AG Riesa verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 10.11.2009 (5 C 711/08) hat das AG Riesa die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.089,59 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an  und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und in vollem Umfange begründet.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Riesa ist nach § 20 StVG als das Gericht, in dessen Bezirk der streitgegenständliche Unfall sich ereignet hat, örtlich und, nach §§ 23, 71 GVG im Hinblick auf den Gegenstandswert, sachlich zuständig. Die übrigen Verfahrensvorausset­zungen liegen vor.

Die Klage ist im vollen Umfang begründet.

Auf Grund des unstreitigen Vortrags beider Parteien ist die Klägerin durch die von ihr unter­zeichnete Sicherungsabtretung aktivlegitimiert. Sie ist, soweit der Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die Mietwagenkosten noch offen ist, durch die von dem Geschädigten unterzeichnete Sicherungsabtretung vom 09.04.2O0S selbst Anspruchsinhaberin der Direktansprüche gegenüber der Beklagten geworden. Denn nach § 398 BGB kann nämlich ei­ne Forderung von dem Gläubiger – durch Vertrag mit einem Anderen – der Klägerin – auf diesen übertragen werden. Grundsätzlich tritt nach § 395 Abs. 1 Satz 2 BGB mit Abschluss des Vertrages der neuen Gläubiger – hier die Klägerin – an die Stelle des bishe­rigen Gläubigers  hier des X.

Nach jahrelanger Praxis und einhelliger Recht­sprechung aller Gerichte ist eine solche Abtretung auch zum Zwecke der Sicherung von An­sprüchen des Zessionaren möglich, insbesondere unter der Bedingung des Eintritts des Si­cherungsfalls, was bedeutet, dass die Forderungsabtretung erst wirksam wird, wenn der Sicherungsfall, hier die nicht vollständige Mietwagenregulierung, eintritt. Hierdurch bedingt ist die Klägerin als neue Gläubigerin an Stelle des X aktivlegitimiert.

Dem Grunde nach hat die Klägerin gegenüber der Beklagten somit aus abgetretenem Recht einen Direktanspruch aus §§ 1, 3 Pflichtversicherungsgesetz in Verbindung mit § 3 Pflicht­versicherungsgesetz. Dieser Direktanspruch besteht, da auch ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Halterin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW mit Anhänger aus Gefährdungshaftung im Sinne der §§ 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 und 2 StVG gegeben ist Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus ent­stehenden Schaden zu ersetzen, wenn bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges oder eines An­hängers, der dazu bestimmt ist. von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, eine Sache beschädigt wird. Da der Unfall anlässlich der beiderseitigen Teilnahme am fließenden Verkehr erfolgte, hat sich die typischer Weise mit der Teilnahme am Straßenverkehr verbundene dauerhafte abstrakte Gefahr konkret – als Betriebsgefahr – verwirklicht. Die Halterin des bei der Be­klagten haftpflichtversicherten LKW mit Anhänger haftet nach den Gesichtspunkten des § 17 Abs. 1 und 2 StVG allein aufgrund des Umstandes, dass der Fahrer des selben den Unfall durch sein alleiniges Verschulden allein verursacht hat.

Auch der Höhe nach hat die Beklagte aufgrund der Gefährdungshaftung nach den vorgenann­ten Bestimmungen den Schaden vollständig zu ersetzen. Maßgeblich für die Höhe des Scha­densersatzes ist stets das negative Interesse im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB. Danach hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Er hat insoweit Naturalrestitution zu leisten derart, dass der Geschädigte so gestellt werden muss, als wenn das schädigende Ereignis nicht gewesen wäre. Nach dieser Grundsatznorm musste durch den Schädiger der beschädigte PKW repariert werden. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung kann aber der Gläubiger statt der Naturalherstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag, ins­besondere die Reparaturkosten, verlangen. Wäre das schädigende Ereignis nicht gewesen, hatte der Geschädigte darüberhinaus auch keine Mietwagenkosten gehabt. Diese ihrerseits sind unmittelbare und auch naheliegende Folgen des Sachschadens, da während der Reparatur die Mobilität des Geschadigten nicht leiden darf. Dies ist insoweit einhellig seit vielen Jah­ren in Rechtsprechung und Literatur anerkannt Die Mietwagenkosten können jedoch nur ver­langt werden, soweit sie – im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB – erforderlich waren. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der Obergerichte sowie der allermeisten Instanzgerich­te, die sich allesamt auf den BGH beziehen, sind nur diejenigen Mietwagenkosten erforderlich. die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vergleiche u.a. 20. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2008, Aktenzeichen; 20 S 190/06, RdNr. 10, 11; 1. Zvilsenat des OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.03.2008, Aktenzeichen: 1 U 17/08, RdNr.: 33; 15. Zivilsenat des OLG Köln, Urteil vom 18.03.2008, Aktenzeichen: 15 U145/07, RdNr. 27; Vergleiche insbeson­dere 6. Zivilsenat des BGH im Urteil vom 24.06.2008. Aktenzeichen: VI ZR 234/07: RdNr. 13; Amtsgericht Riesa im Urteil vom 06.10.2009, 5 C 721/08, II3, dort mit weiteren Nachweisen). Hierbei ist der Geschädigte nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarif für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als objektiv erforderlich ersetzt verlan­gen kann. Hierbei verstößt allerdings der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifes mit Rück­sicht auf die Unfallstation eines gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 erforderlich sind (vergleiche vor­herige Anmerkungen).

Ein überhöhter Tarif liegt vorliegend allerdings nicht vor. Was erforderlich und somit angemes­sen ist, ist nach den Grundsätzen des § 287 ZPO richterlich zu schätzen (vergleiche exem­plarisch 6. Zivilsenat des BGH im Urteil vom 11.03,2003, VI ZR 164/07 RdNr. 8), wobei die Schätzgrundlage nicht auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruhen darf (vergleiche BGH, vorherige Anmerkung, RdNr. 9). Das Gericht darf allerdings nicht auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten, um eine solche Schätzung durch­zuführen (vergleiche 6. Zivilsenat des BGH im Urteil vom 11.03.2005, VI ZR 164/07, RdNr. 9). Als Ermittlungsgrundlage ist es – nach dieser Entscheidung – ausdrücklich zulässig, die je­weils aktuelle Erhebungen ausweislich der Mietpreisspiegel der Firma Eurotax Schwacke heranzuziehen. Diese Auffassung wiederholt der 6. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 24.06.2008 (vergleiche 6. Zivilsenat des BGH, Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07, RdNr. 22, 23). Dieser Auffassung schließt sich auch das erkennende Gericht – wie in dem bereits zuvor erwähnten Urteil vom 06.10.2009, 5 C 721/08 – unter Aufrechterhaltung seiner dortigen Recht­sprechung zu dieser Fragestellung an (vergleiche Urteil des Amtsgerichts Riesa vom 06.10.2009, Aktenzeichen 5 C 721/08,1, 2 a Abs. 1 bis 3, dort mit weiteren Nachweisen). Für die Anwendung der Schwacke-Liste spricht nach den vorzitierten vom BGH aufgestellten Grundsätzen zur qualifizierten richterlichen Schätzgrundlage nach § 287 ZPO (vergleiche 8. Zivilsenat des BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07, RdNr. 8), dass, gerichtsbekannter­maßen, die Erhebungen der EurotaxSchwacke aufgrund Befragungen zahlreicher Autovermie­ter in allen Postleitzahlgebieten beruhten und somit keine Zweifel darin bestehen, dass Grund­lage der Preisforschung wissenschaftliche Methoden waren (vergleiche hierzu im Einzelnen 6 Zivilsenat des BGH in den Urteilen vom 11.03.2008, VI ZR 164/07, RdNr. 9 und 6. Zivilsenat im Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07 RdNr. 21,23). Die Beklagte hat trotz ihrer umfangreichen Rechtsausführungen keine Angrifspunkte genannt, die geeignet wären, im vorliegenden und konkreten Fall, die hier herangezogene Schätzgrundlage nach der Schwacke-Liste in Zweifel zu ziehen. Mögen auch die Fraunhofer Erhebungen auf einen wissenschaftlichen Verfahren beruhen, so ist es dennoch nicht ausreichend, wenn die Schwackeerhebungen mit allgemei­nen Erwägungen u. a. des Inhalts in Zweifel gezogen werden, dass diese nicht objektiv seien (vergleiche 6. Zivilsenat im Urteil vom 11.03.2008, aaO. RdNr. 8 und 9).

Orientiert an den hier maßgeblichen Automietpreisspiegel der Firma AutotaxSchwacke ver­langt die Klägerin lediglich einen Tagesmietpreis in Höhe des gewichteten Mittels von 115,00 Euro netto in dem hier (für Z.) maßgeblichen Postleitzahlengebiet 01… . Dies ist unter keinen Umständen zu beanstanden, zumal in der herrschenden Rechtsprechung sogar ein pauschaler Aufschlag von bis zu 20 Prozent über dem arithmetischen Mittel in den Mietwa­genpreisen angesetzt werden kann, ohne dem Geschädigten der Vorwurf machen zu können, dass er gegen die Schadensminderungspflicht verstoße, wenn er nicht nach günstigeren Fahrzeugen suche (vergleiche die zahlreich zitierte Rechtsprechung in der vorgenannten Ent­scheidung 5 C 721/08 des Amtsgerichtes Riesa, dort II3 d, dort mit weiteren Nachweisen).

Mithin bleibt festzuhalten, dass die Klägerin mit 115,00 Euro pro Tag netto mal 10 = 1.150,00 Euro netto an reinen Mietwagenkosten innerhalb der Gruppe 6 laut Schwacke im Postleitzahlengebiet 016 nicht überhöht abrechnete.

Darüber hinaus sind sowohl die Haftungsbefreiungkosten von 25,00 Euro pro Tag, für den ge­samten Zeitraum in Höhe von 250,00 Euro, sowie die Zustell- und Abholkosten von insgesamt 60,00 Euro netto nicht zu beanstanden. Auch die Beklagte hat hiergegen keine Einwände er­hoben.

Mithin ist der gesamte in der Automietwagenrechnung vom 23.04.2006 ausgewiesene Netto­betrag von 1.460,00 Euro seitens der Beklagten an die Klägerin zu bezahlen zuzüglich 19 Pro­zent Mehrwertsteuer in Höhe von 277,40 Euro, mithin insgesamt ein Betrag von 1.737,40 Eu­ro.

Abzusetzen hiervon sind die hier klägerischerseits selbst in Abzug gebrachten 10 mal 5,40 Euro für die tägliche Eigenersparnis aufgrund der Nutzung eines gemieteten Fahrzeuges, mit­hin in Höhe von insgesamt 54,00 Euro. Auch hiergegen hat sich die Beklagte nicht verwahrt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Abzug zu geringfügig ist, liegen somit nicht vor.

Darüberhinaus sind die bereits bezahlten 593,81 Euro von den insgesamt zu bezahlenden 1.737,40 Euro abzusetzen. Somit war die Klage insgesamt in Höhe von 1.089,59 Euro voll­ständig begründet.

Soweit das AG Riesa.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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