AG Waiblingen, AZ: 9 C 1485/11, verurteilt die Deutsche Post AG SNL mit Datum vom 16.05.2012 zur Zahlung des zuvor gekürzten Sachverständigenhonorars u.a. unter Berücksichtigung des „teuren“ Wohnumfeldes und der regelmäßig hohen Qualität der vom Kläger erstellten Gutachten

Die korrekten Entscheidungsgründe beinhalten für den hier klagenden Sachverständigen (GmbH) zudem die Bestätigung der  Erstattungsfähigkeit seines über der BVSK-Honorbefragung hinausgehenden Honorars

Es muss hierbei berücksichtigt werden, dass die Region Stuttgart schon gemessen an den allgemeinen Lebenshaltungskosten mit zu den teuersten Regionen im Bundesdurchschnitt zu zählen ist. Dies wirkt sich zwangsläufig auch auf etwaige Sachverständigenhonorare aus. Die Honorartabelle der BVSK berücksichtigt diesen speziellen regionalen Zuschnitt nicht hinreichend, weshalb aus einer – zumal nur geringfügigen – Überschreitung des dort genannten Spielraums nicht zwangsläufig folgt, dass Gutachterkosten nicht zu erstatten wären. Dass sich die Gutachterkosten innerhalb des ortsüblichen Rahmens am oberen Ende bewegen ist wiederum durch die stets hohe, überdurchschnittliche Qualität der Sachverständigengutachten gerechtfertigt.

Aktenzeichen:
9 C 1485/11

Verkündet am:
16.05.2012

Amtsgericht Waiblingen

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

Deutsche Post AG SNL, vertreten durch d. Vorstand  Dr. Frank Appel, Schadenmanagement, Theodor-Heuss-Platz 13, 41460 Neuus

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Waiblingen
durch den Richter …
am 16.05.2012 nach dem Sach- und Streitstand vom 14.05.2012 ohne mündliche Verhandlung  gemäß § 495a ZPO

für Recht erkannt:

1.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 323,37 € nebst Zinsen  hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.08,2011 sowie weitere 40,95 € zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen,

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar:

Beschluss

Der Streitwert wird auf 323,37 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß‘ § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Demnach ist die Klage nicht nur zulässig, sondern – bis auf einen geringen Teil der Nebenforderungen – auch begründet.

I. Im vorliegenden Fall streiten die Parteien um einen abgetretenen Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall, welcher sich am 24.02.2011 in W. ereignete. Unstreitig wurde der Verkehrsunfall durch ein von der Beklagten gehaltenes Fahrzeug verursacht. Der Geschädigte Zeuge … beauftragte sodann die Klägerin mit der Erstellung eines Haftpflichtgutachtens. Der Zeuge … hat insoweit die Rechte hieraus an die Klägerin abgetreten. Diese rechnete zum 1.3.2011 ihre erbrachten Leistungen mit 789,37 € ab und forderte die Beklagte zum Ausgleich auf. Ein Ausgleich durch die Beklagte erfolgte jedoch nur i.H.v. 466,00 €. Ein darüber hinausgehender Ausgleich durch die Beklagte wurde mit der Begründung abgelehnt, sämtliche berechtigten Ansprüche seien im Wege der Erfüllung bereits erloschen. Über die bereits gezahlten 466 € hinaus stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche zu, da es sich insoweit um keinen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung im Sinne des §§ 249 Abs. 2 BGB handeln würde. Das begehrte Sachverständigenhonorar sei der Höhe nach übersetzt und stelle daher keinen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung nach § 249 Abs. 2 BGB dar.

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG in Verbindung mit.§ 398 BGB.

1.  Die Klägerin wurde vorliegend durch Abtretung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten Inhaberin des streitgegenständlichen Anspruchs, § 398 BGB. Dies ist unstreitig.

2.  Die klägerseits geltend gemachten Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens stellen einen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung im Sinne des §§ 249 S. 2 BGB dar.

a) Grundsätzlich schließt der Anspruch des Geschädigten die Kosten eines Sachverständigengutachtens insoweit ein, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH Urt.  v.  23.01.2007, Az.  VI ZR 67/06; BGH NJW 74, 35; 04, 3042). Denn auch die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens (BGH NJW-RR, 89, 953/56). In dieser Höhe besteht aufgrund der Abtretung vorliegend ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

b) Fehl geht indes das klägerische Vorbringen, eine Überprüfung der Sachverständigenkosten stehe der Beklagten nicht zu, da dies nur dem Schädiger als Vertragspartner der Klägerin zustehe. Im Falle tatsächlich übersetzter oder überhöhter Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens könnte die Beklagte dies dem Geschädigten gegenüber einwenden. Die Beklagte könnte gegenüber dem Geschädigten die Überprüfung der Sachverständigenkosten verlangen. Diese Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten dürfen der Beklagten nicht durch eine Abtretung im Verhältnis Geschädigter – Klägerin abgeschnitten werden. Ansonsten wäre diese Abtretung als unzulässiger Vertrag zulasten Dritter unwirksam. Daher ist anerkannt, dass der Schädiger auch dem Sachverständigen gegenüber Einreden, z.B. aus Treu und Glauben wegen ungerechtfertigter Bereicherung, unmittelbar entgegenhalten kann (vgl.. z.B. AG Schorndorf, Uli. v. 21.01.2009, Az. 2 C 316/03).

