AG Duisburg verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 18.10.2010 -33 C 1579/10-.

Hallo Leserinnen und Leser,

jetzt mal ein Urteil aus dem Ruhrgebiet – einige werden noch folgen -. Dieses Mal aus Duisburg. Die Amtsrichterin der 33. Zivilprozessabteilung des AG Duisburg verurteilt die HUK-Coburg Versicherungs AG, wen denn sonst?, zur Zahlung restlichen Schadensersatzes in der Form der nicht gezahlten restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht.

Lest das Urteil des AG Duisburg vom 18.10.2010 – 33 C 1579/10 – selbst:

33 C 1579/10

Amtsgericht Duisburg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

1. Herrn … ,

2. die HUK Coburg Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Friedrich-Wilhelm-Str. 18, 47051 Duisburg,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Duisburg im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 18.10.2010 durch die Richterin …

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 272,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 09.03.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 15%, die Beklagten zu 85% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig. Anhaltspunkte für eine unwirksame Klageerhebung aufgrund der Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten des Zedenten und einer damit verbundenen Interessenkollision sind nicht ersichtlich. Denn ob eine Interessenkollision vorliegt und der zu Grunde liegende Anwaltsvertrag gemäß § 134 BGB nichtig sein könnte, ist unerheblich. Dies hätte keinen Einfluss auf die erteilte Prozessvollmacht und die Wirksamkeit der Prozesshandlungen (vgl. MüKo, BGB, 5. Auflage, § 134 BGB Rn. 100 ff.).

II.

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 1 PflVG i. V. m. § 398 BGB in Höhe von 272,14 Euro.

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für die Schadensfolgen aus dem Verkehrsunfall vom 10.12.2009 steht außer Streit.

a) Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stand ursprünglich dem Zedenten, Herrn … , zu. Die Beauftragung des Klägers erfolgte durch diesen selbst, nicht etwa durch dessen Bevollmächtigten (vgl. Ablichtung der Abtretungserklärung Bl. 9 GA).

Der Zedent hat seinen Schadensersatzanspruch bezüglich der Kosten für das Sachverständigengutachten gemäß § 398 BGB durch Vertrag vom 12.12.2009 wirksam an den Kläger abgetreten.

Das pauschale Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Eigentumsstellung des Zedenten an dem beschädigten Pkw ist nicht ausreichend, das die Beklagte unstreitig bereits ein Teilregulierung an Herrn … vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund hätte es an der Beklagten gelegen, näher darzulegen warum nunmehr die Eigentümerstellung bestritten werden soll.

Weiterhin ist auch die Abtretungserklärung des Schadensersatzanspruchs in Höhe der Gutachterkosten zwischen dem Kläger und dem Zedenten Herrn … wirksam. Insbesondere ist die Abtretung nicht gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 2, 3 RDG in unwirksam.

Der Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist nicht eröffnet. Das RDG hat am 01.07.2008 das RBerG abgelöst. Sinn und Zweck war die Liberalisierung der Erlaubnispflicht außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. (Säbel, AnwBI. 2007, 816f). Statt der „Rechtsberatung“ wurde hierdurch der einheitliche Begriff der „Rechtsdienstleistung“ eingeführt. Der Unterschied der Rechtsdienstleistung zur Rechtsbesorgung im Rechtsbesorgungsgesetz liegt in dem Merkmal der „rechtlichen Prüfung“ (Römermann in Grunewald/Römermann Rechtsdienstleistungsgesetz, § 2 Rn. 72). Die Anforderungen an den Umfang der rechtlichen Prüfung haben sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens stetig geändert. Nach dem nun vorliegenden RDG ist das Tatbestandsmerkmals der rechtlichen Prüfung dann zu bejahen, wenn die Tätigkeit über die bloße Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht, ohne dass es einer besonderen Prüfungstiefe bedarf. (Begründung zum RegE BT-Drs. 16/3655, S. 94). Es sind nicht allzu hohe Anforderungen an die Prüfungstiefe zu stellen, so dass sich im Ergebnis an der Striktheit des Erlaubnisvorbehaltscharakters wie er im Rechtsberatungsgesetz normiert war nur geringfügig etwas ändert.

