AG Bochum entscheidet mit einem mehr als kritisch zu betrachtendem Urteil vom 13.12.2016 – 68 C 291/16 – zu den Sachverständigenkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum beginnenden Wochenende stellen wir Euch hier wieder ein mehr als kritisch zu betrachtendes Urteil des AG Bochum vor. Es ging um die Klage eines Geschädigten gegen die zu 100 Prozent haftende Kfz-Haftpfdlichtversicherung. Bei dieser handelt es sich, wie sollte es auch anders sein, um die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G.. Diese hatte bei voller unstreitiger Haftung wieder einmal nicht den vollen Schadensersatz geleistet. Dementsprechend klagte der Geschädigte gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer. So weit so gut. Dass dann das Gericht im Falle der Klage des Geschädigten gegen den Schädiger nicht das einschlägige Revisionsurteil des BGH VI ZR 225/13 angewandt hat, ist schon einmal der erste gravierende Fehler. Mit dem vorbezeicheten Urteil hat der BGH für das Verhältnis Geschädigter zu Schädiger genau die Richtlinien vorgegeben. Weiterhin ist unter Missachtung des § 287 ZPO der vollständige Schadensausgleich gemäß § 249 I BGB abgeschnitten worden. Der Sachverständige in diesem Verfahren hatte seiner Berechnung die Preise der BVSK-Honorarbefragung 2015  zugrunde gelegt, obwohl er noch nicht einmal Mitglied dieses Verbandes ist. Durch die Rechnung hat der Geschädigte dokumentiert, dass das Schadensgutachten zur Feststellung des Schadensumfangs und der Höhe der Wiederherstellungskosten genau diesen Endbetrag kostet, der seinen Schaden darstellt. Nicht entscheidend ist, wie viel Geld braucht es, um ein „vernünftiges Gutachten“ zu erhalten? Ein „vernünftiges“ (was auch immer darunter zu verstehen ist?) kann man unter Umständen auch für 150,– € erhalten. Aber auf diese allgemeine Frage kommt es, wie gesagt nicht an, denn entscheidend ist die subjektive Schadensbetrachtung. Und da hat der Geschädigte durch die Rechnung (Beweis der Inaugenscheinnahme durch das Gericht) den Beweis der für ihn bestehenden Zahlungsverpflichtung dargelegt und bewiesen. Damit steht sein Schaden fest. Und dieser konkrete Schaden ist nach § 249 I BGB auszugleichen. Diese Rechtslage hat das Gericht verkannt. Nicht verzeihlich ist, dass das Gericht schließlich willkürlich die (tatsächlich angefallenen) Fahrtkosten oder die Kosten für Audatex (die dann noch als Restwertermittlung deklariert werden) abgezogen hat. Dem Gericht ist im Rahmen des Schadensersatzprozesses eine Preiskontrolle, auch der Sachverständigenkosten, untersagt (vgl. BGH VI ZR 67/06). So wird durch das Gericht dem Kläger unterstellt, dass er kein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch sei. So zumindest das Ergebnis aus diesem mehr als kritisch zu betrachtendem Urteil. Abschließend wollen wir Euch noch Bemerkungen des Einsenders bekannt geben:

Entweder haben einige Altrichter am Amtsgericht Bochum die Definition der Erforderlichkeit noch nicht gecheckt oder aber versuchen in Absprache und – aus welchen Gründen auch immer – den tätig gewesenen Sachverständigen zu schädigen, ohne zu überdenken, dass der Sachverständige Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist mit allen daraus zu beachtenden Rechtsfolgen, die einem Unfallopfer nicht zum Nachteil gereichen dürfen.

Viele Grüße und ein nicht so sonniges Wochenende ohne große Unwetter
Willi Wacker

68 C 291/16                                                                                       Verkündet am 13.12.2016

Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G., vertr. d. d. Vorstand, Saarlandstr. 25, 44133 Dortmund,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Bochum
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
13.12.2016
durch den Richter am Amtsgericht H.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 48,36 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.07.2016 sowie 41,77 € außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.08.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 31 % und die Beklagte zu 69 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Sachverständigenkosten i. H. v. 48,36 EUR gegenüber der Beklagten gemäß § 115 VVG aus abgetretenem Recht. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger die aus dem Verkehrsunfall vom 11.06.2016 entstandenen Schäden vollständig zu erstatten. An Sachverständigenkosten sind 414,36 Euro zu berücksichtigen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den Finanzbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten gezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten. Der tatsächliche Aufwand bildet freilich (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln, der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen) abhängig gemacht werden. Wahrt der Geschädigte jedoch den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH NJW 2007, 1450). Maßgeblich ist danach, ob sich die von der Klägerin geltend gemachten Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Danach kann ein Geschädigter als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH a.a.O.). Dabei hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen, dass er sich im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes bewegt. Entsprechende Feststellungen kann das Gericht auch im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO treffen (BGH a.a.O.). Das Gericht legt hier die BVSK-Honorarbefragung 2015 zu Grunde. Diese stellt zwar nicht zwingend die übliche Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB dar (BGH NJW 2006, 2472; NJW 2007, 56). Gleichwohl kann diese Befragung nach Ansicht des Gerichts zur Grundlage der richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO machen (vgl. Amtsgericht Bochum, 45 C 205/07, LG Bochum I-9 S 18/16, 03.05.2016; I-9 S 36/16, 03.05.2016). Der BGH hat in der Entscheidung vom 22.07.2014 (NJW 2014, 3151) auch nicht entschieden, dass die BVSK-Honorarbefragung als Schätzgrundlage nicht in Betracht käme. Vielmehr hat der BGH lediglich ausgeführt, dass die Bedenken des Berufungsgerichts gegen die BVSK-Honorarbefragung als Schätzgrundlagen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden seien. Dies beinhaltet keine Entscheidung des BGH darüber, dass die Honorarbefragung grundsätzlich als Schätzgrundlage nicht geeignet ist.
Danach ist das von dem Sachverständigen in der Rechnung vom 27.06.2016 abgerechnete Grundhonorar 285,00 € zu berücksichtigen.

Die Nebenkosten sind wie folgt zu erstatten:

1.  Fotosatz                                               11 Stück á 2,00 EUR     22,00 EUR
2.  Fotosatz                                               11 Stück á 0,50 EUR       5,50 EUR
Schreibkosten Erstausfertigung                  9 Stück á 1,80 EUR     16,20 EUR
Schreibkosten Zweitausfertigung                9 Stück á 0,50 EUR       4,50 EUR
Porto- /Telefonkosten                                                                     15,00 EUR
.                                                                                                      63,20 EUR

Heraus zu rechnen sind die Fahrtkosten, da die Beklagte bestritten hat, dass überhaupt Fahrtkosten angefallen sind. Der Kläger hat schon nicht unter Beweis gestellt, dass entsprechende Kosten bei der Erstellung des Gutachtens angefallen sind. Er trägt die Beweislast für die Entstehung der Fahrtkosten. Die Kosten für die Restwertermittlung sieht die BVSK-Honorarbefragung 2015 als zusätzliche Nebenkosten schon nicht vor. Zudem ist es die Hauptaufgabe des Sachverständigen die Schadenshöhe zu ermitteln. Hierzu gehört auch bei einem Totalschaden die Feststellung des Rest- und Wiederbeschaffungswertes, so dass diese Tätigkeit mit dem Grundhonorar abgegolten ist.
Hinzuzurechnen ist die Mehrwertsteuer i. H. v. 19 % (66,16 € EUR), so dass sich ein Gesamtbetrag i. H. v. 414,36 EUR ergibt. Hierauf hat die Beklagte außergerichtlich 366,00 EUR gezahlt, so dass noch ein Betrag i.H.v. 48,36 € offen steht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsbrechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO). Insbesondere liegen hinsichtlich der Anwendung der BVSK Befragung 2015 aktuelle Entscheidungen des Landgerichts Bochum in mehreren Rechtsstreiten vor.

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10 Antworten zu AG Bochum entscheidet mit einem mehr als kritisch zu betrachtendem Urteil vom 13.12.2016 – 68 C 291/16 – zu den Sachverständigenkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger.

  1. Knurrhahn sagt:

    Bei solchen prozentual relativ geringfügigen Beträgen müsste eigentlich dem Richter schon von vornherein klar sein, dass der pauschale Einwand einer Nichterforderlichkeit bzw. einer erheblichen Überhöhung Schall und Rauch ist. Zwar zitiert der für dieses Urteil verantwortliche Richter den BGH und das u.a. wie folgt:

    “ Maßgeblich ist danach, ob sich die von der Klägerin geltend gemachten Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Das zur Wiederherstellung erforderliche ist ein qualifiziertes, verkehrsfähiges und versicherungsunabhängiges Beweissicherungsgutachten nach den sog. Mindestanforderungen.
    Danach kann ein Geschädigter als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH a.a.O.). “

    Das ist alles zutreffend und leichthin geschrieben, im Ergebnis aber unbeachtet geblieben, denn die Frage der Erforderlichkeit richtet sich in der Verifizierung nicht nach werkvertraglichen Beurteilungskriterien, sondern beschränkt sich auf schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevante Parameter. Allein schon deshalb ist die vergleichende Betrachtung nach einer Honorar“befragung“ verfehlt, denn ein solcher Beurteilungsansatz ist keine Schätzung, sondern eine verbotene Berechnung, wenn man einmal von der Frage absieht, ob es sich insoweit überhaupt um ein zulässiges Beweismittel handelt.

    Der Richter hat auch übersehen, dass allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, die Annahme eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht nicht rechtfertigt, zumal ein Auswahlverschulden regelmäßig nicht unterstellt werden kann.-

    Wenn sich jedoch wie hier, dazu vereinnahmen lässt, als eine Art Rechnungsprüfungsinstitution mit legislativer Ausrichtung zu fungieren, wurde die tatsächliche Aufgabenstellung wohl nicht verstanden.
    Außerdem hätte beachtet werden müssen, dass die Rechtsfolgen aus der Position des Sachverständigen, der nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist, dem Unfallopfer nicht zum Nachteil gereichen dürfen. Bezüglich der gesetzlichen Schadenersatzverpflichtung wurde u.a. der § 249 S.1 BGB ebenso ignoriert, wie nach Maßgabe des BGH, dass das Gericht nicht befugt ist, einen gerechten Preis festzulegen. Auch dem hinreichend bekannten Grundsatzurteil des BGH aus Februar 2014 wurde die Beachtung versagt. Alles in Allem schon mit legislativer Ausrichtung eine sehr merkwürdige Interpretation für die richterlicherseits unabhängig zu erledigende Aufgabenstellung zur Verifizierung der gesetzlichen Schadenersatzverpflichtung.

    Knurrhahn

  2. G.v.H. sagt:

    Hallo, Willi,
    der Trick für das angestrebte Ergebnis liegt im Folgenden begründet:
    Zunächst wird der BGH selektiert zitiert, ohne diesen Erkenntnissen jedoch zu folgen und dann kommt der dreiste Schwenk auf die vermeintliche Schätzungsnotwendigkeit durch den besonders freigestellten Tatrichter.
    Nicht unbedingt kreativ, überzeugend und schlüssig, jedoch zur gewünschten Abschreckung vielfach wirkungsvoll. Sucht man in den Entscheidungsgründen nach dem Ort dieser Weichenstellung, so findet man diese wohl in den nachfolgenden Passagen:

    1. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH a.a.O.).

    Anmerkung: Schon ein Widerspruch in sich, wie ich meine, zumal diese Überlegung des BGH bereits in der Vergangenheit als nebulös abgestempelt worden ist und nach dem Gang der Dinge kann es sich dabei wohl auch nur um einen Prozess unter werkvertraglichen Gesichtspunkten handeln und nicht um eine schadenersatzrechtliche Auseinandersetzung, wie hier.-

    2. Dabei hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen, dass er sich im Rahmen des erforderlichen Herstellungsaufwandes bewegt. Entsprechende Feststellungen kann das Gericht auch im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO treffen (BGH a.a.O.).

    Anmerkung: „Entsprechende Feststellungen“ kann das Gericht eben nicht durch eine Schätzung gemäß § 287 ZPO treffen, denn dafür ergibt sich keine schlüssige Veranlassung und…., weil Schätzen eben nicht Berechnen mit prüfender und vergleichender Charakteristik ist.
    Allerdings erfüllt der Geschädigte diese ihm zu Recht auferlegte Verpflichtung bereits durch die vorgelegte Rechnung , unabhängig davon, ob bezahlt oder unbezahlt, denn allein schon von der Logik ist es schadenersatzrechtlich nicht ausreichend tragfähig , die sog. Indizwirkung nur auf eine bezahlte Rechnung abzustellen, zumal die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung regelmäßig schon einen Großteil der angefallenen Gutachterkosten reguliert hat.

    Beweisanforderungen an die Beklagtenseite sind offenbar bei einer solchen Handhabung in den Augen des Gerichts nicht veranlasst, abgesehen davon, dass solche konkret allein deshalb nicht erfolgen könnten, weil substantiell nicht verfügbar und somit schadenersatzrechtlich auch nicht erheblich.

    Der Geschädigte erbringt regelmäßig den angesprochenen Beweis durch das vorgelegte Sachverständigengutachten, denn ein solches ist als erforderlich zuzugestehen. Die Übertragung auf die Erforderlichkeit zur Kostenhöhe ist zwar ein genialer Trick, der sich jedoch bei näherem Hinsehen als Mogelpackung erweist vor dem Hintergrund, dass es nicht die Aufgabe eines Gerichtes ist, einen gerechten Preis festzuschreiben und als Schadenersatz zuzubilligen. Daher auch das Überprüfungsverbot des BGH und zwar auch vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist. Es würde aber auch keinen Sinn machen vor dem Hintergrund, dass der BGH postuliert hat, dass selbst „überhöhte“ Gutachterkosten der Schadenersatzverpflichtung unterliegen, denn 100% Haftung gehen selbstverständlich auch mit 100% Schadenersatz einher und so nimmt es nicht Wunder, dass beurteilungsrelevante Beurteilungskriterien (mindestens 6) für die bestehende Schadenersatzverpflichtung einfach ausgeblendet werden, denn nur dann bleiben – zumindest für den Laien – die Entscheidungsgründe
    weniger auffällig. Fragt sich unbeschadet dessen dennoch, wo die gesetzliche Grundlage für eine solche ex post Zubilligung von Schadenersatz zu finden sein sollte. Urteile dieser Art sind von rechtsbeugender Charakteristik geprägt und ebenso beschränkt auf eine Willkürhandlung, wie die Versagung der Berufung mit
    einer kaum tragfähigen „Begründung“ und der Missachtung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Thematik.

    G.v.H.

  3. Bodo B. sagt:

    Hi, Willi,
    da scheint sich ja am AG Bochum das Faustrecht eine Gasse der Verunsicherung und Abschreckung zu bahnen zu. Generell ist mir jedoch noch aufgefallen , dass es da in der Diktion merkwürdige bewertende Füllbegriffe gibt, wie beispielsweise in dem folgenden Satz: „Danach kann ein Geschädigter als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.“

    Natürlich!- Jedoch ist „nur“ m.E. dabei vollkommen überflüssig, denn Schadenersatz geht nicht zu 150 %, sondern bei voller Haftung immer nur zu 100 %. Dieses „nur“ signalisiert bereits eine noch nicht weiter verdeutlichte Kürzungsabsicht, die schadenersatzrechtlich verboten ist.
    Bodo B.

  4. Katrin v. T. sagt:

    Hallo,G.v.H. ,
    da stecken noch manche andere ekelige Zecken im Lämmchenfell, wenn auch auf den ersten Blick nicht erkennbar. Ich zeige mal auf: „Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger die aus dem Verkehrsunfall vom 11.06.2016 entstandenen Schäden vollständig zu erstatten.“
    Und dann wird dazu auf das abgestellt, was der Richter als entstandene Schäden normativ ex post ansieht. So kommt es zu einer willkürlich gefärbten Einzelfallentscheidung und insoweit kann Subjektives nicht objektiviert werden. Der Versuch des Richters, den Schadenersatz unabhängig vom individuellen Schaden des Geschädigten zu bestimmen verstößt nicht nur gegen § 249 S.1 BGB, sondern ist logisch und damit notwendig auch sachlich unmöglich. Einen vom Schaden unabhängigen Schadenersatz und einen anderen Bewertungsmaßstab des Schadenersatzes als den des eingetretenen Schadens gibt es nicht. „Richtpreise“ von Verbandsbefragungen sind weder objektiv, noch haben sie etwas mit dem zu ersetzenden Schaden. Sie basieren auf subjektiven Visionen unter Üblichkeitserwägungen und sind schadenersatzrechtlich unerheblich.
    Katrin v. T.

  5. HR sagt:

    Es hat -auch am Rande des Bermudadreiecks- alles seine Zeit.-
    HR

  6. Coburger Lumpensammler sagt:

    Vergleicht man einmal die Negativurteile des AG Bochum, so ist übereinstimmend der hastige Griff nach dem § 287 ZPO unverkennbar. Die Gründe dafür sind aus den Ergebnissen abzulesen.
    Es fragt sich jedoch, ob es rechtsdogmatisch überhaupt gerechtfertigt war, hier im konkreten Fall eine Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen.
    Immerhin hatte der Geschädigte eine Rechnung vorgelegt. Mit dieser Rechnung hat er bewiesen, dass ihn eine Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung in Höhe des Rechnungsbetrages trifft.
    Die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung ist als Schaden anerkannt (vgl. Offenloch ZfS 2016, 244, 245 Kap. 2 mit Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung). Dieser ist dann über § 249 I BGB im Rahmen der Naturalrestitution zu ersetzen.

    Selbst wenn aber das Gericht unbedingt § 287 ZPO anwenden will, so hätte es diesen als Darlegungs- und Beweiserleichterung zugunsten des Geschädigten anwenden müssen, denn § 287 ZPO gibt dem Gericht keine Berechtigung, einen insoweit dokumentierten, also konkreten Schaden, im Nachhinein zu minimieren, indem in vertragliche Ansprüche eingegriffen wird.

    Soweit die Beklagte hiergegen Einwendungen der hinreichend bekannten Art erhoben hat, hatte das Gericht über die Begründetheit dieser keine Entscheidung zu treffen, denn der Beklagten als Haftpflichtversicherung der Schädigerin war es verwehrt, sich gegenüber dem Geschädigten und damit vorliegend auch gegenüber dem Kläger, welcher den abgetretenen Anspruch des Geschädigten gegenüber der Beklagten geltend macht, auf eine vermeintliche Überhöhung bzw. auf eine behauptete Nichterforderlichkeit der abgerechneten Sachverständigenkosten zu berufen (Oberlandesgerichts Naumburg mit Urteil vom 20.01.2006, Geschäftsnummer: 4 U 49/05, AG Bitterfeld-Wolfen in ständiger Rechtsprechung ,wie z.B. mit Urteil vom 12.05.2016, Geschäftsnummer: 7 C 103/16).
    So übrigens auch AG Darmstadt, wie aktuell auf captain-huk.de veröffentlicht:

    „Darauf, ob die Rechnung des Sachverständigen aus sachverständigenvertragsrechtlichen Gründen überhöht ist, kommt es vorliegend nicht an. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist erstattungsfähig, was „dem wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint“ (BGH NJW 2007, 1450 ff). Dabei ist im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auf die „spezielle Situation“ des Geschädigten und seine individuellen Einfluss- und Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH a.a.O.). Preisvergleiche sind dem Geschädigten in diesem Bereich regelmäßig nicht zuzumuten (OLG Nürnberg SP 2002, 358; OLG Naumburg a.a.O.). Überhöhte Rechnungen des Sachverständigen sind dem Geschädigten daher grundsätzlich zu erstatten (BGH a.a.O.), da der Sachverständige nicht etwa Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sondern des Schädigers ist und etwaige Fehler des Sachverständigen demzufolge gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB dem Schädiger zuzurechnen sind (OLG Naumburg a.a.O. und OLG Nürnberg a.a.O.).“

    Entscheidungsgründe dieser Art paßten jedoch nicht zur Zielvorstellung dieses Richters.-

    COBURGER LUMPENSAMMLER

  7. Wildente sagt:

    Bereits das AG Saarlouis hat mit grundlegenden Betrachtungen von schadenersatzrechtlicher Bedeutung das Verhalten der hier Beklagten in dem Urteil vom 18.03.2015 -26 C 419/14 (11) äußerst qualifiziert u. a. wie folgt abgehandelt:

    „B) Zur Höhe der Abrechnung und des hierauf gestützten Schadensersatzanspruchs:

    Zunächst einmal ist es ohne einen Kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 171 2007, 455 = DS 2007, 144).“
    Und weiter :
    „Soweit die Beklagte und auch die Berufungskammer des Landgerichtes Saarbrücken zu einzelnen Nebenkostenpositionen niedrigere Einzelkostenansätze für marktüblich erachten und hieraus die Befugnis zur Rechnungskürzung ableiten, ist dies nach Auffassung des erkennenden Gerichtes im vorliegenden Fall weder mit Blick auf die Erforderlichkeit unter Einbeziehung einer subjektbezogenen Betrachtungsweise noch viel weniger im Falle einer unterstellten Kostenüberhöhung mit Blick auf ein von der Beklagten darzulegendes Mitverschulden gemäß § 264 BGB zu rechtfertigen. Bereits vom Ansatz her verfehlt ist es im Zusammenhang mit Prüfung der Erforderlichkeit der Schadensersatzhöhe, die Preisansätze einzelner Nebenkostenabrechnungsunterpositionen zu überprüfen, ohne zunächst einmal die Erforderlichkeit des Gesamthonorars zu prüfen. Denn zum einen ist die Festlegung der Preisstruktur Sache der Vertragsparteien und unterliegt in der Regel keiner Kontrolle durch die Gerichte, sondern alleine derjenigen des Marktes (vergleiche BGH an angegebenen Ort).
    Was das bedeutet, kann jeder qualifizierte Jurist nachvollziehen und ich glaube nicht daran, dass das bei den Richtern im Ruhpott anders ist.-
    Wildente

  8. J.M.C. sagt:

    Hei, Willi,
    wenn das Gericht hier in vermeintlich richtiger Auslegung des § 287 ZPO auf die „Befragung“ eines Berufsverbandes abstellt, die der Geschädigte nicht kennen und der Sachverständige maßstäblich nicht anwenden muss, ist das bereits für die Überlegungen des Richters sehr aufschlussreich. Offensichtlich ist darüber hinaus dieser Honorarbefragung die Funktion einer Gebührenordnung zugedacht worden bei nicht durchgeführter Gesamtkostenbetrachtung und trotz Vorlage einer rechtsgültigen Honorarvereinbarung.
    Schlimmer ist es am Amtsgericht in Coburg auch nicht.-
    J.M.C.

  9. LUPUS sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    seit wann und auf welcher Gesetzesgrundlage darf ein Gericht, das über Schadenersatzansprüche zu befinden hat, dem vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen vorschreiben und unter Mißachtung des Grundgesetzes nötigen nur die subjektiv vom zuständigen Richter angedachten Abrechnungsmodalitäten als erforderlich berücksichtigen zu dürfen und ihm damit auch noch rufschädigend zu unterstellen unseriös und teilweise nicht erforderlich abgerechnet zu haben mit der Maßgabe, das nur das erforderlich sei, was einer von 6 Berufsverbänden der Kfz-Sachverständigen mit max. 6 % Mitgliedern mit Durchschnittswerten als vermeintlich angemessen und üblich deklariert hat ? Ein absolutes NO GO ! Die Anmaßung von Aufgabenstellungen, welche dem Gesetzgeber vobehalten sind, ist in richterlicher Selbstüberschätzung verfehlt und rechtsbeugend.
    LUPUS

  10. Iven Hanske sagt:

    #H.R. Bermudadreieck ist die von den Versicherungen und Gerichten gestreute Klarstellung, das du unerklärlich verlierst. Da liegen, durch gekaufte Juristen, schon so viele unschuldige Opfer, ekelerregend! Gott straft nicht mit dem Knüppel, ist aber angeblich alt und entsprechend langsam;-)

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