Controlexpert als neutraler Vermittler zwischen Werkstatt und Versicherer?

… oder …

Wie versklave ich meine Partner?

Wie heißt es im – vom Kläger verlorenem – Urteil des Oberlandesgerichts München,  Aktenzeichen: 29 U 2338/12, doch so treffend:

Die Beklagte hat ihre Regelungen zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Kfz-Werkstätten als „Fairplay”-Regeln bezeichnet. Diese betreffen sowohl mit Blick auf die Vertragspartner als auch auf die inhaltlichen Regelungen allein das Verhältnis der Beklagten mit Kfz-Werkstätten Der Bezeichnung ist folglich auch nur die Behauptung immanent, dieses Verhältnis werde fair und ausgewogen geregelt. Der Bezeichnung kann aber – ganz unabhängig von der Frage, ob die Regelungen auch gegenüber dem Geschädigten als „fair” zu bewerten sind – nicht die Behauptung entnommen werden, auch der Kunde werde nach diesem Konzept fair behandelt.

Merke:

Fair” bedeutet nicht zwingend, dass der, der den Schaden hat, nach den Regeln des sog. „Fairplay-Konzepts” vom Schädiger”Versicherer und/oder von der Werkstatt “seines Vertrauens” “fair” behandelt  bzw. “fair” bedient wird.

Dennoch gibt es meines Wissens tatsächlich noch Rechtsanwälte, die regelmäßig Mandanten im Unfallschadensersatz-Prozess gegenüber Versicherern vertreten, denen die Firma Controlexpert völlig unbekannt ist. Somit ist das Schadenmanagement der Kfz-Versicherer, hier das Fair-Play-Konzept der Allianz, von vielen unbemerkt in die nächste Phase eingetreten.

Erst hat man seitens der Kfz-Versicherer den Fahrzeugreparateuren erzählt, wozu einen Sachverständigen beauftragen? Du schickst uns einen Kostenvoranschlag, damit wir wissen, wie du den Schaden reparieren willst. Wir prüfen ein bisschen, danach erteilen wir dir die Reparaturfreigabe. Wenn dann kein Anwalt und kein Gutachter uns dazwischen gefunkt hat, dann und nur dann, bezahlen wir deine Rechnung auch ganz schnell.

Obwohl die Versicherer die Erfahrung machen mussten, dass das Aussterben der unabhängigen Sachverständigen doch länger dauert als veranschlagt, wähnt man sich angesichts deren weit verbreiteter Schlafmützigkeit wohl kurzfristig auf der Zielgeraden. Der nächste Gegner auf verlorenem Posten wird also in das (Schadenmanagement)Rampenlicht gestellt.
Man geht aufgrund bisheriger Erfahrungen wohl zur Recht davon aus, die Verantwortlichen in den Werkstätten scheinen betriebswirtschaftlich nicht immer die hellsten zu sein?

Der neue Köder an der Angel:

Wir helfen euch – unser Geld – zu sparen.

Ihr macht ein paar Klicks im Internet und schickt uns noch Schnappschüsse vom Auto, dann braucht ihr euch über den Reparaturumfang, sprich über die Vergütung eurer Leistungen keine Gedanken mehr machen. Wir geben euch ab sofort alles genau vor (später könnten wir eigentlich auch gleich eure Steuererklärung erstellen, dann spart ihr euch den Steuerberater).

Alle für einen, einer für alle.“ wirbt die Firma Controlexpert um die Gunst (der Dummen oder der Faulen?). Mit „C€ Fairplay“ soll  Fairness, Transparenz und Zuverlässigkeit in der Schadenabwicklung einziehen.

Gemeinsam erarbeitete Vereinbarungen harmonisieren die Zusammenarbeit von Versicherung, Automobilhersteller und Werkstätten. Namhafte Automobilhersteller und Versicherungen, der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik sowie mehr als 1.500 Instandsetzungsbetriebe haben sich bisher als Fairplay-Partner registriert.

Weil fliegen einfach schöner ist?

Das neue Geschäftsmodell:
„Digitale QuickRKÜ“
verspricht dann auch:

– die Einsparung „wertvoller Arbeitszeit“.

Für den Preis von nicht zu vergütenden  Leistungen, wie:

– Offenlegung interner Unternehmer-Daten der Reparaturbetriebe zur Auswertung und Weitergabe an die Versicherer

– Offenlegung/Übermittlung der Daten des Werkstattkunden, auch ohne dessen Wissen und Einverständnis?

– Dokumentation des zu reparierenden Schadens und Übermittlung der Schadenfotos.

Wenn ein Autofahrer mit seinem Unfallfahrzeug die Werkstatt erreicht, möchte er möglichst schnell wieder mobil sein. Für die Werkstatt bedeutet dies, dass man sich nicht nur um die Reparatur der entstandenen Schäden, sondern vor allem auch um die Abstimmung mit der Versicherung kümmern muss. Welche Kosten werden übernommen? Welche Fahrzeugteile sollen repariert, welche ausgetauscht werden?

Der Werkstattmeister – Geschädigter, Sachverständiger, Anwalt, vereint in einer Person, somit schon jetzt völlig unterbezahlt.

Doch im Klartext, mit „Digitale QuickRKÜ“ werden die Tage, als die Werkstätten/Unternehmer es in der Hand hatten, den Preis ihrer Leistung selbst zu bestimmen, ein für allemal der Vergangenheit angehören.

Weiterlesen, bitte hier.

Dieser Beitrag wurde unter Allianz Versicherung, Control-Expert, Haftpflichtschaden, Kaskoschaden, VERSICHERUNGEN >>>> abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu Controlexpert als neutraler Vermittler zwischen Werkstatt und Versicherer?

  1. G.v.H. sagt:

    Probieren geht über Studieren und effektive Zeitersparnis läßt sich mittels einfacher Controllingfunktionen auch erfassen. Aber wieso Werbung mit „Reparaturfreigabe“ ? Dümmer geht´s nimmer. Dieser Begriff geistert ja schon seit längerer Zeit im Werkstattbereich umher. Weder dar Haftpflichtversicherer noch der Kaskoversicherer hat da etwas anzubieten, was dem Fahrzeughalter und nur diesem obliegt.
    Es gibt keine Abhängigkeit des Fahrzeughalters und seiner Werkstatt von einer „Reparaturfreigabe“. Damit wird suggeriert, dass es einer Entscheidung des Versicherers bedürfe, ob eine Reparatur freigegeben wird. Aber für einen solchen Fall spielen wohl vertragliche Vereinbarungen und Abhängigkeiten eine Rolle und als Fahrzeughalter sollte man sich tunlichst hüten, solche „Dienstleistungspartner“, die unter sich nicht zum Vorteil des Geschädigten kungeln, in Anspruch zu nehmen. Man wundert sich, mit welcher Wattebäuschchenstrategie die nur am eigenen geschäftlichen Erfolg Interessierten auf Dummenfang gehen. Betrachtet man die angeblichen Vorteile einmal genauer, verbleibt letztlich nicht viel mehr als heiße Luft. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass die ins Visier genommenen Werkstätten, die diesem „Rettungsruf“ nach noch mehr Fortschritt nicht folgen, zukünftig ganz gezielt mit Situationen im Schadengeschäft konfrontiert werden,die ihnen zeigen sollen, dass eine „Kooperation“ nützlicher gewesen wäre.

    Es ist halt ein steiniger Weg, als Unternehmer die Unabhängigkeit unantastbar zu bewahren und einen Service für die Kunden zu etablieren, der sich wohltuend von dem abhebt, was heute als unabdingbar notwendiges Schadenmanagement zum Vorteil für alle Beteiligten angepriesen wird. Eine solche fade Umgarnungsstrategie, die noch mehr Einfachheit, Bequemlichkeit und Fortschritt in Aussicht stellt, macht
    mich nach einigen Jahrzehnten Marktbeobachtung mehr als nachdenklich. Ein Bär, der einmal in eine Falle geraten ist und dann sein Heil doch noch in der Flucht suchen kann, läuft nicht so schnell ein zweites Mal in eine solche Falle. Beim homo sapiens scheint das Gespür für Gefahren abhanden gekommen zu sein.

    G.v.H.

