AG Berlin-Mitte verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 11.02.2011 (114 C 3169/10) hat das AG Berlin-Mitte die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 226,20 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger hat nach dem Verkehrsunfall vom xx.xx.2009 einen Anspruch aus abgetretenem Recht der Zeugin X gegen die Beklagte auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Form von Mietwagenkosten in Höhe von 226,20 € gemäß §§ 7, 17 StVG; 823, 249, 398 BGB; 115 VVG.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Für die Dauer der Reparatur des Fahrzeugs des Klägers mietete die Zeugin X ein Ersatzfahrzeug bei der Autovermietung Y. Der Mietvertrag (Anlage K 6) sowie die Rechnung vom xx.xx.2009 (Anlage K 3) sind jeweils auf die Zeugin ausgestellt. Gemäß Erklärung vom xx.xx. 2010 hat die Zeugin X die ihr aus dem Mietvertrag zustehenden Forderungen an den Kläger als Halter und Eigentümer des unfallgeschädigten Fahrzeugs abgetreten.

Der Kläger hat die Abtretung angenommen und ist daher aktivlegitimiert. Anhaltspunkte für eine vorausgehende und noch bestehende Abtretung an das Mietwagenunternehmen, mit der Folge, dass Zahlung lediglich an die Autovermietung verlangt werden könnte, ergeben sich für das Gericht nicht. Insbesondere vermag das Gericht dies nicht den beklagtenseits angeführten Anlagen K 3, 5, 6 zu entnehmen. Eine Abtretungserklärung wird nicht vorgelegt.

Mietwagenkosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, wenn ein unfallbedingter Entzug des eigenen Fahrzeugs, Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit vorliegen. Dies war vorliegend der Fall, denn der Kläger gab sein unfallbeschädigtes Fahrzeug in Reparatur. Soweit Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit gegebenenfalls bei der Tochter des Klägers, der Zeugin X lagen, schadet dies nicht. Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit müssen nicht stets beim Unfallgeschädigten, sondern können auch bei nahen Angehörigen desselben liegen.

Die Miete ist grundsätzlich nur bis zur Höhe des Normaltarifs erstattungsfähig (vgl. BGH, NJW 2005, 51). Nach Angaben des Klägers rechnete die Autovermietung auch lediglich auf Grundlage eines Normaltarifs ab. Die Ermittlung des Normaltarifs ist Tatrichteraufgabe. Das Gericht schätzt den Normaltarif auf Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2009 gemäß § 287 ZPO. Der Schwacke-Mietpreisspiegel ist eine geeignete Schätzgrundlage (vgl.  BGH,  NJW 2008,  1519; BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 –VI ZR 7/09, zitiert nach juris). Die Eignung als Schätzgrundlage geht nur dann abhanden, wenn mit konkreten Tatsachen Mängel der Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Diesen Vorgaben ist die Beklagte nicht gerecht geworden. Insbesondere die angeführten Vergleichsangebote sind nicht geeignet, nachzuweisen, dass es für den Kläger bzw. dessen Tochter in der konkreten Situation ohne Weiteres möglich gewesen wäre, wesentlich günstiger ein Ersatzfahrzeug anzumieten. Bei den angeführten Angeboten handelt es sich offensichtlich um solche aus dem Internet. Auf Internetangebote muss sich der Kläger aber nicht verweisen lassen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Kläger bzw. dessen Tochter nach dem Verkehrsunfall nicht etwa einige Zeit zuwartete, bevor das Ersatzfahrzeug angemietet wurde. Vielmehr wurde das Ersatzfahrzeug bereits am Unfailtag in Anspruch genommen. Die Argumentation der Beklagten, das Fahrzeug sei vom Kläger oder seiner Tochter weder am Unfalltag noch an den Folgetagen benötigt worden, geht daher ins Leere.

Die Beklagte legt dar, dass auch der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts zum Teil auf Internetpreisen beruht. Von daher hält das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel für die geeignetere Schätzgrundlage.

Die Beklagte hat die Berechnung der Mietwagenkosten gemäß Schwacke-Mietpreisspiegel nicht angegriffen, soweit es die dort genannten Preise selbst betraf. Nach Auffassung des Gerichts muss sich der Kläger auch nicht auf eine niedrigere Fahrzeuggruppe verweisen lassen. Unstreitig ist das geschädigte Klägerfahrzeug in die Fahrzeuggruppe 3 einzuordnen. Auf dieser Grundlage darf dann auch abgerechnet werden, unabhängig von der Eingruppierung des Ersatzfahrzeuges und dem Alter des Klägerfahrzeugs. Hinsichtlich des Alters des Klägerfahrzeugs wird nicht hinreichend dargelegt, dass sich aufgrund des Alters ein erheblich herabgesetzter Gebrauchswert ergeben würde.

Im Hinblick auf die zurückgelegte Wegstrecke mit dem Ersatzfahrzeug von 357 Kilometern während der 14-tägigen Anmietzeit kann -noch- kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB festgestellt werden. Mit dem Mietfahrzeug wurden durchschnittlich täglich 25,5 Kilometer zurückgelegt. Dies ist nach Einschätzung des Gerichts ausreichend, um die Klägerseite im Hinblick auf das Mobilitätsinteresse noch nicht auf die alternative Nutzung zum Beispiel eines Taxis zu verweisen.

Auf Grundlage der unbestrittenen Werte gemäß Schwacke-Mietpreisspiegel 2009 ergeben sich für 14 Tage Mietwagenkosten in Höhe von 882,00 € brutto. Von diesem Betrag sind 15 % für ersparte Aufwendungen des Klägers abzuziehen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung nicht nur der erkennenden Abteilung des Amtsgerichts Mitte, sondern auch der Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. KG, NZV 2005, 46). Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Zu berücksichtigen sind nicht nur ersparte Aufwendungen für zurückgelegte Wegstrecken, auch weitere Kosten, zum Beispiel Kosten für die Pflege des Fahrzeugs, entfielen während des Mietzeitraumes.

15 % ersparte Aufwendungen errechnen sich auf 132,30 €, so dass ein Betrag in Höhe von 749,70 € verbleibt.

Hinzuzurechnen sind die Kosten für die Haftungsbeschränkung in Höhe von 252,07 € brutto. Bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs sind die Kosten für die Haftungsbeschränkung regelmäßig ersatzfähig.

Weiterhin hinzuzurechnen sind die Zustell- und Abholungskosten in Höhe von zusammen 36,01 €. Aus dem Mietvertrag ergibt sich die Vereinbarung von Zustell- und Abholungskosten. Weiterhin ergibt sich ein von der Adresse der Mietwagenfirma abweichender vereinbarter Rückgabeort. Der Kläger trägt nachvollziehbar vor, dass der vereinbarte Anmiet- und Rückgabeort bei der Reparaturwerkstatt lag. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten Z vom xx.xx.2009 ergibt sich zudem, dass das Klägerfahrzeug nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit war.

In Addition der genannten Beträge ergeben sich Mietwagenkosten in Höhe von brutto 1.037,78 €. Abzüglich hierauf bereits gezahlter 811,58 € verbleibt ein Restanspruch in Höhe von 226,20 €.

Der Zinsanspruch ist begründet gemäß §§ 286, 288, 247 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 2, 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Soweit das AG Berlin-Mitte.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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