Neue BGH-Entscheidung zur Umsatzsteuer bei der fiktiven Abrechnung (VI ZR 312/08 vom 22.09.2009)

Der Bundesgerichtshof hatte über die Erstattung von Mehrwertsteuer  im Rahmen der fiktiven Abrechnung zu entscheiden. Der Geschädigte begehrte die Mehrwertsteuer aus den Reparaturkosten, nachdem er das Fahrzeug unrepariert veräußert und eine Ersatzbeschaffung vorgenommen hatte. Das Ersatzfahrzeug wurde am privaten Markt eingekauft. Im Kaufpreis war keine Mehrwertsteuer enthalten. Mit Entscheidung vom 22.09.2009 (VI ZR 312/08) wurde für diese Fallgestaltung keine Mehrwertsteuer zugesprochen.

Aus den Gründen:

 Leitsatz

Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, steht ihm jedenfalls dann kein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung keine Umsatzsteuer angefallen ist.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 25. August 2009 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll, Wellner und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 29. Oktober 2008 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Weiden i. d. OPf. vom 15. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall vom 7. Juli 2007, für den die volle Haftung der Beklagten außer Streit steht, auf Zahlung der in einem vorprozessual eingeholten Gutachten angegebenen Umsatzsteuer für eine Reparatur in Anspruch.

In dem Gutachten hat der Sachverständige Reparaturkosten von 3.036,95 € netto und 3.613,97 € inkl. Mehrwertsteuer angegeben. Den Wiederbeschaffungswert hat er auf 7.800 € inkl. Mehrwertsteuer und den Restwert des Unfallfahrzeugs auf 3.670 € inkl. Mehrwertsteuer geschätzt. Der Kläger hat das Unfallfahrzeug unrepariert verkauft und von privat ein Ersatzfahrzeug für 8.700 € erworben. Die Beklagte hat vorgerichtlich die fiktiven Reparaturkosten in Höhe von 3.036,95 € sowie die Wertminderung in Höhe von 150 € erstattet.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht dieses Urteil abgeändert und die Beklagte zur Zahlung des begehrten Mehrwertsteuerbetrags sowie zur Freistellung des Klägers von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts verbietet § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht die Erstattung der auf die Reparaturkosten entfallenden Umsatzsteuer. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass im Falle eines Verzichts auf eine umsatzsteuerpflichtige Wiederherstellung Umsatzsteuer nicht anfalle und damit keinen Gegenwert in der wieder hergestellten Sache finde. Er habe die originäre Funktion des Schadensersatzes betont, die in der Wiederherstellung des früheren Zustands liege. Es stehe deshalb im Einklang mit dem Restitutionsprinzip, die Umsatzsteuer nur zu ersetzen, wenn sie zur Wiederherstellung des früheren Zustands eingesetzt werde. Dies gelte auch für den Fall, dass die Wiederherstellung durch Ersatzbeschaffung erfolge. Werde eine gleichwertige Sache als Ersatz beschafft und falle dafür Umsatzsteuer an, sei die Umsatzsteuer im angefallenen Umfang zu ersetzen, wobei der Geschädigte allerdings nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangen könne.

Im Streitfall sei keine Umsatzsteuer ausgewiesen worden. Es gehe aber nicht um den Ersatz fiktiver Umsatzsteuer, sondern um den Ersatz des tatsächlich für die Ersatzbeschaffung aufgewendeten Betrags, begrenzt auf den Bruttoreparaturkostenbetrag des beschädigten Fahrzeugs. Es sei angemessen, die Reparaturkosten einschließlich der Umsatzsteuer zu erstatten, wenn sich der Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis hätte entscheiden müssen, aber eine Ersatzbeschaffung vorgenommen habe. Der Geschädigte habe die Restitution in Form der Ersatzbeschaffung konkret durchgeführt und sein Interesse an der vollständigen Behebung seines Schadens durch die Ersatzbeschaffung dokumentiert.

II.

Das angefochtene Urteil hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht der geltend gemachte Betrag in Höhe der Umsatzsteuer für die Reparaturkosten nicht zu.

1. Nach der Rechtsprechung des Senats stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines „gleichwertigen“ Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht „verdienen“ (vgl. Senat BGHZ 154, 395, 397 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 180, 184; 171, 287 Rn. 6; jeweils m.w.N.).

Hier hätte sich der Kläger nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen, insoweit liegt der Fall anders als bei der Entscheidung des erkennenden Senats vom 1. März 2005 (VI ZR 91/04, BGHZ 162, 270), bei der die Ersatzbeschaffung vom Wirtschaftlichkeitsgebot gedeckt war. Es blieb für den Kläger zwar die Möglichkeit bestehen, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur – wie geschehen – eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. Auch in diesem Fall kann er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot aber nur auf Reparaturkostenbasis abrechnen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderte. Rechnet er insoweit auf der Basis eines vorgerichtlich eingeholten Gutachtens ab, handelt es sich um eine fiktive Schadensabrechnung, weil eine Reparatur nicht tatsächlich durchgeführt worden ist.

2. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass dem Kläger der geltend gemachte Umsatzsteuerbetrag für eine Reparatur nicht zusteht.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat. Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen soll sich nach der Absicht des Gesetzgebers allerdings deren Umfang mindern, indem die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten entfällt. Umsatzsteuer soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung bei einem Fachbetrieb oder einem anderen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer im Sinne des § 2 UStG nicht kommt. Wird eine gleichwertige Sache als Ersatz beschafft und fällt dafür Umsatzsteuer an, so ist die Umsatzsteuer im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache – etwa beim Kauf von Privat – keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/7752 S. 13 f., 23 f.; Senat BGHZ 158, 388, 389; 162, 270, 272 f.; 164, 397, 399 f.; vom 18. Mai 2004 – VI ZR 267/03 -VersR 2004, 927, 928; vom 9. Mai 2006 – VI ZR 225/05 – VersR 2006, 987, 988; vom 3. März 2009 – VI ZR 100/08 – VersR 2009, 654 Rn. 12). In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 2006 – VI ZR 225/05 – aaO).

Nach diesen Grundsätzen ist eine Erstattung der Umsatzsteuer schon deswegen nicht möglich, weil der Kläger weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist. Dem Kläger stehen mithin nur die von der Beklagten bereits geleisteten Beträge zu, die unterhalb des sich aus dem vorgerichtlich eingeholten Gutachten ergebenden Wiederbeschaffungsaufwands von 4.130 € (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) liegen, der auch ohne eine weitere Beschränkung durch das Wirtschaftlichkeitsgebot bei Abrechnung nach den fiktiven Reparaturkosten den Schadensersatzanspruch begrenzt (vgl. Senat BGHZ 163, 180).

Galke                                               Zoll                                           Wellner

Stöhr                                               von Pentz

Vorinstanzen:

AG Weiden, Entscheidung vom 15.07.2008 – 1 C 617/08 –
LG Weiden i.d. OPf., Entscheidung vom 29.10.2008 – 22 S 73/08 –

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22 Antworten zu Neue BGH-Entscheidung zur Umsatzsteuer bei der fiktiven Abrechnung (VI ZR 312/08 vom 22.09.2009)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    ich halte die Entscheidung des 6. ZS, des BGH für logisch und richtig. Bereits aus dem Gesetzestext des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ergibt sich, dass der erforderliche Geldbetrag die USt. nur mit einschließt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mithin gibt es keine fiktive Umsatzsteuer im Rahmen des § 249 BGB. Man mag zu der Entscheidung des damaligen Bundesgesetzgebers, § 249 Abs. 2 S. 2 BGB einzufügen, stehen wie man will, Tatsache ist, dass die USt. bei der Geltendmachung des fiktiven Schadens nicht mehr ersetzt wird, wenn und soweit sie nicht anfällt.
    In dem konkreten Fall war eine Reparatur, obwohl möglich, nicht durchgeführt worden. Insoweit fiel auch keine USt. an. Der Kauf des Ersatzfahrzeuges erfolgte von Privat, so dass auch dort keine USt. anfiel. Deshalb logisch, dem Geschädigten keine fiktive USt. zuzusprechen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  2. Hunter sagt:

    Im Sinne der geltenden Gesetze ist das Urteil natürlich völlig korrekt. Bei solch klarer Rechtslage braucht es aber eigentlich keine Entscheidung des BGH.

    Deshalb gibt es wieder einmal folgende Fragestellung:

    1.) Welcher Geschädigte bringt so einen absurden und eigentlich klaren Fall überhaupt zu Gericht?

    2.) Weshalb ist der Geschädigte, nach der Klageabweisung durch das AG, überhaupt in die Berufung gegangen und riskiert für eine hier mehr als fragwürdige Forderung der Mehrwertsteuer in Höhe von EUR 577,02 eine mögliche Revision?

    3.) Wie kommt das Berufungsgericht dazu, der Klage stattzugeben und lässt die Revision zu?

    Fragen über Fragen….

  3. Andreas sagt:

    Man sieht aber auch wie einfach ein Richter richtig argumentieren, wenn er der bestehenden Gesetzeslage folgt. Warum der Fall bis zum BGH gewandert ist, wundert mich auch. Das kann sich der Geschädigte nur erlauben, wenn er rechtschutzversichert ist…

    Grüße

    Andreas

  4. Joda Besserwisser sagt:

    Hier geht es um 2 Fragen:

    Warum geht man in die Berufung?
    Warum verkauft man das Auto und repariert nicht?

    3 Möglichkeiten:

    1. Man hat ein besseres Restwertangebot gehabt, der tatsächliche WBA war also geringer, trotzdem will man noch mehr rausholen (kommt WIRKLICH vor!)

    oder

    2. Der WBW ist zu hoch bewertet, der Geschädigte hat jetzt ein viel besseres Auto bekommen, das den Aufpreis wert war; trotzdem will er noch den Wert

    oder

    3.
    Weil man wie ein gar nicht so unvernünftiger Mensch rechnet, also denkt:

    Das Fahrzeug möchte ich nicht mehr. Makel durch Unfall bleibt Makel, auch wenn es für ältere Fahrzeuge keinen (oder selten) Minderwert gibt. So mag ich das Auto nicht mehr.

    Die Differenz zwischen Reparatur und WBA gönne ich mir, damit ich ein unfallfreies gleichwertiges Fahrzeug bekomme (Diese Differenz war eingeklagt).