  2. Willi Wacker sagt:

    @ G.v.H. 19.8.2013 18.58

    Lieber G.v.H.,
    da haben Sie was Wahres aufgedeckt. Der Haftpflichtversicherer und der Kasdkoversicherer maßen sich etwas an, was ihnen gar nicht zusteht. Da der Geschädigte völlig frei ist in seiner Entscheidung, wann, wo, wie und ob überhaupt repariert werden soll, kann nur er entscheiden, ob nach Erhalt des erforderlichen Geldbetrages nach § 249 BGB die Reparatur durchgeführt werden soll und wie. Die Versicherung hat gar kein Recht irgendeine Reparaturfreigabe zu erteilen. Was wäre denn, wenn der Versicherer die Reparaturfreigabe gegenüber der Werkstatt, welcher übrigens?, erteilt, der Geschädigte aber – aus welchen Gründen auch immer – fiktiv nach den Vorgaben im Gutachten abrechnen will? Hat dann die Versicherung die Reparatur zu zahlen, weil sie die Reparatur freigegeben hat und damit den Auftrag zur Reparatur erklärt hat? Gleichzeitig hat der Geschädigte aber Anspruch auf Zahlung des fiktiven Schadensbetrages, weil er eben nicht konkret abrechnen will. Ich glaube, da schießt die Versicherung gerade ein Eigentor.

    Was ist, wenn die Versicherung bei einer bestimmten Referenzwerkstatt die Reparaturfreigabe erklärt, der Geschädigte sich umentscheidet und in der Markenfachwerkstatt konkret abrechnet? Dann ist die von der Versicherung erteilte Reparaturfreigabe doch ohne Wert, weil entscheidend die Disposition des Geschädigten ist und der will in der Markenfachwerkstatt abrechnen. Basta!
    Daran hat sich die Versicherung zu halten. Noch hat der Geschädigte die Dispositionsfreiheit. Diese kann ihm auch nicht durch den Versicherer genommen werden.

    Also ist festzuhalten, dass die Reparaturfreigabe durch die Versicherung totaler Mumpitz ist.

    Mit freundlichen Grüßen und gute Nacht
    Willi Wacker

  3. Frank sagt:

    Also ist festzuhalten, dass die Reparaturfreigabe durch die Versicherung totaler Mumpitz ist.

    Wäre da nicht eine Unterlassung angebracht?? So als Musterurteil oder so……

    Warum drehen wir nicht einfach den Spieß um. Auch kleine Nadelstiche schmerzen und machen vielleicht den Weg ebener für eine „normale“ Schadensregulierung.

    Woher kommt übrigens die rechtliche Grundlage einer „Prüforganisation“ freie, unabhängige Sachverständige zu überprüfen? Gibt es da einen § dafür? Oder sind da nur eingebildete und Luftkorsett gestützte Richtlinien (von der Versicherungswirtschaft) angewandt.

  4. Hilgerdan sagt:

    @Willi Wacker
    „Noch hat der Geschädigte die Dispositionsfreiheit. Diese kann ihm auch nicht durch den Versicherer genommen werden. “

    Ja lieber Willi,
    der deutsche Geschädigte (schon im Hinblick seines rechtlichen Nichtwissens) beraubt sich durch die eigene Dummheit seiner Rechte selbst. Die Werkstattinhaber sind noch dümmer und so von den Versicherungen „dressiert“, dass sie auch jede deren ausgeknobelten Schweinereien hochjubeln u. mitmachen.
    Das hat Controlexpert aufgegriffen u. wird damit m.E. auch erfolgreich sein und ganz nebenbei der SSH einen gehörigen Tritt verpassen. Ein guter Plan von Controlexpert, die Versicherungen u. auch die Werkstätten so richtig „abzuzocken“.
    Die freien SV werden das auch gehörig zu spüren bekommen.

