AG Emden verurteilt DEVK zur Zahlung vollen zugesagten Schadensersatzes mit Urteil vom 23.5.2013 – 5 C 135/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend gebe ich Euch ein hochinteressantes Urteil aus Emden  gegen die DEVK-Versicherung  bekannt. Die DEVK hatte zuerst eine Haftungszusage erteilt und dann einen Rückzieher gemacht. Ist nicht, hat das Gericht aber dann entschieden. So kann es kommen, wenn man mit „Husch-Husch-Regulierung“ die Anwälte und Gutachter auszuschalten versucht. Der zuständige Amtsrichter ließ sich nicht aufs falsche Gleis führen. Die Zahlungsklage hatte in vollem Umfang Erfolg. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht
Emden

5 C 135/13                                                                          Verkündet am 23.05.2013

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des …

– Klägers –

gegen

1. Firma DEVK Allgemeine Versicherungs AG, vertr. d. d. Vorstand Friedrich W. Gieseler u.a., Von-Steuben-Straße 14, 48143 Münster,

– Beklagten –

hat das Amtsgericht Emden auf die mündliche Verhandlung vom 25.04.2013 durch den Richter am Amtsgericht … am 23.05.2013
für Recht erkannt:

Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger € 2.139,24 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12.01.2013 zuzüglich € 204,20 an außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 03.03.2013 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreites.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf € 2.139,24 festgesetzt

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

Am xx.10.2012 kam es gegen xx.00 Uhr in Emden im Kreuzungsbereich Abdenastrasse / Boltentorstrasse zu einem Verkehrsunfall, an welchem die Ehefrau des Klägers mit einem Opel Meriva, amtliches Kennzeichen: … , und der seinen bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW Audi 80, amtliches Kennzeichen:… , fahrende Zweitbeklagte beteiligt waren.

Durch diesen Verkehrsunfall entstand am Opel Meriva ein Sachschaden i.H.v. € 2.811,70 sowie eine Wertminderung i.H.v. € 200,00.

Mit Schreiben vom 23.10.2012 teilte die Erstbeklagte dem Kläger mit, dass die Haftung geklärt sei und sie die Haftung übernehme. Überdies erteilte sie mit einem weiteren an den Kläger gerichteten Schreiben vom gleichen Tage eine Reparaturfreigabe.

Der Kläger begehrte außergerichtlich neben dem Ausgleich des Sachschadens und der Wertminderung eine Nutzungsausfallentschädigung für vier Tage i.H.v. € 172,00, eine Auslagenpauschale i.H.v. € 25,00 sowie den Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i.H.v. € 359,50 von den Beklagten. Die Erstbeklagte zahlte insoweit € 1.069,46 bzw. € 155,30 an den Kläger.

Der Kläger verlangt nunmehr den Ausgleich seiner restlichen Forderungen und beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger € 2.139,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 12.01.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 204,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass der Opel Meriva im Eigentum des Klägers stand und eine über einen 1/3- Anteil hinausgehende Haftung ihrerseits.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hatte in der Sache vollen Erfolg.

I.

Die Beklagten sind unabhängig von einer etwaigen Alleinhaftung ihrerseits nach den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG bereits auf Grund ihres (deklaratorischen) Schuldanerkenntnisses vom 23.10.2013 i.V.m. den §§ 311 Abs. 1, 241 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG – hinsichtlich der Erstbeklagten i.V.m. § 115 Abs.1 Ziffer 1 VVG i.V.m. den §§ 1 ff. PflichtVG – verpflichtet, dem Kläger die streitbefangenen Ersatzleistungen i.H.v. insgesamt noch ausstehenden € 2.134,24 zuzüglich weiterer € 204,20 an unbeglichenen Rechtsverfolgungskosten zu erbringen.

1. Das vertraglich bestätigende (deklaratorische) Schuldanerkenntnis ist als ein im BGB nicht geregelter Vertragstyp neben dem konstitutiven Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB und einem Anerkenntnis, das keinen rechtsgeschäftlichen Willen verkörpert, allgemein anerkannt (vgl. nur BGHZ 66, S. 250 ff.; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl. 2012, § 781 BGB Rz. 3; Prütting/Buck-Heeb, BGB, 7. Aufl. 2012, § 781 BGB Rz. 9, jeweils m.w.N.).

a). Während das nicht rechtsgeschäftliche Anerkenntnis lediglich dem Zweck dient, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen oder ihm den Beweis zu erleichtern und daher (allenfalls) eine Umkehr der Beweislast bewirkt, soll bei einem konstitutiven Schuldanerkenntnis gemäß § 781 BGB eine vom bestehenden Schuldgrund unabhängige neue selbständige Verpflichtung geschaffen werden (vgl. BGH, WM 1976, S. 689). Dem gegenüber hebt das bestätigende (deklaratorische) Schuldanerkenntnis den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage, sondern verstärkt diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes dadurch, dass dieser insgesamt – oder zumindest in bestimmten Beziehungen – dem Streit oder der Ungewissheit entzogen und (insoweit) endgültig festgelegt wird. Zugleich wird beim bestätigenden Schuldanerkenntnis regelmäßig die Verwirklichung der Forderung von möglicherweise bestehenden Einwendungen oder Einreden befreit (vgl. hierzu BGH, NJW 1963, S. 2316; OLG Frankfurt, OLGR2009, S. 362 f.).

b). Hat der Schuldner eine Schuld anerkannt, ist deshalb ausgehend vom Wortlaut der Erklärung durch Auslegung zu ermitteln, welche Wirkungen von diesem Anerkenntnis ausgehen und welche Reichweite dieses hat. Bei der Ermittlung des zum Ausdruck gebrachten Parteiwillens ist dabei auf den erkennbar mit dem Anerkenntnis verfolgten Zweck, die beiderseitige Interessenlage im konkreten Fall und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses abzustellen (vgl. hierzu u.a. BGH, NJW 1999, S. 418).

c). Nach einer unter diesen Grundsätzen vorgenommen Auslegung gab die Erstbeklagte – zugleich nach § 125 Abs. 2 VVG auch für den Zweitbeklagten – mit der Anzeige der Haftungsübernahme mit Schreiben vom 23.10.2012 und der am gleichem Tage gesondert erfolgten Reparaturfreigabe ein solches deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ab.

Denn unter den konkreten Umständen hatten die Parteien zu diesem Zeitpunkt einen besonderen Anlass für den Abschluss eines schuldbestätigenden Vertrages. Vor den benannten Erklärungen der Erstbeklagten bestand nämlich zumindest eine subjektive Ungewissheit über das Bestehen und die Höhe einer Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall vom 14.10.2012 (vgl. hierzu BGH, NJW 1995, S. 960 f.), da nicht feststand, ob – und mit welchem Haftungsanteil – die Erstbeklagte den unfallbedingten Schaden des Klägers regulieren werde. Zum Zwecke der Prüfung der Anspruchsberechtigung des Klägers forderte die Erstbeklagte daher vom Kläger am 15.10.2012 einen Fragebogen an, welcher ihr – wie auch ein Kostenvoranschlag vom 16.10.2012 – vor dem 23.10.2012 wieder zuging. Ausweislich der Reparaturfreigabe mit Schreiben vom 23.10.2012 holte die Erstbeklagte sodann einen Prüfbericht ein, bevor sie am 23.10.2012 dem Kläger mitteilte, dass „die Haftung in diesem Schadensfall (…) geklärt“, also die zuvor bestehende Unsicherheit in dieser Frage beseitigt ist. Sodann erklärte die Erstbeklagte, dass sie den unfallbedingten Schaden regulieren werde und bat diese den Kläger um Rückruf, Mitteilung seiner Bankverbindung und Beantwortung der Frage, ob die Mehrwertsteuer abgesetzt werden könne. Schon ohne Berücksichtigung der mit Schreiben vom gleichem Tage gesondert erteilten Reparaturfreigabe (verbunden mit der abermaligen Bitte um Mitteilung seiner Bankverbindung) kann dieses Verhalten der Erstbeklagten unter Beachtung des Empfängerhorizonts aber nur dahin verstanden werden, dass sich die Erstbeklagte bezüglich ihrer Ersatzverpflichtung in der Weise bewusst festgelegt hat, dass die Haftungsfrage abschließend in der Weise geklärt werden sollte und sie mithin insoweit keine Einwendungen mehr erheben wollte, die ihr zu dieser Zeit bekannt waren oder mit denen sie zumindest rechnen musste (vgl. hierzu BGH, NJW 1973, S. 39; OLG Frankfurt, OLGR 2009, S. 362 f.), also dass sie die Haftungsfrage – und auch die Anspruchsberechtigung des Klägers – für die Zukunft, d. h. im Zuge der weiteren Schadensabwicklung dem Streit entziehen wollte.

d). Diese Leistungszusage, die rechtlich als Angebot auf Abschluss eines kausalen Schuldanerkenntnisvertrages zu qualifizieren ist, konnte der Kläger nach § 151 BGB annehmen. Daran, dass er dies jedenfalls spätestens mit Zusendung der Reparaturrechnung vom 13.11.2012 tat, bestehen schon deshalb keine Zweifel, weil die Erstbeklagte ihm eine vollständige Haftungsübernahme dem Grunde nach zugesagt hat.

e). Entsprechend müssen sich die Beklagten an dieses Schuldanerkenntnis festhalten lassen, so dass sie mit ihren Beanstandungen zum Haftungsumfang und zur Anspruchsberechtigung des Klägers ausgeschlossen sind.

f). Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Kläger Eigentümer des unfallbeteiligten PKW Opel Meriva war, ob die Ehefrau des Klägers den Verkehrsunfall mitverschuldete oder ob dem Kläger insoweit eine Mithaftung wegen der von dem Opel Meriva ausgehenden Betriebsgefahr zuzurechnen wäre.

2. Da zugleich die vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen sowohl hinsichtlich ihrer Unfallursächlichkeit als auch in der Höhe unstreitig sind, haben die Beklagten daher dem Kläger unfallbedingte Schäden in einer Gesamthöhe von € 3.208,70 auszugleichen. Außergerichtlich haben sie jedoch bislang insoweit erst € 1.069,46 geleistet, so dass sie noch weitere € 2.139,24 zu zahlen haben.

3. Die diesbezügliche Zinsentscheidung begründet sich dem Grunde nach aus § 286 Abs. 1 S. 1 BGB und der Höhe nach aus § 288 Abs. 1 BGB.

4. Zudem haben die Beklagten die dem Kläger unstreitig hierneben entstandenen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. € 359,50 zu ersetzen. Da sie hierauf erst € 155,30 gezahlt haben, sind diesbezüglich noch € 204,20 nebst den gesetzlichen Zinsen auszugleichen.

5. Entsprechend war zu entscheiden wie entschieden wurde.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergingen nach den §§ 91 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 709 ZPO bzw. § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

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