AG Köln verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 21.04.2011 (261 C 393/10) hat das Amtsgericht Köln die beteiligte Versicherung  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 4.256,30 € zzgl. Zinsen  verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Ersatz restlicher Mietwagenkosten als Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am xx.xx.2010 verursachte ein Haftpflichtversicherungsnehmer der Beklagten durch alleiniges Verschulden einen Verkehrsunfall, bei welchem das Fahrzeug des Herrn A. aus B., ein Pkw Volvo …… (= Mietwagenklasse 8), beschädigt wurde. Nach dem Unfall wurde das  nicht mehr fahrbereite Fahrzeug zum Autohaus C. in B. verbracht, wo der Geschädigte es auch gekauft hatte. Das Fahrzeug wurde am xx.xx.2010 von dem Kfz-Sachverständigen D. begutachtet, der mit Gutachten vom xx.xx.2010 (Bl. 10 ff. d.A.) erforderliche Reparaturkosten von 31.841,35 € nebst einer Wertminderung von 3.000,- € ermittelte. Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 36.900 €, der Restwert mit 13.200,- € ermittelt. Für die Wiederbeschaffung ist ein Zeitraum von 14-16 Kalendertagen angegeben. Der Geschädigte entschied sich für eine Abrechnung auf Totalschadensbasis. Am xx.xx.2010 wurde seitens der Firma C. im Auftrag des Geschädigten ein Neufahrzeug bestellt, das am xx.xx.2010 ausgeliefert und an den Geschädigten übergeben wurde.

Mit Mietvertrag vom xx.xx.2010 (Bl. 40 d.A.) mietete der Geschädigte bei der Klägerin, die ein Autovermietungsunternehmen betreibt, ein ebenfalls zur  Mietwagengruppe 8 gehörendes Ersatzfahrzeug für die Dauer der Ersatzbeschaffung bis zum xx.xx.2010 an und trat seine Schadenersatzansprüche auf Erstattung der Ersatzwagenkosten gegen den Unfallgegner bzw. die Beklagte erfüllungshalber an die Klägerin ab.

Die Klägerin stellte die Mietwagenkosten mit Rechnung vom xx.xx.2010 (Bl. 39 d.A.) mit insgesamt 14.173,28 € netto in Rechnung. Auf die Mietwagenkosten leistete die Beklagte eine Zahlung von 2.800,- €, wobei sie einen Wiederbeschaffungszeitraum von 20 Tagen als ersatzfähig anerkannte.

Die Klägerin behauptet, ein gebrauchter Volvo XC 60 in der Ausführung des unfallbeschädigten Autos als Geländewagen zum Unfallzeitpunkt auf dem Markt nicht zu erhalten gewesen. Das dieser Fahrzeugtyp erst ab 2009 ausgeliefert worden sei, sei nicht nur auf dem örtlichen Markt in B., sondern in der gesagten Bundesrepublik kein vergleichbares Fahrzeug vorhanden gewesen. Die Lieferfrist für den daraufhin bestellten Neuwagen habe seinerzeit grundsätzlich 12-Wochen ab Bestellung gedauert. Diese Lieferzeit habe im vorliegenden Fall noch verkürzt werden können, weil die Firma C. bereit gewesen sei, dem Geschädigten ein bereits zuvor für ihre Präsentation im Autohaus bestelltes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen.

Mit der vorliegenden Klage beschränkt die Klägerin sich auf die Geltendmachung von Mietwagenkosten für den Zeitraum von 55 Tagen auf der Basis des Normaltarifs nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2009 einschließlich Nebenkostentabelle, PLZ 333, Mietwagengruppe 8, die sie unter Abzug einer Eigenersparnis von 5% wegen klassegleicher Anmietung auf insgesamt 7.181,05 € netto (8.545,45 € brutto) beziffert (Bl. 7 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie. 4.381,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seitdem 17.11.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, dass im Unfallzeitpunkt kein dem beschädigten Fahrzeug vergleichbares Fahrzeug auf dem Markt zu erhalten war und ist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Ansicht, ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten über den sachverständigenseits festgestellten Wiederbeschaffungszeitraum hinaus bestehe nur, wenn der Geschädigte bereits vor dem Unfallereignis ein anderweitiges Fahrzeug erworben bzw. verbindlich bestellt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 02.03.2011 (Bl. 59 d.A.) durch Vernehmung des Zeugen  E. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.04.2011 (Bl. 64 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist ganz überwiegend begründet.

Der Klägerin steht dem Grunde nach aufgrund des Unfalls vom xx.xx.2010 aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten gegen die Beklagte gemäß §§ 7 Abs. 1; 17 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Geschädigte seine Ansprüche auf-Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Versicherung des Unfällgegners, also die Beklagte, erfüllungshalber an die Klägerin abgetreten hat. Nichts anderes ergibt sich aus dem vorgelegten Abtretungsvertrag (Bl. 40 d.A.).

Der Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten besteht für den gesamten Zeitraum bis zur tatsächlichen Lieferung des Ersatzfahrzeuges am 22.06.2010 (55 Tage). Eine Beschränkung des Ersatzanspruches auf den im Gutachten D. angegebenen Wiederbeschaffungszeitraumvon 14-16  Tagen oder den von der Beklagten anerkannten Zeitraum von 20 Tage kommt nicht in Betracht.

Dem Eigentümer eines privat genützten Pkw, der durch einen Schaden die Möglichkeit zur Nutzung verliert, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz  für seinen Nutzungsausfall zu, wenn er zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre. Seine Grenze findet der Ersatzanspruch am Merkmal der Erforderlichkeit nach § 249 Abs.2 Satz 1 BGB sowie an der Verhältnismäßigkeitsschranke des § 251 Abs.2 BGB. Das gilt nicht nur für die eigentlichen Reparatur und Wiederbeschaffungskosten, sondern
gleichermaßen für die Mietwagenkosten. Im Allgemeinen ist dies die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges (BGH, Urteil v. 18.07.2007 – VI ZR 62/07, NJW2008, 915).

Der Geschädigte war vorliegend als Handelsvertreter unstreitig auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen; sein unfallbeschädigtes Fahrzeug war zudem nicht mehr fahrbereit. Eine schnellere Ersatzbeschaffung war auch nicht möglich, so dass die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für den Zeitraum von 55 Tagen erforderlich war.

Der Zeuge E.,  bei dem es sich um einen Mitarbeiter der Firma Autohaus C. handelt, hat insoweit glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass ein dem beschädigten Fahrzeug vergleichbares gebrauchtes Fahrzeug nach dem Unfall auf dem Markt nicht erhältlich gewesen sei. Er habe sich bereits nach der Begutachtung des Fahrzeuges durch den Sachverständigen gemäß Rücksprache mit dem Geschädigten nach einem gebrauchten Ersatzfahrzeug umgesehen, ein solches jedoch nicht gefunden. Dabei habe er neben den Angeboten von Volvo selbst und dem eigenen Bestand an Vorführwagen auch die allgemein zugängliche Internetbörse berücksichtigt,  ohne jedoch fündig zu werden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass das Fahrzeug erst im November 2008 vorgestellt und die ersten Fahrzeuge erst in diesem Zeitraum ausgeliefert worden seien. Volvo habe in Deutschland zudem nur einen Marktanteil von 1% und es könne hier nicht auf Mitarbeiterfahrzeuge zurückgegriffen werden, wie dies bei anderen großen Autoherstellern der Fall sei. Es seien zwar gebrauchte Fahrzeuge dieses Typs auf dem Markt vorhanden gewesen. Hierbei habe es sich aber entweder um Benziner gehandelt oder die Fahrzeuge seien so hochwertig ausgestattet gewesen, dass sie teurer gewesen seien als der Kauf eines neuen Dieselfahrzeuges mit der vom Geschädigten genutzten Ausstattung. Bei der dann vorgenommenen Bestellung eines Neufahrzeuges habe die Lieferzeit noch erheblich verkürzt werden können, weil man ein bereits vorbestelltes Fahrzeug hinsichtlich der Ausstattung nach den Wünschen des Geschädigten habe abändern können, so dass er dieses erhalten habe.

Ein Verstoß des Geschädigten gegen seine Schadensminderungspflicht kann danach nicht festgestellt werden. Der Geschädigte hat alles ihm Mögliche und Zumutbare getan, so schnell wie möglich Ersatz für sein beschädigtes Fahrzeug zu erhalten. Dass dies tatsächlich einen deutlich längeren Zeitraum in Anspruch  genommen hat als den im Gutachten geschätzten Wiederbeschaffungszeitraum von 14-16 Tagen, ist nicht von ihm zu vertreten. Die Überschreitung beruht hierauf den Besonderheiten des beschädigten Fahrzeuges und fällt damit in das Risiko des Schädigers. Für eine – im Übrigen rein willkürliche – Beschränkung auf einen Wiederbeschaffungszeitraum von 20 Tagen, der nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht; ist somit kein Raum.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Beklagten in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 18.07.2007 – VI ZR 62/07, a.a.O.), denn anders als im dort in Bezug genommenen Fall beruht die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges mit längerer Lieferzeit vorliegend nicht auf einer freien Disposition des Geschädigten, sondern darauf, dass ein vergleichbares Ersatzfahrzeug auf anderem Wege nicht zu erhalten war.

Die Entscheidung des Geschädigten, auf Totalschadenbasis abzurechnen und für die Dauer der Ersatzbeschaffung einen Mietwagen anzumieten, ist schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden. Insoweit weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass dies im Ergebnis trotz der zweifellos hohen Mietwagenkosten immer noch günstiger war, als eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis unter der Berücksichtigung der ebenfalls zu erstattenden Wertminderung. Es kann folglich dahinstehen,  ob  ein  solcher Verweis auf die Abrechnung  auf Reparaturkostenbasis  bei  grundsätzlich  zulässiger  Abrechnung  auf  Totalschadensbasis überhaupt zulässig wäre.

Bei der Frage der Erforderlichkeit der geltend gemachten Mietwagenkosten der Höhe nach sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung, des hiesigen OLG-Bezirks einschließlich der zuständigen Berufungskammer (u.a. gemäß Urteil vom 28.04.2009 – 11 S 116/08 LG Köln) den in der Tabelle des Schwacke-Automietpreisspiegels enthaltenen Moduswert bzw. das arithmetische Mittel für das jeweilige Postleitzahlengebiet des Wohnsitzes des Geschädigten als geeignete und angemessene Vergleichs- und Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO an. Die grundsätzliche Tauglichkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels hat auch der Bundesgerichtshof noch in jüngeren Entscheidungen bestätigt (vgl. zuletzt BGH 19.01.2010, VI ZR 112/09; BGH 18.05.2010, VI ZR 293/08). Bei der Bildung der gewichteten Mittelwerte bzw. Moduswerte orientiert sich der  Schwacke-Automietpreisspiegel an den tatsächlichen Marktverhältnissen, wobei die Schwacke-Organisation als neutrale Sachverständigenorganisation auftritt. Es werden sowohl als Moduswert die häufigsten Nennungen herangezogen als auch in Gestalt des arithmetischen Mittels ein Mittelwert aus allen Nennungen gebildet. Ferner werden auch der minimale und maximale Preis genannt. Weiter wird bei der Datensammlung bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auch auf Internetrecherche verzichtet, vielmehr nur schriftliche Preislisten ausgewertet, die für jeden frei zugänglich sind. Die Tauglichkeit des Schwacke-Automietpreisspiegels als Schätzgrundlage für die Ermittlung der Mietwagenkosten hat auch die Beklagte vorliegend nicht in Zweifel gezogen.

Anzuwenden ist dabei grundsätzlich der Schwacke-Automietpreisspiegel für das Jahr des Unfalls.  Hinzu kommen noch Nebenkosten für Zusatzleistungen, sofern diese im Einzelfall vereinbart und erbracht worden sind und sofern hierfür eine gesonderte Vergütung verlangt worden ist. Dies sind insbesondere Aufwendungen für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung, die nach der Rechtsprechung des BGH ungeachtet der Frage, ob der Geschädigte seinerseits eine Vollkaskoversicherung für sein unbeschädigtes Fahrzeug hatte, in vollem Umfang erstattungsfähig sind, sowie mögliche Kosten für Zustellung und Abholung des Mietwagens. Auch für die Ermittlung dieser Nebenkosten ist die Nebenkosten-Tabelle des Schwacke-Automietpreisspiegels grundsätzlich eine brauchbare Schätzungsgrundlage.

Auch die Kosten für einen Zusatzfahrer sind vorliegend erstattungsfähig, da die Klägerin unbestritten dargelegt hat, dass das beschädigte Fahrzeug auch von der Ehefrau des Geschädigten genutzt wurde.

Die Eigenersparnis ist demgegenüber nach ständiger Rechtsprechung des  erkennenden Gerichts mit 10% anzusetzen.

Nach alledem sind als Grundlage für die im vorliegenden Fall zu erstattenden Mietwagenkosten der maßgebliche Schwacke-Automietpreisspiegel für das Unfalljahr 2010 heranzuziehen, Mietwagengruppe 8, Mietzeit 55 Tage, Postleitzahlenbezirk 333 (Wohnort des Geschädigten und zugleich Anmietort). Daraus ergibt sich folgende Abrechnung:

Grundpreis:

Wochenpreis 854,- € x 7              5.978,- €

3-Tagespauschale 426 x 2              852.-

Gesamt:                                       6.830,- €

abzgl. 10% Eigenersparnis:            683.-
Gesamt:                                       6.147,- €

Vollkaskoversicherung:

Wochenpreis 196,- € x 7              1.372,- €

3 Tagespauschale 84,- € x 2            168,- €

Zusatzfahrer 12,- € x 55                  660,- €

Zustellung/Abholung                          50.-

Gesamt:                                         2.250,- €

Gesamt:

8.397,— €

Netto:

7.056,30 €

abzgl. gezahlter:

2.800,— €

Restbetrag:

4.256,30 €

Hinsichtlich der weitergehenden Mietwagenkosten war die Klage folglich abzuweisen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.2 Nr. 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die teilweise Klageabweisung hat für die Klägerin keine Kostenfolge, weil die Zuvielforderung mit etwa 3% vom eingeklagten Betrag gering war und mangels Gebührensprung keine Kosten verursacht hat.

Soweit das AG Köln.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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