Das AG Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – verurteilt HUK-Coburg Allgem. Vers. AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in zusammengefasster Summe von 1.351,20 € nebst Zinsen aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 9.7.2010 [385 C 3772/09 (70)].

Der Amtsrichter der 385. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – hat mit Urteil vom 9.7.2010 die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG verurteilt die von dem klagenden Kfz-Sachverständigen geltend gemachten gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht in vollem Umfang zu zahlen. Der Kläger hatte mehrere von der Beklagten zu Unrecht gekürzte Sachverständigenkosten zu einer Zahlungsklage über 1.351,20 Euro nebst Zinsen zusammengefaßt (Klagehäufung) und diese bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht, hier in Frankfurt-Höchst, eingeklagt. Obwohl sich die Beklagte mit nichtigen Gesichtspunkten gegen die Klagehäufung (wegen der damit erreichten Berufungssumme) gewehrt hatte, wurde sie vollumfänglich verurteilt. Auch der Versuch der Beklagten, die Prozessbevollmächtigte des Klägers, aus dem Rechtsstreit zu boxen, mißlang. Allerdings hat das Urteil einen Schönheitsfehler. Wieder einmal ist ein Richter der Argumentation der Beklagten auf den Leim gegangen und hat statt der Voraussetzungen des § 249 BGB werkvertragliche Gesichtspunkte geprüft, § 632 BGB. Nachfolgend das Urteil aus Frankfurt-Höchst:

Amtsgericht Frankfurt am Main                       Verkündet laut Protokoll
Außenstelle Höchst                                              am: 09.07.2010
Geschäfts-Nr.: 385 C 3772/09 (70)

Urteil Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
Dipl.-Ing. C. aus B.
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A.
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG
vertr.d.Vorst.,d.vertr.d.Vorstandsvors.Hoenen, Am Bahnhofsplatz, 96444 Coburg Geschäftszeichen:
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin W.

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst durch Richter am Amtsgericht Christmann
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2010 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.351,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 141,74 € seit dem 25.10.2006, aus 451,48 € seit dem 20.11.2006, aus 316,55 € seit dem 23.01.2007, aus 293,14 € seit dem 22.11.2007 und aus 148,29 € seit dem 08.08.2008 zu zahlen sowie den Kläger von den außergerichtlichen Kosten durch die Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 156,50 € freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Erstattung von fünf Sachverständigenrechnungen aus abgetretenem Recht.

Der Kläger ist Inhaber eines Sachverständigenbüros für Kraftfahrzeugtechnik in B. Er erstellt als Kfz-Sachverständiger Gutachten zur Feststellung der Schadenshöhe an Kraftfahrzeugen nach Verkehrsunfällen. Mit der Klage macht der Kläger bislang noch nicht regulierte Schadensersatzansprüche von fünf Unfallgeschädigten geltend, die ihn mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt und ihre Erstattungsansprüche gegenüber den Unfallgegnern und deren Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Sachverständigenkosten an den Kläger abgetreten haben.

Bei den Abtretenden und Schadensereignissen handelt es sich um einen Unfall der Geschädigten Firma … , der sich am 23.09.2006 in S. ereignete, einen Unfall des Geschädigten … , der sich am 19.10.2006 auf der L 3005 Richtung F. in der Gemarkung E. ereignete, einen Unfall des Geschädigten … , der sich am 22.12.2006 in H. ereignete, einen Unfall des Geschädigten … , der sich am 21.10.2007 in S. ereignete, sowie einen Unfall des Geschädigten … , der sich am 04. Juli 2008 auf der BAB 66, Abfahrt B. S. ereignete.

Für die Geschädigten hat der Kläger jeweils nach dem Unfallereignis ein Schadensgutachten erstellt, seine Leistungen dem jeweiligen Geschädigten in Rechnung gestellt und sich vom jeweiligen Geschädigten dessen Ansprüche auf Erstattung der betreffenden Rechnung des Klägers gegen die Beklagte abtreten lassen. Wegen der betreffenden Unterlagen im Einzelnen wird auf die Anlagen K 2 bis K 16 (Bl. 13-37 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.09.2009 die Beklagte zur Zahlung der betreffenden Gutachterkosten aufgefordert (Anlage K 17, Bl. 38/39 d. A.).

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat diesem ihre Gebühren mit Kostenrechnung vom 23.12.2009 in Höhe von 186,24 € in Rechnung gestellt (Anlage K 18, Bl. 40 d. A.).

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, diese Klage unzulässig, weil die Klage im Namen des Klägers aufgrund eines Verstoßes gegen § 1 Rechtsberatungsgesetz durch einen vollmachtlosen Vertreter erhoben worden sei. Der zwischen dem Kläger und seiner Rechtsanwältin abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag sei gemäß § 138 BGB sittenwidrig und verstoße gegen § 43a BRAO i. V. m. § 134 BGB, da die Klägervertreterin zugleich die unfallgeschädigten Fahrer vertreten habe. Insoweit sei die Gefahr einer Interessenkollision gegeben, die für den vorbezeichneten Verstoß ausreiche.

Überdies sei die Klage wegen der Verbindung verschiedener Schadenfälle und unterschiedlicher Anspruchsteller und einer Anspruchshäufung unzulässig. Auch sei die gewählte Abrechnung des Sachverständigen von Pauschalen neben einem pauschalierten Grundhonorar unzulässig.

Zudem bestreitet die Beklagte die Höhe der geltend gemachten Foto- und Kopiekosten.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die gerichtliche Niederschrift vom 20.05.2010 verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig.

