AG Lebach richtet sich nicht nach dem Deckelungsurteil des LG Saarbrücken und verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 22.2.2013 – 14 C 43/12 (20) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

Euch ist sicher noch das „Nebenkosten-Deckelungs-Urteil“ des LG Saarbrücken bekannt. Dieses unsäglichle, weil falsche, Urteil findet erfreulicherweise selbst unter den  nachgeordneten Amtsgerichten im Saarland keine Nachahmer. Die an Saarbrücken angrenzenden Landgerichte haben sich ebenfalls von der Rechsprechung des LG Saarbrücken mit den gedeckelten Nebenkosten in Höhe von maximal 100,– € distanziert. Auch das im Saarland gelegene Amtsgericht Lebach sieht keine Notwendigkeit, der wohl als Mindermeinung anzusehenden Rechtsprechung des LG Saarbrücken zu folgen. Nachstehend gebe ich Euch das Urteil des AG Lebach vom 22.2.2013 – 14 C 43/12 (20) – bekannt. Auch wenn der Richter des AG Lebach erfreulicherweise von der Rechtsprechung des LG Saarbrücken abweicht, ist es gleichwohl in einigen Punkten zu kritisieren. So führt er aus: Alle Kosten bis auf die Fahrtkosten sind erforderlich, weil der Sachverständige die Fahrtkosten nicht nachgewiesen hat. Diese Begründung überzeugt nicht.  Mit dieser Logik hätte er z.B. auch die EDV-Kosten abweisen können. Und vor allem, war das mit den Fahrtkosten für den Laien offensichtlich erkennbar? Insbesondere auch dann,  wenn der Sachverständige außer Haus war? Der gute Ansatz zu Beginn zum Thema Erforderlichkeit im Schadensersatzprozess und die Kritik am LG Saarbrücken überzeugt. Dann am Schluss zeigt sich aber auch hier wieder, dass die Angemessenheit geprüft wird.  Geklagt hatte der Sachverständige aus abgetretenem Recht. Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt zur Veröffentlichung hier im Blog durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker

14 C 43/12 (20)                                                    Verkündet am 22.02.2013

A m t s g e r i c h t   L e b a c h

U r t e i l

I m   N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger A. M. aus S.

Kläger

Prozessbevollmächtijjte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. B. I.  u. P. aus A.

gegen

Frau C. S. aus W.

Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte B. M. aus K.

hat das Amtsgericht Lebach durch den Richter am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2013

für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 502,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.06.2012 zu zahlen.

II. Die Beklagte wird weiter verurteilt an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.06.2012 zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu bezahlen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger 6% und die Beklagte 94%.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VII. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht Ersatz restlichen Schadens aus einem Verkehrsunfall, der sich am 20.12.2012 zwischen dem Kraftfahrzeug der Frau … (im folgenden nur Zedentin) und dem von der Beklagten geführten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … in Schmelz ereignete. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.

Die Zedentin beauftragte den Kläger auf Grendlage eines mit diesem am 21.12.2010 geschlossenen Vertrages, die durch den oben genannten Unfall an Ihrem Fahrzeug entstandenen Schäden festzustellen. Hinsichtlich des hierfür zu entrichtenden Honorars vereinbarten sie unter anderem,

– eine an der geschätzten Reparaturkosten zuzüglich Wertminderung (oder Wiederbeschaffungswert) ausgerichtete Grundvergütung (§ 5 des AGB des Klägers zum Vertrag vom 21.10.2010),

– eine Pauschale für Porto-, Versand- und Telefonkosten in Höhe von maximal 15 € (§ 8 der AGB des Klägers zum Vertrag vom 21.10.2010),

– eine Pauschale für EDV-Abruf, Fahrzeugbewertung und Restwertbörse von jeweils 20,00 € pro Abruf (§ 9 der AGB des Klägers zum Vertrag vom 21.10.2010),

– Schreibauslagen und Kopiekosten in Höhe von 3,00 € und 1,00 € je Seite (§ 10 der AGB des Klägers zum Vertrag vom 21.10.2010).

– Fotokosten in Höhe von 2,45 € je Fotografie und 2,05 € je Fotografie für den zweiten Fotosatz.

– Fahrtkosten in Höhe von 1,05 € je gefahrenen Kilometer.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf Bl. 16-22 der Akte.

