AG Fürstenfeldbruck verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 01.03.2011 (8 C 2189/10) hat das AG Fürstenfeldbruck die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 422,22 € ohne Zinsen verurteilt. Das Gericht wählt als Schätzungsgrundlage die Schwacke-Liste, Fraunhofer wird abgelehnt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, im Übrigen war sie abzuweisen.

Der Kläger begehrt von der unfallgeschädigten Versicherung gemäß § 7 StvG, § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz, § 823 Abs. 1 BGB und § 249 BGB die Erstattung von restlichen Mietwagenkosten. Über die Haftung der Beklagten im Grunde nach besteht kein Streit. Die für die Mietzeit vom 22.01.2008 bis 01.02.2008 ausgestellte Rechnung über Mietwagenkosten betrug insgesamt 1216,25 €. Hierauf hat die Beklagte bereits 604,52 € gezahlt.

Der Kläger jedoch nur noch 422,20 € von der Beklagten für die Mietwagenkosten verlangen. Ein weiterer Anspruch besteht nicht. Auch Verzug ist nicht ersichtlich.

Der Geschädigte kann vom Schädiger und dessen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten ver­langen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch, in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat sich an dem Wirtschaftlichkeitsge­bot zu orientieren. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahr­zeugs – innerhalb eines gewissen Rahmens – grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als ob­jektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Eine Obliegenheitspflichtverletzung des Klägers sieht das Gericht nicht.

Das Gericht sieht nach jetziger Lage der Dinge in dem Schwacke-Auto-Mietpreisspiegel eine ge­eignete Schätzgrundlage. Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken an der grundsätzli­chen Eignung dieser Liste, vermag das Gericht nicht zu teilen. Dass der Frauenhofermethode der Vorzug zu geben sei, erschließt sich nicht. Das Gericht erkennt hierbei nicht, dass es sich in beiden Fällen um Erhebungen von renomierten Unternehmen handelt. Der – nicht unbeachtli­che – Umstand, dass der Schwacke-Auto-Mietspreisliste im Gegensatz zur Frauenhoferliste kei­ne anonymen Befragungen zu Grunde liegen, rechtfertigt es nicht, eine andere Schätzgrundlage heranzuziehen. Ein methodisch falscher Ansatz der Schwacke-Ermittlung bei der offenen Befra­gung ist nicht erkennbar. Das gilt auch für die Methode der telefonischen Befragung und der Inter­netermittlung. Dem gegenüber liegt der Schwacke-Liste in der Berücksichtigung von dreistelli­gen Postleitzahlgebieten und der breiteren Basis der befragten Unternehmen sowie der Einbezie­hung einer kurzen Vorwurfsfrist. Die Berücksichtigung einer kurzen Vorlaufzeit wird der Situationder Anmietung eines Mietwagens als Ersatz für ein nicht fahrtaugliches Fahrzeug eher gerecht. Die allgemeinen Darlegungen der Beklagten im Hinblick auf die vermeindliche Untauglichkeit der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage rechtfertigen die Einholung eines Sachverständigengutach­tens nicht. Dem Gericht ist es nicht verwehrt, im Rahmen des Schätzungsermessens nach § 287 ZPO den anerkannten Schwacke-Auto-Mietpreisspiegel unter Berücksichtigung der bisheri­gen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes zu Grund zu legen, mit der sich der Bundesge­richtshof bis in die jüngste Zeit zur Zulässigkeit der Schätzung auf Basis der  2008 als aktuellere Liste zum Unfallzeitpunkt.

Auf die Frage des Mietwagentarifes kommt es insoweit hier nicht an, als dass lediglich die Ab­rechnung nach Schwacke begehrt wird, nicht aber die Abrechnung nach einem Unfallersatztarif. Zwar lautet die gestellte Rechnung auf „Schwacke 2006 zuzüglich eines pauschalen Aufschla­ges von 20 %“, dieser wird aber klageweise nicht mehr geltend gemacht, sondern lediglich auf basis von Schwacke Abrechnung begehrt, so dass der Kläger nicht mehr begehrt als den Norma­laufwand. Das Gericht sieht auch die Argumentation der Beklagtenseite nicht, wenn diese vor­trägt das direkte Abrechnen der Mietwagenfirma nach Schwacke sei kein betriebswirtschaftlich angemessener Normaltarif und es fehle an einem erstattungsfähigem Betrag. Das Mietwagenun­ternehmen stellte zum einen nicht direkt, Rechnung nach Schwacke, sondern begehrt ein Mehr, nämlich Schwacke plus 20 %. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass wenn eine Rechnungsstel­lung in Anlehnung an Schwacke erfolgt, eine betriebswirtschaftliche Kalkulation beim Mietwagen­unternehmen schlichtweg fehlt. Zum einen ist auch die Entscheidung, dass in Anlehnung an Schwacke abgerechnet wird, eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, zum anderen wurde hier nicht wie in der beklagtenseits zitierten Entscheidung des LG Ansbach, 1 S 1324/09, nach der (jeweils ) „aktuellen Schwackeliste“ abgerechnet, sondern nach der von 2006. Das ist ein Un­terschied.