    Ich rechne ja gar nicht fiktiv ab (denn ich habe konkret wiederbeschafft, laut BGH eine gleichwertige Naturalrestitution). § 249 II S.2 BGB kann doch teleologisch auf Fälle fiktiver Abrechnung reduziert werden (also wenn jemand NICHT restituiert aber den Wert dafür haben will). Geschädigter hat restituiert, also keine Anwendung von Satz 2!
    Zudem ist in diesem Fall auch wie in keinem anderen Fall garantiert, dass dem Staat die Umsatzsteuer für eine Reparatur nicht entgeht (angebl. Hauptgrund für Satz 2: gebt dem Staat was des Staates ist). Es wird nicht – also auch nicht „schwarz“ – repariert!

    Außerdem gibt es doch einen Grundsatz: Mache ich das nicht erforderliche (weil teurer), bekomme ich das, was ich bekommen hätte, hätte ich mich korrekt verhalten (also repariert). Dann hätte ich aber doch 3.613,97 € erhalten! Das ist also keine fiktive Abrechnung, sondern durch die Fiktion der konkreten Reparatur ermittelter Höchstschadenersatz. Was hat das mit Umsatzsteuer zu tun? Mein Restitutionsbegehren findet seine Grenze in den Kosten der günstigeren von 2 gleichwertigen Beseitigungsmaßnahmen, also den Endkosten.

    Merkt auf. Der verständige Geschädigte vergleicht doch spätestens seit BGH, Urteil vom 3.3.2009 – VI ZR 100/08 brutto mit brutto. Dann entscheidet er sich. Netto bleibt außen vor (warum soll ich auch das heranziehen).
    Es wird ihm also im Ergebnis eigentlich vorgeworfen, er habe gegen die Schadengeringshaltungspflicht verstoßen, nämlich von 2 Varianten die teurere gewählt. Dann muss er doch so gestellt werden, als hätte er das billigere getan. Dann wäre die Umsatzsteuer angefallen, also zu ersetzen. Sonst kann der Geschädigte sich doch gar nicht frei entscheiden. („50 € Aufpreis ist es mir wert, aber wenn ich daraufhin handele, ist der Aufpreis plötzlich 550 €!)

    Das Berufungsgericht hat aus Sicht des Geschädigtenexakt korrekt argumentiert!
    Die sture Anwendung des Satz 2 auf diesen Fall ist ggf. eben nicht sachgerecht, da Sinn uns Zweck nicht war, bei einer konkreten Totalschadenlösung die Umsatzsteuer aus der Reparatur zu sparen (wenn man überhaupt Wiederbeschaffungsfälle subsumieren möchte) . Ansatzweise hatte das der BGH ja in VI ZR 91/04 bereits erkannt und pragmatisch entschieden

    Dann bitte noch mal denktheoretisch 3 Varianten vergleichen:

    1. WBA war niedriger

    gedachter WBA: 3.600,00 € (brutto unter Reparatur)

    Ersatzbetrag (unabhängig vom Umsatzsteuer):
    3.600,00 €

    2. WBA war wenig teurer als Reparatur

    gedachter WBA: 3.650,00 € (brutto über Reparatur)

    Ersatzbetrag nach BGH: 3.036,95 €, aus 50 € Unterschied sind über 500 € geworden!

    3.WBA war teurer, aber (der Fall will es so) voll ausgewiesene MwSt.

    gedachter WBA: 3.650,00 € (brutto über Reparatur)
    Geschädigter kauft für 3.650,00
    Auf seiner Rechnung steht:
    Preis netto: 3.067,23 €
    19 % USt.; 582,77 €
    Gesamt: 3,650,00 €

    Vermutliche Lösung des BGH:

    Zu teuer!

    Lösung:

    Nettoreparatur: 3.036,95 €
    Gezahlte Umsatzsteuer: 582,77 €
    Summe: 3.619,72 €

    Aber es ist auf Bruttoreparatur zu kürzen (weil nicht erforderlich), also 3.613,97 €

    Macht es also doch (anders als in BGH VI ZR 91/04) einen Unterschied, ob ich ein Ersatzfahrzeug mit oder ohne Umsatzsteuer anschaffe? Das hängt – anders als der BGH glaubt – eben nicht davon ab, dass das was ich tue vom Wirtschaftlichkeitsgebot gedeckt ist. Denn es gibt ja keine 2 unterschiedlich verständigen Geschädigten, den einen der ein Fahrzeug mit Umsatzsteuer kauft und den anderen, der ein Fahrzeug von privat erwirbt. Die Fälle sind zwingend gleich zu behandeln.

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hunter,
    Deine Fragen kann ich dahingehend beantworten, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Nachdem das AG die Klage abgewiesen hatte, war der Rechtsmittelweg eröffnet.Der Kläger fühlte sich durch das Urteil des AG beschwert und legte Berufung an das LG ein. Das LG gab ihm sogar Recht. Das LG ließ allerdings die Revision zu, die Erfolg hatte.
    Das Berufungsgericht ist ein Kollegialgericht, mithin mit drei Juristen/innen besetzt. Man sieht, auch drei Juristen/innen können irren.

    So absurd war die Sache nicht. Das LG als Berufungsgericht hat immerhin dem Kläger Recht gegeben.

    Wenn auch das LG die Berufung abgewiesen hätte, hätte man an eine bewußt zum BGH gebrachte Rechtstreitigkeit denken können, so war aber zwischendurch dem Kläger Recht gegeben worden.

