OLG Köln mit Urteil vom 2.6.2010 – 26 U 30/08 – zur Stellung des vom Geschädigten beauftragten Kfz-Sachverständigen: der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

auch das im Urteil des hanseatischen OLG Hamburg vom 29.03.2012 (15 U 16/12) angegebene Urteil des OLG Köln haben wir herausgesucht und stellen Euch das Urteil hier vor. Auch in diesem Fall haben wir keine Mühen gescheut, die Leser dieses Blogs ausführlich zu informieren. Hier also das Urteil des OLG Köln, das beim Hanseatischen OLG zitiert wurde. Da es sich bei einem vom Geschädigten beauftragten Privatsachverständigen nicht um dessen Erfüllungsgehilfen handelt, haftet der Geschädigte grundsätzlich nicht für ein fehlerhaftes Gutachten, wenn ihn kein Auswahlverschulden trifft, er die falsche Begutachtung nicht durch eine Fehlinformation des Sachverständigen (mit-) verursacht hat und die Falschbegutachtung auch nicht ohne weiteres selbst erkennen konnte. Das ist der entscheidende Satz im nachfolgenden Berufungsurteil des OLG Köln. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und eine gute Woche
wünscht Euch Euer Willi Wacker

26 U 30/08
16 O 228/06
Landgericht Köln

Verkündet am 02.06.2010

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29.10.2008 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln (16 O 228/06) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.747,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2006 sowie weitere 392,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 196,33 € seit dem 22.5.2006 und seit dem 19.12.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention tragen die Klägerin zu 35 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 65 %. Die Kosten der Nebeninterve-nienten trägt die Klägerin zu 35 %, im Übrigen tragen diese ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 278 ff. GA) Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung beantragt die Klägerin,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 6.418,77 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2006 sowie außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung von 603,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1.2.2006 zu zahlen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Senat hat zur Höhe des Karosserieschadens ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 23.10.2009 nebst Ergänzung vom 22.12.2009 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 411 ff., 456 f. GA verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 12.5.2010 (Bl. 498 ff. GA) Bezug genommen.

Ansonsten wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Dass die Beklagten für die Folgen des Unfalls vom 22.10.2005 gemäß §§ 7, 17, 18 StVG i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVersG dem Grunde nach in vollem Umfang haften, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Höhe nach ist allerdings neben den durch die außergerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 392,66 € nur der Karosserieschaden zu ersetzen, der nach dem Ergebnis der erst- und zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme insgesamt 3.747,97 € beträgt.

1. Die Kosten für die Beseitigung eines vermeintlichen Achsschadens sind nicht erstattungsfähig.

a. Dass an dem Fahrzeug der Klägerin im Zeitpunkt der Beauftragung der Nebenintervenienten mit der Begutachtung und Reparatur des Autos weder als Vorschaden noch unfallbedingt ein Achsschaden vorlag, der durch einen Austausch von Fahrzeugteilen hätte behoben werden müssen, ist zwischen den Parteien unstreitig und entgegen dem Vorbringen der Nebenintervenienten durch das bereits vom Landgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 27.9.2007 und dessen Ausführungen bei der Anhörung im Termin vom 13.8.2008 bewiesen. Ausweislich des schriftlichen Gutachtens war nach „Auswertung der Schadensfotos und des Vermessungsprotokolls“ „eine Verformung und/oder ein Verzug an den zur Erneuerung vorgesehenen Fahrwerksteilen des rechten AUDI-Hinterrades nicht feststellbar“ (S. 12 des Gutachtens), was der Sachverständige bei seiner Anhörung nochmals bekräftigt hat. Des weiteren konnte der Sachverständige eine ausweislich des ihm zur Verfügung gestellten Messprotokolls vorliegende Veränderung der Sturzwerte an sämtlichen Rädern des Fahrzeugs der Klägerin nicht dem Unfallgeschehen zuordnen (S. 9-11 des Gutachtens).

Dass und ggf. weshalb diese Feststellungen unzutreffend sein sollen, ist von den Nebenintervenienten, die sich erstinstanzlich im Wesentlichen pauschal auf vermeintlich gegenteilige Erkenntnisse berufen haben, ohne sich mit den Grundlagen der Feststellungen des Dipl.-Ing. … , insbesondere dem Vermessungsprotokoll, auseinander zu setzen, nicht dargelegt worden und auch ansonsten nicht ersichtlich. Insofern kommt es nicht darauf an, ob das zu dem Vorbringen der Beklagten in Widerspruch stehende Vorbringen der Nebenintervenienten zum Vorliegen eines Achsschadens überhaupt prozessual beachtlich ist (vgl. § 67 ZPO a.E.). Zweitinstanzlich haben die Nebenintervenienten auch keine Einwendungen mehr gegen die Feststellung des Sachverständigen erhoben, wonach an dem Fahrzeug der Klägerin kein reparaturbedürftiger Achsschaden vorlag. Die Nebenintervenientin zu 2) hat lediglich – u.a. unter Berufung auf ein wieder „aufgetauchtes“ Messprotokoll vom 25.10.2005 – behauptet, dass für die Beseitigung des Karosserieschadens und die Korrektur der Sturzwerte ein höherer Aufwand als die von dem Sachverständigen veranschlagten Kosten erforderlich gewesen sei.

b. Dass der vermeintliche Achsschaden nicht unfallbedingt ist, führt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht dazu, dass die Klägerin von den Beklagten überhaupt keinen Schadensersatz verlangen könnte. Die in dem angefochtenen Urteil zitierte Rechtsprechung zur mangelnden Ersatzfähigkeit möglicherweise kompatibler Unfallschäden bei gleichzeitigem Vorliegen nicht kompatibler (Vor-) Schäden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.4.1998 – 1 U 103/97, in: Schaden-Praxis 1998, 460 f.) begründet im vorliegenden Fall keinen Ausschluss des Schadensersatzes für den unfallbedingten Karosserieschaden.

Zum einen durfte die Klägerin aufgrund des Gutachtens des Nebenintervenienten zu 1) davon ausgehen, dass die darin genannten Schäden vorlagen und die von der Nebenintervenientin zu 2) durchgeführten Arbeiten, insbesondere die Reparatur des vermeintlichen Achsschadens, unfallbedingt erforderlich waren.

Zum anderen hat die Klägerin bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 19.11.2007 den Versuch unternommen, zwischen dem Reparaturkostenaufwand für den Achsschaden einerseits und dem Karosserieschaden andererseits zu differenzieren, also im Unterschied zu den der o.g. Kompatibilitäts-Rechtsprechung zugrunde liegenden Konstellationen nicht versucht, die Beklagten auf Ersatz für einen tatsächlich nicht unfallbedingten Vorschaden in Anspruch zu nehmen.

c. Die Beklagten sind jedoch nicht zur Erstattung der Kosten für die – objektiv nicht erforderliche – Beseitigung des vermeintlichen Achsschadens verpflichtet. Die Entstehung von Kosten für die Reparatur des angeblichen Achsschadens ist zwar kausal auf den Unfall zurückzuführen, für den die Beklagten einstandspflichtig sind. Allerdings sind die dadurch – unnötigerweise – entstandenen Aufwendungen nach dem Schutzzweck der gesetzlichen Schadensersatznormen nicht von den Beklagten zu ersetzen. Insbesondere fällt die zur Entstehung entsprechender Kosten führende Fehleinschätzung der Nebenintervenienten nicht unter das sog. Prognoserisiko des Schädigers.

Da es sich bei einem vom Geschädigten beauftragten Privatsachverständigen nicht um dessen Erfüllungsgehilfen handelt, haftet der Geschädigte grundsätzlich nicht für ein fehlerhaftes Gutachten, wenn ihn kein Auswahlverschulden trifft, er die falsche Begutachtung nicht durch eine Fehlinformation des Sachverständigen (mit-) verursacht hat und die Falschbegutachtung auch nicht ohne weiteres selbst erkennen konnte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.9.2006 – 1 U 61/06, in: Schaden-Praxis 2007, 366 ff. m.w.N.).

Ein Auswahlverschulden der Klägerin hinsichtlich der Nebenintervenienten, deren fachliche Qualifikation selbst von den Beklagten nicht in Frage gestellt wird, liegt nicht vor.

Die Klägerin hat die fehlerhafte Begutachtung auch nicht in sonstiger Weise mit verursacht. Unabhängig davon, ob die Klägerin oder deren Ehemann – wie die Nebenintervenienten erstinstanzlich behauptet haben – den Unfallablauf gegenüber dem Nebenintervenienten zu 1) unzutreffend oder zumindest hinsichtlich seiner Intensität übertrieben dargestellt haben oder ob – wie die Klägerin behauptet – überhaupt kein unmittelbarer Kontakt zum Nebenintervenienten zu 1) bestand, sondern dieser durch Vermittlung der Nebenintervenientin zu 2) eingeschaltet wurde, trifft die Klägerin kein eigenes oder ihr zuzurechnendes Verschulden an der fehlerhaften Begutachtung durch den Nebenintervenienten zu 1). Denn dieser hat die Feststellung eines vermeintlichen Achsschadens nicht auf die Schilderung des Unfallablaufs, sondern auf ein Vermessungsprotokoll gestützt, das nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. … indes keine Grundlage für eine derartige Feststellung bot, so dass es nicht darauf ankommt, ob sich dem Gutachten des Nebenintervenienten zu 1) irgendeine Aussage hinsichtlich der Unfallursächlichkeit entnehmen lässt. Schließlich gibt es auch keine Anhaltpunkte dafür, dass und ggf. weshalb die Klägerin hätte erkennen können, dass die von dem Nebenintervenienten zu 1) getroffene Feststellung eines Achsschadens unzutreffend war.

Dass die Klägerin danach nicht selbst für das falsche Ergebnis der Begutachtung durch den von ihr beauftragten Sachverständigen, den Nebenintervenienten zu 1), haftet, führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass deshalb die Beklagten insoweit eintrittspflichtig sind. Vielmehr fallen unter das vom Schädiger zu tragende sog. Prognoserisiko in erster Linie solche Fälle, in denen sich aufgrund einer fehlerhaften Begutachtung oder aus sonstigen Gründen unvorhergesehen während der Reparaturarbeiten herausstellt, dass die Kalkulation der Schadensbeseitigungskosten zu niedrig ausgefallen ist und tatsächlich ein höherer Aufwand (z.B. wegen erst im Zuge der Reparatur festgestellter weiterer Schäden oder eines höheren Schadensbeseitigungsaufwands, etwa aufgrund von Verzögerungen bei der Ersatzteilbeschaffung o.ä.) erforderlich ist, der – wenn er von vornherein bekannt gewesen wäre – möglicherweise eine Reparatur (z.B. wegen Überschreitens der 130 %-Grenze) als unrentabel hätte erscheinen lassen. In diesen Fällen wird eine Ersatzpflicht des Schädigers hinsichtlich des vollen Schadens bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.1991 – VI ZR 314/90, in: BGHZ 115, 364 ff. m.w.N.). Anderenfalls würde der Geschädigte zumindest hinsichtlich der Differenz zwischen den tatsächlich erforderlichen und den kalkulierten Schadensbeseitigungskosten, bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Totalschadens möglicherweise aber auch wegen der gesamten Reparaturkosten „leer ausgehen“, da dem Privatsachverständigen bzw. der Werkstatt die Überschreitung der Reparaturkostenkalkulation in der Regel nicht vorzuwerfen ist.

Hier liegt aber der umgekehrte Fall vor, dass nämlich die Reparaturkostenkalkulation durch den Nebenintervenienten zu 1) gegenüber dem tatsächlich erforderlichen Aufwand zu hoch war und der Nebenintervenientin zu 2) vor bzw. während der Reparatur eigentlich hätte auffallen müssen, dass eine Erneuerung von Fahrzeugteilen zur Behebung des vermeintlichen Achsschadens tatsächlich nicht erforderlich war. In einer solchen Konstellation, in der ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Sachverständigen bzw. die Reparaturwerkstatt in Betracht kommt, wofür die Klägerin durch die Streitverkündung auch bereits Vorsorge getroffen hat, besteht keine Notwendigkeit oder Veranlassung, dem Schädiger, der nicht ohne weiteres bei dem Privatgutachter oder der Werkstatt Regress nehmen könnte, das Risiko einer fehlerhaften Begutachtung und Reparatur aufzubürden und/oder einen Erstattungsanspruch für die objektiv nicht erforderlichen Reparaturkosten zu bejahen.

2. Danach sind die Beklagten lediglich zur Erstattung der noch offenen Kosten verpflichtet, die mit der Beseitigung des Karosserieschadens an dem Fahrzeug der Klägerin in Verbindung stehen. Diese betragen nach den Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 23.10.2009 nebst Ergänzung vom 22.12.2009 insgesamt 3.747,97 € (Reparaturkosten in Höhe von 2.359,70 € netto = 2.737,25 € brutto [16 % MwSt.], Wertminderung in Höhe von 650,00 €, Mietwagenkosten in Höhe von 267,00 €, restliche Sachverständigenkosten in Höhe von 68,72 € und Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 €).

a. Nach diesen – auch unter Berücksichtigung der von der Nebenintervenientin zu 2) erhobenen Einwendungen – ohne weiteres nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen belaufen sich die Kosten, die für die Beseitigung des Karosserieschadens erforderlich waren, auf einen Nettobetrag von 2.359,70 €, was unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt der Leistungserbringung im Oktober 2005 gültigen Mehrwertsteuersatzes von 16 % einem Bruttobetrag von 2.737,25 € entspricht. Einer weiteren Ergänzung des Gutachtens oder Anhörung des Sachverständigen bedarf es nicht.

Die Begründung des Sachverständigen Dipl.-Ing. … , dass die unter Position 1 der Rechnung („Scheibenrad Leichtmetall geprüft“) zum Preis von 20,70 € abgerechneten Arbeiten wegen der Erneuerung der Felge (Position 55) nicht erforderlich waren, ist überzeugend. Durchgreifende Einwendungen hiergegen sind von der Nebenintervenientin zu 2) nicht erhoben worden. Der angeblich entgegen stehende „Hinweis“ des Herstellers ist unverständlich und nicht nachvollziehbar.

Da ein Achsschaden nach den obigen Ausführungen an dem Fahrzeug der Klägerin überhaupt nicht vorlag und die festgestellten Veränderungen der Sturzwerte nach den Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 27.9.2007 (S. 10 des Gutachtens) nicht unfallbedingt waren, sind die auf deren Feststellung und Beseitigung entfallenden Rechnungspositionen 15 („Fahrzeug vorn u. hinten gemessen“) zum Preis von 93,15 €, 16 („dazu Achskörper eingepasst“) zum Preis von 62,10 €, 17 („Sturz der H-Achse ermittelt“) zum Preis von 41,40 € und 23 („GFS/Geführte Funktion“) zum Preis von 51,75 € nicht erstattungsfähig. Die Positionen 19 („Sturz der Vorderräder eingestellt“) zum Preis von 31,05 € und 20 („Spur der Vorderräder eingestellt“) zum Preis von 31,05 € sind ebenfalls nicht zu ersetzen, weil bei dem Unfall vom 22.10.2005 ausschließlich ein Hinterrad in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dasselbe gilt auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz der Nebenintervenientin zu 2) vom 9.2.2010 unter Berufung auf ein wieder „aufgetauchtes“ Ausgangsmessprotokoll vom 25.10.2005 erhobenen weiteren Einwendungen für die Rechnungspositionen 4 bis 14 („Achslenker unten aus- und eingebaut“ [165,60 €], „Achslenker unten ersetzt“ [72,45 €], „Lager für Lagerbock aus-und eingebaut“ [72,45 €], „Gleichlaufgelenk geprüft“ [31,05 €], „Gleichlaufgelenk aus und eingebaut“ [20,70 €], „Lenker oben aus- und eingebaut“ [113,85 €], „Lenker aus-und eingebaut“ [113,85 €], „Stabilisator aus- und eingebaut“ [72,45 €], „Koppelstange für Stabilisator aus- und eingebaut“ [31,05 €], „Bremsanlage entlüftet“ [51,75 €] und „Handbremsseile eingestellt“ [41,40 €]), 21 und 22 („ABS geprüft“ [20,70 €] und „Drehzahlfühler hinten aus- und eingebaut“ [20,70 €]) sowie die in den Rechnungspositionen 56 bis 68 aufgeführten Ersatzteile (Achslenker [241,45 €], Radlager [65,67 €], Querlenker [2 x 79,20 €], Schrauben [5,68 € + 1,87 € + 2,42 € + 11,88 € + 6,60 €], Fühler [49,39 €], Radnabe [89,43 €], Mutter [5,28 €] und Bremsflüssigkeit [10,09 €]), die sich selbst nach dem Vorbringen der Nebenintervenientin zu 2) ebenfalls sämtlich auf die angebliche Korrektur der Sturzwerte beziehen, hinsichtlich derer nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. … jedoch keine Unfallursächlichkeit angenommen werden kann. Worauf die Abweichungen zwischen den in dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 27.9.2009 wiedergegebenen Messergebnissen und dem von der Nebenintervenientin zu 2) erstmals mit Schriftsatz vom 9.2.2010 vorgelegten Messprotokoll, dessen Richtigkeit bzw. Authentizität von den Parteien bestritten wurde, beruhen, kann deshalb im Ergebnis dahinstehen. Die Nebenintervenientin zu 2) hat hierzu indes keinerlei Erklärung abgegeben.

Dass und ggf. weshalb die Rechnungsposition 42 („Einstiegsleiste instand gesetzt“) zum Preis von 82,80 € neben den für die Erneuerung der Einstiegsleiste in Rechnung gestellten Kosten (z.B. Positionen 32 und 73) erstattungsfähig sein soll, ist auch unter Berücksichtigung der von der Nebenintervenientin zu 2) erhobenen Einwendungen nicht ersichtlich, zumal der Nebenintervenient zu 1) nach Überprüfung der Rechnung der Nebenintervenientin zu 2) mit Schreiben vom 30.11.2005 mitgeteilt hat, dass die Position 42 zu streichen sei. Die Nebenintervenientin zu 2) beruft sich sogar selbst darauf, dass die Leiste entgegen der Formulierung in der Rechnung nicht instand-, sondern eingesetzt (d.h. wohl erneuert) worden sei.

Schließlich hat der Sachverständige auch zu Recht die Position 51 („Unfallfahrzeug 33 eingeschleppt“) zum Preis von 157,21 € nicht dem Karosserieschaden zugeordnet. Soweit die Nebenintervenientin zu 2) die Notwendigkeit des Einschleppens mit der „dramatischen“ Unfallschilderung der Klägerin oder ihres Ehemanns zu begründen versucht, kann sich daraus eine Verpflichtung der Klägerin zur Bezahlung dieser Rechnungsposition ergeben, aber keine Einstandspflicht der Beklagten, da diese weder für den vermeintlichen Achsschaden noch für Fehlinformationen seitens der Klägerin verantwortlich sind. Abgesehen davon hat ein Einschleppen des Unfallfahrzeugs nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 4.1.2007 überhaupt nicht stattgefunden, sondern die so bezeichnete Rechnungsposition hängt nach ihrer Darstellung mit der Rückgabe des Mietfahrzeugs zusammen.