Das Gericht sieht ausreichend mit dem Kilometervortrag zur Erforderlichkeit vorgetragen. Es schließt von der Nutzung auf die Erforderlichkeit. Anhaltspunkte, von einem Zweitwagen oder von einem Krankenhausaufenthalt des unfallbeteiligten Klägers auszugehen, sieht das Gericht nicht.

Abrechenbar sind daher nach Schwacke-Liste 2008 , K10, als Mietwagen 1x mittlere Wochenpau­schale und 1x mittlere 3-Tagespauschale nach Schwacke 2008 : 237 € + 461,72 €= 698,72 €

Außerdem sind Nebenkosten einzubeziehen, die neben dem normalen Tarif im Grunde ersatzfä­hig sind.

Die Kosten für eine Haftungsbefreiung oder Haftungsreduzierung sind erstattungsfähig, weil ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten besteht, für die Kosten einer Beschädigung des Mietfahrzeuges nicht selbst zu haften. Die Kosten hierfür belaufen sich nach K 11 auf 60 € + 140 €, also 200 €. Dies entspricht der Schwackeliste 2008, die das Gericht als taugliche Schätz­grundlage ansieht.

Auch die Kosten für die Winterreifen sind erstattungspflichtig in Höhe von 8 x 10 € zzgl Mehrwert­steuer von 19 %. Das Gericht teilt hier die Auffasung des AG Kempten , 52 S 1327/10 , dass die Kosten für eine Winterbereifung gesondert auszuweisen und hinzuzurechnen sind, sofern dies im Mietvertrag gesondert vereinbart wurde. Dem war hier so, K 1. Vorliegend wurden die Kosten für die Winterbereifung in Rechnung gestellt. Die Anmietzeit war im Januar 2008. Da im Anmietbereich im Zeitraum der Anmietung regelmäßig mit Schneebelag auf Straßen zu rechnen war, durfte der Kläger vorliegend das Mietfahrzeug mit Winterreifen ausstatten lassen.

Angesichts des ergänzenden Vortrags zu den Verbringungskosten erachtet das Gericht diese als zusprechbar in Höhe der in Rechnung gestellten 2 x 13,79 € x 1,19 %, also insgesamt 32,80 €. Das Gericht sieht diese auch als erforderlich an angesichts der Tatsache, dass unbestritten , eine Verbringung von Fahrzeug/Person zwischen G. und F. erforderlich war. Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass der Geschädigte hier auf den ÖPNV verwiesen werden kann. Wie das Gericht aus eigener Erfahrung als regelmäßiger Nutzer des ÖPNV weiß, sind die Ortschaften F. und G. nur minderwertig miteinander vernetzt. Von einer „innerörtlichen“ Verbindung kann nicht gesprochen werden. Es ist idR der Wechsel zwischen Bus und S-Bahn – mit den damit verbundenen Unannehmlichkeiten wegen Verspätun­gen bei der S-Bahn und der lediglich 20-minütigen Bustaktung – erforderlich. Die Fahrzeiten mit dem ÖPNV sind erheblich länger als mit dem PKW. Weitere Verbringungskosten sieht das Ge­richt nicht als nachgewiesen an.

Unter Berücksichtigung der unstreitig erbrachten Zahlungen ergibt sich folgende Berechnung der Erstattungsforderungen:

1.              Mietwagen 1x mittlere Wochenpauschale und 1x mittlere 3-Tagespauschale nach Schwacke 2008: 237 € + 461,72 €= 698,72 €

2.              Winterreifen : 8 x 10 € x 1,19 = 95,20 €

3.              Vollkaskoversicherung : 200 €

4.              Verbringungskosten 32,80 €

Dies ergibt 1026,72 €.

