AG Saarlouis verurteilt HUK-Coburg aus abgetretenem Recht zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 28.2.2011 -24 C 220/10 (10) -.

Hallo Leute, wie Ihr seht, bin ich wieder da. Nachfolgend gebe ich Euch noch ein Urteil aus Saarlouis zum Thema SV-Honorar und zur Abtretungsproblematik bekannt. Immer wieder reitet die HUK-Coburg rechtsirrig darauf herum, die Sachverständigenkosten seien mit den Mietwagenkosten zu vergleichen. Das AG Saarlouis hat im Urteil schon die passende Antwort gegeben. Lest aber selbst.

Amtsgericht Saarlouis

Geschäfts-Nr.: 24 C 220/10 (10)

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

der Firma …

Klägerin

gegen

Firma HUK-Coburg Allgemeine Versicherung vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Saarlouis
durch den Richter am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO
am 28.02.2011

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 398,12 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

(gemäß § 495a ZPO)

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Unstreitig ist die Beklagte gemäß §§7, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfallereignis vom 09.11.2009 in Wadgassen für die eingetretenen materiellen Schäden vollständig einstandspflichtig.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht gemäß der Abtretung vom 15.11.2010 gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenliquidationen in Höhe von 398,12 € zu. Die Klägerin wurde von der Unfallgeschädigten beauftragt, ein Sachverständigengutachten über die entstandenen Schäden zu erstellen. Diese Leistung liquidierte die Klägerin mit einem Gesamtbetrag von 688,12 €. Die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallverursacher zahlte vorgerichtlich einen Betrag hierauf in Höhe von 290,00 €.

Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt die vorgelegte Abtretung nicht gegen §§ 3, 5 Rechtsdienstleistungsgesetz. Bei der Einziehung der Sachverständigenkosten handelt es sich zwar um die Erbringung einer Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG. Gegenstand der Tätigkeit ist nämlich die Einziehung streitiger Ansprüche (vgl. LG Saarbrücken Urteil vom 15.10.2010 AZ: 13 S 68/10). Allerdings ist die Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG als erlaubt anzusehen. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit gestattet, wenn sie als Nebentätigkeit zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Dem Sachverständigen ist es danach erlaubt, den Unfallschaden jedenfalls im Umfang seiner Honorarforderung aufgrund wirksamer Abtretung geltend zu machen, schon weil er regelmäßig besser in der Lage ist, die Erforderlichkeit der jeweils eingegangenen Kosten zu begründen (vgl. LG Saarbrücken 16. Januar 2009 – 13 S 154/08 – und vom 26. Juni 2009 – 13 S 100/08; vgl. auch Säbel, NZV2006, 6, 10).

Weiterhin ist die Abtretung vom 15.11.2010 auch hinreichend bestimmt. Ein wirksamer Abtretung nach § 398 BGB setzt voraus, dass die abzutretende Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit müssen Gegenstand und Umfang der Forderung, die Person des Schuldners und erforderlichenfalls auch der Rechtsgrund im Wege der Auslegung so genau zu bestimmen sein, dass feststeht, wer Inhaber der jeweiligen Forderung ist. Dabei muss sich auch der Schuldner in zumutbarer Weise Gewissheit darüber verschaffen können, ob und in welcher Höhe seine Verpflichtung von der Abtretung erfasst ist (Palandt/Grüneberg § 398 Rn. 16). Wird ein Teil einer Forderungsmehrheit abgetreten, so ist diese unwirksam, soweit nicht erkennbar ist, auf welchen Teil der Forderung oder welche Forderung sich die Abtretung bezieht (Palandt/Grüneberg, a.a.O. § 398 Rn 15). Unter diesen Vorraussetzungen reicht die Abtretung vom 15.11.2010 aus. Aus dem Wortlaut der Abtretung vom 15.11.2010 geht eindeutig hervor, dass der Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten aus dem Unfallereignis an die Klägerin abgetreten worden ist.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, BGHZ 115, 364, 369; BGHZ 160, 377, 383; NJW2005, 1108). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, BGHZ 163, 362, 367f.). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH, VersR 2004, 1189, 1190 f.). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. BGH NJW2007, 1450, 1451 m.w.N.).

An diesen Grundsätzen hat sich auch durch die neuere Rechtsprechung des BGH zum „Unfallersatztarif nichts geändert (vgl. BGH NJW 2007, 1540, 1542). Nach dieser kann aus schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag nicht ohne Weiteres mit einem „Unfallersatztarif“ gleichgesetzt werden, wenn sich ein besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern insbesondere durch gleichförmiges Verhalten der Anbieter (vgl. BGH, BGHZ 160, 377, 383f.). Die dieser Rechtsprechung zu Grunde liegenden Sachverhalte erhalten dadurch ihr Gepräge, dass die den Unfallgeschädigten angebotenen „Unfallersatztarife“ erheblich über den für Selbstzahler angebotenen „Normaltarifen“ liegen können. Dafür, dass eine solche Marktsituation auch bei der Erstellung von Kfz-Schadensgutachten etabliert hat, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Grundsätzlich darf der Sachverständige gegenüber dem Geschädigten sein Honorar nach billigem Ermessen gemäß §§ 315, 316 BGB bestimmen. Dies bedeutet nicht freies Belieben, sondern Ausrichtung an sachlichen, den Interessen von Geschädigten und Sachverständigen berücksichtigenden Gründen. Der Sachverständige … hat im vorliegenden Fall gemäß den Richtlinien im Rahmen der Honorarbefragung 2005/2006 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugswesen abgerechnet. Das geltend gemachte Grundhonorar bewegt sich auch innerhalb des dort ermittelten Korridors, so dass es der Höhe nach nicht zu beanstanden ist. Dass eine solche Abrechnung grundsätzlich zulässig ist, ist zwischenzeitlich auch durch die Rechtsprechung des BGH anerkannt (vgl. BGH NJW 2007, 1450, 1451; NJW 2006, 2472; NJW-RR 2006, 123, 124). Es entspricht auch der Üblichkeit, dass Sachverständige im Gerichtsbezirk pauschal abrechnen. Gründe, weshalb hier eine pauschale Abrechnung nicht angemessen sein soll, sind nicht ersichtlich.

