AG Minden hält Schwacke-Mietpreisspiegel für geeignete Schätzgrundlage und verneint rechnerisches Mittel zwischen Schwacke und Fraunhofer im Urteil vom 23.3.2010 (19 C 127/09).

Der Amtsrichter der 19. Zivilabteilung des AG Minden (Nordrhein-Westfalen) hat seiner Mietwagenkostenentscheidung vom 23.3.2010 ( 19 C 127/09 ) den Schwacke-Mietpreisspiegel zugrunde gelegt und einen rechnerischen Mittelwert zwischen Schwacke-Liste und Fraunhofer-Liste abgelehnt. Maßgeblich ist einzig und allein der Schwacke-Mietpreisspiegel. Die Bestimmung eines Mittelwertes würde den Geschädigten unzumutbar überfordern.

Das Amtsgericht Minden hat mit Urteil vom 23.3.2010 – 19 C 127/09 – für Recht erkannt:

1.  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 770,00 € nebet Zinsen i.H.v.
     5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. 06.2009 zu zahlen.
2.  Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Autovermietung …
     2.647,02 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
     seit dem 02.06.2000 zu zahlen.
3.  Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.  Von den Kosten des Kosten des Rechtstreites hat der Kläger 18% und die
     Beklagte 82% zu tragen.

T a t b e s t a n d

Der Kläger begehrt Schadensereatz aus einem Verkehrsunfall.
Am 22.02.2009 kam es zu einem Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit seinem Fahrzeug beteiligt war sowie ein Herr … .

Am 23.02.2009 wurde der Prozeesbevollmächtigte des Klägers mit der Regulierung des Unfallschadens beauftragt.  Am gleichen Tage erfolgte eine Anfrage beim Zentralruf der Autoversicherer und diese teilte die Beklagte als zuständigeVersicherung mit. Mit Schreiben vom 24.2.2009 wurde die Beklagte aufgefordert, sich zur Haftung zu erklären.  Nach Verlage des Schadensgutachtens wurde die Beklagte mit Schreiben vom 27.02.2009 zur Regulierung des Sachschadens aufgefordert und ihr gleichzeitig mitgeteilt, dass der Kläger finanziell nicht in der Lage sei, eine Ersatzbeschaffung oder eine Reparatur durchzuführen.

Die Beklagte ihrerseits teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 03.03.2009 mit, dass sie nicht der zuständige Versicherer sei.  Der Sachbearbeiter der Beklagten erklärte auf telefonische Nachfrage, dass die Versicherung in … der zuständige Regulierer sei. Diese wiederum
teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 16.03.2009 mit, dass nicht sie,  sondern doch die Beklagte die zuständige Versicherung sei. Erneut wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte unter dem 17.03.2009 und hat diese aufgefordert, den Schaden zu regulieren. Die gleichzeitig an den Versicherungsnehmer der Beklagten gerichtete Aufforderung, seine richtige Versicherung zu nennen, blieb erfolglos.

Mit Schreiben vom 21.03.2009 wurde die Beklagte nochmals zur Regulierung aufgefordert und am 30.03.2009 erinnert unter Hinweis darauf, dass die Mietwagenkosten immer höher würden.

Mit Schreiben vom 10.04.2009 teilte die Beklagte ihre Regulierungsbereitschaft mit und teilte mit Schreiben vom 14.04.2009 dem Prozesebevollmächtigten des Klägers mit, dass ein höheres Restwertangebot, nämlich 1.680,– Euro vorläge.

Der Beklagten wurde dann mitgeteilt, dass das Unfallfahrzeug bereits zu einem Preis von 800,00 €, wie im Gutachten vorgesehen, veräußert worden sei. Gleichwohl rechnete die Beklagte auf Basis des höheren Restwertangebotes mit Schreiben vom 16.04.2009 ab, woraufhin der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 17.04.2009 darauf hin wies, dass mangels ausreichender Zahlung ein Ersatzfahrzeug noch nicht bezahlt werden könne und die Mietwagenkosten daher weiterhin anfielen. Gleichzeitig war eine Bestätigung der Bank beigefügt, wonach eine Kreditaufnahme nicht möglich sei. Eine weitere Zahlung i.H. des Restes von 880,00 € erfolgte unter dem 21.04.2006.

