AG Köln verurteilt mit interessanter Begründung die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit lesenswertem Urteil vom 28.11.2016 – 262 C 124/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nach dem BGH-Urteil, das wir gestern noch veröffentlicht hatten, stellen wir Euch heute ein umfangreiches Urteil aus Köln zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vor. Das erkennende Gericht hat in der nachfolgend dargestellten Entscheidung eine interessante Begründung zur Erstattungsfähigkeit der berechneten Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall abgegeben. Dabei hat sich das erkennende Gericht bewußt und überzeugend mit der Rechtsfolge der Abtretung erfüllungshalber auseinandergesetzt. Mit der Abtretung an den Sachverständigen ändert sich nämlich der Schadensersatzanspruch nicht. Es wird lediglich der Gläubiger ausgetauscht. Weiterhin hat sich das erkennende Gericht mit überzeugender Begründung mit der Indizwirkung auch der noch nicht beglichenen Sachverständigenkostenrechnung auseinandergesetzt und ist letztlich zu der wohl zutreffenden Ansicht gelangt, dass es auf die Bezahlung nicht ankommt, denn letztlich bleibt der Geschädigte mit einer Zahlungsverpflichtung belastet. Und das reicht bereits für die Annahme eines mit dem Unfall zusammenhängenden Schadens aus. Konsequenterweise hätte das erkennende Gericht dann aber auch den Schaden über § 249 I BGB lösen können. Lest aber selbst das Kölner Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

262 C 124/16                                                                                        Verkündet am 28.11.2016

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der … ,

Klägerin,

gegen

die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Köln, Abt. 262
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO,
mit einer Erklärungsfrist bis zum 31. Oktober 2016,
durch die Richterin am Amtsgericht F. für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 142,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Juli 2016 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a 11 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 142,48 € gemäß § 7 I, 18 I u. III StVG i.V.m. § 115 I Nr. 1 VVG i.V.m. § 398 BGB aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses vom 11. Mai 2016 in Köln zu. Die Klägerin ist bzgl. der Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung aktivlegitimiert. Insofern hat sie eine wirksame Abtretungserklärung, bezogen und begrenzt auf den aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis der Geschädigten entstandenen Anspruch auf Erstattung unfallbedingt angefallener Gutachterkosten, vorgelegt.

Die volle Haftung der Beklagten für das Unfallereignis ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Sie streiten lediglich über die Höhe der ersatzfähigen Sachverständigenkosten. Zu den im Rahmen des §§ 249 II 1 BGB ersatzfähigen Schadenspositionen gehören auch die für die Erstellung eines Schadensgutachtens dem Geschädigten entstehenden Sachverständigenkosten.

Dabei war die Beklagtenseite vorliegend zu den von ihr vorgenommenen Abzügen von der Rechnung des Klägers nicht berechtigt, denn über den bereits vorprozessual unstreitig gezahlten Betrag hinaus waren die vom Kläger als Zessionar geltend gemachten weiteren Sachverständigenkosten ersatzfähig.

Die Kosten der Schadensfeststellung – also auch die Sachverständigenkosten – sind Teil des nach § 249 II BGB zu ersetzenden Schadens, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, er kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Wiederherstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei ist er gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, wobei jedoch das Grundanliegen des § 249 II 1 BGB nicht aus den Augen verloren werden darf, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13 – zitiert nach juris).

Zum Zwecke der Erstellung eines Schadensgutachtens darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm bei seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Kfz-Sachverständigen zu beauftragen. Er muss keine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe in der Regel durch die Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen. Dem Schädiger obliegt es dann, Umstände vorzutragen, aus welchen sich ergibt, dass der vom Geschädigten ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, und dass dies für den Geschädigten auch erkennbar war. Weiter hat der Schädiger die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung gem. § 254 II, 2. Fall BGB verstoßen hat.

