AG Bonn verurteilt mit Urteil vom 24.1.2012 -107 C 171/11- die Zurich Versicherung zur Zahlung der eingeklagten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

als Wochenendlektüre noch ein Sachverständigenkostenurteil, das gegen die Zurich Versicherung ergangen ist. Diese war nunmehr durch den bekannten Rechtsanwalt aus Köln vertreten, der sonst immer die HUK-Coburg vertritt.  Aber ebenso wie für die HUK-Coburg trägt er offenbar weisungsgemäß das vor, was letztlich unerheblich ist.  Selbst jetzt, wo auf Grund des bekannten BGH-Abtretungsurteils die Abtretungsvereinbarungen geändert worden sind, wird immer noch auf das Urteil des BGH seitens der Versicherer Bezug genommen. Der erkennende Richter hat sich nicht aufs Glatteis führen lassen. Auch die zwischenzeitlich entschiedene RDG-Problematik wird immer wieder vorgebracht, obwohl sie  unerheblich ist. Werden von den Versicherungen BGH-Urteile einfach nicht zur Kenntnis genommen? Auch hinsichtlich der Sachverständigenkosten wird die BGH-Rechtsprechung völlig ignoriert. Dies gilt insbesondere für BGH VI ZR 67/06. Aber auch hier hat sich der erkennende Richter des AG Bonn nicht aufs Glatteis führen lassen. Wieder einmal sind der Zurich Versicherung die Grenzen aufgezeigt worden. Bei gesetzeskonformer Schadensregulierung wären die weiterhin entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten vermieden worden. Der Versicherung sind auch Pflichten auferlegt, ordentlich und sparsam mit den Versichertengeldern, die der Versicherung anvertraut sind, umzugehen. Sinnlose Rechtsstreite auszukämpfen, ohne dass erheblicher Sachvortrag erbracht wird, ist keine ordentliche Handhabe. 

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
wünscht Euch Euer Willi Wacker

107 C 171/11

Amtsgericht Bonn

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

 des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die Zurich Versicherung AG, gesetz!. vertreten durch: Vorstandsvorsitzender Eduard Thometzek, Riehler Straße 90, 50668 Köln,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Bonn
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum
12.12.2011 ohne mündliche Verhandlung am 24.01.2012
durch den Richter am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 245,37 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Darstellung entfällt gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 245,37 Euro aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 Abs. 1 WG i. V. m. § 398 BGB.

1.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die Abtretung des Anspruches auf Erstattung der Gutachterkosten gegen die Beklagte durch die Geschädigte ist wirksam.

a.
Die Abtretung ist hinreichend bestimmt und verstößt nicht gegen das abtretungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Die Geschädigte trat eine genau bestimmbare Forderung ab, weil sie ausweislieh der Abtretungsvereinbarung denjenigen Teil ihres Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte dem Kläger abgetreten hat, welcher auf Erstattung der Gutachterkosten gerichtet war. Dem steht die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 07.06.2011, MDR 2011, 845) nicht entgegen. Der hier vorliegende Sachverhalt ist mit demjenigen, der jenem Rechtsstreit zugrunde lag, nicht vergleichbar. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Geschädigte einen summenmäßig auf die Höhe der Gutachterkosten begrenzten Teil seiner gesamten Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis an den Gutachter abgetreten.

b.
Die Abtretung ist auch nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. §§ 2, 3 RDG nichtig. Selbst wenn man der Ansicht der Beklagten insoweit folgt, dass die erfüllungshalber erfolgte Abtretung des Anspruches auf Erstattung von Gutachterkosten gegen die Haftpflichtversicherung eines Unfallschädigers an den Gutachter und die nachfolgende Einziehung der Forderung durch diesen eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG darstellt, ist diese jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.

Gemäß dieser Norm erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

Hier liegt eine solche Nebenleistung vor. Dies ergibt sich schon aus der Gesetzesbegründung (BR-Drucksache 623/06, S. 106 ff.). Diese führt zunächst aus, dass die „Neufassung der Vorschrift, den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend, den Weg für eine neue, weitere Auslegung der zulässigen Nebentätigkeit durch die Rechtsprechung eröffnen“ soll. Maßgebend soll nunmehr bei der Beurteilung, ob eine erlaubte Nebentätigkeit vorliegt, die Frage sein, „ob die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrsanschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann. Im vorliegenden Fall stellt die Forderungseinziehung neben der Haupttätigkeit des Sachverständigen, der Erstellung eines Gutachtens, nur eine untergeordnete Rolle. Sie stellt lediglich eine Nebenleistung gegenüber der Geschädigten dar, damit diese mit der weiteren Schadensabwicklung nicht konfrontiert werden muss (vgl. auch LG Bonn, Urteil vom 28.09.2011, 5 S 148/1; LG Saarbrücken, Urteil vom 15.10.2010, 13 S 68/10).

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, es sei nicht interessengerecht, wenn verschiedene Schadenspositionen von verschiedenen Unternehmern geltend gemacht werden könnten und der Schädiger sich somit einer Vielzahl von Anspruchsgegnern gegenüber sehen würde. Es ist gerade eine zwangsläufige Folge der Privatautonomie, dass ein Schuldner mehrerer Ansprüche damit konfrontiert wird, dass sein Gläubiger bestimmte Ansprüche an mehrere, personenverschiedene Dritte abtritt. Daher kann es in dieser Hinsicht keinen Unterschied machen, ob diese Abtretung an den Gutachter selbst oder etwa an einen unbeteiligten Dritten erfolgt.