Das Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Prüfung ist vorliegend nicht gegeben. Inhalt der Abtretungserklärung sind die vom Kläger errechneten Gutachterkosten. Die Zusammenstellung dieser Rechnung und die Ermittlung der Höhe des Schadens fallen unter den Hauptaufgabenbereich der Tätigkeit eines KFZ Sachverständigen. Dass Schaden entstanden ist und dass hierfür der Beklagte zu 1) das alleinige Verschulden trägt, ist unstreitig und war nicht von der Ermittlungstätigkeit des Klägers umfasst. Auch der Haftungsgrund steht unstreitig fest. Bei der Abtretung des Anspruchs und der Geltendmachung der Kosten musste der Kläger keine tiefgehende rechtliche Prüfung anstellen. Die Feststellung der Höhe des einzuklagenden Anspruchs ist die Tätigkeit, der er ohnehin nachgeht. Hierbei handelt es aber in Abgrenzung zu einer juristischen Tätigkeit um eine rein wirtschaftliche. Auf die Fremdheit kommt es nicht mehr an.

Auch ist keine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 2 RDG gegeben. Der Kläger ist KFZ-Sachverständiger und führt kein Inkassounternehmen. Auch für das Vorliegen eines eigenständigen Geschäfts, das die Forderungseinziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen zum Inhalt hätte, ist nichts ersichtlich. Ein solch eigenständiges Geschäft erfordert mehr als das „geschäftsmäßige“ Vorgehen im Sinne des RBerG. Geschäftsmäßig ging vor, wer beabsichtigte, die Tätigkeit – sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit – in gleicher Art zu.wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. In Abgrenzung hierzu müsste es sich nach dem neuen Wortlaut des eigenständigen Geschäfts um einen eigenständigen Inkassobetrieb innerhalb der haupt- oder nebenberuflichen Tätigkeit handeln (Römermann in Grunewald/Römermann, RDG, § 2 Rn.100). Das Wort „geschäftsmäßig“ ist aus dem Gesetzeswortlaut herausgenommen worden. Für das Vorliegen eines solchen „konkludenten“ Inkassobetriebs könnte sprechen, dass bereits mehrere Verfahren des Klägers in derselben Konstellation vordem erkennenden Gericht anhängig sind. Dies allein spricht allerdings nach der hier dargelegten Definition allenfalls für ein geschäftsmäßiges Vorgehen, (vgl. dazu auch AG Duisburg, Urteil vom 09.06.2010, Az. 52 C 5132/09).

Es kann dahinstehen, ob vorliegend nur eine Sicherungsabtretung oder eine Abtretung „erfüllungshalber“ erfolgte. Denn soweit die Beklagten den Eintritt des Sicherungsfalls – die Nichtzahlung des Zedenten trotz Inanspruchnahme – bestreiten, war dies unerheblich. Die Abtretung sicherheitshalber führt nur zu einer Beschränkung im Innenverhältnis, nicht aber im Außenverhältnis (Palandt-Grüneberg, BGB, 68. Auflage, § 398 Rn. 24).

b) Die Höhe des Schadens ist gemäß § 249 BGB auch angemessen. Die vom Kläger in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten liegen im üblichen Rahmen (§ 287 ZPO).

