AG Leipzig verurteilt DEVK-Versicherung zwar zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten, streicht aber unbegründet die Kosten der Restwertermittlung, mit Urteil vom 18.12.2014 – 110 C 3274/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier geben wir Euch heute noch ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die DEVK Versicherung bekannt. Bis auf den Abzug der Kosten für die Restwertermittlung handelt es sich eigentlich um eine gut begründete Entscheidung. Da ein Restwert nicht bei jedem Schadensfall benötigt bzw. ermittelt wird,  kann diese Position demzufolge auch nicht im Grundhonorar enthalten sein, sondern muss separat ausgewiesen werden, und zwar von Fall zu Fall. Ansonsten würde man bei jedem Schaden dem Geschädigten (rechtswidrig) Restwertermittlungskosten „aufbrummen“. Außerdem ist zu überdenken, wie der Geschädigte (ex ante betrachtet) die Erforderlichkeit bzw. Nichterforderlichkeit dieser Position hätte erkennen können? Die Argumentation des Gerichts im Urteil ist daher schlichtweg nicht durchdacht.
So langsam bekommt man den Eindruck von „Neidentscheidungen“ einiger Gerichte, wenn man sieht, dass Richter im Schadensersatzprozess immer wieder willkürlich und rechtswidrig versuchen, irgendwelche Posten einer Sachverständigenrechung – auf die eine oder andere Art – zu beschneiden, obwohl der BGH eine Preiskontrolle durch das Gericht untersagt hat. Gegen das Urteil wurde zwar Gehörsrüge eingelegt, die aber meist abgebügelt wird. Es ist aber immerhin ein Zeichen von Widerstand gegen nicht durchdachte Positionen in der Urteilsbegründung, wie hier.  Wenn das erkennende Gericht bei der Restwertermittlung keine Ahnung hat, so sollte es sich sachverständiger Hilfe bedienen. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 110 C 3274/14

Verkündet am: 18.12.2014

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

DEVK Allgemeine Versicherungs-AG, Budapester Straße 31, 01069 Dresden, vertreten durch d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richteram Amtsgericht T.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2014 am 18.12.2014

für Recht erkannt:

1.       Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 134,69 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Mahnkosten in Höhe von 7,50 Euro zuzüglich Znsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.07.2012 zu zahlen.

3.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwälte S. & T. 70,20 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.03.2014 als vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

4.        Der Feststellungsantrag wird abgewiesen.

5.       Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.

6.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Streitwert: 171,34 Euro

Gründe:

Die Klage ist in Höhe von 134,69 Euro begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 134,69 Euro gemäß §115 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 VVG, § 249 ff BGB, § 398 BGB.

Die 100%ige Eintrittspflicht der Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 17.05.2012 ist zwischen den Parteien unstreitig.

Von den Gutachterkosten in Höhe von 668,34 Euro zahlte die Beklagte nur 497,00 Euro, so dass noch 171,34 Euro offen sind. Von diesem offenen Betrag war der Bruttobetrag der Restwertermittlung in Höhe von 36,65 Euro in Abzug zu bringen. Die Restforderung ist begründet.

Die Aktivlegitimation des Kläges ist gegeben. Die Beklagte hat bereits vorprozessual an den Kläger 497,00 Euro gezahlt. Die Zahlung in Höhe von 495,00 Euro wäre nicht verständlich, wenn die Beklagte tatsächlich von der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers ausgeht. Insofern kann sich die Beklagte hierauf gemäß § 242 BGB im hiesigen Prozess nicht mehr berufen.

Der Schädiger hat die Kosten eines Sachverständigengutachtens dann zu ersetzen, soweit dies zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Anhaltspunkte für eine Überhöhung der Gebühren des Klägers liegt bis auf die Position „Restwertermittlung“ nicht vor.

Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadenersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet, hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtssprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist.

Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet daher die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums nicht (BGH NJW 2006, S. 2472 ff. 2474, BGH, NJW 2007, S. 1450 ff, 1452).

Die Beklagte behauptet, sie habe sich bei der Abrechnung an die BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 gehalten. 497,00 Euro sei der Mittelwert zwischen HB 2 und HB 3.

