Restwertbörsen wertlos (VI ZR 217/06 vom 10.07.2007)!

Restwertbörsen wertlos!

Ein zweifelhafter Service, den die Welt nicht braucht

Mit Urteil vom 10.07.07, Az: VI ZR 217/06, hat der 6. Zivilsenat des BGH seine bisherige Rechtsprechung zu Kaufpreisgeboten aus dem Internet über unfallbeschädigte Kfz präzisiert und weitergeführt.

Klargestellt ist nun, dass Höchstpreise aus dem Internet von Geschädigten nicht berücksichtigt werden müssen, egal ob die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30% überschreiten oder ob sie sich noch innerhalb der 130%-Grenze bewegen.

Der Geschädigte, der sich zur Weiterbenutzung seines ober- oder unterhalb der 130%-Grenze beschädigten Fahrzeuges entschließt, wird in dieser freien und völlig unbeeinflussbaren Entscheidung nunmehr vom BGH definitiv geschützt:

Aus den Gründen:

„Lässt der Geschädigte in einem solchen Fall sein Fahrzeug nur teilreparieren (oder benutzt er es unrepariert weiter), so kann er im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung zwar nur den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen. Er kann aber nicht auf ein höheres Restwertangebot verwiesen werden, dass er wegen der tatsächlichen Weiternutzung des Fahrzeuges nicht realisieren kann. Da nach dem gesetzlichen Leitbild des Schadensersatzes der Geschädigte mit der Ersetzungsbefugnis Herr des Restitutionsgeschehens ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt, kann ihn der Haftpflichtversicherer des Schädigers auch nicht durch die Ermittlung eines hohen Restwertangebotes aus einer Internet-Restwertbörse, das möglicherweise nur in einem engen Zeitraum zu erzielen ist, zu einem sofortigen Verkauf des Fahrzeugs zwingen (vgl. Senat, VersR 2007, 1145 Tz. 10).“

Fazit:

Klarer und verständlicher geht es kaum noch.

Der BGH hat erkannt, dass Haftpflichtversicherer, allen voran die HUK Coburg, Restwerthöchstgebote aus dem Internet dazu benutzen, Geschädigte in ihrer Dispositionsfreiheit zu bevormunden und zum Verkauf ihrer beschädigten Fahrzeuge zu diesen Höchstgeboten an die Höchstbieter zu zwingen.

Die Ausübung solchen Zwanges auf die Unfallopfer ist mit dieser Entscheidung des BGH als rechtswidrig einzustufen.

Ich empfehle allen SV, zu ihren Gutachten ein Beiblatt hinzuzufügen, auf dem der Hinweis erteilt wird, dass Restwerthöchstgebote aus dem Internet rechtswidrig sind und von Geschädigten, die die Weiterbenutzung ihres beschädigten Fahrzeuges beabsichtigen, nicht beachtet werden müssen.

Die SV sollten ihre Kundschaft bitten, ihnen solche Rechtsverstöße von Haftpflichtversicherern umgehend zu melden, damit dagegen eingeschritten werden kann.

Mitgeteilt von Willi Wacker

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4 Antworten zu Restwertbörsen wertlos (VI ZR 217/06 vom 10.07.2007)!

  1. Andreas sagt:

    Aber auch bei diesem Urteil wird es die HUK schaffen, dem BGH die deutlichen Worte im Munde so herumzudrehen, bis es sich so anhört, als ob in diesem Fall der Wiederbeschaffungswert um 50% zu reduzieren und der Restwert um 300% zu erhöhen ist.

    Aber hoffen wir mal, dass die Versicherer, bei denen man tatsächlich noch sicher ist, mit gutem Beispiel voran gehen.

    Grüße

    Andreas

  2. armes deutschland sagt:

    Kaufpreis’höchst’gebote sind keine Restwerthöchstgebote!

    Kaufpreisgebote aus dem Internet oder richtiger Kaufpreishöchstgebote sind keine Restwerte. Deshalb gibt es auch keine „Restwerthöchstgebote!.
    Höchstgebote sind Kaufpreise, Restwerte sind hingegen am regionalen Markt aus vielen statistischen Einzelbeobachtungen sich herausbildende Durchschnittswerte, die vornehmlich durch Sachverständige ermittelt werden können.
    Deshalb sollte auf dem hier empfohlenen Beiblatt nicht dieser o.g. Begriff verwendet werden, sondern besser darauf hingewiesen werden, dass die Versicherung versuchen könnte, diesen Restwert durch ein Höchstkaufpreisangebot aus dem Internet zu ersetzen, ohne jedoch dabei auf diesen gravierenden rechtlichen Unterschied hinzuweisen (und so auch noch bewusst eine Irreführung vorzunehmen).

  3. RA Bernhard Trögl sagt:

    Oftmals geschieht das Auffinden der Kaufpreishöchstgebeote unter illegaler Nutzung, weil Veröffentlichung des Anspruchstellergutachtens im Internet. Deshalb sollte auf dem „Beiblatt“ auch der kinotypische Hinweis vor jedem Filmanfang für Schwarzkopierer auf die zweijährige Gefängnisstrafe gemäß § 106 der Straf- und Bußgeldvorschrift des Urhebergesetzes enthalten sein! Außerdem sollten auch alle ehemaligen Kunden aus dem Jahre 2004, bei denen die HUK-Coburg der Versicherer des Unfallgegners war und eine Restwertangabe im Gutachten erhalten war, möglichst bald von den Sachverständigen angeschrieben werden, um nachzufragen, ob derartige Verstöße dort stattgefunden haben und so die Kunden auf die Verjährung bis Ende 2007 für sich daraus ergehende Rechtsansprüche hingewiesen werden. Verstöße, die dadurch bei Sachverständigen bezüglich seiner Urheberrechte bei ihm auf diese Weise bekannt werden, müssten ebenfalls noch bis zum Jahresende bei der HUK geltend gemacht werden (z. B. 100,- EUR pro Foto, gemäß MFM-Liste, das illegal ins Internet gestellt wurde).

  4. Armes Deutschland sagt:

    Gedanken zum Reformatiostag
    Dieses BGH-Urteil kann meiner Ansicht nach das Kaskorecht revolutionieren. Soweit die Versicherung ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, bei dem die Angabe des regionalen Restwertes fehlt, kann der VN sich diesen zusätzlich von einem versicherungsunabhängigen SV bestimmen lassen.
    Verkauft der VN sein Fahrzeug nicht bis zu dem Tag, an welchem die Höchstkaufpreisgebote aus dem Internet des Versicherungsgutachtens ihre Gültigkeit verlieren, bleibt es hier beim so ermittelten Restwert nach der BGH-Rechtsprechung.
    Das Weisungsrecht gemäß §7 III hat die Versicherung mit dem eigenen befristeten Kaufpreishöchstgebot (anstatt dem Rstwert) ausgeübt. Diese Befristung der Angebotsgültigkeit ist es, welche im Zusammenhang mit diesem BGH-Urteil auch im Kaskoschadenfall wieder zu einer gerechterén Regulierung führen kann, vorausgesetzt der VN verkauft sein Fahrzeug nicht innerhalb der oben genannten Frist. Denn das er dies tun müsste, geben die Versicherungsbedingungen nicht her. Und das er sein Fahrzug über den Fristablauf hinaus selbst bahlten kann ist verbrieftes deutsches Eigentumsrecht.

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