AG Köln verurteilt die bei der HUK-COBURG versicherte Halterin mit lesenswertem Urteil vom 15.11.2016 – 272 C 137/16 – zur Zahlung des Restbetrages, den die HUK-COBURG vorgerichtlich nicht ersetzt hatte.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Wochenende stellen wir Euch einmal wieder ein lesenswertes Urteil des Amtsgerichts Köln vor. Wieder einmal ging es um die von der HUK-COBURG vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten im Rahmen der Abwicklung einer von der bei der HUK-COBURG versicherten Fahrzeughalterin. Die einhundertprozentige Haftung der HUK-COBUREG und ihrer Versicherungsnehmerin als Gesamtschuldner war eigentlich unbestritten. Trotz der einhundertprozentigen Haftung regulierte die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden des Geschädigten nicht zu einhundert Prozent. Ein Auswahlverschulden des Gesachädigten lag nicht vor. Folgerichtig nahm der Geschädigte wegen des von der HUK-COBURG nicht ersetzten Schadensbetrages in Form der restlichen Sachverständigenkosten den Schädiger persönlich in Anspruch. Die Klage vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Köln war erfolgreich. Die beklagte Versicherte der HUK-COBURG kann sich jetzt bei dieser für den Prozess vor dem AG KLöln bedanken. Lest selbst das Urteil des AG Köln.  Auch in Köln gibt es offensichtlich Kenner des Schadensersatzrechts. Gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

272 C 137/16                                                                                         Verkündet am 15.11.2016

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn A. V. aus K. ,

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. und P. aus A. ,

gegen

Frau S. A. aus K. (bei der HUK-COBURG Versicherte),

Beklagte,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. aus K. ,

hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
15.11.2016
durch den Richter B.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 322,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von.5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.04.2016 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Sachverständigenkosten in Höhe von 322,12 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 VVG gegen die Beklagte zu.

Die Ersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet (BGHZ 61, 346, 347 f.) Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (BGH, Versicherungsrecht 2005, 558, 559). Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Er hat damit grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der objektiv erforderlichen Schadensfeststellungskosten (BGH v.11.02.2014, VersR 2014, 474-476).

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei, der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12, aaO Rn. 26 und – VI ZR 528/12, aaO Rn. 27; vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, aaO Rn. 13; vom 6. November 1973 – VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.). Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 mwN). Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 und – VI ZR 528/12, jeweils aaO). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 f.).“

Das Gericht schließt sich diesem an.

Unter Anwendung dieser Grundsätze sind die Sachverständigenkosten in einer Gesamthöhe von EUR 322,12 erstattungsfähig, da sich die Geschädigte im Rahmen der gebotenen subjektbezogenen Betrachtung noch im Rahmen des Erforderlichen gehalten hat.

Die Rechnungsstellung nebst tatsächlicher Zahlung indiziert bereits die Erforderlichkeit.
Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung bzw. Zahlung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, Urteil vom 30.11.2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 m.w.N.). Da es bei Kfz-Sachverständigen an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, geschweige denn an allgemein zugänglichen Preislisten mangelt, welche einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, wird der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger erst dann nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR2006, 1029).

An diesen Voraussetzungen mangelt es vorliegend. Die Beklagtenseite kann auch nicht mit ihrer Ansicht durchdringen, dass der Hinweis in ihren Abrechnungsschreiben, wonach die Sachverständigengebühren ihrer Ansicht nach überhöht sind, die Indizwirkung der Rechnung entkräftet. Die fehlende Regulierungsbereitschaft, die zudem in keiner Weise individuelle begründet wurde, führt nicht dazu, dass der Geschädigte die ausgestellte Rechnung nicht für angemessen halten durfte.

Hinsichtlich des in Rechnung gestellten Grundhonorars sind keinerlei Gründe ersichtlich, warum die Geschädigte dieses auf Basis seiner Erkenntnismöglichkeiten nicht hätte für angemessen erachten dürfen. Ungeachtet der geäußerten Bedenken gegen die Verwertbarkeit der BVSK-Honorarbefragung sieht das erkennende Gericht diese nach seiner ständigen Rechtsprechung mit einem Großteil anderer Gerichte als geeignete Schätzgrundlage an. Die in der Honorartabelle enthaltenen Werte beruhen auf einer relativ breiten Erfassungsgrundlage, was in erheblichem Umfang dafür spricht, diese Werte als übliche Vergütung sachverständiger Tätigkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Jedenfalls entspricht eine Schätzung auf dieser Grundlage nach § 287 ZPO pflichtgemäßem Ermessen. Bezogen auf das Grundhonorar bewegen sich die geltend gemachten 480,00 EUR im Rahmen der BVSK-Befragung2015.

Auch die berechneten und bezahlten Nebenforderungen durfte die Geschädigte für erforderlich erachten. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15 -, juris) sind jedenfalls in dem Falle, dass auf eine Sachverständigen Rechnung eine Zahlung erfolgte, strenge Maßstäbe an die Erschütterung der Indizwirkung anzulegen. Auch insoweit kommt es nicht nur darauf an, inwieweit die angesetzten Kosten sich tatsächlich noch im Rahmen des Üblichen bewegen, sondern auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass von dem Geschädigten nicht erwartet werden konnte, dieses zu erkennen. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn die Rechnungshöhe deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Soweit die Beklagtenseite bestreitet, dass für die Restwertermittlung Kosten in Höhe von 45,00 EUR bzw. weitere Nebenkosten sowie EDV Abrufgebühren in Höhe von 20,00 EUR bzw. 18,00 EUR angefallen sind, war das Bestreiten bereits erkennbar unsubstantiiert. Ausgehend von der BVSK-Umfrage 2015 und unter Berücksichtigung der vorgenannten Kosten ergeben sich Nebenkosten in Höhe von 211,00 EUR. Die vom Sachverständigen geltend gemachten 324,30 EUR liegen damit isoliert betrachtet und erst recht nicht bezogen auf die Gesamtrechnungshöhe deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen.

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 288, 286 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 322,12 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert