AG Mainz verurteilt mit Urteil vom 21.4.2011 – 70 C 334/10 – ebenfalls bei geringem Schaden zur Erstattung der Sachverständigenkosten.

Hallo Leute, weil es mit dem geringfügigen Schaden gerade so schön war, hier noch ein kurzes, knappes und schlüssiges Urteil aus Mainz. Wenn die Beklagte selbst vorträgt, dass ihrer Ansicht nach der Schaden knapp unter 1000 Euro liege, so ist dieser Vortrag unerheblich, da er das Vorbringen aus der Klage nicht zu Fall bringen kann. Schon von daher musste das Klagebegehren Erfolg haben. Die Rechtsprechung, nach der der BGH die sog. Bagatellschadensgrenze bei ca. 700 € gesetzt hat, wobei es sich sicherlich nicht um eine starre Grenze handelt, müßte der beklagten Haftpflichtversicherung doch bekannt sein. Deshalb ist die Begründung, auch Schäden über 700 € seien sog. Bagatellschäden durch nichts begründet ist. Lediglich eine von Trost (VersR 1997, 537) damals vertretene Mindermeinung wollte die Bagatellschadengrenze erheblich erhöhen, um Privatgutachten unmöglich zu machen.  Peinlich für die Schädigerversicherung ist es natürlich, sich auf einen Schadensbetrag zu berufen, der selbst auch oberhalb der ungefähren Grenze von ca. 700 € liegt. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare bitte ab.

Aktenzeichen:
70 C 334/10

Verkündet am 21.04.2011

Amtsgericht
Mainz

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Mainz durch die Richterin am Amgericht … am 21.04.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 198,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.10.2007 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherer des Unfallschädigers aus dem Verkehrsunfall vom 19.05.2009, den unstreitig der Versicherungsnehmer der Beklagten an dem Fahrzeug der Klägerin verursacht hatte, verpflichtet, der Klägerin gemäß § 249 BGB auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der durch den Unfall verursachten Schadenshöhe zu zahlen.

Insbesondere kann dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht entnommen werden, dass die Klägerin eine Schadensminderungspflicht verletzt hätte, in dem sie anstatt eines Kostenvoranschlages ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben hatte.

Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht kann dem Geschädigten nur dann angelastet werden, wenn es sich ersichtlich und auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar nur um einen geringfügigen Schaden handelt, der Bagatellcharakter hat. Das ist bei dem Umfang der hier unstreitig gegebenen Bruttoreparaturkostenrechnung in Höhe von 1.110,72 € nicht der Fall und wäre es auch nicht, wenn man lediglich den von der Beklagten kalkulierten Reparaturschaden in Höhe von 933,38 € zu Grunde legen würde, denn dieser Betrag liegt ebenfalls noch weiter über 700,- € und kann damit nicht als Bagatellschaden bezeichnet werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286, 288 BGB, §§ 91, 713 ZPO.

Jetzt bitte Eure Meinungen.

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1 Antwort zu AG Mainz verurteilt mit Urteil vom 21.4.2011 – 70 C 334/10 – ebenfalls bei geringem Schaden zur Erstattung der Sachverständigenkosten.

  1. Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    AG Mainz verurteilt mit Urteil vom 21.4.2011 – 70 C 334/10 – ebenfalls bei geringem Schaden zur Erstattung der Sachverständigenkosten.

    Dienstag, 26.07.2011 um 12:34 von Willi Wacker

    Sehr geehrter Herr Willi Wacker,

    eigentlich sollte doch als bekannt unterstellt werden dürfen, dass, wer einen Schadenersatzanspruch geltend macht, diesen auch beweisen muss und zwar zunächst einmal unabhängig von der Schadenhöhe.

    Ein Beweissicherungs-Gutachten, so denn es tatsächlich auch ein solches ist, hat damit eine völlig andere Bedeutung als ein Kostenvoranschlag und wer im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur mit einem Kostenvoranschlag seinen Schadenersatzanspruch beweisen will, hat schlechte Karten, denn auch die Gerichte sehen einen solchen Kostenvoranschlag völlig zutreffend als ein nicht auureichendes Beweismittel an, denn dieser dokumentiert nicht den Unfallschaden, sondern lediglich die angedachten Reparaturaufwendungen zur Schadenbehebung.

    Wollte man die Berechtigung zur Einholung eines Beweissicherungs-Gutachtens primär allein von der voraussichtlichen Reparaturkostenhöhe abhängig machen die ja zunächst nicht bekannt und deshalb erst noch zu ermitteln wäre, so könnte sich beispielsweise die fatale Situartion ergeben, dass der Sachverständige bei Berücksichtigung von Abrechnungsmodalitäten einer fabrikatsgebundenen Fachwerkstatt an wahrscheinlich erforderlichen Reparaturkosten ca. 750,00 € ermittelt und im gleichen Schadensfall bei Berücksichtigung von Abrechnungsmodalitäten einer anderen Reparaturwerkstatt nur
    600,00 €. Bereits dieses Beispiel verdeutlicht den Widerspruch einer solchen Betrachtungsweise.

    Letztlich kann aber auch nicht übersehen werden, dass Versicherungen – und das oft sogar aus gutem Grunde – auch „Kleinstschäden“ unter 500,00 € begutachten lassen, obwohl schon ein Kostenvoraschlag vorliegt. So wird gerade bei relativ geringfügigen Parkplatzschäden oftmals vehement bezüglich der unfallbedingten Reparaturkosten gestritten. Und wer hier seinen Schadenersatzanspruch unter Kompatibilitäts- und Plausibilitätsgesichtspunkkten nicht ausreichend schlüssig unter Beweis stellen kann, hat bezüglich des Schadenersatzes schlechte Karten.

    Mit freundlichen Grüssen
    aus Bochum & Tangendorf

    Kfz.-Sachverständigenbüro
    Dipl.-Ing. Harald Rasche

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