Amtsrichterin des AG Aschaffenburg verurteilt LVM-Versicherung und deren VN als Gesamtschuldner zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 18.11.2013 – 112 C 937/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

hier nun wieder ein Urteil aus Aschaffenburg. Dieses Mal war es die LVM-Versicherung in Münster, die meinte die berechneten Sachverständigenkosten eigenmächtig kürzen zu können. Der Sachverständige war – zu Recht – mit der rechtswidrigen Kürzung nicht zufrieden und klagte mit Hilfe eines im Verkehrsrecht besonders engagierten Verkehrsrechtlers gegen die LVM und deren VN aus abgetretenem Recht. Die zuständige Amtsrichterin gab dem Kläger Recht. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. Imhof und Partner aus Aschaffenburg.

Viele Grüße
Willi Wacker

 

Amtsgericht Aschaffenburg

Az.: 112 C 937/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

des Sachverständigen B. S. aus K.

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.

gegen

1. LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G., vertreten durch d. Vorstand, Kolde-Ring 21, 48151 Münster

– Beklagter –

2. Herrn Y. B. aus B.

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte H. S. E. aus G.

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht … am 18.11.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 181,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.07.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.09.2012 zu bezahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Mahnkosten in Höhe von 10,00 € zu bezahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

(abgekürzt nach § 313 a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat gemäß § 115 Abs. 1 VVG in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1 StVG, 398 BGB aus abgetretenem Recht des Geschädigten … einen Schadensersatzanspruch aus dem Unfallereignis vom 06.06.2012 in Aschaffenburg auf der Mühlstraße gegen die Beklagten bezüglich weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 181,83 €. Diese sind nach vorgerichtlicher Zahlung auf die Rechnung vom 05.07.2012 in Höhe von 645,46 € noch offen. Diese Rechnung war lediglich um einen Teil der Porto- und EDV-Kostenpauschale in Höhe von 15,00 € zu korrigieren.

Aufgrund der Abtretung der entsprechenden Schadensersatzansprüche durch den Geschädigten … am 08.06.2012 ist der Kläger aktiv legitimiert.

Der Kläger hat aus diesem abgetretenen Recht einen Anspruch auf nahezu vollständige Erstattung der Kosten für das Gutachten vom 05.07.2012 in Höhe von 645,46 €. Der Anspruch des Klägers durch die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten in Höhe von 448,63 € ist noch nicht vollständig erfüllt.

Nach § 249 Abs. 2 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang sind insoweit erstattungsfähige Kosten im Sinne von § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB. Für die Höhe des Schadensersatzes ist es entscheidend, ob sich die Sachverständigenkosten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Ein Geschädigter darf nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren. Ihm ist es aber nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen. Solange für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Aktenzeichen 4 U 49/05). Den Beklagten ist es insoweit verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen.

Im vorliegenden Fall ist dem Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars durch die Beklagtenseite daher mit Ausnahme der überhöhten Pauschale für Porto- und EDV-Kosten nicht zu folgen. Das Sachverständigengutachten wurde auf der Grundlage der VKS-Honorarumfrage abgerechnet. Auch wenn sich gegen diese Honorarumfrage sicherlich Bedenken vorbringen lassen, stellt sie doch einen Anhaltspunkt zur Vergütung von Sachverständigen dar. Dem Gericht steht es im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO frei, diese Honorarumfrage anzuwenden. Das Gericht vertritt hier die Auffassung, dass der Kläger aufgrund der VKS-Honorarumfrage abrechnen kann, da er selbst Mitglied in diesem Verband ist. Die abgerechneten Positionen liegen sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch hinsichtlich der Nebenkosten mit Ausnahme der Pauschale für Porto- und EDV-Kosten innerhalb der Honorarbandbreite der als Abrechnungsgrundlage vorgelegten VKS-Honorarumfrage 2011. Hinsichtlich letztgenannter Kosten ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine EDV-Pauschale auch in der VKS-Honorarumfrage nicht vorgesehen ist, weshalb lediglich die Pauschale für Porto/Telefon in Höhe von 25,00 € zugesprochen wird.

Auch der Ansatz von Fahrtkosten für 68 km wird seitens des Gerichts nicht beanstandet. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei und darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Im Regelfall ist er daher berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (vgl. BGH NJW 2007, Seite 1449 ff.). Einen Sachverständigen aus einem 34 km entfernten Ort anreisen zu lassen, erscheint hier durchaus noch als üblich und angemessen (vgl. auch AG Saarbrücken, Urteil vom 16.12.2011, Aktenzeichen 42 C 252/11).

Dem Kläger steht außerdem ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten zu. Der Höhe nach sind die jedoch nur auf der Grundlage einer 1,3-Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale zu ersetzen, was hier zu einem Anspruch in Höhe von 39,00 € führt. Soweit der Kläger eine 1,5-Gebühr in Ansatz gebracht hat, ist nicht schlüssig dargetan worden, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war.

Ein Anspruch auf Zinsen für die eingezahlten Gerichtskosten wird verneint. Ein solcher Zinsanspruch kann nicht pauschal auf § 288 BGB gestützt werden. Erforderlich wäre die konkrete Darlegung eines weiteren Schadens im Sinne von § 288 Abs. 4 BGB (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2013, Seite 473 ff.). Die Ausführungen des Klägers zu diesem Punkt reichen nicht aus. Etwaige Bankbelege zur vorgebrachten Sondertilgung wurden nicht vorgelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer. 11, 711 ZPO.

Und jetzt bitte  Eure Kommentare.

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