AG Pforzheim verurteilt DEVK Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 28.04.2009 (2 C 520/08) hat das AG Pforzheim die DEVK Allgemeine Versicherung  AG zur Zahlung von  weiteren Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 703,40 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und erteilt der Fraunhofer Tabelle eine Absage.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage erwies sich als zum Teil begründet.

Die Beklagte kann zunächst nicht damit gehört werden, dass dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – zugänglich gewesen sei (vgl. Urteil d. BGH vom, 04.07.2006, VI ZR 237/05). Denn dies würde voraussetzen, dass der in Rechnung ge­stellte Tarif deutlich, im Durchschnitt um mindestens 100 %, über dem Normaltarif liegt. Dies war hier aber gerade nicht der Fall, wie sich aus den weiter unten folgenden Be­rechnungen ergibt.

Danach war der dem Kläger in Rechnung gestellte Tarif nicht derart überhöht, dass ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter sich nach einem anderen, güns­tigeren Tarif hätte erkundigen müssen. Abgesehen davon ist der Geschädigte auch nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH nicht gehalten, unter sämtlich angebote­nen Tarifen den denkbar günstigsten in Anspruch zu nehmen und eine Art „Marktfor­schung“ zu betreiben.

Bei der Feststellung der Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten schließt sich das Gericht ausdrücklich dem Landgericht Karlsruhe (vgl. jüngst Urteile vom 28.01.2009, 1 S 74/08 und vom 13.02.2009, 9 S 302/08) an, wonach als Ausgangspunkt der Normal­tarifauf der Grundlage des gewichteten Mittels bzw. Modus der Schwacke-Liste gemäß § 287 ZPO geschätzt werden kann und mithin insbesondere nicht von den Erhebungen des Fraunhofer-Institutes auszugehen ist. Abzustellen Ist vorliegend jedoch auf die Schwacke-Liste 2003 und mithin insbesondere nicht auf den Mittelwert zwischen den Schwacke-Listen 2003 einerseits und 2006 andererseits. Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmietung des Ersatzfahrzeuges im Oktober 2005 beanspruchte die Schwacke-Liste 2003 Geltung. Hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit der Mietwa­genkosten im Sinne des § 249 BGB ist auf den damaligen Sach- und Kenntnisstand (und mithin die Schwacke-Liste 2003) abzustellen; abgesehen davon ist auch nicht er­sichtlich, ob bzw. dass die Mietwagenkosten sich zwischen den Jahren 2003 und 2006 linear erhöht haben und somit schlicht das Mittel genommen werden kann. Letztlich kann es auch nicht im Belieben des Ersatzberechtigten stehen, mit der Geltendmachung evtl. Schadensersatzansprüche solange abzuwarten, bis eine neue Schwacke-Liste mit gegebenenfalls noch höheren Mietwagenpreisen erscheint.

Damit war vorliegend auf die Schwacke-Liste 2003 im Postleitzahlengebiet 751.. sowie einen Pkw der Gruppe 5 abzustellen. Danach belaufen sich die reinen Mietwagenkos­ten auf insgesamt 822,- € (1 Woche zu 370,- sowie 2×3 Tage zu je 226,» €). Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen war nicht vorzunehmen, da der Kläger ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet hat. Weiterhin ist ein Zuschlag für unfallbedingte Mehraufwendungen anzusetzen, da der Kläger das Ersatzfahrzeug in einer Eil- bzw. Notsituation angemietet hat. Diesen Zuschlag schätzt das Gericht in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil v. 18.09.2007, 13 U 217/06) sowie dem Landgericht Karlsruhe (Urteil v. 10.10.2008, 9 S 20/08) auf 20 %. Das Oberlandesge­richt Köln (Urteil v. 02.03.2007, 19 U 181/06) hat zutreffend ausgeführt, dass ein pau­schaler Aufschlag auf den Normaltarif bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen wegen vermehrter Beratungs- und Serviceleistungen etc. selbst aus Sicht der Versicherungswirtschaft gerechtfertigt und geboten ist. Damit war ein weiterer Aufschlag von 20 % bzw. 164,40 € vorzunehmen, woraus sich ein Betrag in Höhe von 986,40 € ergibt. Hinzu kommen die Kosten für eine Vollkaskoversicherung in Höhe von insgesamt 187,-€ (1 Woche zu 133,- € sowie 2×3 Tage zu je 27,- €). Des weiteren kommen die Kosten für die Zustellung in Höhe von 16,- € hinzu, woraus sich insgesamt ein erstattungsfähi­ger Betrag in Höhe von 1.189,40 € ergibt. Abzüglich der von der Beklagten vorgericht­lich insoweit gezahlten 740,- € waren dem Kläger bzgl. der Mietwagenkosten daher noch 449,40 € zuzusprechen. In die obige Berechnung nicht mit einzubeziehen war der in der Rechnung enthaltene Aufschlag in Höhe von 40,- € als „Zuschlag nach Öffnungs­zeiten“, da Positionen dieser Art bereits durch den unfallbedingten Zuschlag von 20 % abgegolten werden.

Dem Kläger war weiterhin die geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 228,- € zuzusprechen. Auch wenn es sich um einen erheblichen Sachschaden handelte, bei dem Pkw des Klägers einen Totalschaden erlitt, durfte er vor der Treffung werterer Dispositionen bis zur Kenntnisnahme des vorgerichtlich eingeholten Sachver­ständigengutachtens abwarten, war mithin nicht gehalten, sich bereits unmittelbar nach dem Unfall um die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu kümmern. Und angesichts der von dem Sachverständigen veranschlagten Wiederbeschaffungsdauer von 12 bis 14 Kalendertagen hielt sich die Zulassung des Ersatzfahrzeuges am 17.11.2005 in dem entsprechenden zeitlichen Rahmen, so dass sich der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für 6 Tage zu je 38,- € als begründet erwies.

Die pauschalen Kosten für Ab- und Anmeldung der Fahrzeuge schätzt das Gericht ge­mäß § 287 ZPO in Übereinstimmung mit dem Klägervertreter auf 76,- €, so dass dem Kläger insoweit unter Berücksichtigung der bereits geleisteten 50,- € weitere 26,- € zu­zusprechen waren. Eine höhere allgemeine Pauschale als von der Beklagten insoweit vorgerichtlich geleistet kann der Kläger hingegen nicht verlangen, diese schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO in Übereinstimmung mit dem Beklagtenvertreter auf 20,- €.

Soweit das AG Pforzheim.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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