Eine ordnungsgemäße Klagerhebung liegt vor. Die im Namen des Klägers erhobene Klage ist durch seine bevollmächtigte Vertreterin wirksam erhoben worden. Insoweit liegt kein vergleichbarer Interessenwiderstreit vor, wie in dem von Beklagtenseite aufgezeigten Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 04.12.2003 (31 C 1414/03-83). Im dortigen Fall lag ein deutlicher Interessenwiderstreit aus abgetretenem Recht vorgehenden Mietwagenunternehmen einerseits und dem geschädigten Fahrer andererseits vor. Der geschädigte Fahrer war aufgrund seiner Schadensminderungspflicht verpflichtet, die Mietwagenkosten möglichst gering zu halten. Dagegen hatte das Mietwagenunternehmen naturgemäß eher das entgegengesetzte Interesse. Ein derartiger massiver Interessengegensatz ist bei Sachverständigenkosten nicht ersichtlich. Der Geschädigte ist – anders als bei Mietwagenunternehmen – nicht gehalten, Gebührentabellen von Sachverständigen zu vergleichen und insoweit Alternativangebote einzuholen. Ein vergleichbarer Interessengegensatz ist nicht ersichtlich. Die Klägervertreterin war damit trotz ihres vorhergehenden oder gleichzeitigen Tätigwerdens für die Geschädigten wirksam bevollmächtigt. Ein Verstoß gegen § 134 BGB oder § 43a BRAO i.v.M. § 138 BGB liegt nicht vor.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst folgt aus § 32 ZPO, da die Unfallorte sämtlich in dessen Bezirk liegen.

Die Klage ist zur Hauptforderung auch gem. §§ 823 Abs.1, 249 BGB, 115 VVG, 398 BGB begründet.

Das Vorgehen des Klägers aufgrund abgetretenen Rechts verstößt auch nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.

Zweck des Artikel 1 § 1 RBerG ist, die Rechtssuchenden vor den Gefahren einer ungenügenden und nicht sachgerechten Beratung und Vertretung zu schützen. Eine Gefährdung dieses Zwecks des § 1 RBerG ist vorliegend nicht gegeben.

Für die Einstufung als Erlaubnispflichtige der Rechtsbesorgung kann in Anbetracht der Tatsache, dass nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und kaum eine wirtschaftliche Betätigung ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht alleine auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden (vergl. AG Königstein, Urteil vom 13.09.2007 – 25 C 1523/06 (12) – m. w. N.). Es bedarf vielmehr einer abwägenden Beurteilung des jeweilig beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich hierbei um Rechtsbesorgung handelt oder ob es um eine Tätigkeit geht, welche von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann, ohne dass die Qualität der Dienstleistung oder die Funktionsfähigkeit der Rechtslegung und die zu ihrer Aufrechterhaltung benötigten Rechtsberater beeinträchtigt würden. Maßgebend ist, ob der Auftraggeber eine besondere rechtliche Prüfung von Geschäftsinhalt oder Geschäftsrisiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Fehlt es daran, so steht bereits dagegen, dass eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung Ziel des Verhaltens ist. So liegt der Fall hier. Denn dem Kläger kommt es darauf an, seine eigenen Ansprüche befriedigt zu bekommen. Er hat sich die Ansprüche der Geschädigten bis zu der Höhe seiner Kosten sicherheitshalber abtreten lassen. Die Kosten des Sachverständigen machen bei Verkehrsunfällen regelmäßig nur einen untergeordneten Bestandteil des Gesamtschadens aus. Ersichtlich ist das Interesse des Sachverständigen, im Falle einer Quote zumindest insgesamt Befriedigung seiner Ansprüche zu erhalten. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich, dass die Abtretung in erster Linie der Sicherung der Ansprüche des Klägers dient, nicht etwa dem Bestreben, für den Geschädigten die Regulierung der sonstigen Ansprüche zu besorgen. Der maßgebliche Zweck bestimmt den Charakter des Geschäfts. Dieses ist hier nicht Rechtsbesorgung, denn der Beklagte nimmt den Geschädigten nicht die Verfolgung und Durchsetzung ihrer Ansprüche zielbewusst ab. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liegt nicht auf dem Gebiet der Rechtsbesorgung, sondern dient im Wesentlichen der Durchsetzung des eigenen Vergütungsinteresses. Dieser Schwerpunkt der Tätigkeit bestimmt deren Charakter als eine Solche, die nicht der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dient, sondern der-wenngleich zwangsläufig mit rechtlichen Angelegenheiten verknüpften – Besorgung eigener Geschäfte im ureigensten Interesse.

Der Kläger bewegt sich auch bei der Pauschalierung seiner Honorare für Routinegutachten an der Schadenshöhe in dem vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraum (vergl. BGHZ 167, 139; BGH NJW 2007, 1450).

Die vom Kläger geltend gemachten Kosten sind üblich und angemessen (§§ 632 Abs. 2 BGB, 287 ZPO).

Dabei ist die übliche Vergütung regelmäßig nicht auf einen festen Betrag oder Satz festgelegt, sondern bewegt sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Eine solche Bandbreite wird durch das Ergebnis der vorgelegten Mitgliederbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugswesen (BVSK) dargestellt.

Die vom Kläger geltend gemachten Grundhonorare bewegen sich in dem dort dargestellten Honorarkorridor und sind damit üblich und angemessen.

Auch eine Geltendmachung von pauschalierten Nebenkosten ist neben dem Grundhonorar möglich. Die geltend gemachten Fotokosten und Kopierkosten bewegen sich innerhalb der gemäß BVSK-Befragung als üblich und angemessen anzusehenden Werte. Auch konnten die Schreibauslagen gesondert ausgewiesen werden, da dies Schreibarbeit des Sekretariats und nicht des Gutachters ist (vergl. Urteil des AG Königstein a. a. O.).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seinen Rechtsgrund in § 709 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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