Das von dem Kläger erstellte Gutachten wies Reparaturkosten von netto 2.795,51 €, einen Wiederbeschaffungswert von 8.000,– € und eine merkantile Wertminderung von 250,00 € aus, für die Erstellung des Gutachtens berechnete der Kläger insgesamt brutto 787,01 €. Die Zedentin trat am 21.12.2010 an den Kläger den gegen die Beklagte aus dem oben genannten Unfall bestehenden Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten in Höhe von 787,01 € an Erfüllungs statt ab. Der Kläger nahm die Abtretung an.

Da der Haftpflichtversicherer des von der Beklagten geführten Fahrzeuges auf die Honorarforderung lediglich 252,50€ an den Kläger bezahlten, forderte dieser über seinen Prozessbevollmächtigten die Beklagte am 03.02.2011 vergeblich auf, den Differenzbetrag in Höhe von 534,51 € an ihn zu bezahlen.

Der Kläger behauptet im Wesentlichen, die Fahrtkosten seien entstanden, da er für die Wahrnehmung des Besichtigungstermins in die Reparaturwerkstatt und damit insgesamt 27 km habe fahren müssen.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 534,51 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 81,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszurteilenden Kostenquote zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, mit der geleisteten Zahlung sei der erforderliche und angemessene Aufwand für die Einholung eines Sachverständigengutachtens abgegolten.

Das Gericht nimmt im Übrigen Bezug auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

Die Klage ist der Beklagten am 05.06.2012 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klagte ist Überwiegend begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung weiterer 500,77 € gem. 18 StVG, § 398 BGB zu.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung bestehen nicht und sind im Übrigen auch nicht vorgetragen.

Der an den Kläger an Erfüllungs statt abgetretene Anspruch auf Erstattung von Gutachterkosten besteht in Höbe von 500,77 €.

Dass die Beklagte als Fahrzeugführerin gem. § 18 StVG für die unfallbedingten Schäden der Zedentin voll einzustehen hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Sachverständigenkosten vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erforderlich und zweckmäßig ist (LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, 13 S 109/10 mit Verweis auf BGH, Urteile vom 29. November 1988 – X ZR 112/87, NJW-RR 1989, 953, 956; vom 30. November 2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 f., und vom 23, Januar 2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f.). Dabei ist nach den schadensrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei (LG Saarbrücken, a.a.O. mit Verweis auf BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 4; 162, 161, 165 f.; Urteile vom 28. Juni 2011 – VI ZR 184/10, VersR 2011,1072 ff.; vom 20. Juni 1989 – VI ZR 334/88, VersR 1989, 10561, und vom 23. Januar 2007 a.a.O.), das heißt, er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (LG Saarbrücken, a.a.O., mit Verweis auf BGH, Urteile vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 659, und vom 28. Januar 2007 a.a.O). Für den Regelfall bedeutet dies, dass er berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachters zu beauftragen (LG Saarbrücken, a.a.O.). In der Rechtsprechung besteht weiterhin Übereinstimmung darin, dass nach § 249 Abs. 2 BGB der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (LG Saarbrücken a.a.O., mit Verweis auf BGHZ 115, 364, 369; 160, 377; 162, 161, 165; Urteile vom19. Februar 2008 – VI ZR 32/07, VersR 2008, 5541, und vom 23. Januar2007 a.a.O.), wobei er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg  der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. (BGH, Urteil vom 9. März 2010 – VI ZR 6/09, VersR 2010, 1053 f.), ohne dabei aber verpflichtet zu sein, dem ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (LG Saarbrücken, a.a.O.). Der Geschädigte kann erst dann von dem Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtuno oder der Honorarberechnung missachtet (LG Saarbrücken a.a.O.).

Gemessen an diesen Maßstäben gilt für den vorliegenden Fall Folgendes:

Die streitgegenständliche Honorarforderung ist weder im Hinblick auf das „Grundhonorar“ noch die „Nebenkosten“ erkennbar willkürlich. Die Frage, ob eine Honorarforderung erkennbar willkürlich ist, lässt sich nicht schematisch beantworten sondern ist grundsätzlich für jeden einzelnen Fall zu prüfen. Dabei ist zum einen festzustellen, ob die Honorarforderung objektiv willkürlich ist und zum anderen, ob die objektive Willkür für den Laien erkennbar war. Soweit eine Honorarforderung innerhalb des Korridors der BVSK 2009 (resp. 2011) liegt, ist sie jedenfalls nicht objektiv willkürlich.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist regelmäßig von derErforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten einschließlich der Nebenkosten auszugehen, wenn sie sich innerhalb des Honorarkorridors bewegen, in dem nach der BVSK-Honorar Befragung 2008/9 beziehungsweise 2010/11 je nach Schadenshöhe 40% – 60% der BVSK-Mitglieder Ihr Honorar berechnen (LG Zweibrücken, Beschluss vom 11.09.2012, Az. 3 S 30/12, LG Bonn, Urteil vom 28.09.2011, 5 S 148/11, LG Oldenburg, Urteil vom 07.11.2012, Az. 5 S 443/12, LG München I, Urteil vom 01.09.2011, Az. 19 S 7874/11, mit Einschränkung nur für das Grundhonorar LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, Az. 18 S 109/10). Sind die Sachverständigenkosten erforderlich, sind sie nicht objektiv willkürlich. Die Frage, was für den Laien erkennabr ist, stellt sich nicht.

Soweit die Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken für die Bemessung der erforderlichen „Nebenkosten“ nicht auf die Honorartabelle zurückgreift, sondern diese gem. § 287 ZPO auf pauschal 100,00€ festsetzt (LG Saarbrücken, a.a.O.), folgt das Gericht dieser Auffassung nicht.

Das Landgericht führt zur Erstattungsfähigkeit der Nebenkosten sinngemäß aus, für die Erstellung eines routinemäßigen Schadensgutachtens dürfe der Geschädigte, soweit die eigentliche Guachtertätigkeit pauschal abgerechnet wird, zusätzliche „Nebenkosten“ von bis zu 100,00 € grundsätzlich für erforderlich halten (LG Saarbrücken, a.a.O., Rz. 67). Soweit die „Nebenkosten“‚ diesen Betrag jedoch übersteigen, seien sie nicht erstattungsfähig, weil sie für den geschädigten Laien erkennbar quasi willkürlich festgesetzt sind und Preisund Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen (LG Saarbrücken ebenda). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hält das Landgericht die BVSK-Honorarbefragung – anders als im Rahmen der Beurteilung des Grundhonorars – nicht für geeignet, die auf dem regionalen Markt zu erwartenden Ansätze für die hiernach anfallenden „Nebenkosten“ verlässlich abzubilden.

Die Höhe der Nebenkosten, die nach der Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken der Geschädigte für erstattungsfähig haften darf, bestimmt das Landgericht nicht am Maßstab der BVSK, sondern schätzt sie nach § 287 ZPO nach folgenden Kriterien:

Hinsichtlich der Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens geht das Landgericht Saarbrücken davon aus, dass – unter Berücksichtigung eines sachverständigen Ermessenspielraums – maximal 12 Lichtbilder pro Gutachten anzufertigen seien und dass 10 Seiten Farbdruck und 14 Seiten Schwarz-Weiß-Druck pro Ausfertigung jedenfalls ausreichend seien; für den Laien sei erkennbar, dass Schwarz-Weiß-Ausdrucke nicht mehr als 0,26 € und Farbausdruck nicht mehr als 1,00 €/Seite kosten (LG, a.a.O., Rz. 59). Hieraus ermittelt das Landgericht unter Berücksichtigung siner Pauschale für das Heften des Gutachtens (drei Ausfertigungen) Kosten von rund 50,00 €.

Das Anfertigen vor Lichtbildern sei mit dem Grundhonorar abgegolten; Schreibkosten seien nicht gesondert berücksichtigungsfähig, da sie bei Anwendung einer gebotenen wirtschaftlichen Arbeitsweise für den Laien erkennbar nicht anfallen (LG Saarbrücken, a.a.O., Rz. 62.).

Porto-, Versand- und Telefonkosten bringt das Landgericht unter Berücksichtigung aktueller, dem Laien ohne weiteres zugänglicher Telefon-, Internet- und Versandkostentarife mit 15,– € in Ansatz (LG Saarbrücken, a.a.O., Rz. 63.).

Kosten für die „EDV-Bewertung“ und „EDV-Kalkulation“ seien nicht zu berücksichtigten, da diese bereits in der Pauschale für das „Grundhonorar“ abgegolten seien; Nach dem Ergebnis der Befragung durch den Sachverständigen in mehreren Verfahren sei das Landgericht nunmehr davon überzeugt, dass die auch für den Laien ohne weiteres erkennbar sei (Rz. 64); gleiches gelte für die Restwertabfrage (Rz. 65.).

Das Gericht vermag für den vorliegenden Fall den vorstehenden Erwägungen des Landgerichts Saarbrücken nicht zu folgen.

Ausgehend von den oben aufgestellten Obersätzen, hat das Gericht (lediglich) zu prüfen, ob für den Geschädigten erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Dies beinhaltet nach dem oben Gesagten zweierlei, nämlich dass die Honorarforderung objektiv willkürlich ist und dass dies für den Laien erkenbar ist.

In der Reihenfolge der Nebenkostenpositionen im Einzelnen:

Soweit neben dam Grundhonorar auch eine EDV-Abrufgebühr und eine Fahrzeugbewertungsgebühr in Höhe von jeweils 20,00 € geltend gemacht wird, vermag das Gericht nicht festzustelleh, dass diese Honorarposition erkennbar quasi willkürlich ist. Soweit die Berufungskammer hierzu ausführt, diese Kosten seien bereits mit der Pauschale für das Grundhonorar abgegolten und nach dem Ergebnis der Befragung durch den Sachverständigen in mehreren Verfahren sei sie davon überzeugt, dass dies für den Laien erkennbar ist, denn die Umfrage habe ergeben, dass Kalkulationkosten auf dem regionalen Markt nur noch vereinzelt aufgeführt werden, überzeugt dies das erkennende Gericht nicht. Zum einen folgt aus diesen Feststellungen nicht, dass Kalkulationskosten nicht abgerechnet werden. Insoweit ist nämlich zu sehen, dass der Honorarkorridor der BVSK „von-bis-Preis“ ausweist. So liegt die Vergütung nach dem Honorarkorridor der BVSK 2009 bei einem Schadensbetrag von netto 3.250,– € zwischen 375,00 € und 434,00 €. Nach welchen Kriterien die Sachverständigen innerhalb des Korridors ihr Grundhonorar „festsetzen“, wird – soweit ersichtlich – von der Rechtsprechung nicht überprüft. Wendet man die von der Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken aufgestellten Regeln konsequent an, wäre eine EDV-Abrufgebühr in Höhe von 20,00 € bei einem Grundhonorar von 375,00 € erkennbar willkürlich; wird sie hingegen nicht ausgewiesen, sondern auf das Grundhonorar von 375,00 € aufgeschlagen, darf der Laie das Grundhodorar für erforderlich halten, weil es innerhalb des Korridors der BVSK liegt. Soweit man der Prämisse des Landgerichts folgt, dass EDV-Abrufgebühren, Restwertabfragen u.a. bereits im Grundhonorar enthalten sind, müssten diese zumindest dann, wenn sie gesondert ausgewiesen werden, insoweit zugesprochen werden, als das daraus resultieren „Gesamtgrundhonorar“ den Korridor der BVSK nicht überschreitet. Anderenfalls würde das Urteil der Willkür nämlich lediglich daran anknüpfen, ob einzelne Positionen ausgewiesen werden oder nicht.

Zum anderen folgt aus der vom Landgericht aufgestellten Prämisse, dass EDV-Kosten von der Pauschale des Grundhonorars abgegolten sind, nicht, dass die gesonderte Berechnung von EDV-Kosten willkürlich ist. Für den vorliegenden Fall ist dies deshalb anzunehmen, weil die geltend gemachten EDV-Kosten in summa weniger als 10% das Grundhonorars ausmachen. Weicht das Grundhonorar um weniger als 10% von dem im Übrigen erforderlichen Grundhonorar ab, mag das Gutachten ggf. teurer sein als üblich; es kann aber nicht gesagt werden, Leistung und Gegenleistung stünden in einem auffälligem Missverhältnis zueinander. Selbst wenn man dies mit der Berufungskammer anders sieht, vermag das erkennende Gericht der Schlussfolgerung des Landgerichts, der Laie vermag „die Unrichtigkeit der Abrechnung erkennen“ (LG Saarbrücken, a.a.O.. Rz. 64, 65.); nicht zu folgen. In der Regel ist der Laie mit der Frage der Erstattungsfähigkeit von Gulachterkosten anlässlich eines Verkehrsunfalls einmal im Leben konfrontiert und verfügt weder über Kenntnisse, an welchen Kriterien der Gutachter sein Honorar ausrichtet, noch muss er über solche verfügen. In der Regel verfügt der Laie auch nicht über die Möglichkeit, einen Sachverständigen zu befragen, ob EDV-Kosten gesondert ausgewiesen und berechnet werden, im obliegt es nicht, den Markt zu erforschen, so dass im Ergebnis für das Gericht nicht erkennbar ist, aufgrund welcher Tatsachen ein Laie soll erkennen können, dass die gesonderte Ausweisung respektive Berechnung von EDV-Kosten willkürlich ist.

Soweit vorliegend für die Herstellung von Fotos ein Betrag von 2,45 € pro Foto geltend gemacht wird, vermag das Gericht ebenfalls nicht festzustellen, dass diese Position erkennbar willkürlich ist Dass diese Position für den Laien erkennbar quasi willkürlich ist, kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts deshalb nicht angenommen werden, weil andere Gerichte für das Erstellen von Fotos einen Betrag von 2,45 €/Foto (Honorarkorridor der BVSK) zusprechen (vgl. etwa LG Zweibrücken, Beschluss vom 11.09.2012, Az. 3 S 30/12, LG Bonn, Urteil vom 23.09.2011, 5 S 148/11, LG Oldenburg, Urteil vom 07.11.2012, Az. 5 S 443/12 ). Zwar ist weder das erkennende Gericht noch das Landgericht Saarbrücken an die Rechtsprechung anderer Gerichte gebunden. Wenn aber andere Gerichte für Recht erkennen, dass ein entsprechender Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach besteht, überzeugt die Auffassung der Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken, für einen Laien sei gleichwohl erkennbar, dass eine entsprechende Honorarforderung quasi willkürlich ist, das erkennende Gericht nicht. Wenn innerhalb der Rechtsprechung die Frage der Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten insoweit uneinheitlich beantwortet wird, wovon auch die Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken ausgeht (Urteil vom 22.06.2012, Az. 13 S 37/12, dort unter III. – zitiert nach juris-online), dann bedarf dieses Problem gegebenenfalls eher gesetzgeberischen Regelung oder höchstrichterlichen Entscheidung. Solange aber Sachverständigenkosten innerhalb eines Rahmens geltend gemacht werden, der zumindest von einem Teil der Rechtsprechung angewendet wird, kann nach Auffassung des Gerichts über sie zumindest nicht das Urteil gefällt werden, sie seien erkennbar willkürlich.

Zu den Schreibgebühren und Fotokopierkosten gilt das oben Stehende ebenfalls sinngemäß. Soweit andere Gerichte Schreibkosten/Fotokopiekosten im Rahmen des BVSK Korridors erstatten (etwa LG Bonn, a.a.O., LG Zweibrücken, a.a.O.), kann nicht angenommen werden, dass eine innerhalb diese Korridors ausgerichtete Vergütungsvereinbarung für den Laien erkennbar willkürlich ist. Zwar mag es sein, dass in örtlichen Kopiergeschäften Schwarz-Weiß-Ausdrucke nicht mehr als 0,25 € und Farbausdrucke nicht mehr als 1,00 € kosten. Damit ist aber nichts über den tatsächlichen Kostenaufwand für den Sachverständigen gesagt; Die Kalkulationsbasis eines örtlichen Kopiergeschäfts weicht bereits dem Grunde nach von der Kalkulationsbasis eines Sachverständigen ab: Im Kopiergeschäft werden in der Regel ausschließlich Kopien von einer Vielzahl von Kunden selbst angefertigt. Der Sachverstandige oder ein(e) zu bezahlende(r) Angestellte(r) kopiert in der Regel für eine viel kleinere Zahl von Kunden. Insoweit ist für den Laien gerade nicht erkennbar, welche Kosten tatsächlich anfallen.

Unter Berücksichtigung der oben stehenden Erwägungen sind folgende innerhalb des Korridors der BVSK liegende Positionen ersatzfähig:

Grundhonorar                                           434,00 €
EDV-Abrufgebühr                                        20,00 €
Porto/Telefon                                              15,00 €
Fahrzeugbewertung                                   20,00 €
Fotos                                                          29,40 €
Schreibgebühren                                        54,00 €
Fotokopien                                                 36,60 €
Fotokosten 2. Satz                                     24,60 €

Zwischensumme ohne Umsatzsteuer       633,00 €
Umsatzsteuer                                           120,27 €
Gesamt                                                     753,27 €

Abzüglich der geleisteten 252,50 € ergibt sich ein dem Kläger zuzusprechender Betrag in Höhe von 502,77 €.

Soweit der Klager darüber hinaus auch die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 28,35 € begehrte, war die Klage abzuweisen, da insoweit zwischen den Parteien streitig ist, ob diese und ggf. in welchem Umfang angefallen sind. Da der Kläger im Hinblick auf die tatsächlich gefahrenen Kilometer Beweis nicht angeboten hat, war die Klage abzuweisen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Soweit der Kläger Zinsen zu einem früheren Zeitpunkt beantragt, trägt er keine Tatsachen vor, die einen solchen Anspruch tragen.

Die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs.1, 249ff BGB. Zwischen den Parteien besteht ein durch Abtretung begründetes gesetzliches Schuldverhältnis. Die daraus fließenden Pflichten verletzte die Beklagte dadurch, dass sie den vollständigen Betrag der (abgetretenen) Honorarforderung nicht beglichen hat, sondern diesen unrechtmäßig kürzte. Die Beklagte hat sich insoweit die Erklärung des Haftpflichtversicherers gem. A 1.1.4 AKB zurechnen zu lassen. Die Höhe des Erstattungsanspruchs berechnet sich wie folgt:

1,3 Gebühr (Nr. 2300 VVG) aus 502,07 €   58,50 €
Pauschale gem. Nr. 7002 VVG                    11,70 €
Gesamt                                                      70,20 €

Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da Tatsachen weder vorgetragen noch erkennbar sind, die eine 1,5 Gebühr rechtfertigen.

Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB. Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da der Kläger keine Tatsachen vorträgt, die einen früheren Zinsbeginn rechtfertigen.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet, da eine Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten nicht im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden kann, weil die Vorschrift des § 104 Abs. 1 ZPO nur den Zeitpunkt ab Eingang des Festsetzungsantrages betrifft und im Übrigen § 104 Abs. 1 ZPO einen über die Verzinsung ab Eingang des Kostenfestsetzungsgesuches hinausgehender Schadenersatzanspruch auch nicht ausschließt (OLG Frankfurt 01.03.2012, 26 U 11/11) erkennt die Rechtsprechung verschiedentlich einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch an (OLG Frankfurt, a.a.O. m.w.N.).

Vorliegend befand sich die Beklagte mit der Zahlung der Honorarvergütung in dem Umfang in Verzug, der dem Verhältnis des Obsiegens in der Hauptsache entspricht und hat daher gemäß §§ 286ff BGB den durch die notwendige gerichtliche Inanspruchnahme entstandenen Schäden zu tragen. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO.

Die Entscheidung für die vorläufige Voltstreckbarkeit folgt aus  § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war zuzulassen, da die Entscheidung des Gericht von der Entscheidung der Berufungskammet des Landgerichts Saarbrücken abweicht, § 511 ZPO.

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4 Antworten zu AG Lebach richtet sich nicht nach dem Deckelungsurteil des LG Saarbrücken und verurteilt VN der HUK-Coburg zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 22.2.2013 – 14 C 43/12 (20) -.

  1. Bernd Barremeyer sagt:

    Das AG Lebach zeigt eindeutig, dass es sich bei dem Urteil des LG Saarbrücken betreffend die Deckelung der Nebenkosten, auf das so gerne die HUK-Coburg und ihre Anwälte verweisen, um eine Mindermeinung handelt. Es muss den Richtern der Berufungskammer in Saarbrücken doch in den Ohren klingeln, wenn selbst die nachgeordneten Gerichte bewußt von dem Deckelungsurteil abweichen, geschweige denn die umliegenden Landgerichte.
    Die Richter am LG Saarbrücken, soweit sie in der Berufungskammer sitzen, sollten einmal die Rechtsprechung des BGH, insbesondere VI ZR 67/06, verinnerlichen. Ein Mitglied der VI. Zivilkammer kommt doch aus der dortigen Ecke. Das Handbuch des Herrn Richter BGH Wolfgang Wellner „BGH-Rechtsprechung zum Kfz-Sachschaden“ sei als Lektüre der Kammer anempfohlen. Interessant sind die Seiten 205 ff.

