AG München verurteilt die HUK-COBURG Allg. Vers. AG und deren Versicherte zur Zahlung restlicher fiktiver Schäden, außer Entsorgungskosten, und restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.9.2016 – 322 C 2647/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

heute stellen wir Euch hier ein Urteil aus München zur Kausalität, zur fiktiven Abrechnung und zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG und deren Versicherungsnehmer vor. Bis auf die (rechtsfehlerhaft) gestrichenen Entsorgungskosten ist das Urteil des AG München vom 16.9.2016 als eine positive Entscheidung aus München anzusehen, zumal man aus München auch anderes gewohnt ist. Die vom erkennenden Gericht gestrichenen Entsorgungskosten sind ebenso Teil der Wiederherstellungskosten wie die zugesprochenen UPE-Aufschläge, die  Verbringungskosten usw. Wenn bei einer tatsächlichen Reparatur derartige Kosten in den örtlichen Fachwerkstätten anfallen und eine fiktive Schadensabrechnung zulässig ist, dann sind derartige Kosten auch bei fiktiver Schadensabrechnung zu ersetzen (vgl. Wellner aaO. 2. A. § 4 G.) Die HUK-COBURG Allg. Vers. AG ist in diesem Rechtsstreit wohl nach Klageerhebung eingeknickt, was sich aus der Teilzahlung ergibt. Außergerichtlich wurde durch die Verantwortlichen der HUK-COBURG erst immer großes Tam Tam gemacht und dann der Rückwärtsgang eingelegt, wenn geklagt wird. Trotzdem war der Prozess wohl nicht gerade „billig“ für die HUK-COBURG, nachdem zu den „normalen“ Prozesskosten nun auch noch in diesem Rechtsstreit die Kosten für einen Gerichtssachverständigen zu Lasten der Versichertengemeinschaft der HUK-COBURG-Versicherten gehen. So kann man anvertraute Versichertengelder auch vergeuden. Vielleicht schreitet einmal die Versicherungsaufsicht ein? Lest aber selbst das Urteil aus München und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht München

Az.:     322 C 2647/16

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

des Herrn C. A. S. aus Z.

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte I. & P. aus A.

gegen

1)   … Gmbh, vertreten durch d. Geschäftsführer, …

– Beklagte –

2)   HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg

– Beklagte –

3)   …

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte B., W., G. aus M.

Nebenintervenientin zu 1 und 2:
HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B., W., G. aus M.

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin H. am 16.09.2016 auf Grund des Sachstands vom 12.09.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes

Endurteil

1.        Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 813,04 € sowie einen Betrag in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen aus beiden Beträgen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.        Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4.        Der Streitwert wird auf 2.491,15 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Schadensfolgen im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall zwischen dem xx.06.2015 und dem 02.07.2015 in der Radikoferstraße auf Höhe der Hausnummer 2 in München.

Beteiligt war das Kraftfahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … (im Folgenden „Klägerfahrzeug“), sowie das Kraftfahrzeug der Beklagten zu 1) mit dem amtlichen Kennzeichen … , bei dem (behaupteten) Unfall gefahren von dem Beklagten zu 3) und haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2) (im Folgenden „Beklagtenfahrzeug“).

Das Klägerfahrzeug war zum Unfallzeitpunkt an der oben genannten Straße ordnungsgemäß geparkt.

Der Kläger behauptet, dass es zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen sei. Das Beklagtenfahrzeug habe beim Einparken sein Fahrzeug aus Unachtsamkeit beschädigt. Dabei seien die geltend gemachten Schäden entstanden.

Der Kläger macht folgende Schäden geltend:

Reparaturkosten laut Gutachten (netto) abzüglich Wertverbesserung: EUR 1.811,11.
Sachverständigenkosten: EUR 650,04
Unkostenpauschale: EUR 30,00
Insgesamt: EUR 2.491,15.

Daneben macht der Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.

Der Kläger beantragt:

I.  Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger EUR 2.491,15 nebst Zinsen  in  Höhe von  5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 11.08.2015 zu bezahlen.

II.  Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 334,75 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 11.08.2015 zu bezahlen.

Der Kläger hat die Klage mit Schriftsatz vom 29.08.2016 in Höhe von EUR 1.736,78 nach Zahlung der Beklagtenseite in dieser Höhe für erledigt erklärt. Die Beklagtenseite hat sich der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 06.09.2016 angeschlossen und klargestellt, dass die Zahlung in Höhe von EUR 1.665,11 auf die Reparaturkosten und im Übrigen auf die Zinsforderung erfolgt sei.

Die Beklagtenseite beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagtenseite bestreitet, dass es überhaupt zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen sei. Zudem bestreitet die Beklagtenseite die Erforderlichkeit verschiedener Reparaturposten und nimmt insoweit technische Abzüge vor. Die Beklagtenseite meint, die Gutachterkosten seien nicht erstattungsfähig, da das Gutachten unbrauchbar sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. B. .

Zur Ergänzung wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf das Gutachten des Sachverständigen sowie auf die übrigen Aktenbestandteile.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 813,04 aus §§7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 1 PflVG.

Dem liegt die volle Haftung der Beklagtenseite für die Schäden aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen zugrunde.

Schadenskorrespondenz und Fahrzeugschaden

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Unfall, so wie von der Klageseite vorgetragen ereignet hat.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass es im vorliegenden Fall zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen ist.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige B. kommt in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass Schadenskorrespondenz besteht und aus technischer Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass die Beschädigungen am Klägerfahrzeug durch den streitgegenständlichen Berührkontakt mit dem Beklagtenfahrzeug entstanden sind.

Das Gericht hat keinen Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens und an der Sachkunde des Sachverständigen. Einwendungen gegen das Gutachten wurden nicht erhoben.

Damit ist die Schadenskorrespondenz zur Überzeugung des Gerichts bewiesen.

Steht eine Kollision und damit eine primäre Verletzung des Eigentums durch einen Verkehrsunfall fest, beurteilt sich die Frage, welche Beschädigungen durch den Unfall verursacht worden sind und welcher Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderlich ist, nach dem Beweismaß des § 287 ZPO. Danach reicht für die Überzeugungsbildung je nach den Umständen des Falles eine überwiegende (höhere oder deutlich höhere) Wahrscheinlichkeit der Unfallkausalität aus. Darlegungsund beweisbelastet hierfür ist der Geschädigte (vgl. z.B. OLG Düsseldorf: Urteil vom 19.05.2008 – I-1 U 199/07, 1 U 199/07).

Da feststeht, dass es zu einer Berührung mit dem Klägerfahrzeug kam und eine Schadenskompatibilität besteht, ist das Gericht vorliegend im Rahmen des § 287 ZPO ausreichend davon überzeugt, dass die vollständig kompatiblen Schäden auch tatsächlich durch den streitgegenständlichen Vorfall entstanden sind. Es gibt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die kompatiblen Schäden vorliegend aus einem anderen Vorfall stammen könnten und hier „Fremdschäden“ geltend gemacht werden.

Damit ist das Gericht auch davon überzeugt, dass die geltend gemachten Schäden durch den streitgegenständlichen Unfall verursacht wurden.

Reparaturkosten

Der vom Gericht bestellte Sachverständige B. kommt in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass durch den streitgegenständlichen Unfall am Klägerfahrzeug unter Berücksichtigung der klägerseits geltend gemachten Verbringungskosten ein Sachschaden in Höhe von EUR 1.803,11 (netto) entstanden sei, wenn man die klägerisch geltend gemachten Stundenverrechnungssätze zugrunde legt. Dem folgt das Gericht.

Da die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von EUR 1.665,11 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nur noch über die offenen Posten Verbringungskosten in Höhe von EUR 138,00 und Entsorgungskosten in Höhe von EUR 8,00 zu entscheiden.

Verbringungskosten sind dann zu erstatten, wenn sie in markengebundenen Fachwerkstätten der Marke Audi üblicherweise anfallen. In dem Fall sind sie auch bei fiktiver Abrechnung zu ersetzen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen liegen die von der Klageseite geltend gemachten Verbringungskosten im Rahmen dessen, was bei der überwiegenden Anzahl der Audiwerkstätten anfällt, sodass sie in der geltend gemachten Höhe von EUR 138,00 erstattungsfähig sind.

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz der Entsorgungskosten. Nach den Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, welchen das Gericht folgt, sind solche für eine ordnungsgemäße Herstellung nicht erforderlich. Allein der Umstand, dass die Reparaturwerkstatt solche Kosten bei vorherigen Reparaturen in Rechnung gestellt hat, führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis, weil das sog. „Werkstattrisiko“ nur im Falle einer tatsächlich durchgeführten Reparatur zum Tragen kommt.

Sachverständigenkosten

Auch die Sachverständigenkosten sind erstattungsfähig. Die Kosten eines Privatgutachtens sind grundsätzlich auch dann zu ersetzen, wenn es sich später als unrichtig erweist, sofern die Unrichtigkeit nicht auf falschen Angaben des Auftraggebers oder einem kollusiven Zusammenwirken mit dem Gutachter beruht (OLG München, Urteil vom 27. 1. 2006, 10 U 4904/05). Ersteres war hier nach den Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen offensichtlich schon nicht der Fall. Für letzteres gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass der Kläger und der von ihm beauftragte Gutachter in einem Gutachterbüro zusammenarbeiten führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis, da es auch für einen Geschädigten, der selbst Gutachter ist naheliegt, einen Gutachter zu beauftragen, dessen Arbeitsweise ihm geläufig ist und in dessen Fähigkeiten er vertraut, weil er ihm bereits vor der Beauftragung bekannt ist.

Unkostenpauschale

Im Hinblick auf die Unkostenpauschale gilt: Nach ständiger Rechtsprechung des OLG München (vgl. z.B. Urteil vom 27. 1. 2006 – 10 U 4904/05), der sich das Gericht anschließt, ist als Ausia-genpauschale ein Betrag von EUR 25,00 angemessen. Ein darüber hinausgehender Anspruch erscheint im vorliegenden Fall auch nicht durch Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt. Daher ist nur ein Betrag von EUR 25,00 anzusetzen.

Insgesamt

Damit kann der Kläger nach der übereinstimmenden Erledigungserklagung nunmehr noch ersetzt verlangen:

Sachschaden netto: EUR 138,00 auf die Verbringungskosten
Sachverständigenkosten: EUR 650,04
Unkostenpauschale: EUR 25,00
Insgesamt: EUR 813,04.

Zinsen

Verzug bestand, von Beklagtenseite nicht bestritten, seit dem 11.08.2015. Von diesem Zeitpunkt an besteht ein Anspruch auf Verzugszinsen, § 286 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann die Klägerseite geltend machen eine 1,3 Gebühr aus einem Geschäftswert in Höhe der berechtigten Schadensersatzforderung von EUR 2.478,15 zuzüglich einer Auslagenpauschale von EUR 20,00 und der Mehrwertsteuer. Dies sind hier EUR 334,75.

Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert

Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne Einbeziehung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>

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