AG Saarlouis verurteilt mit überzeugender Begründung und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken und des BGH den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung der von der HUK-COBURG gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.11.2015 – 29 C 1383/15 (16) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

wir bleiben bei den Sachverständigenkosten. In diesem Fall handelt es sich um die zum Wiederherstellungsaufwand erforderlichen Sachverständigenkosten, um die Schadenshöhe und den Schadensumfang feststellen zu können. In diesem Fall hatte die HUK-COBURG wieder einmal die berechneten Sachverständigenkosten willkürlich gekürzt. Allerdings hat sie bei ihrem Kürzungsvorhaben die Rechnung ohne das zuständige Amtsgericht Saarlouis gemacht. Nachstehend veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Saarlouis zu den Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG. Zu Recht hat der Geschädigte, nachdem die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Versicherung nicht vollständigen Schadensersatz geleistet hat, den bei der HUK-COBURG versicherten Halter wegen des von der HUK-COBURG nicht gezahlten Schadensersatzes gerichtlich in Anspruch genommen. Zu Recht und mit überzeugender Begründung verweigert der erkennende Amtsrichter des AG Saarlouis der entgleisten Rechtsprechung des LG Saarbrücken die Gefolgschaft und richtet sich nach der Rechtsprechung des Saarländischen OLG sowie der des BGH. Prima, dass es auch im Saarland Richter gibt, die sich von der – ohnehin vom BGH gekippten – Rechtsprechung des LG Saarbrücken nicht beeindrucken lassen und entsprechend der wohl überwiegenden Rechtsmeinung des BGH und des OLG Saarbrücken entscheiden. Lest selbst das Urteil des AG Saarlouis und gebt dann bitte Eure Kommenetare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

29 0 1383/15(16)

Amtsgericht Saarlouis

U r t e i l

I m   N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

der Frau C. R. aus  R.

Klägerin

Prozessbevollmächtigte:   Rechtsanwältinnen   und   Rechtsanwälte   D.   I. &   P., aus A.

gegen

Herrn S. P. aus  R. (Versicherungsnehmer der HUK-COBURG)

Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte B. M. aus K.

wegen Forderung
hat das Amtsgericht Saarlouis
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO
am 06.11.2015
durch den Richter am Amtsgericht K.

für Recht erkannt:

I.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 370,33 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2014 zu zahlen.

II.  Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

(ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klage ist begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin die zugesprochene Hauptsumme als Schadenersatz gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB. Die volle Haftung der Beklagten für die der Klägerin entstandenen Unfallschäden ist unstreitig. Zu den ersatzfähigen Kosten des Geschädigten gehören dessen Aufwendungen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 249 Rn. 58). Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige orientiert sich in Bezug auf die von ihm beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Das ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.9.2003, Az.: 2 S 219/02; Saarländisches OLG, Urteil vom 22.7.2003, Az.: 2 U 438/02; BGH NJW 2006, 2472). Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und insoweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und trägt das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff.). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, sondern das sich damit begnügen den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbar Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 f.). Weil es im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Modalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 29.8.2008, Az.: 13 S 108/08 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm in Anspruch genommenen Sachverständigen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 f.). Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen Betrages“ im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Im Rahmen der Schadensschätzung ist es allein auf der Grundlage der Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes nicht zulässig, eine Kürzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten vorzunehmen. In der zitierten Entscheidung(BGH, Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -) hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass, wenn sich nach einem Schadensgutachten ein Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von rund 1.050 € zuzüglich Umsatzsteuer ergibt, ein Sachverständigenhonorar von 534,45 €(= 50,9 % des Nettoschadens), das sich zusammensetzt aus einem Grundhonorar von 260 €, Lichtbildkosten in Höhe von 22,40 €, Telefon-, Porto- und Schreibkosten in Höhe von 75 €, Fahrtkosten/Zeitaufwand in Höhe von 91,80 € (das heißt 1,80 € je Kilometer, maximal 100 €) sowie die auf den daraus errechneten Betrag entfallende Mehrwertsteuer, weder in Anbetracht der Höhe des Honorars noch in Anbetracht der Nebenkosten zu beanstanden sei, wobei die Nebenkosten sich allein auf 189,20 € beliefen. Im vorliegenden Fall hat der von der Klägerin beauftragte Sachverständige bei einem Reparaturaufwand für das verunfallte Fahrzeug von 5713,24 € netto Bruttohonorarkosten von 1131,33 € berechnet und zwar auf der Basis eines Grundhonorars von 717 €, Schreibgebühren von 62 €, Kopierkosten von 44 €, Telefon- und Portokosten von 15 €, Lichtbildkosten von 63 €, Fahrtkosten von 29,70 € (= 1,10 € pro km) und EDV-Abrufgebühr von 20 €, insgesamt 233,70 €, zuzüglich Umsatzsteuer. Das Gesamthonorar macht damit nur knapp 20 % des Nettoschadens aus, ist damit im Verhältnis zu dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Grunde liegenden Fall insgesamt und auch allein bezogen auf die Nebenkosten verhältnismäßig preisgünstiger.

Das saarländische Oberlandesgericht(Urteil vom 8.5.2014, 4 U 61/13) hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeschlossen. In der Rechnung des Sachverständigen schlage sich regelmäßig nieder, was zur Schadensbeseitigung vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung erforderlich sei. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit reiche vor diesem Hintergrund nicht aus, um die die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gelte nur, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergäben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die erforderlichen Aufwendungen nehmen würden. Hierzu genüge es aber nicht, wenn die Honorarrechnung die aus der BVSK-Honorarbefragung folgenden Höchstsätze überschreite. Denn dem Geschädigten müssten diese nicht bekannt sein. Die Klägerin musste auch keine Bedenken dagegen haben, dass ihr der von ihr beauftragte Sachverständige 27 km Fahrstrecke berechnete, nachdem dieser eine Niederlassung unterhält, die weiter als 13,5 km vom Besichtigungsort, der BMW-Niederlassung in Saarlouis, entfernt liegt. Dieser neuestens Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des saarländischen
OLG folgend hält das Amtsgericht Saarlouis im Schätzwege gemäß § 287 ZPO dafür, dass die entstandenen Sachverständigenkosten insgesamt zur Schadensbeseitigung erforderlich waren.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus der Anwendung der §§ 280, 281, 286, 288 BGB, 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu AG Saarlouis verurteilt mit überzeugender Begründung und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken und des BGH den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG zur Zahlung der von der HUK-COBURG gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.11.2015 – 29 C 1383/15 (16) -.

  1. Klaus sagt:

    Hallo, Willi,

    eine interessante Entscheidung, die man immer parat haben sollte.

    H.R.

  2. Franz-Werner B. sagt:

    Hallo Klaus,
    die interessante Entscheidung aus Saarlouis zeigt auch, dass die nachgeordneten Amtsgericte der teilweise unsinnigen Rechtsprechung des LG Saarbrücken Az 13 S 41/13, die jetzt zum 2. Mal dem BGH zur Revision vorliegt, und damit noch nicht rechtskräftig ist, nicht folgt, sondern, zutreffenender Weise, der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken und der Rechtsprechung des BGH folgt.
    Das wird der Präsident der Berufungskammer des LG Saarbrücken nicht gerne hören. Aber was wahr ist, muss auch wahr bleiben.
    Eine schöne Entscheidung eines mutigen und selbstbewußten Amtsrichters.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert