AG Köln verurteilt das Büro Grüne Karte zur Forderungsfreistellung (268 C 62/08 vom 13.11.2008)

Mit Urteil vom 13.11.2008 (268 C 62/08) hat das AG Köln das Büro Grüne Karte zur Forderungsfreistellung im Höhe von 1.199,78 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch hier gilt die Schwacke-Liste, keine Fraunhofer Tabelle.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten in tenorierter Höhe.

Mietwagenkosten gehören grundsätzlich zum Herstellungsaufwand, den ein Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung gemäß § 249 BGB dem Geschädigten nach einem Unfall zu ersetzen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind als erforderlicher Aufwand nur diejenigen Mietwagenkosten anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.

Die vom Kläger geltend gemachten Preise sind hier nicht zu beanstanden. Als Vergleichs- und Schätzgrundlage hierfür sieht das Gericht den Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 als geeignet an. Hiervon geht offensichtlich auch der BGH aus, der in der Entscheidung vom 19.4.2005,18.3.2008.und vom 24.6.2008 die Ausführungen des Berufungsgericht zitiert, welches die Schwacke- Liste herangezogen hat, hierzu aber keine Bedenken geäußert hat.

Bei der Bildung der gewichteten Mittelwerte bzw. Moduswerte hat sich der Schwacke-Auto- Mietpreisspiegel an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert. Die Schwacke- Organisation tritt dabei als neutrale Sachverständigenorganisation auf. Zwar werden zur Berechnung des gewichteten Mittelwertes lediglich die häufigsten Nennungen herangezogen und nicht, wie man denken könnte, ein Mittelwert aus allen Nennungen gebildet. Jedoch ergibt sich hieraus keine völlige Ungeeignetheit der Schwacke- Liste. Warum es nicht repräsentativ sein soll, wenn die Schwacke-Liste nur einen Teil der Mietwagenfirmen befragt oder die häufigsten Preisnennungen zugrunde legt, ist nicht verständlich. Schwacke hat allein im Jahr 2007 mehr als 6.300 Vermietstationen befragt und pro Vermietstation mehr als 600 Einzelinformationen in die Datenbank eingestellt.

Hierzu hätte die Beklagte konkret darlegen müssen, dass die befragten Mietwagenunternehmen völlig aus dem üblichen Preisrahmen herausfallen. Dies hat sie jedoch nicht getan. So sind die konkret von der Beklagten benannten Anmietmöglichkeiten nicht als vergleichbar anzusehen. Es handelt sich um Internetangebote, auf die der Kläger unmittelbar nach dem Unfall nicht ohne weiteres Zugriff hatte. Auch betreffen diese Angebote einen völlig anderen Zeitraum. Dass die Tarife auch im Anmietzeitraum verfügbar waren, ist nicht ersichtlich und wurde von der Beklagten lediglich ohne weitere Angaben ins Blaue hinein behauptet.

Es ist auch im übrigen nicht zu sehen, dass die Schwacke-Liste im vorliegenden Fall als Schätzgrundlage ungeeignet wäre. Die Vergleiche der Beklagten mit anderen Postleitzahlengebieten oder Mietwagenklassen sind dabei nicht ausreichend, denn für einen Geschädigten sind allein das eigene Postleitzahlengebiet und die dort herrschenden Preise maßgeblich. Dass aber die Preise in verschiedenen Gebieten erheblich abweichen können braucht nicht naher erläutert zu werden. Die Beklagte hat sich – mit Ausnahme der Angaben des Frauenhofer Instituts – nur auf Gutachten oder Erhebungen bezogen, die andere Postleitzahlengebiete (hier maßgeblich: 525, Gutachten Dr. Priester 661, Gutachten Fischer: 402, Gutachten Thalhammer: kein Postleittzahlengebiet vorgetragen, lediglich Internetangebote, Gutachten Dr. Klein: allgemeine Erwägungen; Studie Dr. Zinn: kein Postleitzahlengebiet vorgetragen, Gutachten Dr. Klein und Meinel: 942; Gutachten Schellenberg-Himbert GmbH: 026, Gutachten Dr. Zinn: Schweinfurt), andere Erhebungszeiträume und andere Mietwagenklassen betrafen. Dies kann als konkreter Vortrag, der die Ungeeignetheit der Schwacke- Liste für den hier betroffenen Fall zeigen soll, nicht genügen.

Die Vergleiche der Beklagten mit den Erhebungen des Frauenhofer Institiut hält das Gericht außerdem nicht für ausreichend. So bestehen für das Gericht erhebliche Zweifel an dieser Studie. Das Frauenhofer Institut hat mit der nicht belegten Begründung, dass der Anmietzeitraum nur in äußerst seltenen Fällen Einfluss auf den Preis habe, einen Anmietzeitpunkt gewählt, der zwischen Donnerstag 14 Uhr und Montag 9 Uhr lag. Evtl. Ferieneinflüsse, Sondertarife u.a. wurden nicht berücksichtigt und flössen auch nicht in Durchschnittspreise ein. Es wurde außerdem jeweils ein etwa eine Woche in der Zukunft liegender Anmietzeitpunkt ausgewählt Die Erhebung auf Internetbasis, die 88% der Daten-ausmacht» umfasste 1529 Anmietstationen, die auf nur sechs verschiedene, überregionale Anbieter entfallen. Ferner wurden für das zu mietende Fahrzeug fast immer nur Beispielfahrzeuge angegeben; eine Zusicherung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell wurde nicht abgegeben. Die Postleitzahlengebiete sind außerdem derart groß gewählt, dass ein Vergleich mit den kleineren Gebieten der Schwacke-Liste, kaum möglich ist Da ein Geschädigter grundsätzlich eine Anmietung in Wohnort- oder Werkstattnähe vornimmt, können weiter entfernte Mietwagenanbieter in einem groß gewählten Gebiet die Preise erheblich verzerren.

Zudem handelt es sich um einen Mietpreisspiegel für 2008; die Erhebungen wurden zwischen dem 19.2. und dem 16.5.2008 durchgeführt. Dies kann für die hier notwendige Anmietung In 2007 nicht maßgeblich sein.

Unter den gegebenen Umständen ergibt sich (PLZ 525, Gruppe 7 für 22 Tage) ein Schwacke- Listenpreis für 3 Wochen zu je € 731,50 sowie für 1 Tag zu € 134,40. Dies ergibt einen Gesamtpreis von € 2.328,90.

Bei der Berechnung der erforderlichen Kosten folgt das Gericht im Übrigen der Abrechnungsweise des Oberlandesgerichtes Köln in seinem Urteil vom 2.3.2007 (19 U 181/06). Dort sind die Vorgaben des Bundesgerichtshofes zur Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten beziehungsweise zur Anmietung eines Ersatzfährzeuges nach einem Unfall zutreffend berücksichtigt.

Hiernach ist ein Zuschlag wegen des unfallbedingten Mehraufwands vorzunehmen, den das Gericht auf 20%, also auf weitere € 465,78. schätzt. Bei der Frage, ob dieser „Unfallersatztarif“ erforderlich war. konnte sich das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechfertiger (BGH, Urteil vom 24.6.2008, Az: VI ZR 234/07). Dies ist zu bejahen. Der Geschädigte kann zumeist die Mietzeit nicht im Voraus bestimmen, er muss keine Sicherheit hinterlegen und nicht in Vorleistung gehen, auch erfolgt die Anmietung nicht mit Vorlauf, sondern kurzfristig.

Ein weiterer Vortrag des Klägers, weshalb dem Geschadigten ein günstigerer Tarif nicht zugänglich war, ist nicht zu fordern. Ein niedrigerer Schadensersatz ist nur ausnahmsweise dann zu leisten, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war (BGH, Urteil vom 24.6.2006, Az: VI ZR 234/07). Wie bereits dargelegt sind die von der Beklagten genannten Tarife nicht als ausreichend anzusehen, da nicht einmal dargelegt wurde, dass sie auch Im hier betroffenen Zeitraum ohne Internet verfügbar gewesen wären.

Hinzu kommen die Kosten für die Haftungsbefreiung für dreimal 7 Tage und einmal 1 Tag in Höhe von insgesamt € 494,00 sowie Kosten für Zufuhr und Abholung in Höhe von jeweils € 25,00. Die letztgenannten Positionen sind der Schwacke-Nebenkostentabelle (Bundesdurchschnitt) entnommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kosten einer für ein Ersatzfahrzeug abgeschlossenen Vollkaskoversicherung auch dann ersatzfähig sein können, wenn das eigene Fahrzeug nicht vollkaskoverslchert ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Geschädigte während der Mietzeit regelmäßig einem höheren wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt ist, da es sich bei den Mietfahrzeugen meist um neuere Fahrzeuge handelt (vgl. BGH, Urteil vom 15.2.2005, Az: VI ZR 74/04).

Hiermit folgt für den Kläger folgender Anspruch:

 

Mietpreis 22 Tage                                            € 2.328,90

Aufschlag von 20%                                          €   465,78

Versicherung                                                    €   494,00

Zustellung/Abholung        __________            €     50,00

Gesamt                                                            € 3.338,68

Abzüglich der geleisteten Zahlung von € 2.138,90 verbleibt ein Anspruch auf Zahlung von € 1.199,78.

So die Ausführungen des AG Köln.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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