Allerdings ist der Gutachter nicht verpflichtet nach der BVSK-Honorarbefragung abzurechnen, er kann hiernach abrechnen, muss dies aber nicht (BGH Entscheidung vom 22.07.2014, NJW 2014 S. 3151 ff; BGH Entscheidung vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13). Außerdem kann die Beklagte auch die Höhe der Nebenkosten nicht pauschal bestreiten. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachten Schadenshöhe in Frage zu stellen (BGH NJW 2014 S. 3151 ff, 3153). Der Schädiger muss darlegen und beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, in dem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (BGH VI ZR 225/13, Entscheidung vom 11.02.2014). Eine pauschale Begrenzung wie die Beklagte sie vornimmt mit ihrem ermittelten Betrag von 497,00 Euro ist unzulässig. Die losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolgte Begrenzung des Honorars im Hinblick auf die Nebenkosten bei Routinefällen auf 100,00 Euro ohne konkrete Begründung entbehrt einer hinreichenden tragfähigen Grundlage (BGH NJW 2011, S. 3151 ff). Das gleiche gilt für eine pauschale Begrenzung des Gutachtens ohne konkret zu den einzelnen vom Kläger abgerechneten Nebenkostenbetrag wie Fahrtkosten, Schreibkosten etc. konkret Stellung zu nehmen.

Allerdings steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung von 36,65 Euro für die Restwertbörsenermittlung zu. Im Gegensatz zu sonstigen Nebenkosten wie Fahrtkosten oder Schreibkosten ist die Ermittlung des Restwertes eine originäre Sachverständigenleistung, dafür dürfen weder getrennte Auslagen verlangt werden noch darf dies in einer Pauschale enthalten sein.

Der Zinsanspruch im Hinblick auf Ziffer 1 der Klage ergibt sich aus §286 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch auf Zahlung von Mahnkosten in Höhe von 7,50 Euro und Zinsen hieraus seit dem 23.07.2012 ergibt sich aus § 286 Abs. 1 BGB.

Der Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro folgt aus Nr. 2300 WRG i.V.m, § 280 Abs. 1 BGB. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 BGB.

Die Klage war im Hinblick auf die Feststellung, dass die Beklagte Gerichtskosten zahlen soll für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages, als unbegründet abzuweisen.

Insofern ist das Kostenfestsetzungsverfahren auch im Hinblick auf Zinsen auf Gerichtskosten abschließend, ein früherer Znsbeginn kann nicht begehrt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, DEVK Versicherung, Haftpflichtschaden, Restwert - Restwertbörse, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu AG Leipzig verurteilt DEVK-Versicherung zwar zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten, streicht aber unbegründet die Kosten der Restwertermittlung, mit Urteil vom 18.12.2014 – 110 C 3274/14 -.

  1. DerHukflüsterer sagt:

    @
    „Allerdings steht dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung von 36,65 Euro für die Restwertbörsenermittlung zu. Im Gegensatz zu sonstigen Nebenkosten wie Fahrtkosten oder Schreibkosten ist die Ermittlung des Restwertes eine originäre Sachverständigenleistung, dafür dürfen weder getrennte Auslagen verlangt werden noch darf dies in einer Pauschale enthalten sein.“

    1. Ein unabhängiger SV bedient sich keiner überregionalen Börse, sondern holt sich bei den örtlichen Aufkäufern drei Restwertangebote ein.
    2. ………… eine originäre Sachverständigenleistung, dafür dürfen weder getrennte Auslagen verlangt werden noch darf dies in einer Pauschale enthalten sein.“?????

    Ja klar, der BGH hat bestimmt, dass der SV den Restwert nicht mehr schätzen darf, sondern 3 Angebote einholen muß und per Amtsgericht wird diese vorher nicht zu leistende erhebliche Mehrarbeit als kostenlose Zwangsleistung deklariert. ….Originärleistung , was für eine Umschreibung für Honorarbeschiss!!
    Ja die Sachverständigen, die Gehilfen der Gerichte (LOL), werden zu den Deppen der Nation verurteilt. Nur weiter so.

  2. Iven Hanske sagt:

    Gehörsrüge hatte natürlich keinen Erfolg (wurde auch im Verfahren alles vorgetragen) und für eine Verfassungsbeschwerde lohnt nicht der Aufwand (im Einzelfall). Aber CH wird auch in Leipzig gelesen, vielleicht regt sich das schlechte Gewissen bei Richter T 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert