AG Neubrandenburg urteilt in einem Mietwagenrechtsstreit gegen die HUK 24 AG, wobei die Begründung nicht überzeugt (AG Neubrandenburg Urteil vom 25.2.2016 – 103 C 724/15 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier und heute stellen wir Euch ein Urteil aus Neubrandenburg zu den Mietwagenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK24 AG vor. Zwar wurde die beklagte HUK 24 AG überwiegend zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten verurteilt. Aber die Begründung zur Abweisung der restlichen, eingeklagten Mietwagenkosten überzeugt unseres Erachtens nicht, denn leider wurden die erforderlichen Mietwagenkosten nach „Fracke“ geschätzt. Das ist schadensersatzrechtlich nicht haltbar. Der VI. Zivilsenat hat ausdrücklich mit Urteil vom 11.3.2008 – VI ZR 164/07 – den Schwacke-Mietpreisspiegel als geeignete Schätzgrundlage anerkannt. Sofern also das Mietwagenunternehmen nach dieser, vom BGH anerkannten Schätzgrundlage, die Mietwagenpreise berechnet, hat der Geschädigte eigentlich alles richtig gemacht. Er hat sich nach den Vorgaben des BGH, immerhin unser höchstes Zivilgericht, gehalten. Ihm dann durch ein Gericht ein sogenanntes Mitverschulden gemäß § 254 BGB vorzuwerfen, dass die Preise nicht nach dem arithmetischen Mittel zwischen Schwacke und Fraunhofer berechnet sind, ist absurd. Es kommt auf die Sicht des Geschädigten bei Abschluss des Mievertrages an. Zu diesem Zeitpunkt sind dem Geschädigten regelmäßig weder die Preise nach Fraunhofer noch nach Schwacke bekant, geschweige denn nach „Fracke“. Das erkennende Gericht sollte einmal erklären, weshalb der Geschädigte gegen die Schadensgeringhaltungspflicht verstoßen haben soll, wenn er einen Mietwagen zum Schwacke-Tarif anmietet und die Rechnung dann seitens des Gerichts auf Fracke gekürzt wird, obwohl der BGH die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage ausdrücklich zugelassen hat? Eine derartige Erklärung ist ernsthafterweise nicht möglich, weil sich der Geschädigte an der höchstrichterlichen Rechtsprechung, und damit gesetzeskonform, verhalten hat. Was das Gericht macht, ist eine Ex-post-Betrachtung nach Vorgaben der Versicherungswirtschaft. Auf die gerichtliche Ex-post-Sicht kommt es aber nicht an, sondern auf die subjektbezogene Ex-ante-Sicht des Geschädgten. Unverständlich ist auch die vom Gericht vorgenommne Kürzung der allgemeinen Unkostenpauschale auf 20,– €. Zwanzig Euro als allgemeine Unkostenpauschale sind unserer Ansicht nach auch völlig überholt, wenn man berücksichtigt, was für einen Stress und Rennerei der Geschädigte heutzutage mit den Versicherern bei der Abwicklung eines – unverschuldeten – Unfallschadens hat, für den grundsätzlich der Versicherer zu einhundert Prozent einzustehen hat. Da reichen auch die teilweise anerkannten 30,– € nicht aus. Lest aber selbst das Mietwagenurteil aus Neubrandeng und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
103 C 724/15

Amtsgericht Neubrandenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

… ,

– Klägerin –

gegen

HUK24 AG, vertreten durch den Vorstand, Nagelsweg 41-45, 20090 Hamburg,

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch die Richterin am Amtsgericht Dr. A. am 25.02.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 144,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2015 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15 Prozent und die Beklagte 85 Prozent zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf bis 170,00 EUR festgesetzt.

Das Urteil bedarf § 313a ZPO keines Tatbestandes.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 823, 249 BGB, §§ 17, 18 StVG, § 115 VVG Anspruch auf Zahlung von noch 120,40 EUR Sachverständigen- und 23,63 EUR Mietwagenkosten.

Gemäß § 249 BGB sind die für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten zu ersetzen. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung und mit der zugrundeliegenden Preisvereinbarung, sofern diese nicht für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten spielen mithin bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Sachschadensaufwands nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle. Die Klägerin hat am selben Tag, an dem der Unfall geschah, den Sachverständigen beauftragt. Sie konnte nicht erkennen, dass dieser ggfls. überhöhte Kosten geltend machen würde. Sie durfte die entstehenden Kosten für erforderlich halten.

Die Beklagte hat hat substantiiert bestritten, dass die geltend gemachten Mietwagenkosten erforderlich waren. Die Klägerin hat den Mietwagen erst 9 Tage nach dem Unfall angemietet. In der Zeit hätte sie Vergleichsangebote einholen können. Das Gericht schätzt nach § 287 ZPO die Kosten für den Mietwagen nach dem Mittel zwischen Schwacke und Fraunhofer auf 194,39 EUR. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Mietwagenkosten nach Schwacke abzüglich einer Ersparnis von 10 % 231,64 EUR ergäben. Nach der Fraunhoferliste würde die Mietwagenkosten für 2 Tage 174,60 EUR, abzüglich einer Ersparnis von 10 Prozent 157,14 EUR betragen. Die Beklagte hatte hierauf bereits 170,76 EUR bezahlt, so dass noch ein Betrag von 23,63 EUR offen ist.

Die Unkostenpauschale schätzt das Gericht auf 20,00 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin wesentlich höhere Unkosten für Telefon oder Fahrtkosten entstanden sind, sind nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Die Beklagte hat unstreitig vorprozessual mit Schreiben vom 08.06.2015 weitere Zahlung abgelehnt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Streitwert bestimmt sich nach § 48 GKG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Nachdem die Beklagte die Vollmacht bestritten hatte, hat der Klägervertreter eine Prozessvollmacht vom 03.07.2015 bei Gericht eingereicht.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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