LG Mannheim verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten (1 S 127/09 vom 11.12.2009)

Mit Urteil vom 11.12.2009 (1 S 127/09) hat das LG Mannheim die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten i. H. v. 529,31 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Auch das LG  Mannheim legt bei seiner Schätzung nach § 287 ZPO die Schwacke-Liste zugrunde. Die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

Der Klägerin steht der mit der Klage zur Hauptsache verfolgte Anspruch aus §§ 7, 17 StVG, 249, 398 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG nur in Höhe von € 520,31 zu. Insoweit hat das Amtsgericht die Beklagte zu Recht verurteilt. Im Übrigen war die Klage auf die Beru­fung der Beklagten hin abzuweisen.

Die volle Haftung der Beklagten für den der Rechtsvorgängerin der Klägerin bei dem Unfall vom xx.xx.2008 erwachsenen Schaden ist dem Grunde nach unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass diese für 15 Tage berechtigt einen Mietwagen zur Kompensation des unfallbedingten Ausfalls ihres beschädigten Pkws in Anspruch genommen hat. Die Parteien streiten Insoweit nur noch darum, in welcher Höhe die Mietwagenkosten erstattungsfähig sind.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von € 529,31 zu.

Gemäß § 249 BGB kann die Geschädigte, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin un­streitig geworden ist, vom Schädiger und von dessen Haftpflichtversicherer als erforder­lichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein ver­ständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Hierbei ist der Geschädigte nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen, was bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (Vgl. BGH NJW 2008, 1519, BGH NJW 2007, 1122 und BGH NJW 2006, 1506).

Der Mietpreis für den von der Rechtsvorgängerin der Klägerin angemieteten Pkw über­steigt mit € 1.980,45 für 15 Tage den üblichen Mietpreis, der sich auf € 1.355,17 inklusi­ve einer Haftungsfreistellung bei € 1.000,- Selbstbeteiligung beläuft, erheblich.

Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Schwacke-Liste, welche die Kammer zur Schätzung der erforderlichen Mietkosten herangezogen hat. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Höhe der erforderlichen Mietkosten verwiesen.

Die Kammer erachtet die Schwacke-Liste insoweit als Vergleichsmaßstab und Schätz­grundlage für geeignet.

Die Heranziehung der Schwacke-Liste als Vergleichsgrundlage zur Beurteilung des vereinbarten Mietzinses als überhöhtes Entgelt belastet die Beklagte, die insoweit auf die Erhebungen des Fraunhofer Instituts abheben will, nicht, weil auch ein Vergleich der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu zahlenden Miete mit den in der Schwacke-Liste enthaltenen Mieten zu der Annahme führt, dass der von der Klägerin beanspruchte Miet­zins überhöht ist.

Konkrete unfallbedingte Leistungen der Klägerin, als Vermieterin oder sonstige mit dem Unfall zusammenhängende Umstände, die diese Erhöhung rechtfertigen, werden von der, im Hinblick darauf, dass sich ihre Rechtsvorgängerin nicht anderweitig nach der Höhe der Mietwagenkosten erkundigt hat, darlegungspflichtigen Klägerin (vgl. BGH NJW 2009, 58) nicht vorgetragen. Diese hat zwar insoweit unbestritten vorgetragen, dass Unwägbarkeiten bezüglich der Dauer der Mietzeit bestanden hätten und dass kei­ne Vorauszahlung der Miete oder Absicherung durch Kreditkarte erfolgt sei. Dies genügt jedoch nicht, um einen, gegenüber einem üblichen Tarif, höheren Tarif zu rechtfertigen. Die ungefähre Reparaturzeit kann regelmäßig abgeschätzt werden, so dass durchaus ein Planungsrahmen für das Mietwagenunternehmen besteht. Auch bei einer unfallunabhängigen Anmietung sind zudem ohne weiteres Mietzeitverlängerungen möglich, oh­ne dass dies zu Erhöhungen über den für die Verlängerungszeit anfallenden Mietpreis hinaus führt. Auch insoweit ergibt sich kein wesentlicher Unterschied zu Unfallersatzanmietungen. Bezüglich der unterbliebenen Vorauszahlung/Sicherheitsleistung für den Mietzins per Kreditkarte kommt es nicht darauf an, wie die tatsächliche Anmietung er­folgt ist, sondern, ob die Geschädigte und Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht in der Lage war, eine Vorauszahlung oder eine Sicherheit für die Mietwagenkosten per Kredit­karte zu leisten. Das ergibt sich aus dem insoweit allgemein gehaltenen Vortrag der Klägerin nicht.

Die Klägerin kann daher nur den üblichen Mietpreis erstattet verlangen, den die Kammer unter Zugrundelegung der Preise in den Schwacke-Listen 2007 und 2009 auf € 1.355,17 inklusive einer Haftungsfreistellung mit einer üblichen Selbstbeteiligung schätzt.

§ 287 ZPO sieht eine bestimmte Schätzgrundlage nicht vor. Die Schadenshöhe darf le­diglich nicht auf der Basis offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden; auch dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht gelassen werden, Listen und/oder Tabellen, die auf Markterhebungen beruhen, können nach der Rechtsprechung zu Schadensschätzungen herangezogen werden (Vgl. BGH NJW 2008,1519).

Die Einwendungen, die die Beklagte gegen eine Schätzung der angemessenen und er­forderlichen Mietwagenkosten unter Zugrundelegung des Schwacke-Liste erhebt, grei­fen nach Auffassung der Kammer nicht. Die Kammer kann sich nicht davon überzeugen, dass der von der Beklagten auszugsweise vorgelegte Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts eine geeignetere Schätzgrundlage bildet.

Zwar liegen die hierin aufgelisteten Mietpreise unter den in der Schwacke-Liste enthal­tenen Tarifen. Sie sind ohne Mitteilung des Zwecks der Anfrage erhoben worden, wäh­rend die in die Schwacke-Liste eingeflossenen Mietpreise auf Auskünften der Vermieter beruhen, die in Kenntnis des Umstands erteilt wurden, dass sie einer Marktuntersu­chung dienten.

Der BGH hat trotz der Bedenken, die gegen die Zuverlässigkeit der „Schwacke-Liste“ immer wieder geäußert werden, vor allem unter Hinweis auf den „Mietpreisspiegel Miet­wagen Deutschland 2008“ des Fraunhofer Instituts, daran festgehalten, dass das gewichtete Mittel nach der Schwacke-Liste weiterhin in der Rechtsprechung als Schätz­grundlage für den Normaltarif Verwendung finden kann (Vgl. BGH NJW 2009, 58; so auch OLG Stuttgart Urteil vom 08.07.2009, Az: 3 U 30/09; OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009, Az,: 24 U 6/08).

Bedenken gegen die Heranziehung des Mietpreisspiegels des Fraunhofer Instituts er­geben sich daraus, dass bei der von diesem durchgeführten telefonischen Recherche nur nach einstelligen Postleitzahlen differenziert wird, was die Gefahr in sich birgt, dass regionale Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Bei der Internetrecherche, die nach den ersten zwei Stellen der Postleitzahlen differenziert, wurde sich auf Internetportale beschränkt, die eine verbindliche Buchung erlauben, was eine Be­schränkung auf die Preise der vorhandenen großen Anbieter bedeutet. Schließlich han­delt es sich bei dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts um eine von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegebene Studie, deren Unabhängigkeit und Neutralität aus diesem Grund durchaus nicht über jeden Zweifel erhaben ist.

Die übrigen Umstände zu den von dem Fraunhoferinstitut ermittelten Preisen hat die Beklagte nicht vorgetragen, so dass auch eine Gleichwertigkeit der angebote­nen/erfragten Preise nicht festgestellt werden kann. Sie hat auch die entsprechende Studie nicht vollständig vorgelegt, so dass die Kammer nicht beurteilen kann, ob diese Preise, die, wie dies in der Rechtsprechung mehrfach ersichtlich wird (Vgl. OLG Stutt­gart, Urteil vom 08.07.2009. Az.: 3 U 30/09; OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009, Az.: 24 U 6/08 und LG Dresden Urteil vom 08.10.2008, Az.: 4 S 247/08), eine Vorbuchungszeit von einer Woche voraussetzen, ein Umstand, der bei der Anmietung eines Unfallersatzwagens regelmäßig nicht gegeben ist.

Auf Basis der Schwacke-Listen 2007 und 2009 ergeben sich damit folgende übliche Kosten für einen Mietwagen der Klasse 4, wie er von der Rechtsvorgängerin der Kläge­rin angemietet wurde, im Postleitzahlenbereich von deren der Wohnung (685), wobei die Kammer im Hinblick auf den Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls die Werte der beiden Jahre gemittelt hat und von dem Wert der Tabellen ausgegangen ist, der dem arithmetischen Mittelwert tatsächlich jeweils am nächsten kam:

2007                                                    2009

2 Wochen:    2 x 467 €           934,00 €              2 x 489,34 €       978,68 €

1 Tag:                                      90,31 €                                           84,12 €

Haftungsfreistellung

2 Wochen:    2 x 141,61 €      281,22 €              2 x 148,75 €      297,50 €

1 Tag:                                       22,00 €                                          22,50 €

Summe:                               1.327,53 €                                     1.382,80 €

Mittelwert:                                                    1.355,17 €

Die der Rechtsvorgängerin der Klägerin erwachsenen Mietwagenkosten sind damit in Höhe von € 1.355,17 erstattungsfähig.

Von diesem Betrag war die von der Beklagten geleistete Zahlung in Höhe von € 825,86 in Abzug zu bringen, so dass die Beklagte noch weitere € 529,31 zu zahlen hat. Zur Zahlung dieses Betrages war sie in der Hauptsache zu verurteilen.

Die der Klägerin zuerkannten Zinsen sind aus §§ 286, 286 BGB begründet; die ihr zuer­kannten vorgerichtllchen Anwaltskosten ergeben sich §§ 280,288 BGB. Hierbei konnten diese nur aus einem Streitwert in Höhe von € 528,31 in Ansatz gebracht werden.

Gründe, die gemäß § 543 Abs, 2 ZPO die Zulassung der Revision gebieten, liegen nicht vor.

Soweit das LG Mannheim.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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