AG Hamburg verurteilt den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten (16 C 161/15 vom 20.05.2016)

Mit Urteil vom 20.05.2016 (16 C 161/15) hat das AG Hamburg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung von gekürzten Sachverständigenkosten in Höhe von 155,32 € zzgl. Zinsen verurteilt. Die ebenfalls geltend gemachten Kosten für eine Halteranfrage wurden nicht zuerkannt. Das Gericht gelangt zu der Auffassung, dass eine erkennbar erhebliche Überschreitung erst dann vorliegt, wenn die Kosten um 100 % überschritten werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Berufung zugelassen wurde. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.

Tatbestand und Urteilsgründe:

Die Parteien streiten um weitere Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Am xx.xx.2015 ereignete sich in Hamburg, …….., ein Verkehrsunfall, bei welchem der PKW mit dem amtl. Kennzeichen xx.xx.xxx, dessen Halter der Beklagte ist, mit dem PKW mit dem amtl. Kennzeichen yy.yy.yyy kollidierte. Letztgenanntes Fahrzeug, das seinerzeit im Eigentum der Frau A, wurde dabei beschädigt. Die vollständige Haftung auch des Beklagten für die der A bei diesem Unfall entstandenen Schäden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger wurde sodann unter dem xx.xx.2015 mit der Erstellung eines Gutachtens über die an dem PKW der A entstandenen Schäden beauftragt, wobei der Auftraggeber mit B zeichnete. Dabei wurde eine Honorarvereinbarung abgeschlossen, zudem wurde der Schadensersatzanspruch der Geschädigten gegen den Beklagten auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe der jeweiligen Gutachterrechnung einschließlich Mehrwertststeuer an den Kläger abgetreten. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage Anlage K1, Bl. 13, Bezug genommen. Der Kläger ermittelte die erforderlichen Reparaturkosten an dem PKW xx.xx.xxx 15.101,43 netto bei einem Wiederbeschaffungswert von EUR 4.750,00 und einem Restwert von EUR 450,00.

Der Kläger stellte der A unter dem xx.xx.2015 seine Leistungen mit einem Betrag von EUR 856,32 brutto (EUR 719,60 netto) in Rechnung. Dabei wurden konkret ein Grundhonorar in Höhe von EUR 596,00, pauschale Fahrtkosten in Höhe von EUR 30,00, Fotokosten in Höhe von EUR 42,90 (erster Lichtbildsatz) bzw. EUR 20,90 (zweiter Lichtbildsatz), Kosten für eine Restwertanfrage in Höhe von EUR 10,00 sowie eine Kommunikationspauschale in Höhe von EUR 19,80 – jeweils Nettowerte – berechnet. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage K4, Bl. 16, Bezug genommen.

Der Kläger meldete die ihm abgetretenen Schadensersatzansprüche bei der Kraftfahrthaftpflichtversicherung des Beklagten zur Regulierung an. Diese zahlte an den Kläger jedoch lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 701,00. Mit Schreiben vom 10.06.2015 lehnte die Versicherung eine weitere Regulierung ab. Auf die Anlage K5, Bl. 17, wird ergänzend Bezug genommen.

Für die Einholung einer Halterauskunft musste der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 5,10 entsprechend dem Gebührenbescheid des LBV Hamburg-Mitte vom 29.07.2015, Anlage K6, Bl. 18, aufwenden.

Der Kläger betrieb gegen den Beklagten hinsichtlich der von ihm berechneten Sachverständigenkosten das Mahnverfahren; der Mahnbescheid, gegen den der Beklagte Widerspruch erhob, wurde diesem am 12.08.2015 zugestellt.

Der Kläger trägt vor, dass durch Vorlage der von ihm erstellten Rechnung die Erforderlichkeit dieser Kosten als Schadensposition nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung indiziert wäre. Ein Verstoß der Zedentin gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht sei nicht dargelegt.

Die Zedentin hätte ihrer Tochter, B, eine notarielle Generalvollmacht erteilt, sie in allen Angelegenheiten zu vertreten. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage K7, Bl. 60, Bezug genommen. Frau B habe ihren Nachnamen später in C geändert, insoweit wird auf die Anlage K8, Bl. 63, Bezug genommen. Frau B habe alsBevollmächtigte der Frau A den Sachverständigenauftrag erteilt und die Abtretung erklärt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 155,32 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2015 sowie 5,10 € für die erforderliche Einholung einer Halteranfrage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass die vom Kläger begehrten Gebühren erheblich überhöht und unangemessen seien. Die ortsübliche und angemessen Vergütung würde lediglich EUR 520,00 brutto inkl. aller Nebenkosten betragen. Die Überhöhung des Honorars würde sich auch daraus ergeben, dass ein offensichtlicher Totalschaden vorgelegen habe, auf Grund dessen die Kalkulation von Reparaturkosten nicht erforderlich gewesen wäre. Die Fotokosten seien exorbitant erhöht, Schreibkosten und Fotokosten könnten auch schon deshalb nicht begehrt werden, da diese Kosten bereits im Rahmen der Erfüllung der Hauptleistungspflicht – der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens – anfallen würden.

Die Kosten für eine „Restwertanfrage regional“ seien nicht erstattungsfähig, auch nicht nach der BVSK-Honorarvereinbarung. Die Berechnung von Pauschalen für Fahrt- und Telefoniekosten sei nicht nachvollziehbar.

Im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten für eine Halteranfrage würde ein Verstoß gegen § 305c BGB sowie gegen das RDG vorliegen. Dem Kläger sei angesichts der Anlagen K1 und K4 die Versicherung des Beklagten auch namentlich bekannt gewesen, er hätte seine Anspruch nach Auffassung des Beklagten dort anmelden oder den Fahrer in Anspruch nehmen können. Warum er es dann vorziehe, den Halter in Anspruch zu nehmen, erschließe sich nicht.

Ansprüche seien zunächst nur gegen die HUK-Coburg als Versicherer des Beklagten angemeldet worden, nicht gegen diesen selbst. Deshalb müsse sich der Beklagte deren Verhalten auch nicht zurechnen lassen.

Nachdem der Beklagte zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt hat, hält er dieses Bestreiten zuletzt nicht mehr aufrecht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

1) Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 155,32 aus §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 und 2 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249, 398 BGB. Unstreitig ist der Beklagte als Halter des den Unfall vom xx.xx.2015 in Hamburg verursachenden Kfz mit dem amtl. Kennzeichen yy.yy.yyy für die der Zedentin A dabei entstandenen Schäden dem Grunde nach voll einstandspflichtig.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf vollständigen Ersatz der Kosten des von ihm in Auftrag der A zur Schadensermittlung gefertigte Gutachten vom xx.xx.2015 in Höhe von EUR 856,32 brutto (EUR 719,60 netto) entsprechend der Rechnung vom xx.xx.2015, (Anlage K4.BI. 16).

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass ausweislich der vom Kläger vorgelegten Anlage K 1, Bl. 13 f., zwischen ihm und der Frau A, diese vertreten durch ihre Bevollmächtigte B, eine Honorarvereinbarung zustande gekommen ist, weshalb für die Frage der Höhe der Vergütung nicht auf § 632 Abs. 2 BGB zurückzugreifen ist.

Der Kläger hat der A für seine Leistungen einen Betrag in Höhe von EUR 856,32 brutto (EUR 719,60 netto) in Rechnung gestellt, von dem die Kraftfahrhaftpflichtversicherung des Beklagten nur einen Teilbetrag von EUR 701,00 erstattet hat, so dass noch EUR 155,32 offen sind. Diesen Betrag kann der Kläger von dem Beklagten als weiteren Schadensersatz beanspruchen. Im Einzelnen:

Die Sachverständigenkosten stellen grundsätzlich einen erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist erstattungsfähig (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06). Angesichts des unfallbedingten Wiederbeschaffungsaufwandes, welcher der Honorarberechnung zulässigerweise zu Grunde gelegt wird, kommt es damit nicht darauf an, ob eine Reparaturkostenkalkulation vorzunehmen war oder nicht.

Sofern bei Vertragsschluss eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet wird, kommt es für die Frage der Erstattungspflicht darauf an, ob das Entgelt „deutlich erkennbar“ (so BGH, NJW 2014, 1947, 1948) bzw. „erkennbar erheblich“ (so BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den üblichen Preisen liegt. Dabei ist nach zutreffender Auffassung nicht auf Einzelpositionen (wie den von dem Beklagten beanstandeten Nebenkosten in Form von Auslagen etwa für Fahrtkosten, Fotokosten und eine Kommunikationspauschale ) abzustellen, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei welcher es auf den Rechnungsendbetrag ankommt. Dieser Wert ist mit der ortsüblichen Vergütung zu vergleichen, welche das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO anhand der BVSK-Honorarbefragung 2013 (Mittelwert des HB-V-Korridors) ermittelt. Diese beträgt bei einem Wiederbeschaffungswert für das Zedenten-Fahrzeug von EUR 4.750,00 EUR 545,50 netto bzw. EUR 649,15 brutto. Das vom Kläger in Rechnung gestellte Honorar von EUR 719,60 netto bzw. EUR 856,32 brutto liegt zwar deutlich, nämlich ca. 32 %, über der so ermittelten ortsüblichen Vergütung; diese Überhöhung ist jedoch noch nicht „deutlich erkennbar“ bzw. es handelt sich nicht um eine „erkennbar erheblich“ überhöhte Honorarforderung. Eine solche ist für den Laien, auf dessen Horizont abzustellen, erst ab einer Überhöhung von 100 % oder mehr erkennbar.

Auf eine gesonderte Beauftragung von Leistungen, für welche der Sachverständige Nebenkosten berechnet, kommt es nicht an. Diese Nebenkosten fallen nach der gewählten vertraglichen Konstruktion (Honorarberechnung im Rahmen einer Mischkalkulation) bei der Durchführung des Auftrags zur Gutachtenerstellung zwingend an. Der Auftraggeber hat insoweit kein Wahlrecht, welche Nebenleistungen er denn nun in Anspruch nehmen möchte und welche nicht.

2)   Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1 288 Abs. 1 BGB. Das Schreiben der
Kraftfahrhaftpflichtversicherung des Beklagten wie Anlage K5 stellt schon keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB da. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind hohe Anforderungen zu stellen; diese muss quasi „das letzte Wort“ des Schuldners darstellen. Hier wird in dem Schreiben zwar ausführlich begründet, warum eine Teilregulierung erfolgt; dass die Kraftfahrhaftpflichtversicherung unter keinen Umständen weitere Zahlungen leisten wird, lässt sich dem Schreiben indes nicht entnehmen. Damit können Zinsen erst ab Zustellung des Mahnbescheides, mithin ab dem 13.08.2015, begehrt werden.

3)  Die Klage ist abzuweisen, soweit mit ihr Kosten für eine vom Kläger in Auftrag gegebene Halteranfrage geltend gemacht werden. Da der Zedentin unfallbedingt solche Kosten nicht entstanden sind, sondern erst durch den Kläger verursacht wurden, konnte sie einen entsprechenden Anspruch auch nicht abtreten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Die Berufung wird zugelassen. Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 511 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 ZPO kommt einer Sache dann zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder noch nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. etwa BGHZ 154, 288 ff.).

Dies ist bei der Frage, in welcher Höhe Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall zu erstatten sind, der Fall.

Soweit das AG Hamburg.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu AG Hamburg verurteilt den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten (16 C 161/15 vom 20.05.2016)

  1. Alligator sagt:

    Hallo, Babelfisch,

    die Gelegenheit, die Berufung wahrzunehmen, wird sich die HUK-Coburg wahrscheinlich nicht entgehen lassen. Wäre vielleicht sogar sinnvoll. Was ein Urteil so alles hergeben kann bezüglich der Schematik/Strategie der Infragestellungen habe ich nachfolgend noch einma zusammengefaßt.

    Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Er trägt vor, dass die vom Kläger begehrten Gebühren „erheblich überhöht“ und „unangemessen“ seien.
    (Da es keine Gebühren gibt, muss man in der Begriffsverwendung“Gebühren“ wohl auch hier wieder einen Täuschungsversuch sehen. Was als „erheblich überhöht“ ggf. angesehen werden könnte, hat hier das Gericht jedoch souverän der Schädigerseite aufgezeigt. „Unangemessen“? Da fällt mir nur das Schadenmanagement ein und ein nach Lage der Rechtsssprechung bis heute ein immer wieder abgewandelter Text in den bekannten Kürzungsschreiben der HUK-Coburg Versicherungsgruppe mit Unterzeichnung durch ein anonymes Schadenteam, wer immer das sein mag.)

    Die „ortsübliche“ und „angemessene“ Vergütung würde lediglich EUR 520,00 brutto inkl. aller Nebenkosten betragen. (Gemeint ist damit wohl der Abgriff nach dem hauseigenen HUK-COBURG Tableau.
    Als „ortsüblich“ ist nur die fächendeckende rechtwidrige Kürzungspraxis existent oder glauben die Coburger Strategen tatsächlich, dass mehr als 90% der qualifizierten und unabhängigen Kfz.-Sachverständigen so „erheblich überhöht“ abrechnen würden, wie diese Versicherung es mit deutlich zunehmender Dreistigkeit stereotyp behauptet, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls zu respektieren? Qualifizierte und versicherungsunabhängige Kfz.-Sachverständige erstellen erstellen überdies keine Routinegutachten; vielleicht daher der verfehlte Gebrauch des Begriffs „Gebühren“? Um aber beim Begriff „angemessen“ noch zu verbleiben. „Angemessen“ wäre es in den inzwischen zahlreichen Fällen, wo der Versicherungsnehmer als Schädiger in die Pflicht genommen wird, diesem die volle Wahrheit mitzuteilen und diesem als Kunden nicht zu verschweigen, dass er trotz aller sonstigen Zusicherungen, Versprechungen und falschen Informationen damit zu rechnen hat, dass er trotzdem verklagt und sehr wahrscheinlich verurteilt wird. Ich habe bisher in solchen Fällen noch von keinem Versicherungsnehmer erfahren, das ihm seine Versicherung oder deren Rechtsanwälte eine Urteilsabschrift zur Verfügung gestellt hätte. Warum ist das wohl so? Unredlich informiert (Informationsunterdrücken), belogen und als Kanonenfutter im Prozeßfall missbraucht (Obliegenheitsverletzung?) ohne dies ex post eingestehen zu wollen.)

    Die „Überhöhung des Honorars“ würde sich auch daraus ergeben, dass ein offensichtlicher Totalschaden vorgelegen habe, auf Grund dessen die Kalkulation von Reparaturkosten nicht erforderlich gewesen wäre.
    ( Noch nie davon gehört, dass Restwertanbieter u.a. auch die Reparaturerfordernisse und den Kostenbedarf wissen möchten? Das sind dann freilich auch keine Routinegutachten, sondern „XXL-Gutachten“, denn auch die maßgebliche regionale Einholung von Restwertangeboten ist verbunden mit einem zusätzlichen Zeitaufwand von mindestens 0,5 Std. Was ist denn nun gemeint,
    a.) Nichterforderlichkeit oder
    b) Überhöhung ?
    Beides ist indes nicht das gleiche und wenn in Kürzungsschreiben zunächst von einer Nichterforderlichkeit die Rede ist, dann muss es schon mehr als verwundern, wenn dann daraus im Prozeßfall eine exorbitante Überhöhung wird. Die disziplinlose Begriffsverwendung spricht für sich.)

    Die Fotokosten seien „exorbitant erhöht“, Schreibkosten und Fotokosten könnten auch schon deshalb nicht begehrt werden, da diese Kosten bereits im Rahmen der Erfüllung der Hauptleistungspflicht – der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens – anfallen würden.
    (Das hatten wir doch schon dem Vergleich mit Passfotopreisen und der dazu aufgeworfenen Frage, von welcher Fotogröße und von welcher Fotoqualität wir eigentlich (werkvertraglich!) hier eigentlich reden? Diese Antwort ist die Beklagtenseite übrigens bis heute schuldig geblieben, weil sie dauf keine findet, denn 4 Passfotos als Sonderangebot werden im Fachgeschäft schon offeriert als Sonderangebot zu einem Preis von AB 9,99 €, das sind pro Passfoto mit immer gleichem Motiv rund 2,50 €, egal ob Ausfertigung 1,2,3 oder 4.
    Die Beklagtenseite ignoriert weiter beharrlich, dass individuell anfallende Schreibkosten eine Sekretariatsleistung darstellen, oder tippt etwa der Vorstand der HUK-Coburg Vers. seine Briefe selber ? Wenn nicht, weiß er sehr genau, was eine qualifizierte und berufserfahrene Allroundsekretärin mit Fingerspitzengefühl kostet, wenn auch die Kürzungsschreiben der HUK-Coburg das nicht verdeutlichen.)

