LG Hannover ändert versicherungsnahes Urteil des AG Hannover ab und spricht restliche, abgetretene Sachverständigenkosten mit lesenswertem Berufungsurteil vom 20.5.2016 – 10 S 21/15 – zu.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

nach dem Anerkenntnisschreiben der HUK-COBURG, das wir Euch heute mittag hier im Blog vorgestellt hatten, veröffentlichen wir für Euch heute auch noch ein Berufungsurteil des LG Hannover im Rechtsstreit um restliche Sachverständigenkosten, die die VHV Versicherung nicht regulieren wollte. Während der Erstrichter noch die vorgenommenen Kürzungen bestätigt hatte, hat die Berufungskammer – zu Recht – die VHV auf die bestehende Rechtslage hingewiesen. Damit hat die Berufungskammer des LG Hannover der versicherungsnahen Entscheidung des AG Hannover eine klare Absage erteilt. Zu Recht hat die Berufungskammer auch darauf hingewiesen, dass die beklagte VHV Versicherung nicht rechtlos ist, wenn sie zur vollen Schadensersatzleistung verurteilt wird. Sie kann den Vorteilsausgleich suchen (vgl. Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.). Lest aber selbst das positive Berufungsurteil zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) gegen die VHV Versicherung und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Landgericht
Hannover

Im Namen des Volkes

Urteil

10 S 21/15                                                                        Verkündet durch Protokoll vom 20.05.2016
524 C 5196/15

In dem Rechtsstreit

Deutsche Verrechnungsstelle AG, vertreten durch den Vorstand Sven Ries und Jan Pieper, Schanzenstr. 30, 51063 Köln

– Klägerin und Berufungsklägerin –

gegen

VHV Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden, VHV-Platz 1, 30177 Hannover

– Beklagte und Berufungsbeklagte –

hat das Landgericht Hannover – 10. Zivilkammer – durch den Richter am Landgericht Dr. W., den Richter am Landgericht Dr. L. und die Vorsitzende Richterin am Landgericht F. auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2016 für Recht erkannt:

1.     Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. Oktober 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover (524 C 5196/15) wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 142,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.     Die Kosten der I. Instanz tragen die Klägerin zu 13 Prozent und die Beklagte zu 87 Prozent. Die Kosten der II. Instanz trägt die Beklagte.

3.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.     Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 142,93 Euro festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin betreibt eine anwaltliche Verrechnungsstelle und macht aus abgetretenem Recht nicht regulierte Restansprüche aus einem Unfallgeschehen vom 09. März 2015 in Dortmund geltend, die nach Beauftragung eines KFZ-Sachverständigen von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des allein unfallverursachenden Gegners nicht erstattet worden sind. In Höhe von 29,75 Euro (Fahrtkosten) verfolgt sie ihren Anspruch in der Berufung nicht mehr.

Sie ist der Ansicht, das Amtsgericht habe die Darlegungs- und Beweislastverteilung verkannt und bei der Bewertung des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrages zu Unrecht die Verwertbarkeit der BVSK-Befragung 2013 und damit die Marktüblichkeit der streitbefangenen Sachverständigennebenkosten verneint. Daneben seien Pauschalen für Schreib-, Telefon-, Porto- und Fotokosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben dem Grundhonorar zulässig.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 30. Oktober 2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hannover (524 C 5196/15) zu verurteilen, an sie 142,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

Sie ist der Ansicht, die geltend gemachte Sachverständigennebenkosten seien überhöht und daher objektiv nicht erforderlich gewesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel den tenorierten Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen über den vorgerichtlich gezahlten Betrag hinausgehenden Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 142,93 Euro (§§ 7, 17 StVG, §§ 398, 249 BGB, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG).

1.    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (vgl. BGH VersR 2013, 1544; BGH 2013, 1590; BGH NJW 2014, 1947; jeweils zit. n. juris).

Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (vgl. BGHZ 125, 56; zit. n. juris). Der Geschädigte ist daher nach Maßgabe des auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedankens des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (st. Rspr., BGHZ 115, 364; BGH NJW 1994, 999; 2000, 800; jeweils zit. n. juris). Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt auf der anderen Seite vom Geschädigten jedoch nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vgl. BGHZ 115, 364; 154, 395; jeweils zit. n. juris). Denn in  letzterem  Fall wird  der Geschädigte  nicht selten Verzicht üben  oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (st. Rspr., BGHZ 115, 364; 115, 375; BGH NJW-RR 2008, 689; NJW 2009, 1265; 2009, 1663; 2010, 1445; 2010, 2569; jeweils zit. n. Juris).

Vor diesem Hintergrund darf sich der Geschädigte bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Ihm ist grundsätzlich nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen (vgl. zu den parallel gelagerten Mietwagenkosten [UET]: BGH NJW 1996, 1958; NJW-RR 2008, 689; jeweils zitiert nach juris). Solange für ihn als Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen (so auch: OLG Nürnberg VRS 103, 321; OLG Naumburg NJW-RR 2006, 1029; OLG Düsseldorf NJW-Spezial 2008, 458; jeweils zit. n. juris).

Dabei kann grundsätzlich auch ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden (vgl. BGH NJW 2007, 1450; gleiches gilt für Nebenkosten: BGH NJW-RR 2007, 56; zit. n. juris).

2.    Dies vorausgeschickt, ist die Entscheidung des Amtsgerichts zur Ersatzfähigkeit der Sachverständigenkosten zu korrigieren. Die gesamte, noch streitgegenständliche Honorarforderung ist bei der gebotenen subjektiven Schadensbetrachtung unter Berücksichtigung der Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten als erforderlicher Aufwand anzuerkennen.

Den Geschädigten trifft hinsichtlich der Höhe der Sachverständigenkosten weder ein Auswahlverschulden noch besteht eine (evidente) Kostenüberhöhung, die eine Beanstandungspflicht ausgelöst hätte (vgl. auch OLG Hamm DAR 1997, 275; zit. n. juris). Dass der Geschädigte von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde, ist zur Überzeugung der Kammer nicht ersichtlich.

In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht auf die Frage der Indizwirkung der durch den Sachverständigen gestellten Rechnung vom 11. März 2015 (DHG000BA5, Anlage K2) an. Denn unstreitig haben Geschädigter und Sachverständiger im Gutachtenauftrag vom 09. März 2015 (Anlage K3) eine Honorarvereinbarung getroffen, anhand der primär zu bewerten ist, ob dem Geschädigten vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen die vereinbarten Kosten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen oder ob er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren einen wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (vgl. BGH NJW 2014, 3151; zit. n. juris) – sprich: einen kostengünstigeren Sachverständigen zu beauftragen.

a)    Geschädigter und Sachverständiger haben im Gutachtenauftrag vom 09. März 2015 eine Honorarvereinbarung über ein am ermittelten Schaden orientiertes Grundhonorar sowie diverse taxenmäßig bezifferte Nebenkosten getroffen, die sich an der BVSK-Befragung 2013 orientieren. Dagegen bestehen aus Sicht der Kammer (§ 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO, zum Anwendungsmaßstab: BGH NJW 2007, 1450) keine grundsätzlichen Bedenken (zur allgemeinen Akzeptanz vgl. nur BGH NJW 2014, 1947; KG Berlin DAR 2015, 524; OLG Dresden Schaden-Praxis 2014, 201; LG Arnsberg Schaden-Praxis 2015, 95; jeweils zit. n. juris).

b)    Dass das Amtsgericht seiner Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO nicht die BVSK-Befragung 2013 zugrunde gelegt hat, hindert die Kammer nicht an einer abweichenden Entscheidung. Im Fall einer auf § 287 ZPO gründenden Entscheidung darf das Berufungsgericht auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBI. I S. 1887) den Prozessstoff auf der Grundlage der nach § 529 ZPO berücksichtigungsfähigen Tatsachen ohne Bindung an die Ermessensausübung des erstinstanzlichen Gerichts selbständig nach allen Richtungen von neuem prüfen und bewerten (vgl. BGH NJW 2014, 1947; zit. nach juris) und damit auch eine neue Schätzgrundlage wählen.

c)    Die abgerechneten Nebenkosten sind danach vollumfänglich ersatzfähig:

aa) Die Vereinbarung der Abrechnungsfähigkeit von Nebenkosten ist neben der Vereinbarung eines an der Schadenshöhe orientierten Grundhonorars im Rahmen der privatautonomen Vertragsgestaltung grundsätzlich zulässig (vgl. auch BGH NJW 2014, 1947) und im Übrigen zur Überzeugung der Kammer auch regelmäßig praxisgerecht. Die Annahme einer aus der kumulierten Vereinbarung von pauschaliertem Grundhonorar und aufwandsberechneten Nebenkosten folgenden grundsätzlichen Unangemessenheit sämtlicher vereinbarter Nebenkosten (so aber bspw.: AG Coburg, Urteil vom 28. Januar 2010 – 11 C 380/09 -; AG Dieburg NJW-RR 2013, 932; jeweils zit. n. juris) verbietet sich daher.

bb) Die (pauschale) Behauptung der Beklagten, die vom Sachverständigen konkret in Rechnung gestellten Positionen seien größtenteils als wesentlicher Bestandteil des zu erstellenden Gutachtens stets bereits im Grundhonorar enthalten, ist bereits angesichts der in Bezug genommenen BVSK-Befragung unzutreffend. Diese weist durch die befragten Sachverständigen als Nebenkosten abgerechnete Foto- und Schreibkosten aus und impliziert damit deren Üblichkeit (in diesem Sinne auch grundsätzlich: BGH NJW-RR 2007, 56; sowie gutachterlich – zumindest für die Einzugsgebiete Leipzig und Hildesheim – belegt: OLG Dresden Schaden-Praxis 2014, 201; LG Hildesheim – Urteil vom 05. November 2015 – 1 S 41/14; zit. n. Anlage K10).

cc) Die geltend gemachten Schreib- und Fotokosten in Höhe von insgesamt 188,05 Euro netto sind erstattungsfähig.

(1)   Geschädigter und Sachverständiger haben in Orientierung an der BVSK-Befragung 2013 Schreibkosten von 2,80 Euro pro Seite (1,40 Euro für Zweitausfertigung) sowie Fotokosten von 2,50 Euro pro Lichtbild (1,65 Euro für 2. Fotosatz) vereinbart. Die Kosten liegen damit innerhalb des Nebenkosten-Korridors der BVSK-Honorarbefragung, sodass deren Unangemessenheit fernliegt.

(2)   Zwar ist der Schädiger bzw. der einstandspflichtige Haftpflichtversicherer nicht verpflichtet, dem Geschädigten widerspruchslos sämtliche in Rechnung gestellten Beträge ohne Möglichkeit der Nachprüfung voll zu ersetzen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Schaden-Praxis 2015, 49; zit. n. Juris). Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Dies setzt jedoch in jedem Fall substantiierten Tatsachenvortrag und ggf. entsprechenden Beweisantritt voraus. Daran fehlt es vorliegend.

(3)   Nach der Honorarvereinbarung sind insofern 2,50 Euro pro Lichtbild (1,65 Euro für 2. Fotosatz) geschuldet. Eine für den Laien erkennbare Unangemessenheit liegt hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Kosten, die sich im BVSK-Korridor bewegt, nicht vor. Erhebliche Einwendungen sind von der Beklagten nicht vorgebracht worden. Ihr Verweis auf kostengünstigere digitale Fotoausdrucke in Drogerien oder am eigenen Computer greift erkennbar zu kurz. Die Kosten umfassen sämtliche im Zusammenhang mit den Lichtbildern angefallenen Arbeiten (Erstellen der Lichtbilder, Sichtung und Auswahl der Lichtbilder usw.) und sind vor diesem Hintergrund für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar überhöht.

(5)  Vergleichbar verhält es sich bei den Schreibkosten. Das Gutachten umfasst auch 26 Seiten. Dass ab Seite 17 die zuvor gefertigten Lichtbilder abgebildet sind, ändert an der Erstattungsfähigkeit nichts. In dem Preis schlagen sich vielmehr die diesbezüglichen Fertigungs- (insbesondere Layout-) und Druckkosten nieder. Dies gilt mutatis mutandis für die vereinbarten Kosten für die Zweitausfertigung.

dd) Die Abrechnung von Porto- und Telefonkosten mit pauschal 18,00 Euro ist schließlich ebenfalls erstattungsfähig. Der Betrag liegt innerhalb des Nebenkosten-Korridors der BVSK-Honorarbefragung und ist damit jedenfalls nicht unüblich bzw. erkennbar unangemessen.

ee) Die Klägerin hat demgemäß einen über den vorgerichtlich gezahlten Betrag hinausgehenden Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 142,93 Euro (874,05 Euro netto [Grundhonorar zzgl. o.a. Nebenkosten] + 166,07 Euro [19 Prozent MWSt.] = 1.040,12 Euro [Gesamtforderung brutto] – 897,19 Euro [durch Beklagte gezahlt]). Die vorgenommenen Kürzungen der Beklagten erfolgten rechtsgrundlos.

3.    Die Klägerin hat die streitgegenständliche Sachverständigenforderung nach den insoweit glaubhaften und in sich schlüssigen, schriftlichen (§ 377 Abs. 3 Satz 1 ZPO) Bekundungen des Zeugen M., die sich zudem mit dem zur Akte als Anlage K8 gereichten Abrechnungskontoauszug vom 12. März 2015 und dem korrespondierenden Buchungsjournalausdruck vom 12. März 2015 decken, durch Überweisung beglichen.