„Erforderlich“ i. S. d. § 249 II BGB ist nicht nur das, was ortsüblich ist. Sogar dann, wenn das Honorar des Sachverständigen objektiv überhöht ist, ist es bei der gebotenen subjektiven Schadensbetrachtung regelmäßig als der „erforderliche“ Aufwand anzuerkennen, es sei denn, den Geschädigten trifft ein Auswahlverschulden im Hinblick auf den Sachverständigen oder die Überhöhung ist derart evident, dass eine Beanstandung auch vom Geschädigten als Laien verlangt werden muss. Der Geschädigte ist aber nicht verpflichtet, vor der Auftragserteilung Preisvergleiche anzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.2008, 1-1 U 246/07, zitiert nach juris). Es kommt also entscheidend darauf an, ob das Honorar erheblich über den Preisen in der Branche lag und der Geschädigte dies auch erkennen konnte und musste. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten spielen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eine maßgebende Rolle (BGH a.a.O.). Der Geschädigte muss hierfür weder nach einem Sachverständigen mit günstigen Preisen suchen noch muss er die Tabellensätze der BVSK-Honorarumfrage oder sonstige Berechnungsgrundlagen kennen (vgl. LG Stuttgart, Urt. v. 16.07.2014, Az.: 13 S 54/14, zitiert nach juris).

Es gelten auch keine anderen Anforderungen für den Fall, dass nicht der Geschädigte selbst klagt, sondern der Sachverständige nach entsprechender Abtretung des Anspruchs durch den Geschädigten oder gar eine Factoring Firma nach weiterer Abtretung durch den Sachverständigen. Denn die Abtretung ändert an der Rechtsnatur des Anspruchs und dessen Voraussetzungen nichts, sondern beinhaltet lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung (so auch LG Stuttgart a.a.O. und die für das erkennende Gericht zuständige Berufungskammer des LG Köln, Urt. v. 08.09.2015, 11 S 302/14).
Diese Ansicht wird auch dadurch bestätigt, dass der BGH in seinem Urteil vom 22.07.2014, Az.: VI ZR 357/13, bei dem es um an den Sachverständigen abgetretene Ansprüche ging, denselben Maßstab angelegt hat, welchen er für den originären Anspruch des Geschädigten in seinem Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13, entwickelt hat (so auch LG Fulda, Urt. v. 24.04.2015, Az.: 1 S 168/14, zitiert nach juris).

Ebenso unerheblich ist, ob der Geschädigte die erstellte Rechnung des Sachverständigen bereits beglichen hat oder nicht. Soweit der BGH in seiner Entscheidung vom 22.07.2014, VI ZR 357/13, ausgeführt hat, dass der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung genügt, und auch in dem der Entscheidung des BGH vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, zugrunde liegenden Fall der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bereits bezahlt hatte, folgt hieraus nicht zwingend, dass im Falle einer noch nicht beglichenen Rechnung eine Indizwirkung für mangelnde Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Kosten beigemessen werden müsste. Auch in diesen Fällen ist nämlich der Geschädigte, der selbst den Sachverständigen beauftragt hat, mit der Forderung dieses Sachverständigen belastet. Denn auch bei erfüllungshalber erfolgter Abtretung des Anspruchs auf Ersatz der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen muss ein Geschädigter damit rechnen, wegen des Sachverständigenhonorars noch in Anspruch genommen zu werden, wenn der Versicherer Zahlungen an den Sachverständigen ablehnt (vgl. OLG München, Beschlussv. 12.03.2015, 10 U 579/15, zitiert nach juris).

Auch aus dem Urteil des BGH vom 26.4.2016, VI ZR 50/15, juris, ergibt sich nichts Anderes: Darin stellt der BGH lediglich fest, dass das Berufungsgericht zu Recht keine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten des Sachverständigen angenommen hat, wenn die Rechnung noch nicht vom Geschädigten beglichen wurde. Hieraus ist aber nicht der Umkehrschluss zu ziehen, dass der BGH die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten bei nicht bezahlter Rechnung zwingend verneinen würde. Vielmehr hält der BGH in diesem Urteil fest, dass dem Geschädigten im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise obliege, weshalb für den Fall, dass der Sachverständige Kosten geltend macht, die -für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, die Beauftragung als nicht erforderlich i.S.d. § 249 II 1 BGB anzusehen sei und der Geschädigte dann, aber auch nur dann, das Risiko trägt. Maßgeblich ist also die Frage, ob eine Überhöhung für den Geschädigten subjektiv erkennbar war.