Nicht zu beanstanden ist die Bemessung des Grundgehalts nach einer an der Schadenshöhe orientierten angemessenen Pauschalierung (vgl. BGH NJW 2006, S. 2474). Der Kläger hat das Grundhonorar mit 235,49 Euro veranschlagt. Hinzu kommen Nebenkosten für anteilige Fahrtkosten in Höhe von 15,00 Euro, für Lichtbilder in Höhe von insgesamt 27,00 Euro, für Porto und Telefon in Höhe von 34,27 Euro, an Auslagen und Nebenkosten in Höhe von 20,70 Euro sowie EDV-Kosten in Höhe von 31,10 Euro. Auf den Gesamtbetrag von 363,56 Euro fallen zudem 69,08 Euro Mehrwertsteuer an, so dass das Gesamthonorar bei 432,64 Euro liegt. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Höhe des Grundhonorars liegt innerhalb der Spanne der üblichen Kosten, welche laut der Tabelle HB III der Honorarabfragung des BVSK 2008/2009 anfallen. Die HB III der BVSK-Honorarabfragung 2008/2009 stellt eine geeignete Schätzgrundlage dar. Die Honorarabfragung spiegelt wieder, welche Honorare die 617 befragten Sachverständigen für die von ihnen erstellten Gutachten in den Bereichen Grundhonorare in Abhängigkeit von der Schadenshöhe und Nebenkosten in Rechnung stellen und somit als üblich und angemessen anzusehen sind. Die Tabelle HB III beinhaltet den Honorarkorridor, in dem je nach Schadenshöhe zwischen 40 % und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. Sie stellt somit einen Mittelwert dar.

Auch die Höhe der Nebenkosten ist nicht zu beanstanden. Bei der Bestimmung der angemessenen Nebenkosten ist ebenfalls die HB III der BVSK-Honorarabfragung 2008/2009 zugrunde zu legen und nicht das Gesprächsergebnis BVSK/DEVK/HUK-Coburg/Bruderhilfe. Bei dem Gesprächsergebnis handelt es sich nur um einen Prüfungsmaßstab, an dem sich die Mitarbeiter der Beklagten bei der Prüfung der Sachverständigenhonorare orientieren können.

Ein Missverhältnis zwischen dem Grundhonorar und den geltend gemachten Nebenkosten liegt nicht vor. Der nach der Auffassung der Beklagten überhöhte Prozentsatz der Nebenkosten im Vergleich zum Grundhonorar in Höhe von 54,5% ergibt sich daraus, dass die Nebenkosten bei einem Gutachten unabhängig von der Schadenshöhe anfallen. Je höher das Grundhonorar, desto niedriger ist in den meisten Fällen der Anteil der Nebenkosten am Gesamthonorar. Es ist somit nicht ungewöhnlich, dass bei einem niedrigen Grundhonorar das Verhältnis zu den Nebenkosten höher ist als in anderen Fällen.

Die abgerechneten Nebenkosten für Fotos, Porto/Telefon kosten, Auslagen sowie die EDV-Kosten, die unter die Kategorie Schreibkosten fallen, sind angemessen. Es liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Ausweislich der Tabelle HB III der Honorarabfragung des BVSK 2008/2009 war 2008/2009 bei Berücksichtigung des von der Schadenshöhe abhängigen Grundhonorars zuzüglich Nebenkosten für anteilige Fahrtkosten (pauschal), für Fotokosten (pauschal) und für Porto/Telefon/Schreibkosten (pauschal) ein Gesamthonorar bis zu 431,10 Euro (brutto) üblich und angemessen. Diesen Rahmen überschreitet der Kläger mit seinem Gesamthonorar von 432,64 Euro nur marginal.

Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger bei einzelnen Abrechnungspositionen leicht über dem Rahmen der Tabelle HB III der Honorarabfragung des BVSK 2008/2009 liegt, denn allein das Gesamthonorar ist maßgeblich für die Beurteilung einer angemessenen Vergütung und die Frage der Schadensminderungspflicht des Zedenten. Denn ein Gutachten wird einheitlich erstellt; eine Beauftragung des einen Sachverständigen für die Feststellungen und eines anderen für die Ausarbeitung des Gutachtens wäre nicht praktikabel. Dann kann es aber auch nur auf die Angemessenheit der Gesamtvergütung ankommen.

Die Rechnung des Klägers ist auch prüffähig. Sie ist in das Grundhonorar und die einzelnen Nebenkostenpositionen gegliedert. Zudem ist bei den Nebenkosten, die nicht pauschal sondern nach Anzahl abgerechnet werden, ersichtlich, wie der, etwa für die Fotokosten je Bild, in Rechnung gestellte Betrag zustande kommt.

2. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Verzugszinsen gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Diese sind ihm antragsgemäß ab dem 09.03.2010 zu gewähren.

3. Der Kläger hat hingegen gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Freistellung von seinen außergerichtlichen Anwaltskosten gemäß § 286 Abs. 1 BGB. Er hat nicht dargelegt, dass sich die Beklagten bei der Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten am 14.02.2010 bereits mit der Zahlung des streitgegenständlichen Betrages ihm gegenüber in Verzug befanden. Das anwaltliche Aufforderungsschreiben datiert erst auf den 25.02.2010. Soweit der Prozessbevollmächtigte zuvor im Namen den Zedenten zur Zahlung aufgefordert hatte, ist er schon nicht für den Kläger tätig geworden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht erfordern (§ 511 Abs. 4 Nr. 1 und 2 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 272,14 Euro.

So die Amtsrichterin des AG Duisburg.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, HP Claim Controlling, HUK-Coburg Versicherung, RDG, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu AG Duisburg verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 18.10.2010 -33 C 1579/10-.

  1. Klaus Kannenberg sagt:

    „Bei der Bestimmung der angemessenen Nebenkosten ist … nicht das Gesprächsergebnis BVSK/DEVK/HUK-Coburg/Bruderhilfe zugrundezulegen. Bei dem Gesprächsergebnis handelt es sich nur um einen Prüfungsmaßstab, an dem sich die Mitarbeiter der Beklagten bei der Prüfung der Sachverständigenhonorare orientieren können.“ So das Urteil. Damit hat schon wieder ein Gericht, nämlich das AG Duisburg, das Gesprächsergebnis als Schätzgrundlage verworfen. Ich kann die Liste daher um AG Duisburg erweitern.
    Grüße Klaus

  2. Linda sagt:

    Klaus Kannenberg Montag, 10.01.2011 um 18:49

    “Bei der Bestimmung der angemessenen Nebenkosten ist … nicht das Gesprächsergebnis BVSK/DEVK/HUK-Coburg/Bruderhilfe zugrundezulegen.“…

    Lieber Herr Kannenberg,

    das sind wir schon wieder bei dem Begriff der „Angemessenheit“, der ebensowenig wie die Frage der „Üblichkeit“ schadenersatzrechtlich von Bedeutung ist.

    Eine solche Betrachtung ist schlichtweg themaverfehlend und ich frage mich, warum wir uns dazu immer wieder verleiten lassen.

    Diese Begriffe sind ausschließlich unter werkvertraglichen Gesichtspunkten von Bedeutung. Wer die Definition der Üblichkeit kennt, wird sich schadenersatzrechtlich mit diesem Begriff nicht mehr zu befassen haben.

    Für den korrekt zu leistenden Schadenersatz bietet einzig und allein § 249 BGB die Leitlinie. Alles andere ist rechtsdogmatisch und methodisch nicht haltbar.

    Nach § 249 BGB S.1 hat ein Schadenersatzpflichtiger den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das zum Schadenersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre.“ Von der Herstellung eines a n d e r e n Zustandes ist in § 249 BGB nicht die Rede und auch nicht von einer Gewährung des Schadenersatzes nach „Billigkeitserwägungen“.

    Vor diesem Hintergrund ist lediglich die Abklärung von 2 Fragen entscheidungslelevant.

    1. Triff ein Unfallopfer aus der Beauftragung eines qualifizierten Kfz.-Sachverständigen ein Auswahlverschulden?

    2. Ist dem Unfallopfer – tragfähig begründet – ein Verstoß gegen seine Schadenminderungspflicht deshalb vorzuwerfen, dass es den Sachverständigen beauftragt hat ?

    Sie können leicht selbst feststellen, dass die HUK-COBURG ganz bewußt nicht mit diesen Begriffen operiert, da Sie rechtlich in der Regel nicht diskutabel sind, zumal weder der Kostenaufwand für eine qualifizierte Beweissicherung insgesamt noch der Reparaturweg und die daran gebundenen Reparaturkosten von vornherein feststehen. Allein schon von daher kann gar kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht in der Diskussion stehen.

