AG St. Ingbert verurteilt mit nicht nachvollziehbarer Begründung den bei der HUK-COBURG versicherten Unfallverursacher zur Zahlung restlichen, abgetretenen Schadensersatzes mit Urteil vom 29.6.2016 – 9 C 121/16 (12) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Frankfurt geht es wieder zurück nach St. Ingbert im Saarland. Nachfolgend veröffentlichen wir für Euch hier ein Urteil des AG St. Ingbert zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den bei der HUK-COBURG Versicherten. Mit Schadensersatz hat das Urteil dann zwar nichts zu tun, denn es wird, wie es die Berufungskammer des LG Saarbrücken vorgemacht hat, die Angemessenheit der Nebenkosten nach JVEG geprüft.

„Zwar gilt das JVEG grundsätzlich nur für gerichtliche und nicht auch für private Sachverständige. Dennoch kann nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit von Nebenkosten auch bei privaten Sachverständigen auf das JVEG zurückgegriffen werden.“

Das ist ein Widerspruch in sich und hätte dem erkennenden Gericht eigentlich auffallen müssen. Geht zwar grundsätzlich nicht, geht aber dann doch. Eigentlich vollkommen logisch, oder? Lest selbst das Urteil, dessen Urteilsgründe nicht nachvollziehbar sind, selbst und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

9 C121/16(12)                                                                                      Verkündet am 29.06.2016

Amtsgericht St. Ingbert

U r t e i l

I m   N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

… ,

gegen

VN der HUK,

Beklagter

hat das Amtsgericht St. Ingbert durch den Richter M. im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 23.06.2016 am 29.06.2016 für Recht erkannt:

I.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 120 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.11.2012 zu
zahlen.

II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Kosten des Sachverständigen für ein Verkehrsunfallgutachten.

Der Beklagte hatte einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem das Fahrzeug des Unfallgegners beschädigt wurde. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass den Beklagten die alleinige Schuld am Unfall trifft. Der Geschädigte beauftragte die Klägerin mit der Erstattung eines Kfz-Schadensgutachtens, für das dieser Kosten in Höhe von 966,77 EUR geltend machte. Der Geschädigte trat seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall bzgl. des Sachverständigengutachtens an die Klägerin ab. Die Versicherung des Beklagten regulierte die geltend gemachten Sachverständigenkosten jedoch nur in Höhe von 689,00 EUR inklusive Mehrwertsteuer. Die Parteien streiten daher über die Angemessenheit der Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten, wobei die Klägerin nur einen Teil der geltend gemachten Kosten verlangt. Die Klägerin rechnete auf zwei verschiedene Arten ab und stützt ihr Begehren auf eine Rechnung vom 08.11.2012 in der Form ihres Schriftsatzes vom 04.05.2016, in welcher sie ihre Forderung konkretisierte und wonach sie Sachverständigenkosten in Höhe von 815, 32 EUR geltend macht und zwar

Grundhonorar                                                                             541,00 EUR
2 x Fahrtkosten in Höhe von 26 km x 0,70 EUR, insgesamt          36,40 EUR
Fotokosten 1 Fotosatz von 1 x 8 Fotos á 2,40 EUR, insgesamt    19,20 EUR
Fotokosten 2. Fotosatz von 1 x 8 Fotos á 0,60 EUR, insgesamt     4,80 EUR
Schreibkosten von 1 x 10 Stück á 1,68 EUR, insgesamt                16,80 EUR
2 Kopien Gutachten 2×10 Stück á 0,60 EUR, insgesamt               12,00 EUR
Porto und Telefon                                                                          15,00 EUR
EDV Abrufgebühren 2 x 20 EUR, insgesamt                                   40,00 EUR

Am 07.12.2015 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids, welcher am 08.12.2015 erlassen und dem Beklagten am 10.12.2015 zugestellt wurde. Hiergegen legte der Beklagte am 15.12.2015 Widerspruch ein.

Die Klägerin behauptet:

die geltend gemachten Kosten seien der Höhe nach nicht unangemessen. Diese orientierten sich wie allgemein üblich an der Schadenshöhe. Sie habe sich hinsichtlich der Ausgangsrechnung an den Rahmen gehalten, der von der Rechtsprechung des OLG Saarbrücken, des LG Zweibrücken und des BGH vorgegeben sei, begehre aber nur den Teil der Sachverständigenkosten, die sie mit vergleichsweiser Rechnung vom 08.11.2012 geltend gemacht habe. Diese orientiere sich an dem vom Landgericht Saarbrücken vorgegebenen Rahmen, wobei ihrer Auffassung nach diese Rechtsprechung der BGH Rechtsprechung zu widerlaufe. Sie stütze ihre Klage dennoch nur auf die Rechnung vom 08.11.2012, von der sie einen Betrag von 120 EUR geltend mache, welcher die Untergrenze für das angemessene Sachverständigenhonorar darstelle. Grundsätzlich seien ihrer Auffassung nach Sachverständigenhonorare generell nicht überprüfbar.

