AG Karlsruhe verurteilt Gothaer Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 18.11.2008 hat das AG Karlsruhe die Gothaer Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer 1.174,32 € zzgl. Zinsen für Mietwagenkosten sowie weiterer RA-Kosten verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen (Gesch.-Nr.: 5 C 365/08).

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist unstreitig. Die Klägerin hat für die Dauer der Begutachtung urid Reparatur ihres Fahrzeuges vom 27.03.2007 bis 20.04.2007 ein Fahrzeug der Gruppe 2 angemietet. Die Mietwagenkosten wurden ihr mit Datum vom 23.04.2007 mit 2.233,85 € in Rechnung gestellt. Hierauf hat die Beklagte 620,00 € und sodann 130,00 € bezahlt, weitere Zahlungen hat sie abgelehnt.

Zur Schätzung der Höhe der Mietwagenkosten könne die Schwacke-Liste 2007 herangezogen werden. Die von der Beklagten herange­zogenen Mietwagenlisten seien nicht geeignet. Zudem sei ein Zuschlag von 20 % vorzunehmen für unfallhedingte Mehrleistungen. Die Klägerin habe nicht in Vorlage treten können. Der Zuschlag sei auch für die Stundung des Tarifs und die Überlassung des Fahrzeuges ohne Kaution gerechtfertigt.

Die Beklagte bestreitet die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des geltend gemach­ten Tarifs. Es werde bestritten, dass kein günstigerer Tarif zugänglich gewesen sei und dass die Klägerin die Rechnung bezahlt habe.

Die Schwacke-Liste 2007 sei als Schätzungsgrundlage nicht geeignet, da die Angaben der Vermieter nicht überprüft worden seien. Nach der vom Fraunhofer Institut erstellten Interneterhebung ergebe sich bereits ein günstigerer Tarif. Eine telefonische Anfrage bei der Firma Avis habe für den 09.09.2008 ein Angebot für die Gruppe 4 für 25 Tage von 687,52 € bis 858,73 € ergeben. Nach dem Marktpreisspiegel Mietwagen, der auf einer Interneterhebung basiere, ergebe sich für ein Fahrzeug der Gruppe 2 ein Wochenpreis von 220,03 €, ein Dreitagespreis von 159,01 € und ein Tagespreis von 63,97 €.

Ein pauschaler Aufschlag sei im Übrigen nicht gerechtfertigt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7,17,18 StVG, 115 WG, 249 BGB noch einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.174,32 € aus dem Verkehrsunfall vom 27.03.2007, den die Versicherungsnehmerin der Beklagten unstreitig allein verschuldet hat. Die Erforderlichkert der Anmietungsdauer von 25 Tagen hat die Beklagte nicht bestritten, so dass sie der Abrechnung zugrunde zu legen waren.

Die von der Beklagten zu erstattenden Mietwagenkosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges bemisst das Gericht gemäß § 287 ZPO nach dem Normaltarif der Schwacke-Liste 2007.

Gemäß § 249 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftliche denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich selbst verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allein noch nicht deshalb gegen sei Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraft­fahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist, soweit Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegen­über dem Normaltarif höheren Preis rechtfertige, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (BGH NJW 2008, Seite 1370 ff.). Die Klägerin hat keinerlei Umstände vorgetragen, die einen Zuschlag auf den Normalta­rif rechtfertigen würden. Insbesondere ergibt sich diese Rechtfertigung nicht aus dem Vortrag der Klägerin, dass die Klägerin nicht habe in Vorlage treten können und der Tarif gestundet worden sei. Ihr sei auch der Pkw ohne Kaution überlassen worden.

Die Klägerin hat hier nicht die Erforderlichkeit einer Kreditierung hinreichend dargetan. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sie nicht über eine Kreditkarte verfügt. Dies hat sie nicht behauptet. Ein pauschaler Zuschlag von 20 % würde sich auch deshalb auf den gesamten Betrag der Mietwagenkosten nicht rechtfertigen lassen, weil die Beklagte einen Teil der erforderlichen Mietwagenkosten mit 750,00 € bereits bezahlt hat, so dass es insoweit an einer Kreditierung fehlen würde. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass Sie in einer Notsituation war. Allein die Tatsache, dass sie das Fahrzeug am glei­chen Tag angemietet hat, belegt nicht zwingender Weise das Vorliegen einer Notsituati­on, da eine telefonische Erkundigung ohne weiteres möglich gewesen wäre,