    Ich glaube, dass Du Dir in diesem Fall zu viele Fragen stellst.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dein Willi Wacker

  6. Willi Wacker sagt:

    Hallo Joda Besserwisser,
    es ist zwar richtig,dass der Geschädigte zwei Wege der Restitution besitzt. Hier hat er sich für den zweiten Weg, der Ersatzbeschaffung entschieden. Grund dafür könnte evtl. sein, dass er mit einem reparierten Fahrzeug nicht mehr fahren möchte, letztlich ist es aber auch egal, auf jeden Fall hat er sich zulässigerweise für die Ersazbeschaffung entschieden. Hätte er nunmehr nicht von Privat, wo keine USt. anfällt, sondern vom Händler gekauft, wäre USt. angefallen, egal ob voller Betrag oder Diferenzsteuer, dann wäre diese auch gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB zu ersetzen gewesen, da sie unmittelbarer Schaden gewesen wäre. Nun hat er aber von Privat gekauft, wo keine Steuer angefallen ist, also kann auch keine ersetzt werden. Die vom 6. ZS angestellten Überlegungen zur Entscheidung gerade dieses Falles sind, ich kann es nur noch einmal wiederholen, m.E. richtig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  7. Hunter sagt:

    :@ Willi Wacker 06.11.2009 15:22

    „So absurd war die Sache nicht. Das LG als Berufungsgericht hat immerhin dem Kläger Recht gegeben.“

    Wenn also ein Landgericht „irrt“, dann ist der Fall natürlich nicht absurd. Genau – eigentlich logisch?

    Dann braucht man sich auch nicht zu wundern, was sonst alles bei Gericht ad absurdum geführt wird. Und wenn ein Landgericht nicht absurd „irrt“, erübrigt sich natürlich jede weitere Frage des geneigten Zweiflers?

    Kern der Fragen war: Warum macht ein Geschädigter solch einen rechtlich unhaltbaren Unsinn für einen Betrag von EUR 577,02, wenn beim AG eigentlich schon Schluß war? Und warum dann noch eine Berufung? Wußte der vielleicht, dass sich das LG Weiden nicht absurd zu seinen Gunsten irrt? Wohl kaum? Vielmehr musste auch dort mit einer klaren Niederlage gerechnet werden – wenn man sich vorher mit der Materie eingehend beschäftigt hat. Und davon ist wohl auszugehen. Das Berufungsurteil kann man bestenfalls als „Glücksfall“ bezeichnen?

    „Wenn auch das LG die Berufung abgewiesen hätte, hätte man an eine bewußt zum BGH gebrachte Rechtstreitigkeit denken können, so war aber zwischendurch dem Kläger Recht gegeben worden. “

    Wenn beide Parteien an einem Strang ziehen und zum BGH streben, dann ist es egal, ob das LG die Berufung ablehnt oder dieser statt gibt.

    Willi Wacker 06.11.2009 09:25

    „…ich halte die Entscheidung des 6. ZS, des BGH für logisch und richtig. Bereits aus dem Gesetzestext des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ergibt sich, dass der erforderliche Geldbetrag die USt. nur mit einschließt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mithin gibt es keine fiktive Umsatzsteuer im Rahmen des § 249 BGB.“

    Willi Wacker 06.11.2009 17:04

    „Die vom 6. ZS angestellten Überlegungen zur Entscheidung gerade dieses Falles sind, ich kann es nur noch einmal wiederholen, m.E. richtig. “

    Um 09.25 war die BGH-Entscheidung also logisch und richtig
    um 15:22 war die Entscheidung des LG dann nicht absurd
    um 17:04 sind die BGH-Überlegungen zur Entscheidung richtig

    Ergibt in der Zusammenfassung:

    Also logisch und richtig nach dem BGH , aber nicht absurd nach der irrigen Meinung des LG Weiden?

    Eigentlich recht simpel?!

    @ Joda Besserwisser

    Thema galaktisch verfehlt

  8. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hunter,
    eine Entscheidung eines Kollegialgerichtes als absurd zu bezeichnen würde ich mir nicht anmaßen. Die Entscheidung des LG war zwar falsch, aber nicht unbedingt absurd. Ich hatte zunächst nicht von absurder Entscheidung gesprochen. Das Absurde kam erst in dem Kommentar um 12.59 h. Zwischen absurd und falsch sollte man doch noch unterscheiden.
    Also ist festzuhalten, dass um 9.25 h die Entscheidung des BGH logischh und richtig ist, um 15.22 h die Entscheidung des LG zwar falsch, aber nicht absurd ist und um 17.04 h die Überlegungen des BGH richtigf sind.
    Die Richtigkeit ergibt sich auch aus der früheren BGH-Rspr., mit der der BGH festgestellt hat, dass z.B. Reparaturen über dem 130%-Bereich unwirtschaftlich sind und deshalb nicht zu ersetzen sind. Auch in diesem vom BGH bereits entschiedenen Rechtsstreit ist der Geschädigte auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt worden und erhält die MWSt. aus der unwirtschaftlichen Reparatur nicht.
    Eigentlich logisch.
    Mit freundlichen Grüßen und ein schönes Wochenende
    Dein Willi Wacker

  9. Hunter sagt:

    Hallo Willi,

    im gegenständlichen Kommentar steht überall „NICHT ABSURD“

  10. Willi Wacker sagt:

    Lieber Hunter,
    jetzt noch einmal: Falsch ist in meinen Augen nicht absurd. Absurd ist lt. Lexikon unsinnig und stammt aus dem Lateinischen. Falsch ist nicht richtig. In meinen Augen war das Urteil des Berufungsgerichtes, warum auch immer dieses angerufen wurde, falsch. Dass das Urteil unsinnig ist, will ich nicht behaupten. Ich werde mit Sicherheit auch keine Richterschelte üben, und mich ermessen, die Richter der Berufungskammer zu tadeln ob des erlassenen Urteils. Insofern ist von mir nie das Wort „absurd“ im Sinne von unsinnig gebraucht worden.
    Wenn wir uns darauf einigen können, dass das Berufungsurteil falsch ist, bin ich bei Dir. Absurd bezeichne ich das Urteil nicht.
    Mehr will ich jetzt dazu aber auch nicht mehr schreiben.
    Mit freundlichen Grüßen
    und den besten Wünschen für das Wochenende
    Dein Willi Wacker

  11. Joda Besserwisser sagt:

    Jaja, der Willi!!!
    Die Reparatur über 130% hat was mit brutto oder netto zu tun? „Auch in diesem vom BGH bereits entschiedenen Rechtsstreit ist der Geschädigte auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt worden und erhält die MWSt. aus der unwirtschaftlichen Reparatur nicht.“

    Falsch! Er erhält (ohne Betrachtung der Umsatzsteuer) das, was die günstigere Lösung gekostet hätte (merkt ihr was?).
    Da geht es gar nicht um Umsatzsteuer. Denkt nur mal an den vorsteuerabzugsberechtigten 130 %-Reparateur dessen Fahrzeug nur von privat anzuschaffen wäre?

    Prüfen wir was mit Umsatzsteuer?

    Grüße an die Rechtstheoretiker und danke für die Befasung mit der Entstehungsgeschichte des § 249 II S. 2 BGB.
    Motive stehen nicht nur vor der Kamera!!! und teleologische Reduktion ist kein Filter fürs Objektiv!

  12. Andreas sagt:

    Hallo Hunter,

    in dem Kommentar von Willi steht, dass die Sache nicht so absurd war (nicht das Urteil), will auf gut duetsch heißen: Fühlt sich der Kläger vom AG verschaukelt, geht er zum LG.

    Das ist das nicht absurde. Da ist es – aus der richtigen Sicht von Willi – auch für den Kläger wohl nicht absurd, dass er weiter gemacht hat.

    Allerdings hätte meiner Meinung nach der Anwalt des Geschädigten darauf hinweisen müssen, dass MwSt nur bezahlt wird soweit nachgewiesen wird, dass sie angefallen ist. Hier ist aber gar keine MwSt. angefallen, denn es wurde von Privat ein Fahrzeug gekauft.

    Also hat entweder der Anwalt falsch beraten, das soll in seltenen Fällen vorkommen, denn Anwälte sind Gott sei Dank auch nur Menschen, oder aber, was meiner Meinung nach eher wahrscheinlich ist, der Geschädigte war gut rechtschutzversichert, sonst geht keiner das Risiko nach dem verlorenen AG-Urteil ein.

    Und jetzt habt Euch lieb, denn beide haben Recht (Willi und Hunter, nicht AG und LG)!

    Grüße und einen schönen Feierabend!

    Andreas

  13. Hunter sagt:

    Der Hunter hat immer alle lieb, die sich für Geschädigte einsetzen.

    Letzter Versuch zur Sache:

    § 249 BGB

    Art und Umfang des Schadensersatzes

    (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

    (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.

    Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

    Bei dem vorliegenden Fall ist – auch für den unbedarften Laien – sofort erkennbar keinerlei Mehrwertsteuer angefallen.

    1.) Welcher normale Mensch geht mit solch einem aussichtslosen Fall – Rechtschutz hin oder her – in ein Klage-/Berufungsverfahren?

    2.) Wer hat Interesse an einer solchen Entscheidung mit Bezug zur Totalschadensabrechnung?

    3.) Wer haut den Geschädigten in Zukunft bei jeder Totalschadenabrechung dieses Aktenzeichen um die Ohren?

  14. Henning sagt:

    Hunter, wenn im vorliegenden Fall auch für den unbedarften Laien sofort erkennbar ein – da keine Mehrwertsteuer angefallen ist – aussichtsloser Fall vorliegt, wie erklären Sie mir dann die hier schon von Joda am 6.11.09 15:03 angesprochene Entscheidung des BGH vom 01.03.2005, VI ZR 91/04?

    Sachverhalt in Kürze:
    Wiederbeschaffungswert inkl. MwSt 12.800 Euro
    Restwert 5.000,00 Euro

    Geschädigter kauft ein Ersatzfahrzeug von einem Händler für 13.400 Euro, das Fahrzeug ist differenzbesteuert i.S.d. 25a UStG.

    Der Versicherer zahlt Netto-WBW (12.800- 1.765, 52 € [16 %]) abzgl. Restwert= 6.034,48 € und die im Ersatzfahrzeug mit 2 % geschätzte Differenz-Umsatzsteuer, 268 Euro.

    Mit der Klage geltend gemacht wird die Differenz des hinsichtlich des beschädigten Fahrzeug ermittelten Wiederbeschaffungswertes 1. 765, 52 € und der gezahlten Differenzsteuer.

