AG Westerburg verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste (23 C 203/11 vom 27.10.2011)

Mit Urteil vom 27.10.2011 (23 C 203/11) hat das Amtsgericht Westerburg die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.472,62 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die Schwacke-Liste wird als Grundlage herangezogen, die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt. Auch durch die Versicherung vorlegte Internet-Angebote spielen keine Rolle.

Aus den Entscheidungsgründen:

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht aus einem Verkehrsunfall vom xx.xx.2010 auf Zahlung von restlichen Mietwagenkosten in Anspruch.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Zedent A. mietete am xx.xx.2010 ein Mietfahrzeug der Klägerin an, die Rückgabe des Fahrzeugs erfolgte am xx.xx.2010.

Auf die Gesamtkosten von insgesamt 2.546,04 € zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 973,42 €, so dass eine Restforderung (Hauptforderung) in Höhe von 1.572,62 € verbleibt.

Die Klägerin trägt vor:

Der in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von 2.546,04 € berechne sich nach der Schwacke-Liste 2010 für die Mietwagengruppe 08, dieser Betrag stelle den erforderlichen und angemessenen Wiederherstellungsaufwand dar.

Die Klägerin stellt den Antrag,

auf den erkannt wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Bei der Anmietung des Fahrzeugs sei dem Zeugen A. zugesichert worden, dass er mit Mietwagenkosten nicht belastet werde, da diese ausschließlich beim gegnerischen Haftpflichtversicherer geltend gemacht würden. Auf diese Weise sei der Zeuge A. davon abgehalten worden, sich nach günstigeren Normaltarifen zu erkundigen oder Vergleichsangebote einzuholen.

Aus den mit der Klageerwiderung vom 16.06.2011 vorgelegten Vergleichsangeboten der Firmen Sixt und Europcar gehe hervor, dass für vergleichbare Fahrzeuge für 14 Tage Mietwagenkosten ohne Zuschläge in einer Größenordnung von 500,00 € berechnet würden, diese Beträge seien angemessen. Im Hinblick auf die deutlich günstigeren Vergleichsangebote sei Beweis zu der Frage zu erheben, ob der Schwacke-Mietpreisspiegel die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse wiedergebe.

Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2010 einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Mietwagen kosten in Höhe von 1.572,62 € gemäß §§ 823, 249 BGB; 3 Pflichtversicherungsgesetz.

Die Haftung der Beklagten ist unstreitig, die Parteien streiten nur noch über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz der Mietwagenkosten.

Der Umfang der Schadensersatzpflicht richtet sich nach §§ 249 ff. BGB. Gemäß § 249 Satz 1 BGB hat der Schädiger den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der Unfall nicht geschehen wäre. Hierzu gehören grundsätzlich auch Mietwagen kosten. Die Klägerin kann dabei den Betrag ersetzt verlangen, der objektiv erforderlich ist, d.h. die Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage machen würde (vgl. BGH, NJW 1985, 2639).

Die Beklagte wurde bereits im Termin am 29. September 2011 darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht Westerburg in ständiger Rechtsprechung den Schwacke-Automietpreisspiegel zur Ermittlung des Normaltarifs heranzieht (vgl. auch Landgericht Koblenz, insbesondere Urteil der zuständigen Berufungskammer vom 21.11.2010 – Az.: 14 S 195/09 -). Bedenken gegen die Schwacke-Liste sind nur zu berücksichtigen, wenn konkret aufgezeigt wird, dass sich ihre Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, NJW 2008, 1519).

Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufzeigen würden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Der Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, die Schätzgrundlage durch Schwacke-Liste zu erschüttern. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die Liste des Fraunhofer-Instituts, gegen die gleichfalls nachvollziehbare methodische Bedenken erhoben werden, die einzig richtige Schätzgrundlage sein soll (vgl. insoweit auch Landgericht Koblenz, Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2009 – Az.: 6 S 126/09 -).

Zudem ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu Nachfragen nach günstigeren Tarifen nur dann verpflichtet, wenn die angebotenen Tarife mindestens 50 % über dem Modus der Schwacke-Liste des Unfalljahres liegen. Vorliegend bestand somit keine weitere Erkundigungspflicht, da die in Rechnung gestellten  Mietwagenkosten nicht diesen Mittelwert überschritten.

Soweit sich die Beklagte in der Klageerwiderung vom 16.06.2011 auf Angebote der Firmen Sixt und Europcar bezieht, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob entsprechende Angebote zum Zeitpunkt der Anmietung am xx.xx.2010 bestanden. Unabhängig davon ist eine Prüfung dieser Angebote nur eingeschränkt möglich, weil sie nur auszugsweise, insbesondere ohne die üblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, vorgelegt wurden. In diesem Zusammenhang ist es dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass die überregional tätigen Mietwagenunternehmen ihren Großkunden – wie z.B. den Versicherungen – Sondertarife anbieten, die dem „normalen Unfallgeschädigten“ nicht zur Verfügung stehen, bzw. dass die Angebote in der Regel „frei bleibend“ sind und die Mietfahrzeuge in Abhängigkeit einer Bestätigung verfügbar sein sollen. Zudem ist festzustellen, dass die genannten Angebote nicht vergleichbar sind, weil der Geschädigte den Mietpreis spätestens bei Rückgabe zu zahlen hat, während der Geschädigte im vorliegenden Fall gegenüber der Klägerin nicht zum sofortigen Rechnungsausgleich verpflichtet war.

Schließlich ist festzustellen, dass die Beklagte in der Klageerwiderung nur pauschal vorgetragen hat, dass dem Zeugen A. bei Anmietung des Fahrzeugs zugesichert worden sei, dass er mit Mietwagenkosten nicht belastet werde, da diese ausschließlich beim gegnerischen Haftpflichtversicherer geltend gemacht würden. Das Gericht hat von einer Vernehmung des Zeugen A. abgesehen, weil sie im Hinblick auf den unsubstantiierten Vortrag der Beklagten auf eine unzulässige Ausforschung des Zeugen hinauslaufen würde.

Nach alledem musste die Klage zum Erfolg führen.

Der Zinsanspruch ist aufgrund des Schuldnerverzuges der Beklagten gemäß §§ 284 ff. BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Soweit das AG Westerburg.

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1 Antwort zu AG Westerburg verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste (23 C 203/11 vom 27.10.2011)

  1. Willi Wacker sagt:

    Ja, ja,
    die aus dem Westerwald, die wissen, wie´s richtig gemacht wird.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

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