Weitere konkrete unfallbedingte Mehrleistungen sind vorliegend nicht ersichtlich.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch vorliegend die Schwacke-Liste 2007 als Schätzungsgrundlage im Rahmen das § 287 ZPO geeignet. Die Beklagte hat hier ledig­lich Einwendungen allgemeiner Art und nicht auf den konkreten Fall bezogen vorgetra­gen. Allein der Einwand, der Fraunhofer Mietwagenspiegel sei deshalb geeignet, den realen Normaltarif des Marktes wieder zu geben, da die Erhebung auf anonymisierten Anfragen beruhe, vermag die Ungeeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 nicht zu begründen. Dies unterstellt von vornherein, dass die dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 zugrunde liegenden Anfragen auf unrichtigen Antworten der je­weiligen Vermietungsfirmen beruhen. Im Übrigen führt auch die dem Fraunhofer Miet­wagenspiegels zugrunde liegende Interneterhebung zu einer Änderung der Mietpreise, vermutlich eher zu einer Reduzierung, die nicht geeignet ist, eine Schätzungsgrundlage im Sinne des § 287 ZPO darstellen zu können. Der Geschädigte ist bei einer Anmietung nicht verpflichtet, sich nach Internetangeboten zu erkundigen, zumal nicht unterstellt werden kann, dass Jeder Geschädigte über einen Intemetzugang verfügt. Da bei Inter­netangeboten jedoch die erforderliche Beratung wegfällt, hierdurch Ersparnisse der Ver­mietungsfirmen eintreten, mag dies auch zu einer Reduzierung der Normaltarife nach der Internetesuche führen. Das Gericht ist daher der Ansicht, dass die Einwendungen der Beklagten gegen den Sehwacke-Mietpreisspiege! 2007 nicht ausreichend sind.

Die von der Beklagten im Übrigen vorgetragenen anderweitigen Mietwagenangebote sind nicht entscheidungserheblich, da diese Angebote ersichtlich für den Zeitraum Sep­tember 2005, nicht jedoch für den Zeitraum der Reparaturdauer eingeholt wurden.

Unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste 2007 berechnen sich daher die Mietwagen­kosten wie folgt:

3 x Wochenpreis Gruppe 2 Modus 421,63 €                      1.264,89 €

1 x Dreitagespauschale                                                        212,36 €

1 x Tagespauschaie                                                                78,88 €

                                                                                          1.556,13 €
abzüglich Eigenersparnis 5 %                                                 77.81 €

                                                                                          1.478,32 €
3 x Wochenpreis Vollkasko 108,00 €                                    394,00 €

3 Tagespauschale Vollkasko                                                   54,00 €

Tagespauschale Vollkasko                                                      18,00 €

Zustellen und Abholen                                                             50,30€

                                                                                          1.924,32 €
abzüglich Zahlung der Beklagten                                          750,00 €

                                                                                          1.174,32 €.

Auf das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der behaupteten Zahlung der Klägerin bei den Mietwagenkosten kommt es vorliegend nicht an.

Für den Fall der noch nicht erfolgten Zahlung der nicht erfolgten Mietwagenkosten stand der Klägerin zwar ein Befreiungsanspruch gemäß §§ 249, 257 BGB zu. Dieser Befrei­ungsanspruch ist gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen.

Danach hat der Geschädigte die Möglichkeit, zu einem Anspruch auf Geldersatz zu ge­langen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. zur Haftungsfreisteliung mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach Rechtsprechung des BGH gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, NJW 2004, Seite 1868 ff.). Die Beklagte hat bereits außergerichtlich jegliche Zahlung auf weitere Mietwagenkosten ernsthaft und endgültig abgelehnt, so dass es einer Frist­setzung mit Ablehnungsandrohung seitens der Klägerin zur Umwandlung in einen Geld­anspruch nicht bedurfte. Die Klägerin kann somit unmittelbar Zahlung verlangen.

Darüber hinaus kann sie von der Beklagten gemäß § 249 BGB die Zahlung weiterer au­ßergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 66,05 € verlangen.

 

Soweit das AG Karlsruhe, ebenfalls mit Anwendung der Schwacke-Liste und Ablehnung der Fraunhofer Tabelle.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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