Unter dem 27.02.2009 schloss der Kläger mit dem Autohaus  …. einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Mazda zum Preise von 7.800,00 €. In den Vertragsbedingungen ist aufgeführt, dass 800,00 € auf den Kaufpreis angerechnet werden durch Verrechnung und Übereignung des unfallbeschädigten Fahrzeuges des Klägers, 7.000,00 € per Überweisung im voraus zu zahlen seien und 130,00 € in bar bei Lieferung.

Dieses Fahrzeug wurde am 23.04.2009 auf den Kläger zugelassen, nachdem die Restzahlung gem. Schreiben der Beklagten vom 21.04.2009 erfolgt war.

Für die Zeit vom 16.03.2009 bis 21.04. 2009 mietete der Kläger bei der Fa…. einen PKW an. Die Fa.  … berechnete hierfür 39 Tage á 73,85 € als Normaltarif inkl. Kilometer. Zusätzlich war abgerechnet für 39 Tage einen Zusatzfahrer mit 12,93 €. Einschl. MWSt berechnete die Fa…..  4.027,46 Euro.

Die Beklagte zahlte auf die Mietwagenkosten 779,46 €, die sie direkt an die Fa. ….ausglich.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe für die Zeit vom 23.02. – 15.03.2009 (22 Tage) Nutzungsausfall i.H.v. 43,00 €, insgesamt 946,00 €, zu.

An Mietwagenkosten sei noch ein Betrag von 3248,01 € offen, die an die Fa…. zu zahlen seien. Hierzu behauptet dar Kläger zusätzlich, dass keine Vereinbarung mit dieser Fa. getroffen sei, dass nur das zu zahlen sei, was die Versicherung auch bezahle. Im übrigen sei auch nicht ersichtlich, wie die Gegenseite in ihrer Abrechnung nach Normaltarif berechne und was in diesem enthalten sei. Nach Auffassung des Klägers sei die Abrechnung der Mietwagenkosten auf Basis der Schwacke-Liste vorzunehmen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 946,– € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkton über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2009 zu zahlen und an die Autovermietung  Fa. …  in Minden 3,246,01 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2009.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu, noch habe der Klager einen Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten.

Sie behauptet, der Kläger habe lediglich mit Schreiben vom 27.02.2009 mitgeteilt, dass eine Finanzierung der Schadensbehebung aus eigenen Mitteln oder durch Kreditaufnahme nicht möglich sei und habe erst mit Bescheinigung der Sparkasse  ….vom 16.04.2009 substantiiert mitgeteilt, dass
eine Kreditaufnahme nicht in Betracht komme. Über den Zeitraum davor verhalte sich diese Bescheinigung allerdings nicht. Sie bestreitet daher, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, seit Febr. eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen. Insoweit sei verwunderlich, dass der Kläger bereits am 27.02.2009 einen Kaufvertrag abgeschlossen habe, wonach er sich verpflichtet habe, insgesamt 7.930,– € zu zahlen. Nach dem Gutachten habe der Kläger allerdings lediglich einen Betrag i.H.v. 6.000,– € einkalkulieren können, so dass schon bei Abschluss des Kaufvertrages eine Unterdeckung von 1.930,– € vorgelegen habe.

Die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sei daher ab dem 16.03.2009 nicht erforderlich gewesen. Es gelte umsomehr, als der Kläger offensichtlich für die ersten 22 Tage kein Fahrzeug benötigt habe, so dass der Nutzungswille ebenfalls bestritten werde. Die Abrechnung der Mietwagenkosten für einen Zeitraum von 14 Tagen sei ausreichend, da der Kläger in dieser Zeit ein Ersatzfahrzeug hätte beschaffen können und müssen.

Hinsichtlich der Höhe der Mietwagenkosten wäre es dem Kläger möglich gewesen, sich günstige Konditionen auszuhandeln bzw. ein anderweitiges Fahrzeug anzumteten. Auch müsse der Kläger sich von den reinen Mietwagenkosten 10 % als ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen, im übrigen ist eine Abrechnung der Mietwagenkostan dahingehend zu überprüfen, ob tatsächlich der Normaltarif in Ansatz gebracht worden ist. Diese seien wiederum nicht anhand der Schwacke-Liste zu überprüfen, sondern anhand der Erhebungen des Fraunhofer Institutes, insoweit sei die von Ihnen vorgenommene Abrechnung marktgerecht.

Hinsichtlich der geltend gemachten Nutzungsentschädigung stehe dem Kläger lediglich ein Betrag von 35,– € täglich zu, da das Fahrzeug in der Gruppe C einzuordnen sei.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g r ü n d e :

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

Nach Auffassung des Gerichtes steht dem Kläger sowohl für die ersten 22 Tage ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu sowie für die Zeit vom 16.03. bis 21.04. 2009 ein Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten.