  5. virus sagt:

    @ „Die Versicherung hat gar kein Recht irgendeine Reparaturfreigabe zu erteilen.“

    Das tun sie ja tatsächlich auch nicht. Denn mit der RKÜ (Reparaturkostenübernahme) teilt der Versicherer nur mit, dass er die Kosten der Reparatur übernehmen wird. Einen Reparaturauftrag erteilt der Versicherer nicht. Die Frage ist, wenn die Aufwendungen der Reparatur durch den Schädiger bestimmt werden, entsprechen diese dem technischen Standard bezüglich des Umfanges und der Durchführung. Beantworten wir diese Frage mit nein, haben wir folgenden Sachstand: Die Haftpflicht-Versicherer haben nach dem Willen des Gesetzgebers nur zu prüfen, ob ein – unabhängig ermittelter – geltend gemachter Anspruch aus der Haftung heraus berechtigt oder unberechtigt ist.
    Mittels “Digitale QuickRKÜ” werden jedoch die berechtigten Ansprüche nicht ermittelt. Der Schädiger bestimmt die Höhe des Geschädigten-Anspruchs mittels abhängiger „Besichtigung“ nach gut Dünken. Was klar im Widerspruch zu § 249 BGB steht. Dies vor dem Hintergrund, dass dem Schädiger bzw. dessen Versicherer weder die Be- noch die Nachbesichtigung der von ihm beschädigten Sache zusteht.
    Geht also ein Reparaturbetrieb in der Regel wohl ohne wissen seines Kunden auf den (vertraglich gebundenen) Dienstleister des Schädigers zu, mit der Folge, dass die Höhe des Schadensersatzanspruches und dessen Beseitigung (Reparatur nach Herstellervorgaben?) nicht den Willen des Gesetzgebers nach § 249 BGB erfüllt, macht sich dieser gegenüber seines Kunden schadenersatzpflichtig. Wobei er seine Bemühungen mit keinem einzigen Euro vergütet bekommt. Nicht einmal die Aufwendungen eines Kostenvoranschlages kann er mehr, wem auch immer, in Rechnung stellen.
    Ja, dümmer geht´s wirklich nimmer. Denn die Betriebshaftpflicht möchte ich sehen, die nicht alsbald die Kündigung, mit einem Gruß der HIS-Datei, schickt.

    Das Endziel der Kfz-Versicherer:

    Das Betriebskapital verwalten die Versicherer, soweit das nicht bereits eine Bank oder ein Fahrzeughersteller tut.
    Das unternehmerische Risiko – mit allen sozialen Pflichten – trägt bzw. verbleibt beim Werkstattinhaber.

  6. Max W. sagt:

    Wenn schon, dann mit geballter Macht und ganzer Kraft in die Sklaverei, weil es ja erst viel später weh tut und dann hat man sich wundersamer Weise auch daran schon wieder gewöhnt. Also nichts unversucht lassen, das letzte Stück an Unabhängigkeit auch noch auf den Spieltisch zu bringen. Glück auf und einfach weiter dümpeln bis der Kiel aufsetzt und auseinanderbricht. „Schiff ahoi, Schiff ahoi, glaube mir, ich bleib Dir treu.“

    Max W.

  7. Roland G. sagt:

    Hallo, ich habe eine Frage, vll. weiß jemand eine Antwort… 🙂 Bezgl. der Reparatur meines Fahrzeugs liegt mir und dem Versicherer der Gegenseite ein Dekra-Gutachten über 4.500 EUR vor. Ich habe darum gebeten die Erstattung lt. Gutachten (fiktiv) an mich zu leisten. Den Schaden habe ich mittlerweile auf eigene Kosten reparieren lassen. Nun bekomme ich von ControlExpert ein Schreiben in dem die „Überprüfung des Restwertes“ angezeigt und mein Fahrzeug auf 2.000 EUR taxiert wird. Mit dem Hinweis auf ein Kaufangebot. Muss ich hier reagieren? Tatsächlich liegen die Marktpreise für mein Fahrzeug zwischen 2.000 und 12.000 EUR. In meinem Fall wäre ein Preis von mind. 7.500 EUR realisierbar. Da ich jedoch nicht beabsichtige das Fzg. zu verkaufen, bin ich etwas irritiert. Wie muss ich mich hier verhalten? Danke im Voraus! R.G.S.

  8. Juri sagt:

    @Roland G. Ja warum sind Sie denn nicht zu einem qualifizierten Anwalt gegangen? Heutezutage kann man es getrost als fahrlässig bezeichnen einen Unfallschaden ohne Anwalt regulieren zu wollen. Aber nicht ganz so schlimm, denn Sie haben ja nur Ihr eigenes Geld versenkt. Erfahrung kostet halt was. Und beim nächsten mal…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert