AG Neubrandenburg spricht sich auch gegen BVSK-HUK-Coburg-Gesprächsergebnis aus ( Urteil vom 30.7.2010 – 5 C 50/10 – ).

Wieder ein Urteil für die noch anzulegende Urteilsliste“ BVSK-HUK-Coburg-Gesprächsergebnis kein Maßstab“. Die Amtsrichterin der 5. Zivilprozessabteilung des Amtsgerichtes Neubrandenburg sieht in ihrem Urteil vom 30.7.2010 – 5 C 50/10 – das Gesprächsergebnis der HUK-Coburg mit dem BVSK als nicht maßgeblichen Orientierungsmaßstab an und orientiert sich an der Honorarbefragung. Jetzt entscheiden immer mehr Richter/innen gegen das Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg. Nachfolgend das Urteil  des AG Neubrandenburg:

Amtsgericht Neubrandenburg

5 C 50/10

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Lohmühlenweg 01, 18057 Rostock

– Beklagte –

Prozeßbevollmächtigte:

hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch Richterin am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO aufgrund der bis zum 28.07.2010 eingegangenen Schriftsätze am 30.07.2010 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 291,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2009 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 291,62 €

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO i. V. m. § 495 a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht (vgl. Abtretungserklärung vom 18.11.2009, des Herrn …) gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages gemäß §§ 823 Abs. 1, 2, 249, 398 BGB i. V. m. §§ 7, 17 StVG zu.

Mit der Geltendmachung der Ansprüche auf Erstattung der Sachverständigenkosten betreibt der Kläger insbesondere keine genehmigungspflichtige Inkassotätigkeit. Die Abtretungserklärung vom 18.11.2009 erstreckt sich erkennbar ausschließlich auf die Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall, welche sicherungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an den Kläger als Kfz-Sachverstandigen abgetreten worden sind, § 398 BGB. Damit ist die Abtretung ausschließlich auf die Gutachterkosten beschränkt und stellt keine umfassende Abtretung zugunsten des Klägers dar. Die Abtretungserklärung begegnet weder in Form noch Inhalt rechtlichen Bedenken und ist zulässigerweise die Grundlage für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche (hier Gutachterkosten) im vorliegenden Verfahren.

Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auch erstattungsfähig. Die Begutachtung des Schadens war unstreitig erforderlich und hat angesichts der Schadenshöhe auch nicht gegen die dem Auftraggeber obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Beträge der Geschädigte bezahlt hat, sondern welcher Aufwand als erforderlich zur Wiederherstellung angesehen werden kann. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Insoweit ist der Geschädigte grundsätzlich aber nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.

Bezüglich der Höhe der Vergütung und Auslagen eines außergerichtlich tätigen Kfz-Sachverständigen gibt es keine grundsätzliche Regelung. Da der Kläger mit seinem Auftraggeber keine Vergütungsvereinbarung getroffen hat, richtet sich die Vergütung somit nach der üblichen Vergütung gemäß § 632 BGB. Die von dem Kläger seiner Abrechnung zugrunde gelegte BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 (Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigenhonorars) stellt nach Auffassung des Gerichts eine geeignete Schätzgrundlage dar. Diese spiegelt nämlich in etwa die durchschnittlichen Honorare der Sachverständigen in dem Zeitraum wieder, in dem der hier maßgebliche Unfall stattfand. Das von dem Kläger abgerechnete Grundhonorar überschreitet die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung nicht. Der Kläger hat Reparaturkosten mit Netto 1.363,59 € kalkuliert. Unter Bezugnahme auf die BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 berechnen die Sachverständigen Überwiegend bei einer Schadenshöhe bis 1.500,00 € (netto) Grundgebühren im Rahmen eines Honorarkorridors von 253,00 € bis 297,00 €. Der Kläger hat eine in diesem Rahmen liegende Grundgebühr von 290,00 € berechnet, so dass seine Gebührennote nicht zu beanstanden ist. Nach Auffassung des Gerichts darf ein wirtschaftlich denkender Mensch daher jedenfalls die Kosten in einer Größenordnung für erforderlich halten, die von der Mehrzahl der Kfz-Sachverständigen für vergleichbare Gutachten berechnet werden. Einen nachvollziehbaren und somit geeigneten Orientierungspunkt bildet daher die vom Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) regelmäßig durchgeführte Honorarbefragung unter den im BVSK organisierten Sachverständigen.

Ob die Beklagte mit dem BVSK Gespräche geführt und Gesprächsergebnisse erzielt hat und wie diese Gesprächsergebnisse im Einzelnen ausgesehen haben, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls können Gespräche der Beklagten mit dem BVSK keine Bindungswirkung für den einzelnen Sachverständigen und somit auch nicht für den Kläger entfalten.

Neben dem Grundhonorar ist der Kläger grundsätzlich auch berechtigt, Nebenkosten für den ersten Lichtbildersatz, diese liegen leicht oberhalb der Spanne, zu berechnen. Die Kosten für den zweiten Lichtbildersatz hingegen liegen innerhalb der Spanne, ebenso wie die Kosten für Schreibauslagen und die pauschale Porto/Telefon/EDV. Soweit die Beklagte die Nebenkosten im Einzelnen bestreitet, erfolgt dies unsubstantiiert. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass dem Kläger die Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Begutachtung entstanden sind.

Im Hinblick auf die außergerichtlich erfolgte Zahlung steht dem Kläger auf seine Gutachterrechnung ein Restbetrag in Höhe von 291,62 € zu, zu dessen Zahlung die Beklagte zu verurteilen war.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug (§§ 286, 288 BGB).

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11,711,713 ZPO.

Damit hätten wir dann, wenn ich richtig gezählt habe, schon fünf Instanzurteile.

Urteilsliste “ SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Neubrandenburg spricht sich auch gegen BVSK-HUK-Coburg-Gesprächsergebnis aus ( Urteil vom 30.7.2010 – 5 C 50/10 – ).

  1. Willi Wacker sagt:

    Siehe Bericht vom 3.9.2010, um Wiederholungen zu vermeiden.
    Eine neue Urteilsliste muss her.

  2. HD-30 sagt:

    Und wieder einmal ein Richter der „S“ von „W“ nicht unterscheiden kann, also Schadenersatz vom Werkvertrag.

    Hier ging es eindeutig um Schadenersatz.

    Was haben da die BVSK-Honorarerhebung, Fotokosten oder ähnliche Betrachtungen zu suchen? Entweder liegt es an der Arbeitsüberlastung (ständige HUK-Prozesse u.ä.) oder der Ahnungslosigkeit einiger Richter betreffend die einschlägigen BGH-Urteile hierzu.

    Noch einmal – es ging um S c h a d e n e r s a t z !

    Wenn ein Richter „einen nachvollziehbaren und somit geeigneten Orientierungspunkt“ sucht, so braucht er doch nicht die BVSK-Honorarbefragung.

    Er braucht sich nur am BGH orientieren. Ist das so schwer?

    Fazit:
    Das Endergebnis ist hier zwar richtig, aber eher ausversehen zu stande gekommen. So wie das hier erfolgt ist, zeigt das doch klar und deutlich dass der Richter nicht einmal die grundlgenden Urteile des BGH berücksichtigte, vermutlich aus Unkenntnis?

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