I.

Da die grundsätzliche Haftung der Beklagten gem. §§ 7,17 StVG, § 115 VVG außer Streit ist, ist lediglich über die Berechnung des geltend gemachten Schadens zu entscheiden. Dabei ist zum einen die Nutzungsausfallentschädigung umstritten und zum anderen die Mietwagenkosten.

1.
Gem. § 251 BGB besteht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung, da der unfallbedingte Ausfall eines Kraftfahrzeuges einen wirtschaftlichen Schaden darstellt. Für die Zeit vom 23.02. – 15.03.2009 besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung dieser Nutzungsentschädigung.

Der Unfall ereignete sich am 22.02.2009 und bis zum 15.03.2000 ist eine Regulierung des Schadens durch die Beklagte nicht erfolgt. Der Kläger hat daher unfallbedingt auf die Nutzung des Kraftfahrzeuges verzichten müssen, denn die Zulassung des Ersafzfahrzeuges erfolgte erst am 23.04.2000 nach restlicher Zahlung des geltend gemachten Schadens.

Grundsätzlich setzt der Anspruch auf Nutzungsentschädigung voraus, dass der Geschädigte auch einen entsprechenden Nutzungswillen hat.

Dieser Nutzungswille kann dem Kläger nicht abgesprochen werden. Zwar hat er einen Zeitraum von 22 Tagen verstreichen lassen, bevor er ein Mietwagenfahrzeug angemietet hat, jedoch widerspricht das nicht einem tatsächlich vorhandenen Nutzungswillen. Wenn der Geschädigte sich für einen gewissen Zeitraum in seiner Beweglichkeit einschränkt oder andere  Möglichkeiten,  z.B. den öffentlichen Nahverkehr nutzt, um die Zeit bis zur Regulierung des Schadens zu überbrücken, so spricht dies nicht gegen den Nutzungswillen des Geschädigten. Ihm obliegt es zunächst allein, wie er weiter verfahren will.

Die Tatsache, dass der Kläger unmittelbar nach dem Verkehrsunfall einen anderen PKW angekauft hat, spricht schon dafür, dass er grundsätzlich den entsprechenden Nutzungswillen hatte, einen PKW auch zu führen.

Unter diesen Voraussetzungen ist nach Auffassung des Gerichtes nicht zweifelhaft, dass dem Kläger ein entsprechender Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht.

Allerdings ist die Höhe der Nutzungsentschädigung zu reduzieren.

Entsprechend der Eingruppierung des geschädigten Fahrzeugs steht dem Kläger lediglich ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach der Gruppe D in Höhe von 38,– € zu, wobei auf Grund des Alters des Fahrzeuges und der Laufleistung eine Herabstufung auf Gruppe C notwendig und erforderlich erscheint. Damit steht ihm lediglich ein Anspruch von täglich 35,– € zu, insgesamt ergibt dies einen Betrag von 770,– €.

2.
Dem Kläger steht darüberhinaus ein Anspruch auf die geltend gemachten Mietwagenkosten für 39 Tage zu.

Die nach § 249 ff. BGB geschuldete Wiederherstellung des früheren Zustandes nach dem Wegfall der Nulrnngsmöglichkeiten eines unfallbeschädigten Fahrzeuges kann der Geschädigte durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges erreichen, in diesem Fall hat der Schädiger die durch die Anmietung entstandenen Kosten zu ersetzen, soweit sie erforderlich gewesen sind. Sie gehören dann zum erforderlichen Herstellngsaufwand (OLG Düsseldorf 1 U 151/06).

Vorwiegend sind die Mietwagenkosten auch nicht auf die Dauer der erforderlichen Reparatur zu beschränken. Dabei muss folgendes bedacht werden.

Der Unfall geschah am 22.02.2009. Nachdem der Kläger-Vertreter durch den Zentralruf der Auto Versicherer die Beklagte als regulierende Versicherung genannt bekommen hatte, hat die Regulierung unter Hinweis darauf, nicht der Versicherer zu sein, die Regulierung abgelehnt. Die dann daraufhin in Anspruch genommene Versicherung … hat ihrerseits wiederum mitgeteilt, ebenfalls nicht der Regulierer zu sein, so dass sich letztlich wiederum die Beklagte erst am 10.04.2009 erklärt hat, dass sie die Regulierung vornimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Beklagten bereits bewusst gewesen sein, dass der Kläger auf die Regulierung des Schadens wartet, obwohl die Beklagte zur Regulierung verpflichtet war. Die letztlich abschließende Regelung am 21.04.2009 mit einer Zahlung von 880,00 € stellt die abschließende Zahlung dar, so dass der Schadensfall erst am 21.04.2009 für den Kläger abgerechnet war.