2.
Auch stand der Geschädigten gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des nach dem Verkehrsunfallereignis vom 22.06.2011 eingeholten Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Höhe des Schadens an ihrem Kraftfahrzeug aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 Abs. 1 WG in Höhe von 697,34 Euro zu.

a.
Die vollständige Haftung der Beklagten für den eingetretenen Schaden ist dem Grunde nach unstreitig.

b.
Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens sind in voller Höhe als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen.

Im Falle der Beschädigung einer Sache kann der Geschädigte gemäß dieser Rechtsnorm statt der Wiederherstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag von dem Schädiger verlangen. Hierzu gehören auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall (vgl. Palandt, BGB, 70. Auf!., § 249 Rn 58). Der Schädiger hat hierbei den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, NJW 2007, 1450, m. w. N.). Maßgeblich ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH, a.a.O.). Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zu Gunsten des Schädigers oder Haftpflichtversicherers verpflichtet ist (BGH, a.a.O.). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zu Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07; LG Bann, a.a.O.).

Danach sind die vom Kläger geforderten Kosten für sein Sachverständigengutachten in Höhe von 697,34 Euro erforderlich.

Eine für die Geschädigte erkennbar willkürliche Festlegung der Kostenhöhe ist nicht ersichtlich. Ausweislich der unstreitig von der Geschädigten unterschrieben Auftragserteilung, die vor Gutachtenerstattung erfolgte, wurden die Kosten für das Gutachten entsprechend der Schadenshöhe zuzüglich Nebenkosten ermittelt.

Dementsprechend kommt es für die schadensrechtliche Berechnung auch nicht darauf an, ob die Geschädigte und der Kläger überhaupt eine wirksame Vergütungsvereinbarung geschlossen haben.

Auch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist angesichts der Art und Höhe des vom Kläger festgestellten Sachschadens am Kraftfahrzeug der Geschädigten von über brutto 4.500,00 Euro sowie der unter 700,00 Euro liegenden Gutachtenkosten nicht erkennbar.

Ebenso wenig kann der Geschädigten schließlich ein Auswahlverschulden angelastet werden. Dies trägt die Beklagte nicht konkret vor. Unabhängig davon aber ist der Geschädigte nicht verpflichtet, zugunsten des Schädigers Marktforschung zu betreiben und etwa die Angebote mehrerer Sachverständiger einzuholen (OLG Naumburg, a.a.O.). Dies ergibt sich daraus, dass ein Geschädigter im Falle der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen typischerweise in einer Situation befindet, die selbst mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges in der Unfallsituation nicht ohne weiteres zu vergleichen ist. Denn allgemein kann eher davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlicher Geschädigter schon einmal mit der Anmietung eines Fahrzeuges konfrontiert war, etwa bei einer Urlaubsreise oder einer Dienstreise, als mit der Beauftragung eines Sachverständigen. Zudem werden die Preise von Mietwagen öffentlich beworben, etwa im Internet. Bei Sachverständigen ist dies in der Regel nicht der Fall. Zudem wäre ein Preisvergleich ohne eine vorherige Begutachtung des Fahrzeuges durch den jeweiligen Sachverständigen auch nur schwer möqlich.

Auch aus der Information einer getrennten Berechnung von Gutachtenkosten einerseits und Nebenkosten andererseits kann nicht auf ein Auswahlverschulden geschlossen werden. Denn die Beschreibung der auf der Rückseite der vorgenannten Auftragserteilung abgedruckten Leistungen, die durch das Grundhonorar abgegolten ist, ist nicht so eindeutig, dass eine darin möglicherweise enthaltene doppelte Abgeltung bestimmter Leistungen der Geschädigten hätte auffallen müssen (vgl. LG Bonn, a.a.O.). Unabhängig davon ist einem durchschnittlichen Geschädigten regelmäßig unbekannt, welche Leistungen in einem Kfz-Sachverständigengutachten enthalten sind.

Dass der nicht zur Marktforschung verpflichteten Geschädigten in der konkreten Situation ein anderer Sachverständiger das konkrete Gutachten zu einem niedrigerem als dem vom Kläger abgerechneten Preis erstellt hätte, legt die Bektagte schließlich nicht hinreichend dar.

c.
Die Beklagte hat die Forderung des Klägers in Höhe von 451,97 Euro gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Daher ergibt sich noch ein Restanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 245,37 Euro.

II.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB. Mit dem Schreiben vom 21.07.2011 verweigerte die Beklagte endgültig jedwede über die bereits geleisteten 451,97 Euro hinausgehende Zahlung an den Kläger und befand sich daher auch ohne Mahnung spätestens ab dem 28.07.2011 in Verzug.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

IV.
Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Streitwert: 245,37 Euro.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Bonn verurteilt mit Urteil vom 24.1.2012 -107 C 171/11- die Zurich Versicherung zur Zahlung der eingeklagten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht.

  1. wesor sagt:

    wer verkauft ZURICH? der ADAC!

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