eine eigene Schätzungsgrundlage heranzuziehen. Es ist zutreffend, dass sich die Preise ändern. Dies gilt aber auch für die Schwacke-Liste, wobei diese nur in größeren Abständen neu aufgelegt wird. Die durchgeführte Beweisaufnahme lässt aber einen Preisaufschlag in Prozent­punkten auf die Schwacke-Liste zu, der einen berechtigten Hintergrund hat. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, es dürften Preise nur zum Modus nach der Schwacke-Liste angemietet werden, so würde dies im PLZ-Gebiet 913 sich auf Fahrzeuge der Opel-rent beschränken. Sonstige Mtanbieter wären vom Markt ausgeschlossen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, preisregulierend auf die Mietwagen­preise einzuwirken, sondern zu überprüfen hat, zu welchen Preisen ein Geschädigter ein Fahr­zeug anmieten kann.

Es ist abzurechnen:

2 x Wochentarif = € 1.207,00 x 2 =  € 2414,00 brutto bei 16 % MwSt

abzüglich 3 % Eigenersparnis   €    72,42

                       € 2.341,58
zuzüglich       €     210,00   1/2 Haftungsbefreiung (insoweit nicht bestritten)
zuzüglich       €       30,00   Zustellung/Abholung (insoweit nicht bestritten)
zuzüglich       €     105,00   Winterreifen (insoweit nicht bestritten)
zuzüglich       €      55,20   16% MwSt aus Haftungsbefreiung (insoweit nicht bestritten)                                                                                           
                      €  2741,78

abzüglich       € 1.400,00          bezahlt

                    € 1.341,78

Soweit das AG Forchheim.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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