Bis zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger nicht über die aus dem Schadensfall ihm zustehende Entschädigungesumme. Der Geschädigte kann bei einem Schadensfall grundsätzlich selbst entscheiden, ob er das unfallgeschädigte Fahrzeug reparieren lässt, soweit kein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt oder ob er ein Ersatzfahrzeug anschafft. Dabei gilt sowohl für die Reparatur wie auch für die Ersatzfahrzeuganschaffung, dass die Regulierung des Schadens dann Voraussetzung ist, wenn der Schädiger nicht in der Lage ist, die Reparatur oder die Ersatzbeschaffung vorzufinanzieren. Hierzu ist der Geschädigte auch grundsätzlich nicht verpflichtet.

Eine Verpflichtung des Geschädigten zur Vorfinanzierung besteht nur ganz ausnahmsweise, nämlich allenfalls dann, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird, wobei die primäre Darlegungslast für eine solche Möglichkeit beim Schädiger liegt (LG Leipzig, 7 0 1019/08). Vorliegend hat der Kläger durch eine Bescheinigung der Sparkasse Porte Westfalica vom 10.04.2009 dargelegt, dass eine weitere Darlehensaufnahme für ihn dort nicht in Betracht kommt.

Darüberhinaus hat der Kläger bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.02.2009 darauf hingewiesen, dass er bis zur Regulierung des Unfallschadens Nutzungsausfall bzw. Mietwagenkosten geltend machen müsse, da eine Finanzierung der Schadensbehebung aus eigenen Mitteln oder durch Kreditaufnahme nicht möglich ist. Das hat er während der Abwicklung nochmals wiederholt, insbesondere auch durch Vorlage der entsprechenden oben genannten Bescheinigung. Unter diesen Voraussetzungen war der Beklagten von Anfang an klar, dass für den Kläger eine Kreditaufnahme nicht möglich war, um den Schaden zu beheben, entweder durch Reparatur oder Ersatz-PKW-Beschaffung. Da der Kläger durch die entsprechende Bescheinigung nach Auffassung des Gerichtes ausreichend dargelegt hat, nicht zur Finanzierung in der Lage zu sein, wäre es Sache der Beklagten gewesen, im einzelnen darzulegen, dass trotz allem eine Kreditbeschaffung möglich gewesen wäre. Dies hat die Beklagte allerdings unterlassen, sondern lediglich bestritten, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, eine Kreditaufnahme vorzunehmen.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass der Kläger bereits am 27.02.2009 einen Kaufvertrag über ein Ersatzfahrzeug zum Preise von 7.800,– € unterzeichnet hat.

Es ist nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Geschädigte einen PKW ankauft in der Erwartung, dass die Versicherung nach einer klaren Haftungslage die Regulierung zügig durchführt und sich mithin entsprechend schon gegenüber dem Autohaus zum Ankauf eines PKW verpflichtet. Dass die Regulierung letztendlich einen Ablauf genommen hat, wie es vorliegend geschehen ist, liegt nicht an dem Kläger, sondern im wesentlichen am Verhalten der Beklagten, die ihre Regulierungsverpflichtung zunächst bestritten hat.  Unter diesen Voraussetzungen mag das Verhalten des Klägers zwar ungewöhnlich sein, aber es ist nachvollziehbar.

Auch wenn der Kaufpreis des neuen Fahrzeuges über dem liegt, den die Beklagte als Entschädigungssumme dem Kläger zahlen musste, spricht nicht gegen den Kläger. Es mag durchaus sein, dass der Kläger einen Teil das Kaufpreises zur Verfügung hatte, aber der restliche Betrag aus der Entschädigung durch die Beklagte gezahlt werden sollte, wie es dann auch offensichtlich geschehen ist, denn nach Erhalt der restlichen Schadenssumme ist das Fahrzeug unmittelbar auf den Kläger zugelassen worden. Unter diesen Voraussetzungen ist das Gericht der Auffassung, dass der Kläger bis zum Erhalt des restlichen Schadensbetrages die Nutzung das Mietwagens vornehmen durfte und die entsprechenden Kosten der Beklagten zu erstatten sind.