Die Klägerin beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 120,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 23.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung seien die geltend gemachten Kosten übersetzt. So habe auch der BGH entschieden, dass der vom Geschädigten aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch sein muss, insbesondere nicht, wenn die mit dem Sachverständigen vereinbarten Preise erheblich über den üblichen Preisen lägen. Dies sei vorliegend aber der Fall.

So sei bereits das Grundhonorar deutlich überzogen, da ein derartiges Gutachten bereits nach einem Zeitaufwand von 1 1/2 Stunden erstellt werden könne. Ebenso seien die Kopierkosten als auch die Ausdruckkosten übersetzt.

Auch die Bild Kosten von 2,0 EUR pro Bild seien völlig überhöht, ebenso wie die geltend gemachten 0,70 EUR pro gefahrenen Kilometer. Letztlich sei auch die Pauschale für Telefonkosten in Höhe von 21,05 EUR völlig übersetzt und nicht zu regulieren. Auch die Schreibkosten seien erkennbar überhöht.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gem. §§ 7 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB zu.

1.
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 20 StVG, da sich Verkehrsunfall in St lngbert ereignete.

2.
Es handelt sich nach Auffassung des Gerichts auch nicht um eine unzulässige Teilklage. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 04.05.2016 ihre Forderung nach Auffassung des Gerichts hinreichend konkretisiert.

Eine besondere Aufteilung, wie sich der eingeklagte Betrag auf einzelne Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche bis zu der geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen ist nicht erforderlich, wenn ein Teil eines einheitlichen Schadens geltend gemacht wird (BGH NZG 2012, 711 Rn. 12), auch wenn dieser mehrere unselbständige Rechnungsposten umfasst (BGH NJW 2000, 3718 (3719). Die Klägerin begehrt hier den Ersatz von Sachverständigenkosten. Diese stellen nach Auffassung des Gerichts einen einheitlichen Schaden dar und umfassen lediglich mehrere unselbstständige Rechnungsposten.

II.

Die Klage ist auch begründet.

1.
Insbesondere wurde der Klägerin der Anspruch durch den Unfailgeschädigten wirksam abgetreten.

Eine wirksame Abtretung nach § 398 BGB setzt zunächst voraus, dass die abzutretende Forderung hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (vgl. BGHZ 7, 365; BGH, Urteil vom 12, Oktober 1999 – XI ZR 24/99, ZIP 1999, 2058; Beschluss vom 19. März 2009 – IX ZR 39/08, ZIP 2009, 817 f., LG Saarbrücken – Urteil vom 15.10.2010 – 13 S 68/10).

Dabei müssen Gegenstand und Umfang der Forderung, die Person des Schuldners und erforderlichenfalls auch der Rechtsgrund im Wege der Auslegung so genau zu bestimmbar sein, dass feststeht, wer Inhaber der jeweiligen Forderung ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1965 – VIII ZR 265/63, (MDR 1966, 47; OLG Hamburg, NJW-RR 1999, 1316-1318; OLG Köln OLGR 2005, 168-169).

Sofern nur ein Teil aus einer Gesamtforderung abgetreten wird, muss die Abtretung derart individualisiert sein, dass für den Schuldner bestimmbar ist, auf welche Forderungen oder Teilforderungen sich die Abtretung beziehen soll (vgl. RGZ 98, 202; BGH, Urteil vom 27. Mai 1968 – VIII ZR 137/66, WarnR 1968, 165; BGH, Urteil vom 2. April 1970 – VII ZR 153/68, WM 1970, 848; Beschluss vom 15. Oktober 2009 – IX ZR 170/07). Daran fehlt es insbesondere, wenn ein nur summenmäßig bestimmter oder bestimmbarer Teil der Forderungsgesamthert abgetreten wird. Denn in diesem Falle ist nicht erkennbar, von welcher oder welchen der mehreren Forderungen ein Teil abgetreten ist (BGH, Urteil vom 18. Februar 1965 – II ZR 166/62, WM 1965, 562;).

Im vorliegenden Fall genügt die Abtretung den zuvor dargelegten Grundsätzen. Aus der Abtretungserklärung vom 10.112012 ergibt sich eindeutig, dass nur die Sachverständigenkosten inklusive Mehrwertsteuer an die Klägerin abgetreten werden sollten, so dass für den Beklagten hinreichend bestimmbar war, welcher Teil des Gesamtanspruchs des Geschädigten aus dem Verkehrsunfall an die Klägerin abgetreten worden ist.

2.
Die Abtretung ist auch nicht gem. §§ 3, 5 Abs. 1 RDG unzulässig. Zwar stellt die Geltendmachung des Unfallschadens im Umfang der Sachverständigenkosten die Erbringung einer Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG dar, weil sie eine Einziehungstätigkeit zum Gegenstand hat, die sich auf streitige Ansprüche (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 47; Römermann in: Grunewald/Römermann, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, § 2 RDG, Rdn, 69 ff.; Sabel NZV 2008, 6, 10). Sie stellt jedoch eine nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubte Tätigkeit dar. Gem. § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Um eine solche Nebenleistung handelt es sich im vorliegenden Fall, da die Geltendmachung von Sachverständigenkosten bei der Unfallschadenregulierung bereits in der Gesetzesbegründung als Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit namentlich genannt wird (BT-Drs. 16/3655, S. 53; LG Saarbrücken – Urteil vom 15.10.2010 – 13 S 68/10).

3.
Die Klage ist auch der Höhe nach begründet.

a)
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13) kann der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenhöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und vom Schädiger nach § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Erforderlich sind dabei diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde, so dass der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung wählen muss (BGH aaO.).

Der Geschädigte ist allerdings nicht verpflichtet, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte, weil nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zusteht. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH aaO). Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (vgl. BGH Urteil vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn. 18 mwN). Er ist nicht verpflichtet Marktforschung zu betreiben und den für den Schädiger kostengünstigsten Sachverständigen auszuwählen.

Der Geschädigte genügt dabei seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen und kann grundsätzlich diese Kosten als Schaden i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geltend machen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014 – 4 U 61/13). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW-Spezial 2014, 169, juris Rdn. 9 m. w. N.; BGH, Urt v. 15.10.2013 VI ZR 528/12, juris Rdn. 19 m.w. M). Deshalb reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung nicht aus, um die geltend gemacht Schadenshöhe in Frage zu stellen.

Diesen Grundsätzen folgend ergibt sich für den vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts folgendes:

Soweit der Beklagte bereits das Grundhonorar der Klägerin für übersetzt ansieht, vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anschließen.

Nach allgemeiner Auffassung kann hinsichtlich der Angemessenheit des Grundhonorars von Sachverständigen als Schätzungsgrundlage die BVSK Honorarbefragung herangezogen werden. Der Geschädigte darf jedenfalls dann von der Erforderlichkeit des angefallenen „Grundhonorars“ ausgehen, wenn es sich innerhalb des jeweils einschlägigen Honorarkorridors HB V der BVSK-Honorarbefragung bewegt (LG Saarbrücken, Urt. v. 10.2. 2012 -13 S 98/10). Der von der Klägerin als Grundhonorar veranschlagte Betrag von 541, 00 EUR liegt im Rahmen der BVSK Honorarbefragung 2012, die für den Unfall maßgebend ist. Dort wird für einen Nettoreparaturschaden bis 4.500 EUR ein Honorarkorridor von 425 EUR – 567 EUR veranschlagt. Der unstreitige Nettoreparaturschaden betrug 4.522,38 EUR, so dass sich die Klägerin mit dem von ihr verlangten Grundhonorar in Höhe von 541 EUR in diesem Rahmen bewegt. Das Grundhonorar war daher für den Geschädigten nicht erkennbar überhöht und ist daher nicht zu beanstanden.

b)
Im Hinblick auf die beanstandeten Nebenkosten gilt zunächst Folgendes:

Maßstab für eine Überhöhung der Nebenkosten ist zunächst die eigene Einschätzung des Geschädigten von den bei der Begutachtung zu erwartenden Aufwendungen. Ungeachtet der Berechnung durch den Sachverständigen hat der Geschädigte im Rahmen der Schadensminderungspflicht bzw. des Wirtschaftlichkeitsgebots eine Plausibilitätskontroile durchzuführen (LG Saarbrücken Urteil vom 19.12.2014 – 13 S 41/13). Im Hinblick auf die Angemessenheit der Nebenkosten kann hierzu als Orientierungshilfe das JVEG herangezogen werden (LG Saarbrücken aaO.).

