AG Frankfurt am Main verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten und verwirft das Gesprächsergebnis als Schätzgrundlage mit Urteil vom 1.12.2011 – 32 C 1014/11 (88) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

von München dann weiter nach Frankfurt. Hier musste sich der Amtsrichter der 32. Zivilabteilung des AG Frankfurt/Main mit gekürzten Sachverständigenkosten auseinandersetzen. Die von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung bevorzugte Schätzgrundlage, nämlich das Gesprächsergebnis der HUK-Coburg mit dem BVSK,  wurde zu Recht vom Gericht abgelehnt. Allerdings hätte die Ablehnung auch darauf gestützt werden können, dass es sich um eine Sondervereinbarung mit einer Haftpflichtversicherung handelt. Bezüglich der Höhe der Sachverständigenkosten bezieht sich der Amtsrichter auf das auch hier bekannt gegebene Urteil des LG Frankfurt vom 5.5.2011. Dort waren Sachverständigenkosten von bis 25 Prozent der Nettoreparaturkosten als „angemessen“ erachtet worden.   Der Amtsrichter schreibt zwar ins Urteil, dass ein Preiskontrolle nicht statt findet, übt aber selbst eine derartige Kontrolle aus.  Lest selbst und bildet Eure Meinungen, die ihr dann bitte kund tun wollt.

Viele Grüße und noch eine sturmfreie Adventszeit
Euer Willi Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main                         Verkündet – lt. Prot. – am:
Aktenzeichen: 32 C 1014/11 (88)                    01.12.2011

Im Namen des Volkes
Urteil

in dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger

Kläger

gegen

Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg (HUK-Coburg) VaG, vtr.d.d. Vorst. Rolf-Peter Hoenen, Lyoner Str. 10, 60528 Frankfurt

Beklagte

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch den Richter am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2011 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 248,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 sowie weitere 39,00 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 97% und der Kläger 3% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit der Klage verlangt der Kläger aus abgetretenem Recht von der Beklagten die Zahlung von 255,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 39,00 EUR. Es geht um die Rechnung … vom 12.01.2011 über 399,84 EUR, auf die die Beklagte einen Betrag von 144,00 EUR entrichtet hat.

Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten in der Hauptsache die Zahlung weiterer 248,28 EUR verlangen.

Der Kläger ist aktivlegitmiert.

Die Abtretungserklärung ist wirksam, da sie sich auf eine konkrete Forderung, nämlich den Reparaturaufwand (bzw. in Totalschadensfällen den Wiederbeschaffungswert) bezieht. Soweit sie sich auf die vollen Reparaturkosten bezieht, ist dies unschädlich, weil es dem berechtigten Interesse des Gutachters entspricht und nicht überraschend ist, dass der Gutachter seine Kosten auch für den Fall der Mithaftung seines Kunden in vollem Umfang absichern will. Anders wäre es möglicherweise dann, wenn man davon ausginge, dass die Gutachterkosten vom Unfallgegner stets in vollem Umfang zu ersetzen sind. Diese Ansicht hat sich jedoch – bislang jedenfalls – nicht durchgesetzt. Soweit der Kläger allerdings davon ausgeht, dass aufgrund der Abtretungsklausel auch die Frage der Angemessenheit seiner Rechnung offenbleiben könne, ist ihm nicht zu folgen. Eine so verstandene Abtretungsklausel wäre für den Geschädigten überraschend, weil sie wirtschaftlich zu seinen Lasten gehen könnte, und daher unwirksam (§ 305c I BGB).

Soweit die Beklagte bestreitet, dass der Kunde des Klägers seinen Schadensersatz habe abtreten wollen, handelt es sich um ein Vorbringen ins Blaue hinein, so dass dem diesbezüglichen Beweisantritt nicht nachzugehen war.

Für die Bestimmung der Höhe der angemessenen Gutachterkosten als Teil des erstattungsfähigen Schadens liegt ein allgemein anerkannter Maßstab nicht vor. Gegen die vom Gericht zunächst favorisierte BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 (Regionalauswertung PLZ-Bereich 6) hat die Beklagte unter Beweisantritt substantiierte Angriffe vorgetragen und auch der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Tabelle BVSK keine geeignete Schätzgrundlage sein könne. Dieser Auffassung der Parteien schließt sich das Gericht an.

