AG Kusel verurteilt die HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 26.11.2008 (2 C 470/07) hat das AG Kusel die HDI Direkt Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 925,20 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Auch das AG Kusel lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle und anderer Berechnungen ab, es gilt auch hier die Schwacke-Liste.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist überwiegend – bis auf die geltend gemachten Zinsen am 30. Oktober 2007 – begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 925,20 € aus § 398 S. 1 BGB in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249 BGB, § 3 Nr. 1 PflVG zu. Die Klägerin ist aktivlegitimiert (zu I.). Unstrei­tig hat sich beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs, das zum Unfallzeitpunkt bei der Beklag­ten haftpflichtversichert war, am 25. Juli 2007 in E. ein Verkehrsunfall ereignet, bei dem der Zedentin ein Schaden entstanden ist. Die alleinige Haftung des Versiche­rungsnehmers der Beklagten ist zwischen den Parteien außer Streit, in der Zeit vom 30. Juli 2007 bis 13. August 2007 nahm die Zedentin bei der Klägerin einen Mietwagen in Anspruch. Dieser wurde mit Rechnung vom 11. August 2007 mit 1.687,20 € netto in Rechnung gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klage­schrift  Bezug genommen. Die Beklagte hat hierauf lediglich 762,00 € be­zahlt. Die Beklagte hat der Klägerin aus abgetretenem Recht weitere Mietwagenkosten in Höhe von 925,20 € zu ersetzen (zu II.). Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Der Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ab dem 31. Okto­ber 2007 ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. is. 2 BGB (zu III.).

Hierzu im Einzelnen:

I. Aktivlegitimation der Klägerin

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. … (wird ausgeführt)

II. „Erforderlicher“ Geldbetrag iSd § 249 Abs. 2 S. 1 BGB

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB kann der Geschädigte, hier die Zedentin, verlangen, dass derjenige Zustand hergestellt wird, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschä­digte statt der Hersteilung den hierfür „erforderlichen“ Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB). Für Mietwagenkosten trifft dies indes nur insoweit zu, als ein verstän­diger, wirtschaftlicher, vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGH NJW 2006, 2621, 2622). Er ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlich­keitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH aaO). Dies hat zur Folge, dass er von mehreren auf dem örtlichen Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätz­lich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (vgl. BGH aaO), Erstattungs­fähig ist in jedem Fall der Normaltarif (BGH NJW 2005, 51; Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 249 Rn 30).

Den erstattungsfähigen Mietzins (Normaltarif) ermittelt das Gericht gemäß § 287 ZPO unter Heranziehung des Schwacke-Automietpreisspiegels 2006 (vgl. BGH NJW 2008, 1519, 1520). Die Einwendungen der Beklagten gegen diese Schätzungsgrundlage ste­hen dem nicht entgegen, denn sie sind allgemein gehalten und nicht auf den konkreten Fall bezogen (vgl. BGH NJW 2008, 1519, 1520). So untersucht z.B. das Gutachten des Prof. Dr. Klein den PLZ-Bereich 942, die eingereichten Mietwagenangebote (Internet) beziehen sich auf den PLZ-Bereich 670, streitgegenständlich ist allerdings der PLZ-Bereich 686. Auch der von der Beklagten vorgelegte Auszug aus dem „Marktpreisspie­gel Mietwagen Deutschland 2008″ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation sowie der vorgelegte Auszug aus der Studie „Der Stand der Mietwagen­preise in Deutschland im Sommer 2007″ von Dr. Holger Zinn bieten keinen hinreichen­den Anlass, die vom Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 ausgewiesenen Werte in Zweifel zu ziehen. Zum einen stammen die vom Fraunhofer-Institut ermittelten Werte aus dem Jahr 2008 und lassen damit nicht den zwingenden Rückschluss zu, dass auch im Juli/August 2007 eine Anmietung zu diesem Preis möglich gewesen wäre. Außer­dem ist nicht hinreichend erkennbar, wie im Einzelnen die Erhebungen von Dr. Zinn erfolgt sind, insbesondere wie viele Auto Vermietungen in welchem Gebiet befragt wor­den sind. Darüber hinaus bezieht sich die Erhebung von Dr. Zinn lediglich pauschal auf den „Großraum Mitte“ sowie die Erhebung des Fraunhofer-Instituts lediglich pauschal auf das PLZ-Gebiet „68″ und nicht – wie der Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 – auf das sehr viel kleinere PLZ-Gebiet „686″, in dem die Preise durchaus von den Preisen im „Großraum Mitte“ und im PLZ-Gebiet „68″ abweichen können. Weiterhin können die vom Fraunhofer-Institut ermittelten Preise – im Gegensatz zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 – auch Kilometerbegrenzungen enthalten, denn die Rubrik „Preiskriterien und -angaben“ enthält hierzu folgenden Vermerk: „Soweit möglich, un­begrenzte km oder Inklusiv-Kilometer von mindestens 150 km pro Tag“. Die jeweils er­mittelten Werte sind deshalb nicht miteinander vergleichbar.

Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin gehörte das geschädigte Fahrzeug der Fahrzeuggruppe 8 und das angemietete Fahrzeug der Fahrzeuggruppe 6 an. Der Normaltarif errechnet sich deshalb – unter Zugrundelegung des Schwacke-Automietpreisspiegels 2006, der Fahrzeuggruppe 6 sowie des Postleitzahlengebietes 686 als dem Ort der Anmietung, weil dort der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht (vgl. BGH, Urt. v, 11. März 2008, Az: Vl ZR 164/07, zitiert nach juris)- wie Folgt:

Für die Netto-Mietwagenkosten ist eine Wochenpauschale von 623,00 € anzusetzen, für zwei Wochen mithin 1.246,00 €. Hiervon sind keine ersparten Eigenaufwendungen im We­ge des Vorteilsausgleichs in Abzug zu bringen, denn die Zedentin hat ein Fahrzeug aus einer günstigeren Mietwagengruppe – zwei Gruppen tiefer – angemietet (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1999, 1119,1120; Palandt-Heinrichs, aaO, § 249 Rn 32).

Weiterhin hat die Zedentin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Vollkasko-versicherung (vgl. BGH NJW 2005, 1041, 1042). Den erforderlichen Aufwand für den Vollkaskoschutz schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO entsprechend der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 unter Zugrundele­gung einer Wochenpauschale von 172 €, für 2 Wochen mithin auf 344 €. Desweiteren hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen zweiten Fahrer, di das Gericht gemäß § 287 ZPO – ebenfalls in Anlehnung an die Nebenkostentabelle
zum Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 – auf 154 € schätzt. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 ZPO), dass der Miet­wagen von mehreren Fahrern gefahren worden ist. Die Klägerin trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Der von ihr angebotene Zeuge, der Mitarbeiter der Zedentin, hat dies bei seiner Vernehmung glaubwürdig und glaubhaft bekundet. Er gab an, derjenige zu sein, der bei der Zedentin die Mietfahrzeuge verteilt. Er konnte sich genau daran erinnern, den streitgegenständlichen Mietwagen – abwechselnd, je
nachdem, wie der Bedarf war- mit seinem Kollegenbenutzt zu haben. Seine Angaben sind widerspruchsfrei und nachvollziehbar.

In Addition ergibt dies einen Normaltarif von 1.744,00 € netto. Die Klägerin hat – aus abge­tretenem Recht – lediglich Nettomietwagenkosten in Höhe von 1.687,20 € geltend gemacht. Da die Beklagte hierauf bereits einen Betrag von 762,00 € gezahlt hat, verbleibt ein noch zu erstattender Betrag von 925,20 €.

III. Zinsen

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. …. (wird ausgeführt)

Soweit das AG Kusel.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Kusel verurteilt die HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    das Gericht hat sich mit erfreulicher Klarheit mit den einzelnen Schätzgrundlagen auseinander gesetzt und ist mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schwacke-Mietpreis-Liste eine geignetere Schätzgrundlage ist als die von der beklagten Versicherung vorgelegten Erhebungen. Wieder ein k.o. gegen Fraunhofer.
    Weiter so.
    Willi Wacker

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