b. Dass das Fahrzeug der Klägerin nach den Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. … durch den Karosserieschaden eine Wertminderung von 650,00 € erlitten hat, wird von keinem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen.

c. Die Parteien und die Nebenintervenienten wenden sich auch nicht dagegen, dass 35 der Sachverständige für die Beseitigung des Karosserieschadens einen Werkstattaufenthalt von drei Arbeitstagen (statt vier Tagen für die gesamten in der Rechnung enthaltenen Arbeiten) als erforderlich angesehen hat, so dass sich unter Zugrundelegung des aus der Rechnung der Nebenintervenientin zu 2) vom 29.3.2006 ersichtlichen Tagespreises von 89,00 € (brutto) ein erstattungsfähiger Betrag von 267,00 € ergibt.

d. Zu ersetzen ist auch eine allgemeine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € (§ 287 ZPO).

e. Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung restlicher 37 Sachverständigenkosten in Höhe von 68,72 €, welche die Beklagte zu 1) bis auf den Mehrwertsteueranteil bereits vorprozessual ausgeglichen hat.

Damit ergibt sich folgende Hauptforderung:

Reparaturkosten (brutto)                               2.737,25 €
Wertminderung                                                 650,00 €
Mietwagenkosten                                             267,00 €
Pauschale                                                           25,00 €
Sachverständigenkosten (Restbetrag)               68,72 €

.                                                                     3.747,97 €

3. Die Klägerin kann außerdem gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 4 BGB i.V.m. § 398 BGB die Erstattung vorprozessual entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 392,66 € (1,3 Gebühren aus einem Streitwert bis zu 4.000,00 € zzgl. Auslagenpauschale und 16 % MwSt.) verlangen.

Die Klägerin hat auf entsprechenden Einwand der Beklagten bereits erstinstanzlich klargestellt, dass die aufgrund der vorprozessualen Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten von ihrer Rechtsschutzversicherung ausgeglichen und entsprechende Erstattungsansprüche an sie abgetreten wurden, ohne dass die Beklagten diesem Vorbringen anschließend weiter entgegen getreten sind, so dass die Klägerin hinsichtlich des geltend gemachten Zahlungsanspruchs aktivlegitimiert ist.

An der Zulässigkeit und Begründetheit dieser Forderung hat sich durch die Einführung von § 15 a RVG mit Wirkung ab 5.8.2009 nichts geändert, auch wenn die Klägerin nunmehr entsprechende Gebühren im Kostenfestsetzungsverfahren anmelden könnte (vgl. zur Geltung der Neuregelung für „Altfälle“: BGH, Beschluss vom 3.2.2010 – XII ZB 177/09, in: AGS 2010, 106 f.), weil diese – einfachere – Möglichkeit das Rechtsschutzbedürfnis für die zunächst zulässige Klage nicht im Nachhinein entfallen lässt und auch den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht tangiert.

4. Zinsen auf die Hauptforderung stehen der Klägerin wie beantragt gemäß §§ 286 Abs. 49 1, 288 Abs. 1 BGB in gesetzlicher Höhe seit dem 1.2.2006 zu, da sich die Beklagten seitdem aufgrund der Zahlungsverweigerung durch Schreiben der Beklagten zu 1) vom selben Tage in Verzug befinden.

Die zu erstattenden Rechtsanwaltskosten sind erst sukzessiv geltend gemacht worden und dementsprechend jeweils zur Hälfte ab Rechtshängigkeit der Klage und der Berufungsbegründung zu verzinsen (§ 291 BGB). Insoweit ist ein vorprozessualer Verzugseintritt nicht dargetan.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO 53 nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Gegenstand des Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen des konkreten Einzelfalls. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Berufungsstreitwert: 6.418,77 €

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