Schlussendlich kommt es noch nicht einmal auf die Frage an, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von Letzterem nach „billigem Ermessen“ gem. § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (vgl. BGH NJW 2007, 1450, 1451). Demgemäß konnte das Gericht gemäß § 287 ZPO den erforderlichen Aufwand des Geschädigten schätzen, ohne dass hierfür ein Sachverständigengutachten eingeholt werden musste.

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen gilt folgendes:

Das vorgelegte Gutachten beinhaltet unstreitig mindestens 15 Seiten. Die Höhe der Schreibkosten von 2,90 € ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Kopierkosten in Höhe von 0,80 €. Die Anzahl der notwendigen Kopien hat der Kläger nachvollziehbar mit Schreiben vom 25.03.2010 / 23.03.2010 begründet bzw. erläutert. Die Anzahl der Kopien ist daher nicht zu beanstanden.

Gleiches gilt für die Kosten pro Foto mit 2,50 € sowie die pauschalen Telekommunikationsgebühren und die Postkosten.

Mithin sieht die zutreffende Abrechnung wie folgt aus:

Ingenieurtätigkeit pauschal                                Euro 410,00
Fahrtkosten 22 km zu 0,95 € je km                    Euro   22,95
Fotokosten (12 Bilder zu 2,50 €)                        Euro   30,00
Schreibkosten pro Seite, 15 Seiten zu 2,90 €     Euro   43,50
Kopierkosten pro Seite, 42 Seiten zu 0,80 €      Euro   33,60
Telefon pauschal                                                Euro     5,90
Porto                                                                  Euro     4,30
insgesamt:                                                         Euro 578,25
zuzüglich Umsatzsteuer:                                    Euro 109,87
insgesamt:                                                         Euro 688,12

Hierauf wurde von Seiten der Beklagten ein Betrag von 290,00 € gezahlt, so dass in Höhe der restlichen 398,12 € ein Zahlungsanspruch besteht.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 286 BGB. Mangels weiterem Sachvortrag war lediglich der gesetzliche Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz auszuurteilen. Indes konnten Zinsen erst ab dem Zeitpunkt verlangt und damit ausgeurteilt werden, ab welchem die Klägerin berechtigt wurde, die Forderung zu verlangen und dies der Beklagten angezeigt wurde. Dies war hier mit der Abtretung vom 15.11.2010 der Fall, welche die Beklagte mit FAX vom 18.02.2011 zuging. Demgegenüber war die ursprüngliche Abtretung vom 09.11.2009 mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Frage der Bestimmbarkeit der Abtretung sowie die Entscheidung des LG Saarbrücken AZ 13 S 68/10 zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden. Für eine Korrektur dieses Ergebnisses über § 242 BGB sind keine zwingenden Gründe ersichtlich. Das Verhalten der Beklagten, sowohl die außergerichtlichen Zahlungen, wie auch die Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Abtretungen sind auch dem Kläger hinlänglich bekannt, so dass für eine Billigkeitskorrektur keine Erforderlichkeit besteht. Mangels Kausalität waren daher auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu erstatten.

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO; diejenige zur vorläüfigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

So das Urteil des Amtsrichters des AG Saarlouis. Und nun Eure Meinung.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Saarlouis verurteilt HUK-Coburg aus abgetretenem Recht zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 28.2.2011 -24 C 220/10 (10) -.

  1. wesor sagt:

    Seit 1997 wird die HUK-Coburg in Honorar-, Stundenlohn-, Ersatzteilpreisen wegen unrechtmäßigen Kürzungen in ganz Deutschland verurteilt.
    Warum kann dieser Versicherung nicht das Recht auf Tätigkeit verboten werden?

    Manchmal denke ich, das Justizministerium akzeptiert und freut sich über Klagen, dann gibt es auch in Rechtsangelegenheiten Vollbeschäftigung.

    Die Masse der rechtsuchenden Bürger bezahlt so oder so, drauf.

  2. Besserwisser sagt:

    Hallo wesor,
    bei mir ging das ganze mit der HUK schon 1996 los. Mir liegt noch ein Urteil des AG Dortmund vom 16.9.1996 vor. Damals ging es noch um die Anwendbarkeit des ZSEG und Fotokosten. Das AG hat entschieden, dass das ZSEG nicht analog anwendbar ist und dass die Fotokosten 5,– DM betragen können. Dann allerdings ging es 1997 massiv seitens der HUK los.

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