Soweit die Beklagte sich auf das Gesprächsergebnis 2009 zwischen ihr und dem BVSK beziehen will, steht dem entgegen, dass das Gespräch wegen des kleinen Teilnehmerkreises keinen verallgemeinerungsfähigen Maßstab darstellt (vgl. Landgericht Frankfurt am Main Urteil vom 13.05.2011, Az. 2-01 S 351/09). Auf die Befragung des von der Beklagten angebotenen Zeugen Fuchs kam es daher nicht an.

Eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens würde – wenn man das Gutachten auf eine hinreichend breite Basis stellen wollte – einen Aufwand erfordern, der außer Verhältnis zum hiesigen Streitwert steht.

Das Gericht schließt sich daher der Rechtsprechung der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main an, die eine pauschale Schätzung vornimmt und bei Reparaturkosten bis 3.000 EUR ein Honorar, das 25% der Höhe der Reparaturkosten (Nettowerte) nicht überschreitet als angemessen erachtet (Urteil vom 05.05.2011, Az. 2-24 S 224/10). Das Gericht verkennt nicht, dass eine detaillierte Herleitung des Wertes durch die Kammer offenbar nicht erfolgt ist. Eine gewisse Schwankungsbreite wohnt gerichtlichen Schätzungen im Rahmen des § 287 ZPO jedoch inne, so dass mangels eigener besserer Erkenntnisgrundlagen kein Anlass besteht, eine abweichende Pauschale als angemessen zu erachten. Hinzu kommen die Sachkosten.

Dies führt im vorliegenden Fall bei Reparaturkosten von 982,60 EUR zu einem Grundhonorar von 245,65 EUR (netto). Soweit die klägerische Rechnung diesen Betrag – wenn auch nur knapp um 6,35 EUR (Summe 252,00 EUR) – überschreitet, sind im Interesse der Rechtsklarheit Abstriche zu machen.

Für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich ist die Frage, wie der Kläger das Grundhonorar im Einzelnen spezifiziert hat. Eine Preiskontrolle findet grundsätzlich nicht statt. Es geht lediglich um die Frage der Angemessenheit der Kosten, die die danach zu beantworten ist, ob sich das Grundhonorar insgesamt im Rahmen des Angemessenen bewegt, wobei die Angemessenheit anhand der Pauschalbetrachtung (bis zu 25% der Höhe der Reparaturkosten) beurteilt wird.

Im vorliegenden Fall kommen zum Grundhonorar von 245,65 EUR (netto) die im Ergebnis nicht zu beanstandenden Sachkosten von 50,00 EUR, 12,00 EUR, 6,00 EUR und 16,00 EUR hinzu, so dass sich ein Gesamtbetrag von 329,65 EUR ergibt, der sich zuzüglich Mehrwertsteuer (62,63 EUR) auf 392,28 EUR beläuft. Abzüglich gezahlter 144,00 EUR verbleiben 248,28 EUR.

Soweit die Klage in der Hauptsache über diesen Betrag hinaus geht, ist sie unbegründet.

Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten in dem jeweils geltend gemachten Umfang schuldet die Beklagte aus dem Rechtsgrund des Verzuges (§§ 280, 286 I 1, 288 I BGB), wobei als Verzug begründendes Ereignis die Mahnung vom 27.01.2011 zu sehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO. Die Bestimmung des § 92 II Ziff. 1 ZPO kam im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Die Parteien streiten im Detail miteinander. Deshalb sollte auch die Kostenentscheidung detailgetreu ausfallen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 713 ZPO.

Ein Anlass, die Berufung zuzulassen, besteht nicht. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und es geht auch nicht um die Fortbildung des Rechts. Eine Abweichung zu obergerichtlicher Rechtsprechung ist in der Hauptsache nicht ersichtlich und innerhalb der Instanzgerichte werden – auch von den Berufungskammern – unterschiedliche Ansichten vertreten.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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