AG Dortmund urteilt zur Haftung nach Verkehrsunfall, zu den erstattungsfähigen Reparaturkosten, zur Wertminderung und zu den Sachverständigenkosten und verurteilt die DA Deutsche Allgemeine Vers. AG zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.204,39 € mit lesenswertem Urteil vom 21.12.2017 – 414 C 1016/17 – .

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

wir bleiben im Ruhrgebiet und gehen von Duisburg nach Dortmund. Hier stellen wir Euch heute ein Urteil des Amtsgerichts Dortmund zur Haftungsfrage, zur Kausalität, zu den erstattungsfähigen Reparaturkosten, zur Wertminderung, zur Wertverbesserung und zu den Sachverständigenkosten gegen die DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG vor. Auch wenn letztendlich nicht die vollen Reparaturkosten zugesprochen wurden, so handelt es sich – unserer Ansicht nach – um eine korrekte Entscheidung. Allerdings werden im Urteil fälschlicherweise wieder „Gebühren“ erwähnt, obwohl es solche bei freien Sachverständigen nicht gibt. Insbesondere zur merkantilen Wertminderung ist das nachfolgend aufgeführte Urteil eine interessante und lesenswerte Entscheidung. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Meinungen dazu bekannt.

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

414 C 1016/17                                                                                       Verkündet am 21.12.2017

Amtsgericht Dortmund

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers.

gegen

1.        die DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Oberstedter
Str. 14, 61440 Oberursel,
2.        Herrn … ,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Dortmund
auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.2017
durch die Richterin am Amtsgericht K.

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.204,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.904,39 € ab dem 14.01.2017 und aus 300,00 € ab dem 11.11.2017 sowie 216,95 € vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 11% und die Beklagten zu 89%.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf          _
Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls geltend, der sich am 27.09.2016 in Dortmund ereignet hat.

Der Kläger befuhr mit dem Pkw VW Touareg 3.0 TDI amtliches Kennzeichen … die rechte Fahrspur des Lütgendortmunder Hellweg in Richtung Provinzialstraße. Der Lütgendortmunder Hellweg war in Fahrtrichtung des Klägers zweispurig.

Der Beklagte zu 2) befuhr am Unfalltag mit dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Transporter Renault Trafic mit dem amtlichen Kennzeichen … die linke Fahrspur. Bei einem Spurwechsel des Beklagten zu 2) von der linken auf die rechte Fahrspur kollidierten die Fahrzeuge.

Ein von dem Kläger in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros Dipl.-Ing. K. ergab Nettoreparaturkosten in Höhe von 3.626,42 € und eine Wertminderung in Höhe von 200,00 €. Für die Erstellung des Gutachtens wurde dem Kläger ein Betrag in Höhe von 484,85 € in Rechnung gestellt.

Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer des VW Touareg. Die im Gutachten des Sachverständigen K. genannten Schäden seien kausal auf das streitgegenständliche Verkehrsunfallereignis zurückzuführen.

Die von dem Sachverständigenbüro K. festgestellten Nettoreparaturkosten in Höhe von 3.695,42 € seien zur Schadensbeseitigung auch erforderlich. Zudem sei der Wert des Fahrzeuges aufgrund der kollisionsbedingten Schäden um 500,00 € gemindert. Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.405,27 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14.01.2017 sowie 216,95 € vorgerichtliche Kosten zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2017 hat er die Klage in Höhe von 69,00 € zurückgenommen (Bl. 89 ff. d. A.). Mit Schriftsatz vom 02.11.2017 hat er die Klage um 300,00 € erweitert (Bl. 140 f. d. A.).

Der Kläger beantragt nunmehr,

1.   die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.336,27 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14.01.2017 sowie 216,95 € vorgerichtliche Kosten zu zahlen;

2.   die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 300,00 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt der Zustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dass die Spurzeichnung zeige, dass das linke vordere Rad des Klägerfahrzeugs im Zeitpunkt des Kontakts zum Beklagtenfahrzeug hingelenkt wurde (Bl. 44 d. A.). Dies spreche für eine absichtliche Schadensverursachung.

Zudem seien die Schrammspuren an der linken hinteren Tür des Klägerfahrzeugs auf einer Höhe von 81 cm nicht auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen (Bl. 44 d. A.).

Schließlich würden die Reifen des Klägerfahrzeugs eine geringere Profiltiefe aufweisen, als im klägerischen Gutachten angegeben. Da der linke vordere Reifen ersetzt werden müsse, sei hier eine Wertverbesserung in Ansatz zu bringen (Bl. 45 d. A.).

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 08.05.2017 (Bl. 89 ff. d. A.) sowie das schriftliche Gutachten vom 09.10.2017 (Bl. 110 ff. d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 4.204,39 €, der
sich zusammen  setzt aus  Nettoreparaturkosten  in  Höhe von  3.194,54 €,  einer
Wertminderung von 500,00 €, den Gebühren für die Erstattung des vorgerichtlichen
Sachverständigengutachtens von 484,85 € und einer allgemeinen Kostenpauschale
von 25,00 €, gem. §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit §§ 249, 431, 823 BGB und § 115
VVG.

In Höhe nicht erforderlicher Nettoreparaturkosten von 500,88 € unterlag die Klage demgegenüber der Abweisung.

a)
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses Eigentümer des Pkw VW Touareg mit dem amtlichen Kennzeichen … war. Dies folgt bereits aus der Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB, da der Kläger im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses im unmittelbaren Besitz des Fahrzeuges war. Zudem hat der Zeuge M. glaubhaft ausgesagt, dass er das Fahrzeug im August 2016 zu einem Kaufpreis von 10.500,00 € an den Kläger verkauft hat. Dies stimmt überein mit den Angaben aus dem schriftlichen Kaufvertrag vom 30.08.2017 (Bl. 6 d. A.).

b)
Die alleinige Haftung der Beklagten ergibt sich aus dem unstreitigen Fahrspurwechsel des Fahrers des Beklagtenfahrzeuges, durch welchen der Verkehrsunfall verursacht wurde. Der Vortrag der Beklagten, das nach links ausgestellte Vorderrad des Klägerfahrzeuges spreche trotz des unstreitigen Fahrspurwechsels des Beklagtenfahrers für eine absichtliche Schadenverursachung, ist derart unsubstantiiert, dass er einem Beweis nicht zugänglich ist. Denn das einzige, was sich aus dieser Spurzeichnung ergibt ist, dass das Klägerfahrzeug im Moment des Kontaktes zum Beklagtenfahrzeug hin- und sodann sofort wieder weggelenkt wurde. Hierfür mag es eine Vielzahl von  Erklärungen geben. Eine
absichtliche Schadensverursachung wird dabei nicht mal von dem von der Beklagtenseite eingeholten Sachverständigengutachten behauptet (Bl. 44 d. A.). Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hierzu nachvollziehbar angegeben, sich nicht an eine Lenkbewegung nach links erinnern zu können. Sollte eine solche stattgefunden haben, mag es sich um eine unbewusste Bewegung gehandelt haben, um eine Kollision mit den rechts stehenden Fahrzeugen zu vermeiden.

c)
Soweit die Höhe der erforderlichen Nettoreparaturkosten streitig war, steht aufgrund der schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. vom 09.10.2017 (Bl. 109 ff. d. A.) fest, dass 3.194,54 € betragen. Die Differenz zu den klägerseits tatsächlich beantragten Nettoreparaturkosten in Höhe von 3.695,42 € folgt daraus, dass der Sachverständige R. eine unfallbedingte Notwendigkeit der Erneuerung des Parksensors und des Radlagerersatzes vorn links nicht feststellen konnte (Bl. 115 f. d. A.).

Zudem konnte der Kläger auch nicht beweisen, dass der partielle Lackschaden in der linken Fronttür durch das streitgegenständliche Unfallereignis verursacht wurde. Der Kläger selber hat hierzu im Rahmen seiner persönlichen Anhörung lediglich angegeben, dass er sich nicht vorstellen könne, dass die Schramme an der hinteren Tür schon vor dem Unfall vorhanden gewesen sei. Der Sachverständige R. vermochte anhand des Aktenmaterials aber nicht festzustellen, dass die Schrammspuren auf der linken hinteren Tür des Klägerfahrzeuges kausal mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis in Zusammenhang stehen. Vielmehr kam er zu dem Ergebnis, dass die konkrete Anstoßkonstellation gegen eine Verursachung durch das Beklagtenfahrzeug spricht.

Demgegenüber wurde der Vortrag der Beklagten, durch die Notwendigkeit eines neuen Vorderreifens sei ein Vorteilsausgleich eingetreten, welcher entsprechend zu berücksichtigen sei, nicht bestätigt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. R. hat hierzu festgestellt, dass die Erneuerung nur eines Reifens bei der Benutzung oder Veräußerung des Fahrzeuges keine Wertverbesserung beinhaltet. Hierzu wäre vielmehr der Austausch aller vier Reifen notwendig.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht außerdem fest, dass an dem Klägerfahrzeug aufgrund des Verkehrsunfalls vom 27.09.2016 eine Wertminderung in Höhe von 500,00 € eingetreten ist. Der Sachverständige Dipl.-Ing. R. hat im Rahmen seiner mündlichen Erläuterungen des schriftlichen Gutachtens hierzu angegeben, dass für die Ermittlung des Minderwertes nicht nur – wie von den Beklagten angenommen – das Baujahr und die Betriebsleistung relevant sind. Weitere Bewertungskriterien sind daneben auch der Erhaltungszustand und die Offenbarungspflicht. Daneben ist für die Bezugsgröße der Abwertung insbesondere maßgeblich, inwieweit der Fahrzeugwert durch die Schäden auf dem Gebrauchtwagenmarkt herabgesetzt ist. Nach den Recherchen des Sachverständigen, für die er unter Abzug des seitlichen Lackschadens bei dem eine Unfallursächlichkeit nicht feststellbar ist, einen Wiederbeschaffungswert von 8.200,00 € zugrunde gelegt hat, sind für mit dem klägerischen Fahrzeug vergleichbare Fahrzeuge Abzüge zwischen 5 und 6,5 Prozent anzusetzen. In Zahlen bedeutet dies Beträge zwischen 410,00 und 533,00 €, wobei in der Praxis in Hunderterbeträgen gerechnet wird. Der von dem Kläger in seiner Klageerweiterung zugrunde gelegte Betrag von 500,00 € liegt damit innerhalb der Brandbreite und ist als marktorientiert zu unterstellen.

Die von den Beklagten vertretene Auffassung, bei Veräußerung eines unreparierten Unfallwagens bestehe kein Anspruch auf merkantile Wertminderung ist unzutreffend. Denn die Wertminderung tritt losgelöst von der Frage einer späteren Reparatur ab dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses ein. Das von den Beklagten zitierte Urteil des Landgerichts Duisburg, Aktenzeichen 12 S 153/13 ist auf den vorliegenden Fall nicht abwendbar, da in der dortigen Konstellation ein Fall entschieden wurde, bei dem unfallbedingt ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten war, so dass das Landgericht davon ausgegangen ist, dass der von dem Sachverständigen festgestellte Restwert den Minderwert bereits berücksichtigt. Unabhängig davon, ob man dieser Ansicht folgen will oder nicht, fehlt es vorliegend schon an einem Totalschaden.

e)
Daneben schulden die Beklagten dem Kläger sowohl die Gebühren (Gemeint sind wohl die Sachverständigenkosten!, Anm. des Autors!) für das vorgerichtlich eingeholte Gutachten in Höhe von 484,54 € sowie eine Kostenpauschale von 25,00 €.

Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich eines Betrages von 3.904,39 € aus §§ 280, 286, 288 BGB. Die Beklagte zu 2. wurde anwaltlich unter Fristsetzung bis zum 13.01.2014 erfolglos zur Zahlung von Nettoreparaturkosten in Höhe von 3.695,42 €, einer Wertminderung von 200,00 €, den Gutachtergebühren und der Kostenpauschale aufgefordert und befand sich mithin ab dem 14.01.2017 mit den begründeten Forderungen im Verzug.

Der Zinsanspruch hinsichtlich der klageerweiternd erstmalig geltend gemachten zusätzlichen Wertminderung von weiteren 300,00 € resultiert aus §§ 288, 291 BGB. Die Klageerweiterung wurde den Beklagten am 10.11.2017 zugestellt (Bl. 146 d. A.).

3.
Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltsgebühren folgt ebenfalls aus §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit 249, 823 BGB und § 115 VVG.

4.
Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

5.
Der Streitwert wird bis zum 06.11.2017 auf 4.405,72 € und ab dem 06.11.2017 auf
4.705,72 € festgesetzt.

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