Demnach kommt es auch nicht darauf an, ob das vom Sachverständigen dem Geschädigten in Rechnung gestellte Honorar auf einer konkreten vertraglichen Vereinbarung oder dem Verweis des Sachverständigen auf eine Honorartabelle beruht oder über die Höhe des Honorars zwischen den Vertragspartnern gar nicht gesprochen wurde, sich die Höhe vielmehr nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB bestimmt (so auch OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006, 4 U 49/05). Denn in all diesen Fällen kommt es allein darauf an, ob auf Seiten des Geschädigten ein Auswahlverschulden vorliegt bzw. der Kläger anhand bestimmter Umstände eine Überhöhung des letztlich in Rechnung gestellten Honorars erkennen muss. Anderenfalls darf er sich auf die Angemessenheit aus seiner subjektiven Sicht verlassen.

Allerdings ist der dem Geschädigten in Rechnung gestellte bzw. sogar von ihm aufgewendete Betrag nicht stets notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem letztlich berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand i. S. d. § 249 BGB abzubilden. Dabei ist hinsichtlich der Frage der Erkennbarkeit auf den Gesamtbetrag der Sachverständigenrechnung, nicht etwa auf einzelne Nebenkostenpositionen im Verhältnis zum Grundhonorar oder gar auf die Prüfung jeder einzelnen Position als solcher abzustellen (vgl. OLG München, Beschluss v. 12.03.2015, Az.: 10 U 579/15, zitiert nach juris, sowie die 11 Kammer des LG Köln, a.a.O.).

Nach alledem ist die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten in der geltend gemachten vollen Höhe nur dann abzulehnen, wenn die Abrechnung des Sachverständigen in sich so evident fehlerhaft ist, dass auch ein Laie dies erkennen kann, insbesondere dann, wenn die Gesamtrechnung des Sachverständigen (d. h. Grundhonorar zzgl. Nebenkosten) in einem deutlichen Missverhältnis zur Schadenshöhe (z. B. Nettoreparaturkosten zzgl. Minderwert oder Wiederbeschaffungswert des totalbeschädigten Fahrzeuges) steht (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.).

Dabei geht das erkennende Gericht davon aus, dass mit zunehmender Schadenshöhe der prozentuale Anteil des Missverhältnisses zur Honorarhöhe sinkt, da die typischerweise anfallenden Nebenkosten (etwa für Schreibleistungen und das Erstellen von Fotos) unabhängig von der Schadenshöhe regelmäßig annähernd konstant bleiben, was dazu führt, dass bei höheren Fahrzeugschäden und einer von der Schadenshöhe abhängig gemachten Berechnung des Grundhonorars zwar das Grundhonorar ansteigt, die Nebenkosten aber kaum steigen. Aufgrunddessen ist je nach der Schadenshöhe das Missverhältnis zwischen Honorarrechnung und Schadenshöhe individuell nach den Umständen des Einzelfalles und der Erkenntnissituation des Geschädigten zu ermitteln.

Unter Zugrundelegung der obigen Grundsätze ist der Schädiger bzw. seine Haftpflichtversicherung auch nicht etwa gegenüber dem abrechnenden Sachverständigen rechtlos gestellt, da er sich ggf. die Rechte des Geschädigten gem. §§ 315 III bzw. 280, 631 I, 812 BGB analog, § 255 BGB abtreten lassen kann und ggf. dann auch im Wege der Aufrechnung geltend machen kann (vgl. OLG Naumburg a.a.O. m.w.N.).

Vorliegend hat der Kläger für den Geschädigten ein Gutachten erstellt, in welchem er den unfallbedingten Fahrzeugschaden ermittelte. Das Honorar des Klägers setzt sich aus einem an der Schadenshöhe orientierten Grundhonorar zzgl. Nebenkosten und Mehrwertsteuer zusammen. Diese Form der Abrechnung ist nicht zu beanstanden. So hat insbesondere auch der BGH festgehalten, dass keine Bedenken gegen die Bestimmung eines pauschalierten Grundhonorars in Abhängigkeit zur jeweiligen Schadenshöhe bestehen. Dies erscheint insbesondere aus Praktikabilitätsgründen sinnvoll und ist auch verbreitete Praxis in anderen Berufsgruppen. Dass ein Sachverständiger sein „Grundhonorar“ für die Ingenieurleistung in pauschalierter Weise an der Schadenshöhe orientiert, hindert ihn auch nicht daran, zusätzlich „Nebenkosten“ pauschal oder nach ihrem tatsächlichen Anfall zu berechnen. Diese Abrechungsweise ist werkvertraglich zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 10.02.2011, Az.: 13 S 109/10, m.w.N.) und in den Honorarordnungen einzelner Berufsgruppen ausdrücklich vorgesehen.

Für eine überhöhte Abrechnung der Klägerin war vorliegend aus Sicht der Geschädigten nichts erkennbar.

Nicht zu beanstanden ist insbesondere der Umstand, dass die Klägerin drei Ausfertigungen des Gutachtens nebst Fotoanlage erstellt hat. Denn im Falle der Beauftragung eines Gutachtens nach einem Verkehrsunfall zwecks Geltendmachung der Ansprüche gegenüber einer Versicherung ist es allgemein üblich, dass Ausfertigungen des Gutachtens nicht nur für den oder die Geschädigte selbst, sondern auch für die gegnerische Versicherung und für den Fall von Rechtsstreitigkeiten für den Rechtsanwalt gefertigt werden. Die Erstellung eines Originals nebst zweier Ausfertigungen ist insofern erforderlich und angemessen. Es ist auch nicht etwa eine gesonderte Beauftragung hierzu erforderlich, vielmehr darf das Sachverständigenbüro ohne weiteres von der Verkehrsüblichkeit ausgehen und drei Exemplare nebst Fotoanlagen erstellen. Der Geschädigte kann auch nicht etwa darauf verwiesen werden, eine Durchschrift des Gutachtens nebst Fotos doch selbst anzufertigen. Es erscheint zweifelhaft, ob eine Versicherung, die in Anspruch genommen wird, bereit wäre, bei Zurverfügungstellung eines solchen Exemplars zu zahlen. Auch hat der Geschädigte selbst einen Anspruch darauf, ein einwandfreies und dem Beweis ggfls. zugängliches Exemplar zu erhalten. Für den Fall von Rechtsstreitigkeiten ist es ebenso vertretbar, eine weitere Ausfertigung für den etwaig zu beauftragenden Rechtsanwalt zu erstellen. Dies erscheint zweckmäßig, der Geschädigte kann nicht darauf verwiesen werden, zunächst einmal abzuwarten und dann noch einmal den Sachverständigen mit der entsprechenden Erstellung zu beauftragen.
Die gesonderte Abrechnung von Schreibkosten ist gerade auch in den von der Beklagten selbst genannten BVSK-Tabellen als Nebenkostenposition angesetzt worden. Schreibkosten gehören insbesondere nicht zur originären Leistung des Sachverständigen, stellen vielmehr eine Nebenkostenposition dar. Denn die originäre Leistung des Sachverständigen besteht in seinen technischen Untersuchungen und Auswertungen.

Das Festhalten der Untersuchungsergebnisse auf Papier bzw. die Eingabe dieser Ergebnisse in den Computer stellen eine (erforderliche) Nebenleistung zwecks Vermittlung der Sachverständigentätigkeit an den Geschädigten dar.
Vorliegend ist von Seiten der Beklagten auch nicht hinreichend vorgetragen worden, inwiefern Fahrtkosten durch die Klägerin nicht oder nur zu einem geringeren Betrag hätten berechnet werden dürfen. Dem Sachvortrag der Klägerin, sie habe sich in vertretbarer Entfernung zur Geschädigten befunden (kürzeste Strecke 9,7 km Distanz), die Geschädigte als Engelskirchener Betrieb habe einen Sachverständigen „aus der Nachbarstadt“, also aus Gummersbach, beauftragt, ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Hinzukommt, dass die Klägerseite unwidersprochen vorgetragen hat, dass verunfallte Fahrzeug sei bei der Ford-Werkstatt Lurz in Engelskirchen besichtigt worden, was ebenfalls die Beauftragung eines Sachverständigenbüros im Umkreis von ca. 10 km vertretbar erscheinen lässt. Jedenfalls ist eine Fahrtstrecke von 9,7 km vom Sachverständigenbüro bis zum Besichtigungsort nicht zu beanstanden. Letztlich ist auch der angesetzte Nebenkostenbetrag für den Fahrtaufwand in Höhe von 14,00 € nicht überhöht, liegt vielmehr auch im Bereich dessen, was die von Beklagtenseite selbst genannte BVSK-Tabelle als vertretbaren Pauschalbetrag anerkennt.
Schließlich wird von Seiten der Beklagten nicht einmal vorgetragen, dass es Sachverständigenbüros gebe, die sich in kürzerer Entfernung zur Ford-Werkstatt Lurz befunden hätten. Ihr Einwand einer zu großen Distanz erfolgt insofern auch bereits „ins Blaue hinein“.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, für die Geschädigte sei eine Überhöhung der angesetzten (Neben-)kosten der Klägerin deswegen erkennbar gewesen, weil diese eine überhöhte Anzahl an Fotos bzw. Fotos angefertigt hätte, die zum Nachweis des Schadens nicht erforderlich gewesen seien. Sofern die genannten, angeblich überflüssigen, Fotos 1 sowie 10 bis 13 nicht den unmittelbaren unfallbedingten Schadensbereich zeigen, sind sie zur zweckgemäßen Darstellung der Gesamtsituation des Fahrzeuges in Verbindung mit dem eingetretenen Schaden als erforderlich anzusehen.

Gerade Versicherungen fordern in Rechtsstreitigkeiten eine Gesamtübersicht des Fahrzeuges, damit ein Bild der Beeinträchtigung, gerade auch im Zusammenhang mit nicht reparierten Vorschäden oder Altschäden, hinreichend dokumentiert wird. Die Zurverfügungstellung von Fotos, die gerade auch die Gesamtansicht des Fahrzeuges zeigen, etwa zum Beleg der Richtigkeit der Angaben zum Wiederbeschaffungswert, zur Darstellung von etwaigen Alt- und Vorschäden und auch zum Zwecke der Identifizierung der betreffenden Fahrzeugbereiche erscheint vielmehr für eine seriöse Arbeit der Gutachter geboten. Das gleiche gilt für das Fotografieren von Fahrzeugidentnummer und Tachostand. Im Übrigen entspricht die Vorgehensweise der Klägerin den üblichen Gepflogenheiten und auch den Erwartungen der gegnerischen Haftpflichtversicherungen im Falle von Verkehrsunfällen, wie dem erkennenden Gericht aus einer Vielzahl von vorangegangenen Verfahren, bei denen es gerade um ein Bestreiten von Kompatibilität oder Schadenshöhe geht, bekannt ist. Anzahl sowie Gegenstand der gefertigten Fotografien der Klägerin sind nach alledem nicht zu beanstanden.

Schließlich ist auch für ein evidentes Missverhältnis zwischen der Schadenshöhe und der Rechnung der Klägerin vorliegend nichts ersichtlich, insbesondere kann aus Sicht eines Laien hier nicht zwingend auf eine evidente Überhöhung der Sachverständigenkosten geschlossen werden. Ein Überschreiten der ortsüblichen Kosten war für die Geschädigte mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht erkennbar. Das Sachverständigenhonorar beläuft sich auf insgesamt 687,80 € netto, die Schadenshöhe ausweislich des Gutachtens der Klägerin auf Nettoreparaturkosten in Höhe von 3.650,34 € zzgl. eines Wertminderungsbetrages in Höhe von 300,00 €. Setzt man die Beträge ins Verhältnis, ergibt sich hier, dass die Sachverständigenkosten 17 % des Gesamtschadens betragen. Insofern kann hier ein bestehendes Missverhältnis zwischen Rechnung und Schaden noch nicht bejaht werden.