    Nach Ihrer Argumentation, Hunter, hätte die Klage abgewiesen werden müssen, da – sofort und für jeden erkennbar – keine Mehrwertsteuer in der geltend gemachten Höhe angefallen ist. Der BGH hat dem Geschädigten gleichwohl Recht gegeben uns sogar noch einen drauf gesetzt:

    „(…)Stellt der Geschädigte durch eine konkrete Ersatzbeschaffung eines gleichartigen Fahrzeugs zu dem vom Sachverständigen genannten (Brutto-) Wiederbeschaffungswert wirtschaftlich den Zustand wieder her, der vor dem Unfallereignis bestand, so kann er nach § 249 BGB den tatsächlich hierfür aufgewendeten Betrag unabhängig davon ersetzt verlangen, ob in ihm die Regelumsatzsteuer im Sinne des § 10 UStG, eine Differenzsteuer im Sinne des § 25a UStG oder gar keine Umsatzsteuer enthalten ist.(…)“

    So, und jetzt erklären Sie – Hunter – mir doch bitte mal, warum die vorliegend Klage unter Berücksichtigung dieser Entscheidung aus dem Jahr 2005 vollkommen aussichtslos gewesen ist? Ich freue mich schon jetzt auf Ihre fachkundige Antwort…

  15. Willi Wacker sagt:

    Hallo Andreas, hallo Hunter,
    wie so oft wird meist um Belangloses Gegenteiliges geschrieben, ohne den Gegenüber verletzen zu wollen. Ich meine, dass dieser Blog davon profitiert, wenn sachliche Auseinandersetzung betrieben wird. Man kann immer anderer Meinung sein. Es ist ja auch gut, dass nunmehr seit 20 Jahren in Gesamtdeutschland freie Meinungsäußerung herrscht.

    Der Kläger ging in die Berufung, weil er sich durch das erstinstanzliche Urteil beschwert sah. Ob dieses Rechtsmittel sinnvoll war oder nicht, ist zunächst unerheblich. Die Rechtsmittelinstanz war eröffnet und der Kläger hat davon Gebrauch gemacht. Dies ist auch eine Ausprägung des seit 20 Jahren für Gesamtdeutschland geltenden Rechtsstaates.

    Das LG Fulda -Berufungskammer- hat dann auch noch dem Kläger Recht gegeben. Also war sein Rechtsmittel zunächst einmal erfolgreich. Man könnte jetzt auch fragen, warum hat der Beklagte dagegen die zugelassene Revision eingelegt? Wer geht schon wegen knapp 600 Euro zum BGH?

    Auch die Einlegung der Revision ist logisch, denn nach dem Berufungsurteil fühlte sich die Beklagtenseite beschwert. Das Urteil des 6. Zivilsenates des BGH ist bekannt.

    Zu den von Hunter gestellten Fragen sage ich nur soviel:

    1. Wer in ein solches Klage- bzw. Berufungsverfahren geht, kann ich nicht beantworten. Ich kann nur sagen, dass der Kläger dieses Verfahren gewählt hat. Wenn ich den Kommentar von Besserwisser richtig verstehe, ist er offensichtlich auch der Meinung, hier würde fiktive Umsatzsteuer beansprucht werden können. Mithin steht der Kläger mit seiner Meinung nicht so alleine.

    2. Wer an einer solchen Entscheidung hat? Mit Sicherheit der Kläger, sonst hätte er nicht geklagt und Berufung eingelegt.

    3. Sicherlich werden die Versicherer in Zukunft unter Bezugnahme auf dieses BGH-Urteil die Erstattung der Mehrwertsteuer ablehnen. Dieses Ergebnis hätte man aber auch ohne das BGH-Urteil gehabt. Dabei muss aber immer wieder betont werden, dass nur deshalb keine Ust. im Si9nne des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB anfällt, weil ein Erwerb von Privat vorliegt. Wie bereits erwähnt, wäre bei Kauf von einen Händler auf jeden Fall USt. angefallen – und diese wäre dann zu ersetzender Schaden i.S.d. § 249 BGB gewesen. Insofern kann dieses Urteil nur grundsätzliche Bedeutung für Ersatzbeschaffungen von Privat haben – und keine andere weitere Bedeutung.
    Bei jeder Totalschadensabrechnung wird der anwaltlich vertretene Geschädigte gegen die möglicherweise erfolgende Verweisung auf dieses Aktenzeichen sich zu erwehren wissen, da bin ich mir sicher. Das würde ansonsten wieder bedeuten Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
    In diesem Fall wäre dann jeder Totalschäden der Apfel und die Ersatzbeschaffung an Stelle einer möglichen Reparatur die Birne. Dass beides nicht verglichen werden kann, liegt wohl auf der Hand.

    Abschließend will ich noch betonen, ich muss Hunter, wer auch immer er ist, nicht lieb haben, selbst wenn er alle lieb hat, die sich für Geschädigte einsetzen. Seine bisherigen Kommentare habe ich durchaus geschätzt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Euer Willi Wacker

  16. WESOR sagt:

    Ah in Punkt 3 hat sich also der Versicherungstäter versteckt.

    Ja an soviele Hinterlist denken die Wenigsten und Geschädigte schon gleich gar nicht, die sich ein MehrwertsTEUER Auto kaufen.

  17. Hunter sagt:

    @ Henning

    VI ZR 91/04 und VI ZR 312/08 sind schon im Ansatz absolut zweierlei paar Stiefel.

    VI ZR 91/04 war eine Entscheidung zu einem Totalschaden einschl. konkreter Ersatzbeschaffung.

    VI ZR 312/08 ist eine Entscheidung zu einem eindeutigen Reparaturschaden im Rahmen der fiktiven Abrechnung.

    Schon die Schlüsselwörter „konkrete Abrechnung“ bzw. „fiktive Abrechnung“ sind der Grundmaßstab für die Berücksichtigung von MwSt. analog § 249 BGB.

    Fiktive Abrechnung = kein Anspruch auf MwSt
    konkrete Abrechnung = Anspruch auf MwSt

    Wenn der Geschädigte bei einem vorliegenden eindeutigen Reparaturschaden sein Fahrzeug unrepariert verkauft, wird aus dem Sachverhalt „Reparaturschaden“ noch lange keine Totalschadenabrechnung. Lediglich, wenn das Fahrzeug innerhalb von 6 Monaten veräußert wird und der Wiederbeschaffungsaufwand geringer als die Reparaturkosten sein sollte. War es bei dem Sachverhalt zu dem Urteil VI ZR 312/08 aber nicht => also eindeutig eine fiktive Abrechnung eines Reparaturschadens. Und bei diesen Fällen ist die MwSt-Problematik doch wohl eindeutig im BGB geregelt? Keine MwSt, wenn keine anfällt. Gab es bei dem dem gegenständlichen Fall eine konkrete (Reparatur-)Abrechnung => nein. Ist Mehrwertsteuer angefallen => nein! Deshalb war dieses Verfahren schon bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Wer anderer Meinung ist, der hat die MwSt-Klausel des BGB nicht verstanden.

    Bei der Entscheidung VI ZR 91/04 ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Versicherung bei dem verunfallten Fahrzeug einerseits die volle MwSt in Abzug gebracht hatte und andererseits nur die Differenzsteuer bei dem Ersatzfahrzeug erstatten wollte. Wenn man das Urteil genau studiert, stellt man fest, dass der BGH auch den Abzug der vollen MwSt bei einem 4 Jahre alten VW Passat in Frage stellt. Aber wenn schon Totalschadenabrechung, dann Äpfel mit Äpfel vergleichen (= gleiche MwSt-Betrachtung) und nicht Äpfel mit Birnen (= differenzierte MwSt-Betrachtung).

    Der BGH ist in dem Urteil VI ZR 91/04 nach Meinung einiger sehr weit gegangen. Ich gehöre nicht dazu, denn die Entscheidung war jederzeit innerhalb der geltenden Gesetzeslage und die logische Konsequenz rechtsfehlerfreier Anwendung. Denn es ging in der Entscheidung letztendlich „nur“ um den vollständigen Schadensausgleich (Totalreparation).

    Bei der Ersatzbeschaffung im Rahmen einer eindeutigen Totalschadenabrechnung war der BGH der Auffassung, es spiele keine Rolle, ob volle MwSt, Differenzsteuer oder ob keine MwSt im jeweiligen Fahrzeugwert enthalten ist. Der Brutto-Endpreis des jeweiligen Objektes sei der Maßstab.

    Denn, wenn ein Fahrzeug einen Totalschaden erleidet, spielt es beim Wiederbeschaffungswert keine Rolle, welche MwSt im Wert enthalten ist. Wenn es sich bei der sachverständigen Ermittlung um einen effektiven Marktwert handelt, kann das Fahrzeug durchaus mit voller MwSt, mit Differenzsteuer oder ohne MwSt verfügbar sein. Der Brutto-Preis am Markt ist in der Regel immer der Selbe, da Gebrauchtfahrzeuge in der Hauptsache von privater Hand gekauft werden und dem Käufer die Besteuerung deshalb letztendlich egal ist. Ausnahme ist der eine oder andere gewerbliche Gebrauchtfahrzeugkäufer, der möglicherweise einen Vorteil infolge ausgewiesener MwSt verbuchen kann. Das war aber nicht Gegenstand der BGH-Entscheidung. Es ging um einen Geschädigten ohne Vorsteuerabzugsberechtigung. Letzendlich zählt also nur der Endpreis des Fahrzeuges am Markt. Und genau so funktioniert das BGH-Urteil VI ZR 91/04 => Totalreparation durch Erstattung des Brutto-Fahrzeugwertes im Falle der konkreten Abrechnung.

    Der Geschädigte erhält für sein beschädigtes Fahrzeug ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, ohne dass er irgendwelche (steuerlich begründeten) Beträge zuzahlen muss.

    Bei konkreter Ersatzbeschaffung (Privatperson) ist stets der Wiederbeschaffungswert Brutto zu erstatten, egal welche MwSt beim verunfallten bzw. Ersatzfahrzeug enthalten ist. Ansonsten käme es nach einer Ersatzbeschaffung eben nicht zu einem vollständigen Schadensausgleich.

    Der Fehler, den o.a. eindeutigen Reparaturfall gemäß Urteil VI ZR 312/08 an das Totalschaden Urteil des BGH VI ZR 91/04 anzulehen, mag vielleicht einem Anfänger beim AG unterlaufen.

    Aber Profis….. ?

    Übrigens: Meine Fragen sind noch immer unbeantwortet?

