AG München spricht mit Urteil vom 24.2.2011 -343 C 23050/10- die Lackangleichungskosten auch bei fiktiver Schadensabrechnung zu.

Hallo Captain-Huk-Leser, hier nun ein Urteil zu der fiktiven Abrechnung eines Unfallschadens, bei dem der Sachverständige auch eine Lackangleichung kalkuliert hat. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung war der Ansicht, diese Kosten nicht zu schulden, da sie nicht erforderlich seien. Dem hat die Amtsrichterin der 343. Zivilabteilung des AG München widersprochen. Sie hat die fiktiven Lackangleichungskosten – zu recht –  zugesprochen. Was konkret anfällt, das ist auch fiktiv zu ersetzen. Was sagt ihr?  

Az.: 343 C 23050/10

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

wegen Schadenersatz

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht … am 24.02.2011 auf Grund des Sachstands vom 10.02.2011 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 331,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.06.2008 zu bezahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495 ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

I.

Die Klage ist begründet.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte im Zusammenhang mit der Schadensregulierung die Kosten verlangen, die ein verständiger wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Bei der hier vorgenommenen fiktiven Abrechnung sind die Beilackierungskosten dann zu erstatten, wenn sie bei einer Reparatur tatsächlich anfallen würden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, Aktenzeichen 1-1 U 20046/07, Rn. 63 zu den so genannten UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten). Dadurch soll sichergestellt werden, dass nach Eingang der Reparaturkostenrechnung Abweichungen zur Kalkulation des Sachverständigen vermieden werden. Stehen die Kosten nicht von vornherein fest, kann der Unfallgeschädigte sie bei fiktiver Abrechnung vom Unfallgegner nicht verlangen, denn er darf sich nicht auf dessen Kosten bereichern.

Bei dem hier in Streit stehenden Betrag von 331,86 € ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der streitgegenständlichen Frage unwirtschaftlich. Das Gericht nimmt deshalb die Bewertung nach § 287 ZPO anhand der vorgelegten Unterlagen und einer eigenen Internetrecherche zu diesem Thema vor.

Dabei war zu berücksichtigen, dass die vorgelegten Quellen und die im Internet verfügbaren Unterlagen größtenteils von gewissen Interessenverbänden oder Betroffenen veröffentlicht werden. Deshalb waren die Ausführungen entsprechend kritisch zu würdigen und die Begründung besonders zu beachten. Aus diesem Grund wurde der von der Klagepartei in der Anlage K5 vorgelegten Resolution kein so großes Gewicht beigemessen. Die Unterzeichner sind jeweils Vertreter von Fachverbänden, die ein Eigeninteresse verfolgen. Im Internet fand sich noch eine ausführliche Stellungnahme des Allianzverbandes (www.allianz-autowelt.de/../index_lackreparatur.html) in der ausführlich beschrieben wird, wie die Ermittlung des richtigen Farbtons gelingen kann, um Beilackierungen zu vermeiden. Auch beim Allianzverband handelt es sich um einen Interessenverband. Es war jedoch interessant den dort beschriebenen komplizierten Reparaturweg zu verfolgen Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheinen die Ausführungen des Sachverständigen … vom … sachlich fundiert und nachvollziehbar. Der Sachverständige gehört keiner der Interessenverbände an. Der … fertigt Gutachten sowohl für Unfallgeschädigte, als auch für Versicherungen, als auch für das Gericht an. Unter Berücksichtigung der oben genannten Unterlagen geht das Gericht davon aus, dass es mindestens bei Metalllackierungen, wie hier, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich ist, trotz der beschriebenen Methoden zur Ermittlung des richtigen Farbtons letztendlich doch eine Beilackierung durchzuführen.

Die Klage ist mithin begründet.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gemäß §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

So das Urteil der Münchner Amtsrichterin. Nun bitte Eure Kommentare

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2 Antworten zu AG München spricht mit Urteil vom 24.2.2011 -343 C 23050/10- die Lackangleichungskosten auch bei fiktiver Schadensabrechnung zu.

  1. RAin Pichler sagt:

    Ui, das war ja mein Urteil!

    Ebenso wurden uns die Beilackierungskosten mit Urteil vom 31.05.2011 (343 C 25356/10) und Urteil vom 04.07.2011 (343 C 24475/10) beim AG München zugesprochen.

    Nebeneffekt im Urteil vom 06.07.2011:
    „Die Klagepartei kann auch die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des vorgerichtlich eingeschalteten SV verlangen. Es liegt in der Natur der Sache, dass sie bei ihrem Sachverständigen Rücksprache nimmt, wenn die gegnerische Versicherung gewissen Positionen aus dem Gutachten nicht für zutreffend hält. Stellt sich heraus, dass der Einwand der Versicherung unzutreffend ist, dann sind auch die Kosten für die zusätzliche Stellungnahme von der Versicherung zu erstatten.“

  2. RAss. F.W Wortmann sagt:

    Hallo Frau Kollegin Pichler,
    freue mich, auch hier etwas von Ihnen zu lesen. Dass die Urteile von Ihnen erstritten wurden, war mir nicht bekannt. Da Sie aber noch ein drittes Urteil vom 4.7.2011 – 343 C 24475/10 – erwähnt haben, wäre es schön, wenn Sie das Urteil an die Redaktion senden könnten. Selbstverständlich werden Sie dann auch, wenn Sie es wünschen, namentlich genannt. Die Daten der Redaktion ersehen Sie aus dem Impressum.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    F-W Wortmann

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