Amtsgericht Bochum spricht bei fiktiver Schadensabrechnung Fachwerkstattlöhne zu

Das Amtsgericht Bochum hat mit Urteil vom 18.09.2008 (75 C 164/08) den Schädiger (VN der Nürnberger Versicherungs AG) verurteilt, an den Geschädigten 420,39 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 41,77 € zu zahlen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten auf der Grundlage des Verkehrsunfalles vom 01.04.2008 in B. ein Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 420,39 € gemäß § 7 Abs. 1 StVG zu. Der Beklagte ist Fahrer und Halter des den Unfall verursachenden Pkw, amtl. Kennzeichen BO-… und als solcher verpflichtet, den dem Kläger entstandenen Gesamtschaden dem Grunde nach zu 100 % zu erstatten. Der Kläger kann von dem Beklagten Schadensersatz auch in der geltend gemachten restlichen Höhe verlangen. Zur Überzeugung des Gerichtes stellt sich nämlich der Wiederherstellungsaufwand in Bezug auf das im Eigentum des Klägers stehende Kfz Opel Vectra, amtl. Kennzeichen BO-…. gemäß dem schriftlichen Kostenvoranschlag der Firma Opel F. aus B. in Verbindung mit der Rechnung der Firma F. vom selben Datum unter Hinzurechnung einer allgemeinen Kostenpauschale auf 824,56 €.

Anlass, an der Richtigkeit der Feststellung dieses Kostenvoranschlages zu zweifeln, ergaben sich für das Gericht nicht. Auch der Beklagtenvortrag war nicht geeignet, Zweifel zu schüren. Soweit die Beklagte nämlich argumentiert, der Reparaturaufwand betrage nur 404,18 €, weil andere Werkstätten, die Firma G. und die Firma D. billiger arbeiten würden und auch der Sachverständige der Versicherung sei zu einer anderen Reparaturkostenkalkulation gekommen, geht der Ansatz der Beklagtenseite fehl. Zu den niedrigeren Posten kommt die Beklagtenseite nämlich nur deswegen, weil sie nicht auf diejenigen Kosten abstellt, welche für eine vollständige, vollwertige und fachgerechte Reparatur in einer anerkannten und voll autorisierten Fachwerkstatt anfallen würden. Die Beklagte möchte nämlich den Geschädigten darauf verweisen, er sei verpflichtet, sich hier mit einer bloßen Ausbesserung statt einem Austausch der beschädigten Teile zufrieden zu geben. Dieser Ansatz wird den für den vorrliegenden Fall zu beachtenden anerkannten Rechtsgrundsätzen nicht gerecht.

Richtschnur für den gemäß § 249 BGB zu leistenden Schadenersatz sind grundsätzlich die zur Herstellung objektiv erforderlichen Geldbeträge. Dabei ist auf die spezielle Situation des Geschädigten Rücksicht zu nehmen, also insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten. Der erforderliche Betrag ist nach objektiven Kriterien, d. h. losgelöst von den für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen, zu bestimmen. Nach gefestigter Rechtsprechung hat der Geschädigte dabei grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten, unabhängig davon, ob voll, minderwertig oder überhaupt nicht repariert wird. Auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht muss sich der Geschädigte nicht auf die Reparatur in einer bestimmten, nicht markengebundenen Werkstatt verweisen lassen.

Zu all dem hat das LG Bochum bereits in seinem Urteil vom 19.10.2007 -5 S 168/07- Stellung genommen. Anlass von den in diesem Urteil mitgeteilten Grundsätzen abzurücken, sieht das AG hier nicht. Soweit die Beklagte die Höhe des klägerseits vorgetragenen Wiederherstellungsaufwandes zu bestreiten sucht, in dem sie diesen Aufwand mit dem rechtlich nicht maßgeblichen Aufwand in anderen Werkstätten vergleicht, macht sie nichts anderes, als „Äpfel mit Birnen vergleichen“. Deshalb ist der bestreitende Vortrag der Beklagten prozessual unbeachtlich. Dementsprechend ist nach dem Vortrag des Klägers gem. § 138 Abs. 3 ZPO davon auszugehen, dass der erforderliche Wiederherstellungsaufwand insgesamt 824,56 € ausmacht und ist infolge der vorgerichtlichen Zahlungen der hinter dem Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung in Höhe von 404,18 € der zur Entstehung gelangte Schadensersatzanspruch des Klägers lediglich bis auf einen zur Zahlung verbleibenden Betrag von 420,39 € erloschen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesetz ebenso die Erstattung der angefallenen vorgerichtlichen Anwaltskosten.

So das überzeugende Urteil der 75. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Bochum. Der Amtsrichter hat zutreffend auf die hier im Blog bereits eingestellte Entscheidung des LG Bochum vom 19.10.2007 -5 S 168/07- Bezug genommen.

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1 Antwort zu Amtsgericht Bochum spricht bei fiktiver Schadensabrechnung Fachwerkstattlöhne zu

  1. Herbstzauber sagt:

    Amtsgericht Bochum spricht bei fiktiver Schadensabrechnung Fachwerkstattlöhne zu
    Mittwoch, 01.10.2008 um 16:03 von Willi Wacker | · Gelesen: 121 · heute: 121 |

    Das Amtsgericht Bochum hat mit Urteil vom 18.09.2008 (75 C 164/08) den Schädiger (VN der Nürnberger Versicherungs AG) verurteilt, an den Geschädigten 420,39 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 41,77 € zu zahlen.
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    Ein an Deutlichkeit kaum zu übertreffendes Urteil. Hier hat einmal ein Amtsrichter so richtig weg von Herzen das artikuliert, was ihn bewegt, wenn man es darauf anlegt, das Gericht mit Scheinargumenten zu manipulieren und zu instrumentalisieren.

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