3. Der Klägerin steht derweil ein Anspruch in tenorleiter Höhe zu.

a)  Die Klägerin wurde vorliegend vom Geschädigten (Zedenten) beauftragt. Es kam insoweit ein Werkvertrag über die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zu Stande. Dieses Sachverständigengutachten war nur gegen eine Vergütung zu erwarten, so dass die Höhe des Werklohns nach § 632 Abs. 2 BGB zu bestimmen ist, wobei es an einer Taxe fehlt und insoweit die übliche Vergütung zugrundezulegen ist.

b)  Die übliche Vergütung ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt (Palandt,  BGB  7.1. Auflage  2012,  §  632 Rn.   15 m.w.N.).Die geltend gemachten Sachverständigenkosten entsprechen insoweit der üblichen Vergütung.

aa) Aufgrund mehrerer gleichgelagerter Verfahren der Klägerin vor dem Amtsgericht Waiblingen und darin erfolgter Überprüfungen der Sachverständigenkosten durch gerichtlich beauftragte Sachverständige ist mittlerweile als gerichtsbekannt anzusehen, dass die Gutachterkosten der Klägerin generell sich am oberen Rande dessen befinden, was in der Region Waiblingen bzw. im Großraum Stuttgart als ortsüblich und vergleichbar anzusehen ist, ohne diesen Rahmen jedoch zu überschreiten. Entsprechend der gesammelten Erfahrungswerte hat sich darüber hinaus gezeigt, dass die Gutachten der Klägerin stets eine hohe Qualität aufweisen.

bb) Des Weiteren ist mittlerweile als gerichtsbekannt anzuerkennen, dass die Gutachterkosten der Klägerin gemessen an den Honorartabellen der BVSK geringfügig, d.h. um bis zu 10%, über den darin genannten Vergleichssätzen liegen.

cc) Allein aus der geringfügigen Überschreitung der Honorartabelle der BVSK kann indes nicht der Schluss gezogen werden, die von der Klägerin verlangten Gutachterkosten stellen keinen erforderlichen Aufwand  im Sinne des §§ 249 Abs. 2 BGB dar. Denn eine Ersatzpflicht des Schädigers besteht in der Regel selbst dann, wenn die Kosten des Gutachtens (jedenfalls geringfügig) übersetzt sind (OLG Köln, NZV 90, 88; OLG Nürnberg, VRS 103, 321).

Hinzu kommt, dass sich die Gutachterkosten der Klägerin stets innerhalb dessen bewegen, was in der Region, also am Ort der Werkleistung, als vergleichbar und ortsüblich anzusehen ist. Es muss hierbei berücksichtigt werden, dass die Region Stuttgart schon gemessen an den allgemeinen Lebenshaltungskosten mit zu den teuersten Regionen im Bundesdurchschnitt zu zählen ist. Dies wirkt sich zwangsläufig auch auf etwaige Sachverständigenhonorare aus. Die Honorartabelle der BVSK berücksichtigt diesen speziellen regionalen Zuschnitt nicht hinreichend, weshalb aus einer – zumal nur geringfügigen – Überschreitung des dort genannten Spielraums nicht zwangsläufig folgt, dass Gutachterkosten nicht zu erstatten wären. Dass sich die Gutachterkosten innerhalb des ortsüblichen Rahmens am oberen Ende bewegen ist wiederum durch die stets hohe, überdurchschnittliche Qualität der Sachverständigengutachten gerechtfertigt.

4. Der Klägerin steht aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB auch ein Anspruch auf Verzugszinsen zu. Allerdings trat Verzug nicht bereits zum 16.3.2011, wie klägerseits beantragt, ein. Die Rechnung vom 1.3.2011 mit Zahlungsziel zum 15.3.2011 war an den Geschädigten, also den Auftraggeber direkt, gerichtet. Dieses Schreiben ist nicht geeignet, Verzug der Beklagten zum 16.03.2011 zu begründen. Die erste dargelegte Zahlungsaufforderung an die Beklagte stellt somit das Schreiben vom 25.7.2011 dar, worin der Beklagten eine Zahlungsfrist, bis zum 4.8.2011 eingeräumt wurde. Verzug und damit eine Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen trat damit erst zum 5.8.2011 ein.

Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind schlüssig dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Waiblingen, AZ: 9 C 1485/11, verurteilt die Deutsche Post AG SNL mit Datum vom 16.05.2012 zur Zahlung des zuvor gekürzten Sachverständigenhonorars u.a. unter Berücksichtigung des „teuren“ Wohnumfeldes und der regelmäßig hohen Qualität der vom Kläger erstellten Gutachten

  1. Gutergeist sagt:

    JaJa,dieser Laden betrachtet die Schadenslichtbilder auch als Freiwild!
    Nix peilen,aber grosse Klappe!

  2. DerHukflüsterer sagt:

    Ja,ja, die Post, am Schalter bieten sie schon seit längerer Zeit HUK-Verträge an. Als Gegenleistung lernen sie von der Huk wie man erfolglos klagt.

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