Zwar gilt das JVEG grundsätzlich nur für gerichtliche und nicht auch für private Sachverständige. Dennoch kann nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit von Nebenkosten auch bei privaten Sachverständigen auf das JVEG zurückgegriffen werden. Denn wenn schon ein gerichtlich bestellter Gutachter, der gegenüber dem Privatgutachter aufgrund gerichtlichen Bestellung nur im Wege der Amtshaftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet, für gewisse Nebenkosten die im JVEG ausgeworfenen Beträge verlangen kann, muss dies nach Auffassung des Gerichts erst recht für den privaten Gutachter gelten, der seinem Auftraggeber aus Vertrag und Delikt auch für fahrlässiges Verhalten haftet. Des Weiteren beruht die Festlegung der Nebenkostenvergütung von Sachverständigen im JVEG auf einer breiten rechtstatsächlichen Untersuchung, die nicht nur die Nebenkosten gerichtlicher Sachverständiger, sondern vor allem auch die privater Sachverständiger ermittelt hat (LG Saarbrücken aaO., vgl. Hommerich/Reiß, Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, Evaluation und Marktanalyse, hrsg, vom Bundesmrnisterium der Justiz, 2010).

Die Regelungen des JVEG bilden allerdings nicht nur einen Maßstab zur Bestimmung dessen, was zur Vergütung von Nebenkosten eines Sachverständigen angemessen erscheint. Da sie für jedermann mühelos zugänglich sind, bilden sie zugleich einen Rahmen dafür, welche Nebenkosten für einen Geschädigten im Einzelfall erkennbar überhöht sind (LG Saarbrücken, aaO.). Erkennbar überhöht sind die Nebenkosten dabei dann, wenn sie die im JVEG veranschlagten Beträge um 20 % überschreiten.

c)
Für den hiesigen Fall folgt daraus Folgendes:

aa)
Das JVEG sieht in § 12 bzgl. der Kosten für Fotos im Gutachten einen Betrag von 2,00 EUR pro Foto vor, für den 2. Fotosatz einen Betrag 0,50 EUR pro Foto. Die von der Klägerin verlangten Fotokosten in Höhe von 2,40 EUR für den ersten Fotosatz und 0,60 EUR für den zweiten Fotosatz bewegen sich daher im vom LG Saarbrücken vorgegebenen Rahmen, und überschreiten die im JVG veranschlagten Kosten um nicht mehr als 20 %, so dass die Beträge i.S.d. der Rechtsprechung des LG Saarbrücken angemessen sind (LG Saarbrücken, aaO.).

bb)
Für den Originalausdruck ist nach der Rechtsprechung des LG Saarbrücken ein Betrag von 1,40 EUR pro Seite angemessen, für die Kopie des Gutachtens ein Betrag von 0,50 EUR pro Seite (LG Saarbrücken aaO.). Auch hier bewegen sich die von der Klägerin verlangten Kosten im vorgegebenen Rahmen von JVEG Kosten + 20 % und sind daher angemessen und entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erkennbar überhöht.

cc)
Für Versand- Porto und Telefonkosten kann ein Sachverständiger grundsätzlich eine Pauschalgebühr verlangen, die sich den hier verlangten 15 EUR im angemessenen Rahmen bewegt (LG Saarbrücken aaOT).

dd)
Auch die EDV-Abrufgebühren sind aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten als erforderlich anzusehen, sofern sie tatsächlich angefallen sind (LG Saarbrücken aaO.). Hier hat die Klägerin den Betrag für die EDV Abrufgebühren in ihrer Rechnung ausgewiesen und einen entsprechenden Nachweis, dass diese tatsächlich angefallen sind. Insofern sind diese von der Beklagten zu ersetzen.

Eine Ausnahme gilt allerdings bei der Beurteilung von Fahrtkosten eines Sachverständigen, denn anders als die übrigen Nebenkosten orientiert sich die Regelung über die Fahrtkosten in § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 JVEG, wonach lediglich 0,30 € pro km vorgesehen sind, nicht an den tatsachlich entstandenen Kosten, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge (BT-Drs. 15/1971, S. 177, 232). Tatsächlich dürften die Fahrtkosten der Kfz-Sachverständigen im Mittel bei 0,60 € liegen (Hommerich/Reiß aaO S, 423), wobei die Kammer entsprechend ihrer – vom Revisionsgericht nicht beanstandeten – Schätzung anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentebellen (etwa der ADAC-Autokostentabelle, vgl. http://www. adac.de/jrimm/pdf/autokostenuebersicht_a-d_47086.pdf; vgl. auch Schwacke, www.carcostexpert.com/de, auszugsweise abgedruckt in BILD vom 04.01.2012, S. 4) einen Kilometersatz bis zu 0,70 € als noch erforderlich angesehen hat. Dass solche Listen und Tabellen – entgegen der Auffassung des Klägers – bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. nur Urt. v. 02.02.2010 – VI ZR 7/09, ZfS 2010, 561; v. 18.12.2012 – VI ZR 316/11, NJW2013, 1539, jew. mwN.).

Auch hier bewegt sich die Klägerin im entsprechenden Rahmen, so dass die geltend gemachten 0,70 EUR pro Km angemessen und nicht überhöht sind.

4.
Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

6.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. HR sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    da wird doch gleich eingangs der Klage ein falscher Ansatz präsentiert, wenn es heißt:“Die Parteien streiten daher über die „Angemessenheit“ der Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten,…“

    Anschließend reduziert die Klägerin auch noch ihre Kostenforderung in Anlehnung an die Rechtsprechung des LG Saabrücken, dass jedoch kein Gesetzgeber ist. Dass die Beklagte vor einem solchen Hintergrund Klageabweisung beantragt, stand wohl so sicher zu erwarten, wie das Amen in der Kirche, wenn sich auch die vereinfachende Begründung nur auf eine werkvertragliche Betrachtungsweise beschränkt . Eine Abstellung auf BVSK-„Befragung“ , die eine solche keine ist, sowie die Bezugnahme auf das JVEG sind themaverfehlend, weil die Beantwortung der entscheidungserheblichen Kernfrage dadurch vernebelt wird.
    HR

  2. Iven Hanske sagt:

    JVEG + 20% (wegen der Haftung) ist eine Kernaussage mit der man Leben könnte. Der Obstsalat (Mischung von BVSK Grundhonorar und JVEG Nebenkosten) geht jedoch überhaupt nicht, denn dann wird die Arbeitszeit für Fotobearbeitung, Fahrzeit und Schreibzeit usw. ignoriert und ist auch für ein Geschädigten unplausibel. Die Rechnung bei Klage und nach entsprechenden Hinweis § 139 ZPO umzustellen empfinde ich als gekonnten Schachzug bei den Richtern die den § 249 BGB, wie auch der BGH 50/15 aus Abtretung erfüllungsstatt, suggeriert ignorieren. Denn der Schaden ist die vereinbarte Rechnung und dieser Schaden läst sich aus Abtretung erfüllungshalber nicht minimieren. Dafür gibt es den Vorteilsausgleich, der nie wahr genommen wird, da der Versicherer weis, dass dort zu beweisen und nicht zu tricksen ist. Anständige Menschen verstehen dass, leider gibt es auch unanständige im Advokatenwesen und das macht mir Angst.

  3. Juri sagt:

    @Iven Hanske: „…geht jedoch überhaupt nicht, denn dann wird die Arbeitszeit für Fotobearbeitung, Fahrzeit und Schreibzeit usw. ignoriert und ist auch für ein Geschädigten unplausibel.“

    Ich will hier nicht Partei ergreifen – weder dafür noch dagegen – aber das stimmt so nicht. Lesen Sie mal das JVEG. Dort §8 (2) – da wird sehr wohl die Fahrzeit mit dem jeweiligen Stundensatz vergütet. Da kommen ganz andere Summen heraus, als bei irgend welchen Pauschalen. Auch andere Nebentätigkeiten, ja selbst Wartezeiten werden mit dem Stundenhonorar angesetzt.

    Nur der BVSK will das so nicht verstanden wissen und faselt da irgend etwas von geringeren Nebenkosten, 100 € oder so, weil das von dem armen Versicherungen nicht mehr zu tragen wären. Ist natürlich Blödsinn, aber die Schafsherde der BVSK-Mitglieder folgen brav – wie immer – ihrem Hirten, der sie dann eines Tages zum Metzger führen wird.

  4. Buschtrommler sagt:

    @Juri….
    …“Nur der BVSK will das so nicht verstanden wissen …“

    Irrtum. Dies weiß man sehr genau und ist deshalb auf die „billigen“ Passagen des JVEG fixiert.
    Den Rest müssen die BVSK-ler und deren Mit-Schniefer nicht wissen oder gar einfordern.
    Palastrevolution im Keim erstickt….damit keiner vom angedienten (Königs-)Stuhl vertrieben wird…!

  5. Iven Hanske sagt:

    @ Juri, du hast Recht aber wenn diese Zeit nun schon, wie vom Richter diktiert, im BVSK Grundhonorar enthalten sein soll, so wird sie bei dem hiesigen Obstsalat ignoriert. Denn hier wird nur das verwendete Material in den Nebenkosten berücksichtigt.

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