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Bernd Barremeyer,
    Du meintest wohl „ein Mitglied des VI. Zivilsenates kommt doch aus der dortigen Ecke“ statt „ein Mitglied der VI: Zivilkammer …“, den die Zivilkammern der Landgerichte werden mit aribischen Ziffern und die Zivilsenate beim BGH mit römischen Ziffern angegeben. Das aber nur am Rande.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  3. Ra Imhof sagt:

    Demnächst wird es eine Entscheidung des OLG Saarbrücken geben die -so hofft man- ebenfalls in diese Richtung gehen wird.
    Es ist keineswegs unbillig den Schädiger auf einen Vorteilsausgleich mit anschliessendem Regress gegen den SV zu verweisen,bei dem er die Beweislast für seine Behauptung überhöhter Gutachterkosten trägt.(BGH Z 63,182ff)
    Das ist vielmehr die logische Konsequenz aus dem Vertrauensgrundsatz den §249 II,1 BGB zugunsten des Unfallopfers in Bezug auf solche Schadenspositionen schafft,deren Höhe das Unfallopfer nicht beeinflussen kann.
    Will man die Befugnis des Unfallopfers bewahren,die Schadensabwicklung unbeeinflusst von dem Schädiger in den eigenen Händen zu behalten,so muss man auch die durch seine Unwissenheit und Unerfahrenheit aber durch redliches Verhalten mitentstandenen Schadensaufwendungen als vollumfänglich ersatzfähig anerkennen.
    Man kann nicht den Laien gewähren lassen um ihn im Nachhinein wie einen Profi zu kontrollieren.
    Die HUK-Coburg verballhornt das Merkmal der Erforderlichkeit umgangssprachlich in das Merkmal der Notwendigkeit um sich dadurch den personal- und kostenintensiven und von ihr zu beweisenden Vorteilsausgleich mit anschliessendem Regress zu ersparen.
    Ich habe es in meiner langjährigen Praxis noch nicht ein einziges Mal erlebt,das die HUK entsprechend den Vorgaben des BGH in BGH Z 63,182ff verfahren ist.
    Man scheut also offensichtlich den Regress gegen den Sachverständigen wegen der damit verbundenen Beweislastverteilung.
    Bestimmt schon in mehr als einhundert Verfahren haben meine Mandanten die Abtretung ihrer eventuellen Ansprüche gegen ihre Sachverständigen der HUK angeboten.
    Kein einziges mal wurde das Abtretungsangebot angenommen.
    Man will bei der HUK eben immer nur einwenden,das Gutachten sei zu teuer.
    Den Beweis dieser Behauptung scheut man dagegen.
    Die Gründe dafür liegen in dem unter der Regie der HUK verlorenen Verfahren BGH X ZR 42/06.
    Das AG Lebach hat das durchschaut.
    Die HUK hätte nun die günstige Gelegenheit das Urteil zu akzeptieren,die Gutachterkosten zu zahlen, sich vom Geschädigten die vermeintlichen Ansprüche gegen den SV abtreten zu lassen und anschliessend gegen den SV zu regressieren.
    Wieviele aberhunderte Male hat diese Versicherung genau dieses Procedere in der Vergangenheit wegen vermeintlich zu geringer Restwerteinschätzung in die Tat umgesetzt und reihenweise deshalb Sachverständige -im Ergebnis immer erfolglos- verklagt?
    Genau darauf müssen die Gerichte immer wieder aufmerksam gemacht werden,wenn sie darüber entscheiden müssen,ob der Schadensersatzanspruch des Geschädigten zu kürzen oder ob der Schädiger auf den Regress gegen den Sachverständigen zu verweisen ist.

  4. Alois Aigner sagt:

    Grüß Gott RA. Imhof,
    genau so ist es. Die HUK-Coburg scheut doch den Aktivprozess, in dem sie selbst Gerichtskostenvorschusspflichtig ist und die Darlegungs- und Beweislast trägt.
    Leider fallen allzu viele Gerichte auf den unsinnigen Vortrag der HUK-Coburg herein.
    Servus
    Aigner Alois

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