4.    Soweit die Beklagte schließlich eine Kostenüberhöhung beim Sachverständigen unterstellt, steht es ihr frei, diesen direkt auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Sie ist als Haftpflichtversicherer nach allgemeiner Rechtsauffassung (vgl. nur BGH NJW 2009, 1265 m.w.N., zit. n. juris) in den Schutzbereich des zwischen Sachverständigen und Geschädigten abgeschlossenen Werkvertrages (vgl. BGH NJW 2006, 2472; zit. n. juris) einbezogen und kann deshalb direkt Schadensersatz beanspruchen, soweit der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt hat, die auch zugunsten der Haftpflichtversicherung bestehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere setzt sich die Kammer nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des  Bundesgerichtshofs zur grundsätzlichen Verwendbarkeit der BVSK-Honorarbefragung (vgl. BGH NJW-RR 2007, 56 sowie BGH NJW 2014, 1947; jeweils zit. n. juris).

Dr. W.                                             Dr. L.                                        F.
Richter am Landgericht                  Richter am Landgericht            Vorsitzende Richterin am
.                                                                                                     Landgericht

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2 Antworten zu LG Hannover ändert versicherungsnahes Urteil des AG Hannover ab und spricht restliche, abgetretene Sachverständigenkosten mit lesenswertem Berufungsurteil vom 20.5.2016 – 10 S 21/15 – zu.

  1. K.I. sagt:

    Hallo, Willi,
    so nehmen die Dinge ihren Lauf. Das Berufungsurteil des LG Hannover ist aufbereitet und wird mit jeder Klage auch der jeweils zuständigen Abteilung des AG Hannover und anderen Gerichten zur Verfügung gestellt, wenn es um rechtswidrige Kürzungen durch die VHV geht. Wie gerade schon richtig durch H.J. bemerkt: 100% Haftung bedingen auch 100 % Schadenersatz und es wird auch der VHV-Versicherung mit ihren verquerten Rechtsansichten nicht gelingen, den § 249 S. 1 BGB zu „entsorgen“. Gerichte sind eben nicht dazu da, einen „gerechten“ Preis unter werkvertraglichen Gesichtspunkten festzulegen.
    Ein Bestreiten ins Blaue hinein genügt einem substantiierten Vortrag der VHV nicht.
    Der BGH hat klar herausgestellt, dass für die von der Versicherung behauptete Überhöhung diese darlegungs- und beweisbelastet ist. Richtig ist hingegen, dass angesichts der Tatsache, dass der Sachverständige Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist, auch die im GDV abgestimmten „Kürzungsaktionen“ ins Leere laufen müssen, so eben auch bei der VHV.
    Um substantiiert bestreiten zu können, müssen eben k o n k r e t e Umstände vorgetragen bzw. bewiesen werden.
    K.I.

  2. Iven Hanske sagt:

    Endlich geht es in Hannover auch nach Recht und Gesetz, hat zu lange gedauert bis dort der § 249 BGB und das GG Art. 2 wieder Beachtung finden! Gab es Personalwechsel, die mit Versicherungsseminargeldern vergessen wurden? Hoffentlich wird der bisherige Schrott, gerade vom AG Hannover, nicht nach Halle entsorgt. Entschuldigung der klaren Worte, aber was ich von Hannover alles gelesen habe, war so abschreckend das ich dort keine Geschäfte eröffnet habe. Zum Urteil finde ich die Beachtung zum § 287 ZPO und dem Vorteilsausgleichverfahren in Verbindung mit der Erkenntniss des Geschädigten (ohne die überhöhten Abrechnungen der Schwarzen Schaafe in unser Branche zu unterstützen) sehr gut. Wobei ich wieder daraufhinweisen möchte das § 287 zur Erleichterung des Geschädigten geschaffen wurde und nicht als Hürde oder gar als Mittel dem Schädiger zum rechtswidrigen sparen zu unterstützen (hat der BGH und das Verfassungsgericht schon mehrfach bestätigt). Auch ist klar erklärt wurden das ein Berufungsgericht sich nicht auf die Schätzung des AG ausruhen sollte, denn das Urteil des Berufungsgericht ist zur eigenen Schätzung verpflichtet, sei denn es macht die AG Schätzung zur eigenen… Die Ausreden ich darf nicht gegen die Schätzung des AG … ist eh feige Vetternwirtschaft. Zum Schluss noch das Vorteilsausgleichverfahren, da lese ich von der Vizepräsidentin des AG Halle, es wäre dem Versicherer nicht zu zumuten…. aber dem Umfallopfer? Gehts noch…, zumal Sie im OLG Naumburg 2006 Gegenteiliges selbst unterschrieben hat. Was fließt da an Überzeugungsgeldern? Man wieviel Geld hab ich schon für rechtliches Gehör bezahlt, aber ich kann nicht anders, denn das bin ich meinem Gewissen und meinem Willen an unserem Grundgesetz schuldig, was wäre wenn …. meine Kinder sollen auch in den Genuss von rechtsstaatlicher Sicherheit kommen und ich will keinen Terror, der die logische Folge wäre, wenn das Geld das System unserer erfahrenen Deutschen (Vater und Mutter) vernichtet….

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