  18. Joda Besswerwisser sagt:

    Lieber Hunter,

    es gibt keinen „eindeutigen“ Reparaturschaden, nur einen, bei der nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot der Betrag für Ersatzbeschaffung nicht erstattet wird (Gründe siehe oben). Welcher Betrag dann erstattungsfähig ist, ist die Frage! Eindeutig (und nicht nur wirtschaftlich kann nur eine Reparatur ausgeschlossen werden (§ 251 I BGB).
    Und das mit dem Anfänger nehme ich nur deshalb nicht persönlich, weil dem Hunter offenbar die juristischen Feinheiten der teleologischen Reduktion fremd sind. Mag er sich doch mal die abstimmenden Bundestagsabgeordneten vorstellen,ob die wirklich beim TATSÄCHLICHEN Kauf einmal den vollen Betrag und einmal den Betrag abzüglich Umsatzsteuer bezahlen wollten. Wo verdammt nochmal ist für den Geschädigten der Unterschied? Was, wenn er ein Fahrzeug kauft, das vom Händler über Preis angekauft wurde wegen Neugeschäft. Da fällt auch KEINE Umsatzsteuer an, obwohl Hunter wohl diese zahlen will.

    Bei FIKTIVER Abrechnung kann man das ja schätzen (mit 2 %), aber (zum x-ten Mal) hier ist die Abrechnung konkret!!

    Im letzten Beitrag von Hunter scheint er es verstanden zu haben, dass eben, wenn wirklich Geld ausgegeben wurde § 249 II S. 2 BGB nicht zwingend ist… und erfahrene Leser hatten das damals auch aus BGH VI ZR 91/04 herausgelesen. Zusammenfassend:

    Hunter hat nicht unrecht, seine Meinung ist vertretbar (siehe BGH). Hohe Kunst ist was anderes (hehehe)

    Und dass der BGH immer das Gesetz richtig anwendet, stimmt nicht! 130 %-Rechtsprechung lässt grüßen!!

    Schätze mal Hunter hat was gegen Wiederbeschaffer, aber nicht gegen (zu teuer) reparierende. Eben doch ein Lagerkampf hier.

  19. Hunter sagt:

    @ Joda Besswerwisser

    „es gibt keinen “eindeutigen” Reparaturschaden….“

    => BGH VI ZR 192/05

    „Und das mit dem Anfänger nehme ich nur deshalb nicht persönlich, weil dem Hunter offenbar die juristischen Feinheiten der teleologischen Reduktion fremd sind.“

    Die Spezialisten mit den juristischen Feinheiten der teleologischen Reduktion haben dann offensichtlich das o.a. (völlig unnötige) Urteil ausgelöst. Prima Job, vielen Dank aus dem „Lager“ der Geschädigten.

    Aber um es kurz zu machen => siehe oben

    Wer VI ZR 91/04 mit VI ZR 312/08 vergleicht, hat das Thema verfehlt.

    Und wer´s nach dem o.a. BGH-Urteil und den Hunter´schen Ausführungen dann immer noch nicht verstanden hat – oder nicht wahr haben will => juristisches Aufbau-Seminar buchen. Aber bitte zum Thema Schadenersatzrecht und keines zur teleologischen Reduktion. Dann klappt´s auch mit der „einfachen Kunst“ des BGH.

  20. Willi Wacker sagt:

    @ Hunter 07.11.2009 18.47

    Hallo Hunter,
    mit Deinem Kommentar vom 7.11.2009 hast Du diese Sache nunmehr gut erkärt. Jetzt müßte eigentlich auch der Letzte verstehen, dass es bei dem BGH-Urteil VI ZR 312/08 um einen Reparaturschaden mit fiktiver Abrechnung ging. Die von dem Geschädigten vorgenommene Ersatzbeschaffung (konkrete Maßnahme) war nicht wirtschaftlich und damit auch nicht zu ersetzen. So hat der BGH auch schon entschieden, dass Reparaturen (konkrete Abrechnung) über 130% hinaus unwirtschaftlich sind nicht ersetzt werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dein Willi

  21. Joda Besswerwisser sagt:

    Lieber Willi,genau, und was bekommt man dann?
    Wiederbeschaffungsaufwand ohne Umsatzsteuer?
    NEIN!!!

    Es ist KEINE fiktive Abrechnung, wenn man etwas tut und unstreitig ist was man dafür ausgegeben hat. Konkreter geht es nicht.
    … und wenn man selbst repariert bei 130 % und den Nachweis der fachgerechten Reparatur nicht führt, aber weiternutzt:

    wieder Wiederbeschaffungsaufwand, Umsatzsteuer gibt es nicht, wird aber auch nicht „fiktiv“ abgezogen.

    Einem muss ich Recht geben. Künftig werden das die Schädiger oder die dahinter stehenden Versicherer konsoquent machen, auch wenn sie es (bisher) für falsch hielten).

  22. Willi Wacker sagt:

    Hallo Joda Besserwisser,
    Bereits mit dem Urteil vom 10.7.2007 (BGH DS 2007, 347 m.Anm. Wortmann) hat der BGH entschieden, dass das Gesetz keine Anspruchsnorm für unwirtschaftliche Schadensbeseitigungsmassnahmen kennt. So hat der BGH zu (unwirtschaftlichen) Reparaturen über 30% des Wiederbeschaffungswertes als unvernünfitig bezeichnet und den Geschädigten auf die fiktiven Wiederbeschaffungskosten verwiesen. Obwohl der Geschädigte repariert hatte (konkrete Reparaturmaßnahme) ist er auf fiktive Abrechnung verwiesen worden. Der Geschädigte hatte für die (unsinnige) Reparatur tatsächlich Geld ausgegeben, gleichwohl liegt nur ein fiktiver Schadensabrechnungsfall vor. Sinnlos Geld ausgeben rechtfertigt keine fiktive USt.

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