Erstattungsfähig sind aber lediglich die erforderlichen Kosten, die für die Anmietung eines Mietwagens notwendig sind. Erforderfichkeit nach § 249 BGB bedeutet für den Bereich dar Mietwagankosten, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis verlangen kann.

Ausweislich der Rechnung der Fa. … vom 24.04.2009 ist dam Kläger für die Zeit von 39 Tagen zu einem Normaltarif inklusive Kilometer ein Preis von 73,85 € in Rechnung gestellt worden. Ob dieser Betrag als Normaltarif zu bewerten ist, ist nach Auflassung das Gerichtes allein auf der Grundlage des Mittelwertes zu ermitteln, der sich aus dem sog. Mietpreisspiegel der Fa. Euratax-Schwacke ermitteln lässt. Hierbei bezieht sich das Gericht auf die Entscheidung das BGH vom 10.01.2010 (VI ZR 112/00).

Danach ist allein maßgeblich die Eingruppierung das Fahrzeuges in die sog. Schwacke-Liste.

Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, dass ein Abgleich der sog. Schwacke-Liste und der Markterhebung des Fraunhofer Institutes vorzunehmen ist in der Weise, dass aus beiden ein Mittelwert zu bilden ist, wird dadurch nach Auffassung des Gerichtes der Geschädigte eines Verkehrsunfalles völlig überfordert.  Es ist nicht einsichtig, wie der Geschädigte noch bei diesen Tabellen nachvollziehen soll, welcher Tarif von dar schadensregulierenden Versicherung noch zu übernehmen ist und welcher nicht. Insoweit ist zur Abwicklung eines Schadensfalles auch abzustellen, welche Möglichkeiten der Geschädigte eines Verkehrsunfalles hat, um überhaupt zu ermitteln, welche Tarife noch als Normaltarife anzusehen sind. Vorliegend ist jedenfalls anhand der Schwacke-Liste folgendes festzustellen.

Die Eingruppierung des klägerischen geschädigten Fahrzeuges hätte nach Klasse 5 vorgenommen werden müssen. Der Normaltarif als Mittelwert für dieses Fahrzeug hätte incl. MwSt 94,65 € betragen. Damit liegt der von dem Kläger angemietete PKW unterhalb dieses Mittelwertes, denn der vom Kläger angemietete PKW hatte einen Tagespreis von 73,86 € netto. Dies entspricht einem Bruttobetrag von 87,08 €.

Damit liegt das von dem Kläger angemietete Fahrzeug im Tagespreis unterhalb des Mittelwertes der sog. Schwacke-Liste für das klägerische beschädigte Fahrzeug, so dass dem Kläger nicht vorgeworfen werden kann, ein überteuertes Fahrzeug angemietet zu haben. Unter diesen Voraussetzungen ist das Gericht auch der Auffassung, da das Fahrzeug deutlich unter dem Mittelwert liegt, dass dem Kläger auch kein Betrag abgezogen werden muss, der üblicherweise die ersparten Aufwendungen mit etwa 10 % berücksichtigt.

Damit steht dem Kläger ein Anspruch aus den Mietwagenkosten i.H.v. 2,880,76 € zzgl. 547,23 € MWSt zu. Insgesamt ergibt dies einen Betrag von 3.427,37 €.

Dem Kläger steht allerdinge kein Anspruch auf den Betrag zu, den die Fa … für einen Zusatzfahrer in Rechnung gestellt hat.

Hier hätte es seitens des Klägers einer näheren Darlegung und Substantiierung bedurft,  inwieweit ein Familienangehöriger das Fahrzeug vor dem Unfall tatsächlich genutzt hat und in welchem Umfang. Allein die Tatsache, dass ein Familienangehöriger das Fahrzeug gelegentlich nutzt, rechtfertigt nicht die Kosten, die dadurch entstehen, dass nach Anmietung des Fahrzeuges dieses Fahrzeug auch durch einen zweiten Fahrer gefahren werden kann.

Insgesamt ergibt sich daher seitens des Klägers ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung i.H.v. 770,– € und Mietwagenkosten i.H.v. 3.427,37 €.

Die von der Beklagten gezahlten 779.45 € sind allein auf die Mietwagenkosten gezahlt worden, so dass sich ein Anspruch insoweit lediglich noch i.H.v. 2,847,82 € ergibt.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 ff. BGB.

Die Kostenentecheidung beruht auf § 92 ZPO.

So das Urteil des AG Minden.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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