    Die Kosten für eine „Restwertanfrage regional“ seien „nicht erstattungsfähig“, auch nicht nach der BVSK-Honorarvereinbarung. (Die Vorstellung von der Nichterstattungs“fähigkeit“ hat bei der Huk-Coburg Versicherungsgruppe absolute Priorität. Wie wäre es denn, wenn man sich einmal der gesetzlich geregelten Erstattungsverpflichtung mit dem dazu gebotenen Sachverstand intensiver widmen würde?)

    Die Berechnung von Pauschalen für Fahrt- und Telefonkosten sei „nicht nachvollziehbar“.
    ( Da kommt aber nun bis aufs letzte i-Tüpfelchen alles durcheinander! Seit wann werden Pauchalen den berechnet?
    Das Wesen einer Pauschale ist es aber gerade gewisse Sätze für alle Fälle mit einem bestimmten Satz X zu belegen, damit nicht ein Einzelfallnachweis in jedem Fall geführt werden Muss. Die Schadensabwicklung nach Pauschalen ist in der Rechtsprechung anerkannt. Auch für die unfallbeteiligte Partei gibt es z.B. die allgemeine Unkostenpauschale.

    Somit ist es auch unbeachtlich, dass die Beklagtenpartei die einzelnen Kostenpositionen für überhöht erachtet. Mag im Zeitalter von Flatrates die Kosten gesunken sein, so bleibt doch der Charakter einer Pauschale derjenige, dass sie pauschal erhoben wird, egal ob im Einzelfall überhaupt tatsächlich telefoniert werden musste oder nicht.)

    Im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten für eine Halteranfrage würde ein Verstoß gegen § 305c BGB sowie gegen das RDG vorliegen. Dem Kläger sei angesichts der Anlagen K1 und K4 die Versicherung des Beklagten auch namentlich bekannt gewesen, er hätte seine Anspruch nach Auffassung des Beklagten dort anmelden oder den Fahrer in Anspruch nehmen können. Warum er es dann vorziehe, den Halter in Anspruch zu nehmen, erschließe sich nicht.
    ( Ja, da liegt das ganze Unbehagen der Beklagtenseite begraben, denn bei dieser Wahlmöglichkeit erfährt der Versichherer als Schädiger, wie seine so „preisgünstige“ Versicherung mit seinen persönlichen Belangen umgeht und nach dem Gesetz nicht korrekt bzw. vollständig reguliert.
    Die letzte Frage lässt sich auch wahrheitsgemäß dahingehend beantworten, dass der Halter als Schädiger bevorzugt deshalb in die Verpflichtung genommen wird, weil seine Versicherung in jedweder Hinsicht berechtigte Schadenersatzansprüche rechtswidrig gekürzt hat und auch weiterhin kürzen wird. Er ist Bestandteil der verpflichteten Risikogemeinschaft und kann nach Vorlage des Urteils die vielleicht notwendigen Konsequenzen daraus ziehen.)

    Ansprüche seien zunächst nur gegen die HUK-Coburg als Versicherer des Beklagten angemeldet worden, nicht gegen diesen selbst. Deshalb müsse sich der Beklagte deren Verhalten auch nicht zurechnen lassen.
    Nachdem der Beklagte zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin gerügt hat, hält er dieses Bestreiten zuletzt nicht mehr aufrecht.

