AG Hannover verwirft das Honorartableau und verurteilt HUK-Coburg aus abgetretenem Recht zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 30.7.2012 – 401 C 4132/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

vom Ruhrgebiet geht es weiter nach Niedersachsen, von Herne nach Hannover. Nachstehend gebe ich Euch ein weiteres Sachverständigenkostenurteil bekannt. Wieder war es die HUK-Coburg, die meinte, den Geschädigten um seine Schadensersatzansprüche prellen zu können. Zwar waren die restlichen Sachverständigenkosten gem. § 398 BGB abgetreten, aber letztlich beiben es Schadensersatzansprüche des Geschädigten, die verkürzt werden. Durch die Abtretung verändert sich nämlich nicht der Charakter der Forderung. Es bleibt ein Anspruch aus § 249 BGB. Gleichwohl prüft das Gericht die einzelnen Positionen der Sachverständigenkostenrechnung. Das Gericht schätzt die Höhe des Schadens nach der BVSK-Honorarbefragung. Ausdrücklich wird das von der HUK-Coburg vorgelegte Honorartableau 2012 verworfen. Unabhängig davon, dass die HUK-Coburg auch noch die falsche Tabelle, nämlich 2009 statt 2012, worauf sie Bezug genommen hatte, vorgelegt hatte, hat das Gericht zutreffend das Honorartableau als Schätzgrundlage verworfen. Eine von der Versicherung selbst erstellte Tabelle, selbst wenn sie sich auf das Gesprächsergebnis mit dem BVSK stützt, kann keine geeignete Schätzgrundlage im Rahmen des § 287 ZPO sein. Auch das hat das Gericht richtig gesehen. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und übermittelt durch Herrn Rechtsanwalt Taube von der Kanzlei Lehmann und Partner aus Burgwedel.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht                                  Erlassen am: 30.07.2012
Hannover

Geschäfts-Nr.:
401 C 4132/12

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Firma …

Klägerin

gegen

HUK Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Hannover -Abt. 401-im schriftlichen Verfahren gem. § 495a ZPO durch die Richterin am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 90,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 24.04.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gem. § 313a ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht des Geschädigten ein Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 18.01.2012 in Höhe der restlichen Gutachterkosten von 90,89 € gem. §§ 398 BGB, 115 VVG, § 7 StVG zu. Der Geschädigte hat seine Forderung u.a. gegen die Beklagte, an den Sachverständigen am 20.01.2012 abgetreten, der die Abtretung angenommen hat. Dieser hat die Forderung wiederum an die Klägerin verkauft und abgetreten, die die Abtretung angenommen hat.

Auf die ursprüngliche Honorarforderung des Sachverständigen in Höhe von 574,89 € hat die Beklagte unstreitig 484,00 € gezahlt, so dass sie in Höhe des Differenzbetrages noch zur Zahlung zu verurteilen war.

Der Anspruch auf Schadensersatz gem. §249 Abs. 2S.1 BGB umfasst diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Sachverständigenkosten, die anlässlich der Begutachtung des geschädigten Fahrzeuges entstehen, sind dabei zu ersetzen, solange sich der Aufwand im Rahmen des Erforderlichen hält. Damit kann der Geschädigte den für ein solches Gutachten üblichen Werklohn ersetzt verlangen, da eine bestimmte Taxe nicht vereinbart worden ist. Dies ergibt sich aus § 632 Abs. 2 BGB. Zur Bestimmung der Höhe der üblichen Vergütung darf sich das Gericht der Schätzung bedienen gem. § 287 ZPO, was hier erfolgt ist. Mangels vorgegebener Schätzungsgrundlage stand es dem Gericht frei aufgrund des eingeräumten Ermessens, auf welcher Abrechnungsgrundlage es die Schadenshöhe bemisst. Anerkanntermaßen kann dabei auf ein bestehendes Tabellenwerk Zugriff genommen werden. Ein solches existentes und geeignetes Tabeilenwerk war hier die Befragung freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK-Honorarbefragung 2010/2011). Soweit die Beklagte das Honorartableau 2012 (eingereicht wurde indes das Honorartableau 2009) HUK-Coburg für vorzugswürdiger gehalten hat, war dem nicht zu folgen. Das Gesprächsergebnis BVSK 2009 HUK Coburg spiegelt lediglich eine Honorarempfehlung wieder und entfaltet keine Bindungswirkung. Eine statistische Aussagekraft ist nicht ersichtlich. Die BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 hingegen wird im Wesentlichen durch die höchst richterliche Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH X ZR 80/05 bzw. BGH X ZR 122/05). Die Erhebung lässt erkennen, in welchem Rahmen der Großteil der Kfz-Sachverständigen in Deutschland seine Honorare berechnet, sogenannte Honorarkorridor. Das verlangte Grundhonorar liegt bei einem Sachschaden bis 2.000,00 € netto mit 341,00 € damit innerhalb des Korridors, der von 316,00 € bis 350,00 € reicht. Je nach Schadenshöhe berechnen zwischen 50 und 60% derBVSK-Mitglieder innerhalb dieses Bereiches ihr Honorar. Die angesetzten Fotokosten mit 2,00 € belaufen sich ebenfalls im Rahmen des Korridors, der mit 2,06 € bis 2,57 € angegeben wurde. Gleiches gilt für die Porto- und Telefonkosten sowie die Schreibkosten (Original) und die Schreibkosten (Kopie). Die angesetzten Fahrtkosten je Kilometer befinden sich mit 1,05 € ebenfalls im Rahmen des Korridors, der eine Spanne von 0,94 € bis 1,08 € angibt. Hinsichtlich der angegebenen Kilometerzahl von 52 Kilometern hat die Klägerin unter Beweisantritt substantiiert dargelegt, dass das Fahrzeug bei dem Geschädigten in Hildesheim begutachtet wurde. Die angesetzten 52 Kilometer sind damit nachvollziehbar. Die Strecke vom Büro des Sachverständigen in Hänigsen nach Hildesheim beträgt rund 54 Kilometer. Die Beklagte hat diese Ausführungen dann auch nicht mehr mit erheblichem Sachvortrag bestritten. Da sich die Kosten im Rahmen des üblichen Honorars halten, kann der Sachverständige bzw. die Klägerin auch nicht darauf verwiesen, werden, dass unter Inanspruchnahme von günstigeren Kopieeinrichtungen niedriger hätte abgerechnet werden müssen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1, 247 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91; die Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Auf den Schritsatz der Klägerin vom 16.07.2012 kam es entscheidungserheblich nicht mehr an, so dass es einer Stellungnahme für die Beklagte nicht mehr bedurfte.

Und nun bitte Eure Kommentare.

Urteilsliste “ SV-Honorar” zum Download >>>>>

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