Hierauf hat die Beklagte bereits 604,52 € geleistet, so dass noch ein Anspruch in Höhe von 422,20 € verbleibt. Diesen, und nicht mehr, kann der Kläger ersetzt verlangen.

Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.

Verzug hat der hierfür darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht nachweisen können. Aus K 6 ergibt sich zur Überzeugung des Gerichtes keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen, denen K 6 nicht genügt.                                                                                                                                ‚

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 9%, die Beklagte 91 %. Dies ergibt sich aus §§ 91, 92 ZPO. Von § 92 Abs. 2 ZPO hat das Gericht keinen Gebrauch gemacht. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711, 713 ZPO. Der Streitwert ergibt sich nach den § 3 ZPO. Gründe für eine Berufungszulassung liegen nicht vor.

Soweit das AG Fürstenfeldbruck.

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3 Antworten zu AG Fürstenfeldbruck verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. RA Schepers sagt:

    Angesichts des ergänzenden Vortrags zu den Verbringungskosten erachtet das Gericht diese als zusprechbar in Höhe der in Rechnung gestellten 2 x 13,79 € x 1,19 %, also insgesamt 32,80 €. Das Gericht sieht diese auch als erforderlich an angesichts der Tatsache, dass unbestritten , eine Verbringung von Fahrzeug/Person zwischen G. und F. erforderlich war. Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass der Geschädigte hier auf den ÖPNV verwiesen werden kann. Wie das Gericht aus eigener Erfahrung als regelmäßiger Nutzer des ÖPNV weiß, sind die Ortschaften F. und G. nur minderwertig miteinander vernetzt. Von einer “innerörtlichen” Verbindung kann nicht gesprochen werden. Es ist idR der Wechsel zwischen Bus und S-Bahn – mit den damit verbundenen Unannehmlichkeiten wegen Verspätun­gen bei der S-Bahn und der lediglich 20-minütigen Bustaktung – erforderlich. Die Fahrzeiten mit dem ÖPNV sind erheblich länger als mit dem PKW.

    Hier kommt es m.E. nicht darauf an, daß die Ortschaften F. und G. nur minderwertig miteinander vernetzt sind (eine wunderbare Formulierung :-)). Der Geschädigte muß sich überhaupt nicht auf Bus und Bahn verweisen lassen. Sein Auto ist defekt wegen eines Unfalls. Ihm steht für die Reparaturdauer ein Mietwagen zu. Er muß nicht auf ein Auto verzichten und stattdessen mit der Bahn fahren. Gleiches muß auch gelten, wenn es darum geht, den Mietwagen tatsächlich in Besitz zu nehmen.

    Die doppelten Verbringungskosten (Mietwagen bringen und wieder abholen) belaufen sich auf 32,80 €. Man hätte diese Verbringungskosten a l l e n f a l l s mit Taxikosten für die Fahrten zur Mietwagenfirma und zurück vergleichen können. Die Benutzung eines Taxis läßt sich noch einigermaßen mit der Bequemlichkeit und ständigen Verfügbarkeit eines eigenen Autos vergleichen, nicht aber Bus und Bahn.

    Und selbst hierbei wäre dann fraglich, ob dem Geschädigten zuzumuten wäre, vorweg bei einem Taxiunternehmer nach den (ungefähren) Kosten zu fragen und diese mit den Verbringungskosten zu vergleichen.

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,
    bei dem, was das Gericht als Verbringungskosten bezeichnet hat, handelt es sich gar nicht, wie Sie zu recht hinweisen, um Verbringungskosten. Verbringungskosten im eigentlichen Sinn sind die Kosten für die Überführungstransporte von der Reparaturwerkstatt zum Lackierbetrieb, wenn, wie üblich, die Markenfachwerkstatt keine eigene Lackiererei hat. Diese Kosten haben aber auch gar nichts mit den Bring- und Holkosten des Mietwagenunternehmers zu tun.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    Willi Wacker

  3. borsti sagt:

    Na ja, – da war halt einer überfordert.

    Das ist ja uch schwer auseinander zu halten. Fahrzeug zur Lackierei oder Hol- und Bringkosten für einen Mietwagen oder beides oder was auch immer. Das rafft halt nicht jeder, bei Scheidungen gibt es sowas nicht. Ist aber auch egal – oder?

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