    Alligator

  2. Uta v. L sagt:

    @ Babelfisch
    ein interessantes und glasklares Urteil in logischer Abfolge der schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten Gedankengänge. Besondere Aufmerksamkeit verdienen folgende Hinweise aus den Entscheidungsgründen:

    „Das vom Kläger in Rechnung gestellte Honorar von EUR 719,60 netto bzw. EUR 856,32 brutto liegt zwar deutlich, nämlich ca. 32 %, über der so ermittelten ortsüblichen Vergütung; diese Überhöhung ist jedoch noch nicht „deutlich erkennbar“ bzw. es handelt sich nicht um eine „erkennbar erheblich“ überhöhte Honorarforderung. Eine solche ist für den Laien, auf dessen Horizont abzustellen, erst ab einer Überhöhung von 100 % oder mehr erkennbar.

    Auf eine gesonderte Beauftragung von Leistungen, für welche der Sachverständige Nebenkosten berechnet, kommt es nicht an. Diese Nebenkosten fallen nach der gewählten vertraglichen Konstruktion (Honorarberechnung im Rahmen einer Mischkalkulation) bei der Durchführung des Auftrags zur Gutachtenerstellung zwingend an. Der Auftraggeber hat insoweit kein Wahlrecht, welche Nebenleistungen er denn nun in Anspruch nehmen möchte und welche nicht.“

    Was erkennt man weiter daraus: Durchschnittswerte, so es denn solche überhaupt sind, haben nichts mit Schadenersatz zu tun und überdies war auch hier das gesamte pauschale Vorbringen der Beklagten mit Bezugnahme auf das hauseigene unüberprüfbare Honorartableau unerheblich und deshalb gerichtsseitig nicht zu würdigen.
    Uta v. L

  3. HUK-Drohne sagt:

    Hallo, sehr verehrte Leserinnen und Leser ,
    ob diese Richterin oder dieser Richter zielgerichtet die Berufung zugelassen hat? Wenn man weiß, welchen Müll die HUK-Coburg bereits in ihren Kürzungsschreiben textbausteinmäßig zusammengetragen hat, wäre die Vermutung nicht verfehlt.-
    Da beruft sich diese Versicherung in der offensichen Absicht einer Täuschung auf 2 BGH-Urteile, verfremdet teilweise die aus den Entscheidungsgründen präsentierten Passagen und lässt im beurteilungsrelevanten Zusammenhang schadenersatzrechtlich relevante Überlegungen einfach mal weg, so auch das BGH-Urteil des VI. Zivilsenats vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 -. Als eine raffinierte Mogelpackung betitelte ein Rechtsanwalt aus NRW dieses Schriftstück mit überzeugender Argumentation und erreichte damit immerhin eine Regulierung der zunächst rechtswidrig versuchten Honorarkürzung, wenn auch „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“.

    Da wäre dann aber auch noch das BGH-Urteil vom 15.09.2015 – (VI ZR 475/14) nicht zu vergessen, nach dem zu beachten ist:

    Liegt der Rechnung eine Vergütungsvereinbarung zugrunde, ist es „grundätzlich“ nicht Aufgabe der Zivilgerichte bei entsprechender Marktkonstellation im Rahmen der Erforderlichkeit eine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der vereinbarten Preise vorzunehmen.

    Prüft mal bitte selbst, was uns da seitens der HUK-Coburg für ein Hokuspokus verkauft werden soll und zwar den Unfallopfern, den von diesen beauftragten Sachverständigen und Rechtsanwälten und letztlich auch den Gerichten. Deshalb empfiehlt es sich, bei allen Klagen – auch gegen den Schädiger – zunächst einmal ausführlich das HUK-Coburg Kürzungsschreiben zu beleuchten, weil sich so dann auch die hierzu gewählte Anonymität an Stelle einer Unterschrift, umschrieben mit „Ihr Schaden-Team“, verständlicher darstellt. Keiner will sich für diesen Mist verantwortlich zeigen und ggf. strafrechtlich belangt werden.

    HUK-Drohne

  4. BVSK-Abtrünniger sagt:

    @HUK-Drohne

    danke für die Hinweise. Eine schöne Zusammenfassung, die keiner weiteren Kommentierung bedarf, wohl aber der praktischen Umsetzung.

    BVSK-Abtrünniger

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