Das erkennende Gericht nimmt bei Fahrzeugschäden, die zwischen 2.000,00 € und 4.000,00 € liegen, ein evidentes Missverhältnis in der Regel erst dann an, wenn sich die Honorarrechnung in Richtung auf 1/3 des Gesamtschadens zubewegt. Aufgrund dessen ist vorliegend von einer fehlenden Erkennbarkeit einer Überhöhung auf Seiten der Geschädigten auszugehen. Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen zur Erforderlichkeit im Sinne des § 249 II BGB und der Erkennbarkeit fehlender „Erforderlichkeit“ in diesem Sinne für die Geschädigte, war hier der Hauptforderungsbetrag der Klage zuzubilligen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I BGB. Die Klage ist der Beklagten am 29. Juli 2016 zugestellt worden mit der Folge, dass Rechtshängigkeit am 30. Juli 2016 eingetreten ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§91 11,1. Halbs.; 708 Nr. 11; 713 ZPO.

Ein Rechtsmittel findet gegen dieses Urteil nicht statt, weil der Beschwerdewert nicht erreicht ist.

Streitwert: 142,48 €

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Köln verurteilt mit interessanter Begründung die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit lesenswertem Urteil vom 28.11.2016 – 262 C 124/16 -.

  1. R-REPORT-AKTUELL sagt:

    Auch mit den Enscheidungsgründen dieses Urteils des AG Köln sind die Bemühungen erkennbar, nach dem Gesetz solche Vorgehensweisen honorarkürzender Versicherer kritisch zu durchleuchten. Das ist auch der Richterin F. am AG Köln hier in beachtenswerter Art und Weise gelungen.Die Bezugnahme auf eine nicht bestehende Ortsüblichkeit wäre allerdings genau so entbehrlich gewesen, wie eine hier völlig unnötige“Grenzziehung“ einer Relation zwischen der Höhe der Gutachterkosten und der Schadenshöhe als Beurteilungsmaßstab für die Erforderlichkeit, wenn man sich folgenden Beschluss des IX. BGH-Zivilsenats
    in Erinnerung ruft, denn der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Geschädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75.Auflage 2016, § 249 Rn. 58).
    Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen.
    Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen. Hier nun nochmals der angesprochene Beschluss vom 24.07.2003 (IX ZR 131/00):

    „Honorarvereinbarungen dürfen im Hinblick auf die Verfassungsgarantie der Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz) in ihrer Rechtswirksamkeit nicht ohne ausreichenden Sachgrund beschnitten werden.

    Eine Honorarvereinbarung kann grundsätzlich das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem aufwandsangemessenen Honorar führt (BGH Urteil vom 03.04.2003 aaO).

    Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Aufwand in grober Weise eigensüchtig aufbläht und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht lässt.

    Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    R-REPORT-AKTUELL

  2. Glöckchen sagt:

    Bravissimo!
    Alle Einwände des Schadensschuldners waren „für die Tonne“!
    Und warum?
    Weil kein Unfallopfer über hellseherische Fähigkeiten verfügt und trotzdem eine Werkstatt seiner Wahl,einen Sachverständigen seiner Wahl und auch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beauftragen darf,ohne damit befürchten zu müssen,auf den dadurch ausgelösten Kosten im Nachhinein selber sitzen zu bleiben.

  3. Ra Imhof sagt:

    @R-Report
    „“…..aufwenden musste“““
    „Müssen“ bedeutet eben,dass das Gericht hier zu prüfen hat,ob die Werklohnforderung des SV vom Auftraggeber zu bezahlen ist.
    Das ist dann der Fall,wenn der berechnete Werklohn einer getroffenen wirksamen Preisvereinbarung entspricht,oder alternativ innerhalb üblicher Bandbreite(BGH X ZR 42/06) gelegen ist.
    Vereinbarungsgemäß abgerechneter,oder innerhalb üblicher Bandbreite abgerechneter Werklohn stellt einen „erforderlichen Geldbetrag“ i.S.v.§249 II,1 BGB dar und ist dann vollständig zu entschädigen,so richtig BGH in der Modifizierung des „Pinocchio-Urteils“ vom 28.02.2017 VI ZR 76/16.
    Kernaussage:
    Die übliche Vergütung des Werkdienstleisters eines Unfallopfers stellt immer schadensersatzrechtlich einen „erforderlichen Geldbetrag“ gem. §249 II,1 BGB dar.

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