    Man sieht übrigens, dass eine qualifizierte Beweissicherung auf der Basis einer Tatsachenfeststellung etwas völlig anderes ist, als davon isoliert betrachtet eine Prognose des Reparaturweges mit den daran gebundenen Reparaturkosten. Man weiß aber auch, dass bei Honorarerhebungen der verschiedensten Berufsverbände der Kfz.-Sachverständigen neben der Abfrage des Grundhonorars auch die Nebenkosten beleuchtet werden sollen, was allein schon deutlich macht, dass diese im Grundhonorar gerade nicht enthalten sind.

    Allein schon deshalb ist das sog. Gesprächs“ergebnis“ zwischen dem BVSK und der HUK-Coburg äußerst fragwürdig, wenn behauptet wird, dass in den Endbeträgen sämtliche Nebenkosten enthalten seien. Diese Behauptung disqualifiziert sich selbst und ist nicht mehr als ein übler Taschenspielertrick für den man im wilden Westen wahrscheinlich gehänkt worden wäre.

    Mit freundlichen Grüßen

    Linda

  3. F-W Wortmann sagt:

    Liebe Linda,
    da verwechselst Du was. Das, was in dem Urteil als „Angemessenheit“ angegeben wird, hat gar nichts mit der Angemessenheit im Sinne des § 631 BGB im Werksvertragsrecht zu tun. Selbst der BGH hat in seinem Grundsatzurteil, auf das Du dich offensichtlich beziehst, nämlich das Urteil vom 23.1.2007 (BGH DS 2007, 144), ausgeführt, dass der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB die erforderlichen Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. So wortwörtlich der BGH. Ich verweise insoweit auf den Aufsatz in DS 2010, Seite 102 ff. Auf die Sachverständigenkosten bezogen bedeutet das, dass der Geschädigte mit dem Sachverständigen nicht jeden beliebigen Honorarbetrag vereinbaren kann und darf. Der mit dem Sachverständigen vereinbarte Kostenbetrag muss angemessen sein, dh. muß sich im üblichen Rahmen halten und darf nicht aus dem Rahmen fallen. So ist das BGH-Urteil zu verstehen. Damit der Instanzrichter als „besonders freigestellter Tatrichter“ gemäß § 287 ZPO gegebenfalls schätzen kann, ist dem Gericht eine geeignete Schätzgrundlage, ähnlich wie die Schwacke-Liste, an die Hand zu geben. Diese geeignete Schätzgrundlage kann jedoch nicht das Gesprächsergebnis des BVSK mit der HUK-Coburg und Bruderhilfe sein. Dieses Gesprächsergebnis ist als Sondervereinbarung im Sinne des VW-Urteils des BGH ( Urt. v. 20.10.2009 = BGH DS 2010, 28 m. Anm. Wortmann) anzusehen. Preise aufgrund von Sondervereinbarungen sind nach BGH DS 2010, 28 für den Geschädigten unzumutbar.
    Ebenso wie die Schwacke-Liste können aber Honorarbefragungen der Sachverständigenverbände eine geeignete Schätzgrundlage nach § 287 ZPO sein. Ich betone aber noch einmal, dass nur die Honorarbefragungen – nicht das Gesprächsergebnis – geeignete Schätzgrundlagen nach § 287 ZPO sein können. Wenn sich die Kosten in diesem Rahmen halten, sind sie für den Geschädigten im Sinne der BGH-Rechtsprechung ( BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) auch angemessen. Das hat aber keinesfalls was mit Angemessenheit i.S.d. §§ 631 ff. zu tun.
    Liebe Linda, ich lege Dir als Lektüre den Aufsatz in der DS 2010, Seite 102 bis 105 mit dem Titel „Die Sachverständigenkosten bei der Unfallschadensabwicklung“ans Herz.
    Mit freundlichen Grüßen
    F-W. Wortmann

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert